Thüringer Zustände

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STRUKTURELLER RASSISMUS, RECHTSMOTIVIERTE UND ­R ASSISTISCHE POLIZEIGEWALT IN THÜRINGEN Sarah Ulrich

Rassistische Beleidigungen, rechte Einstellungen, strukturelle Diskriminierung: Die Liste an rassistischen Diskriminierungserfahrungen mit der Thüringer Polizei ist lang. Meist sind die Konsequenzen für die Beamt:­innen jedoch gering. ­Warum?

Ein Beispiel mit vielen Fällen: die Polizeiinspektion Weimar Es ist eine laue Freitagnacht, als Emöke Kovács24 und ihre drei Freunde im April 2012 durch die Weimarer Innenstadt laufen und von einem Polizeiwagen angehalten werden. »Ohne Begründung«, wie es später in einem Schreiben der Rechtsanwältin von Kovács heißt, bringen die Polizeibeamt:­innen die vier jungen Erwach­senen auf die Wache. Mithilfe von Prozessakten lässt sich rekonstruieren: Auf der Wache der Polizeiinspektion Weimar wird die damals 22-Jährige in eine Einzelzelle gebracht. Dort, so wird es später ihre Rechtsanwältin anzeigen, habe sie sich »bis auf die Unterwäsche ausziehen« müssen. Beamte hätten in ihre Richtung »eindeutige Onanie-Bewegungen« gemacht, sie mehrfach rassistisch und ­sexistisch beleidigt. K. ist in ­Ungarn ­geboren, ihr Name lässt darauf schließen. In einem Schreiben der Rechtsanwältin heißt es, ein Beamter habe gesagt: »Dir geht es in Deutschland viel zu gut, wir müssen dir wohl mal zeigen, was die in deinem Land mit dir machen würden!« Die Polizist:innen werden noch im selben Jahr angezeigt, Ermittlungen gegen sie eingeleitet. Die Vorwürfe: Körperverletzung im Amt, Beleidigung, Nötigung. Doch die internen Ermittlungen werden eingestellt, keiner der Beamten wird angeklagt. Stattdessen landen Kovács und 58


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