»NIEMAND HAT MIT MIR G EREDET«: RASSISTISCHE GEWALT IM KONTEXT VON CORONA Christin Fiedler und Tim Rosenstock
Im nachfolgenden Artikel stehen die Perspektiven von Betroffenen rassistischer Gewalt im Fokus. Geführt wurden dazu exemplarisch zwei Interviews mit Sinbi und Ibrahima. Beide mussten während des Jahres 2020 auch in Bezug auf die COVID-19-Pandemie neue Rassismuserfahrungen sammeln. Ursächlich für die rassistisch motivierte Gewalt, w elche die beiden immer wieder erleben, ist die Pandemie jedoch keinesfalls. Das Problem Rassismus ist älter — und leider gibt es dagegen keinen schnell wirkenden Impfstoff. Sinbi und Ibrahima geben uns Einblicke in ihre Lebensrealität, in der sowohl verbale als auch physische rassistische Attacken trauriger und zugleich fester Bestandteil sind.
»Sogar von kleinen Kindern« Sinbi ist 23 Jahre alt und Studentin in Jena. Rassismen ist sie ihr ganzes Leben über ausgesetzt gewesen, doch hat sie diese nicht immer als solche erkannt. Es gibt unterschiedliche Stufen von Rassismus, die ihr entgegenschlagen. »Sching, Schang, Schong«-Rufe oder Kung-Fu-Gesten erlebt sie nahezu wöchentlich. Im Vorbeilaufen. Von jeder Altersgruppe. »Sogar von kleinen Kindern, wo die Eltern dabei waren und die haben halt einfach überhaupt nichts gemacht«, zeigt sich die Studentin schockiert über die immer wiederkehrenden verbalen Angriffe. Ansonsten verwenden »Leute […] auch seit letztens gerne irgendwas mit Hundefleisch [oder] dass ich ein Virus bin […]«. Tätliche Übergriffe erfährt sie »so alle paar Jahre einmal«. Diese finden aber nicht, so könnte man denken, mitten in der Nacht oder in abgelegenen Seitenstraßen statt, nein: am helllichten Tag, inmitten des öffentlichen Raumes. Auch am Paradiesbahnhof und im Jenaer Stadtzentrum kann sie 51