GastroJournal 37/2014

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Hotel & Tourismus

Hans-Ueli Regius führt als Quereinsteiger das Hotel Romantica Val Tuoi in Guarda

Freude an den Gästen haben Früher führte er ein Grossunternehmen, heute ein Boutiquehotel – ein Beispiel eines Quereinsteigers, der es geschafft hat. Daniela Oegerli

Er hat bis vor drei Jahren die SwicaGesundheitskasse als CEO geführt. Hatte mehr als tausend Mitarbeitende unter sich und verwaltete ein Millionen-Budget. Heute führt HansUeli Regius das Hotel Romantica Val Tuoi in Guarda im Unterengadin, das über 18 Zimmer verfügt. Er beschäftigt sechs Mitarbeitende und investiert das erwirtschaftete Geld wieder in den Betrieb.

«Die Gelegenheit war gerade günstig,

weil mein Sohn Dimitri, der gelernter Koch ist, ebenfalls nach etwas Eigenem suchte.» Das Hotel wurde vorher als Pension geführt und entsprach nicht ganz den Vorstellungen von Hans-Ueli Regius, deshalb renovierten sie das Haus gründlich. «Mir war von Anfang an klar, dass ich in so einem kleinen Dorf die Handwerker vor Ort involvieren musste.» Er suchte auch gleich den Kontakt zur Bevölkerung, was sich positiv auf sein Geschäft auswirkte. «Hier oben sind die Leute schon etwas eigen, aber man muss ihnen klar machen, welche Vorteile man mitbringt.» Der

Quer-Einsteigen Hans-Ueli Regius rät anderen Quereinsteigern Folgendes zu beachten: • Freude am Direktkontakt • Leidenschaft – man muss sich selber als Person einbringen • Man muss dann im Betrieb sein, wenn die Gäste da sind • Durchhaltewillen und die finanziellen Mittel dazu • Die Fähigkeit, ein Team aufzudoe bauen

Der ehemalige Swica-CEO Hans-Ueli Regius vor seinem Hotel Romantica Val Tuoi in Guarda im Unterengadin.

neue Hotelier schuf Arbeitsplätze und unterstützte das ansässige Gewerbe. Die Zusammenarbeit mit den Banken im Tal beziehungsweise im Kanton stellte sich als ungleich schwieriger heraus. «Durch meine Arbeit in der Swica wusste ich, wie man mit Führungskräften umgeht. Aber wie mein Kreditbegehren bei allen regionalen Banken abgehandelt wurde, war an Unverschämtheit nicht zu überbieten.» Erst nachdem er sich vehement gewehrt hatte, trat eine Bank auf sein Begehren ein. Am meisten ärgert Regius, dass die Banker keine Ahnung von den Bedürfnissen der Berg- und Randregionen haben. «Ich bin ja nicht der einzige Gewerbetreibende, der auf Kredite angewiesen ist.» Mittlerweile schreibt das Hotel Romantica Val Tuoi schwarze Zahlen und die Belegungszahlen bewegen sich zwischen 52 und 65 Prozent. Seiner Meinung nach sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren die Mitarbeitenden und die neuen Medien. «Ich generiere den Grossteil meiner Gäste über unsere Internetseite.» Deshalb ist er davon überzeugt, dass man ins Internet investieren und bei Google gut platziert sein muss. Ausserdem spricht Hans-Ueli Regius die Tagestouristen an, die in seinem Bistro zu Gast sind. «Ich biete ihnen an, dass sie das Haus

und die Zimmer besichtigen können und viele von ihnen buchen danach ein Zimmer bei uns.» Ein weiteres Standbein des Betriebs ist die gute Küche. «Mein Sohn wollte nach zwei Jahren noch etwas anderes sehen und zog weiter. Ich machte mich dann auf die Suche nach einem guten Küchenchef und wurde mit Jörg Broermann fündig.» Viele der Gäste im Restaurant seien aber keine Hotelgäste. Es habe sich herumgesprochen, dass man im Val Tuoi ausgezeichnet und zu moderaten Preisen esse, freut sich der Hotelier. Die neue Aufgabe als Hoteldirektor überfordert Hans-Ueli Regius kaum: «Ich gehe ausgesprochen gerne auf Menschen zu und suchte ja nach einer neuen Herausforderung.» Er findet es zwar anspruchsvoll, dass man im Gastgewerbe die Leistung sofort erbringen muss, aber für ihn persönlich ist das eine Bereicherung. «Ich muss jeden Tag dazulernen und kann meine eigenen Fortschritte beobachten.» Was er jedoch unterschätzt hat, sind die Rahmenbedingungen in einem Bergdorf: «Wenn hier der Strom ausfällt oder die Telefonleitung nicht funktioniert, braucht es viel Geduld und noch viel mehr Nerven.» Mittlerweile kennt er die Personen, an

die er sich in einem solchen Fall wenden muss, persönlich. «Die Leute aus dem Flachland können sich nicht vorstellen, wie es ist, in einem Bergdorf zu arbeiten. Viele haben eine romantische Vorstellung.» Vor allem von Behördenmitgliedern werden Verantwortliche in Bergregionen gar nicht ernst genommen, hat Hans-Ueli Regius vermehrt festgestellt. Zurück in einen Grosskonzern möchte der Hotelier auf keinen Fall: «Hier im Hotel kann ich täglich etwas bewegen und ich erhalte sofort eine Rückmeldung auf mein Tun. Ausserdem kann ich mich persönlich bei den Gästen einbringen.» Trotz des Erfolgs möchte Hans-Ueli Regius das Val Tuoi bis in etwa zwei Jahren beispielsweise an ein Paar weitergeben: «Ich habe noch so viele Projekte, die ich realisieren möchte, das Hotel ist nur eines davon.»

Beherbergungsindustrie im Juli mit 3,9 Millionen Logiernächten gegenüber Vorjahr ein Minus von 3,7 Prozent (–108000 Logiernächte). 64000

Logiernächte (–3,7%) sind auf die fehlenden inländischen Gäste und 44000 Logiernächte (–1,9%) sind auf die ausländischen Gäste zurückzuführen. Gern genannter Grund auch vom BFS für die Misere: ein nasser und wenig lieblicher Sommer. Den deutlichsten Rückgang aller ausländischen Herkunftsländer machten mit einem Minus von 43000 Logiernächten (–9,1%) die Deutschen aus, die wichtigste Gästegruppe nach den Schweizern. Wie es scheint, nützen die intensiven Werbebemühungen und zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel von rund 7 Millionen

Franken (je 3,5 Million für 2014 und 2015) von Seiten Schweiz Tourismus wenig, um die deutschen Gäste zurückzuholen. Hört man sich in deutschen Kreisen um, so ist das Argument nach wie vor dasselbe: «Die Schweiz ist einfach zu teuer für uns.» Auf die Deutschen folgen die Niederländer sowie die Belgier (je –6,2%). Bei den dreizehn Tourismusregionen verzeichneten neun einen Rückgang. Vier blieben verschont: darunter Zürich Region, Luzern/Vierwaldstättersee, das Genferseegebiet sowie Basel Region. Den grössten Rückgang ver-

Vergeblich hat sich die Gemeinde Laax gegen eine Umnutzung des ehemaligen Hotel Rustico in eine Unterkunft für Asylbewerber gewehrt, wie das Urteil des Bundesgerichts zeigt. Denn laut diesem darf der Kanton Graubünden im Hotel Rustico Asylbewerber unterbringen, da weder die Planungszone noch die Sistierung des Gesuchs zulässig waren. Was die Gemeinde Laax mit allen Mitteln und durch alle Instanzen verhindern wollte, ist in Deutschland bereits weit verbreitet. So sind gemäss deutscher Fachzeitung «AHGZ» unter anderem in Köln 900 Flüchtlinge in diversen Hotelbetrieben untergebracht und im sächsischen Bautzen 150. Neben diesen «Umnutzungen» gibt es in Deutschland zudem auch Betriebe wie das Grandhotel Cosmopolis in Augsburg (siehe GJ17), das neben Flüchtlingen auch Künstler und «normale» Hotelgäste beherbergt.

Kleinstädte punkten mit Leihvelos

EN BREF Hans-Ueli Regius avait été CEO de la caisse de santé Swica. Aujourd’hui, il dirige l’hôtel Romantica Val Tuoi à Guarda qui dispose de 18 chambres. Alors qu’il a l’habitude de traiter avec des managers, il a de la peine à obtenir un crédit. Pour lui, un changement dans un hôtel constitue un grand plus pour sa qualité de vie.

Nasser und unbefriedigender Juli für die Hotellerie

Fakt ist: Insgesamt verzeichnet die

Die Schweiz ist ein beliebtes Pflaster für Investoren – auch für indische. Einer von ihnen ist Sajive Trehan, der nach dem Hotel Hirschen in Ebligen und dem Hotel Bahnhof in Interlaken nun mit dem Hotel Résidence in Grindelwald einen dritten Betrieb in der Schweiz besitzt. Wie die «Berner Zeitung» mitteilte, hat Sajive Trehan den Hotelbetrieb von Niklaus Haug und Benjamin Hofstetter gekauft; über den Kaufpreis schweigen sich die Parteien aus. Die geplante Sanierung der Vorbesitzer Haug und Hofstetter wird Sajive Trehan vorerst nicht umsetzten.

www.romanticavaltuoi.ch

Beherbergungsstatistik Juli 2014: ein weiterer Rückgang bei den Logiernächten

Die kürzlich geäusserte Hiobsbotschaft von Schweiz Tourismus-Direktor Jürg Schmid bewahrheitet sich, wie die jüngste Beherbergungsstatistik des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt. Die Juli-Zahlen schmerzen, wenn sie auch nicht überraschen. Haben doch in den letzten zwei Monaten immer wieder Hotelbetriebe über eine schlechte Auslastung geklagt.

Indischer Investor kauft weiter ein

Gemeinde Laax vor Bundesgericht gescheitert

D. OEGERLI

«Bevor ich bei der Swica aufgehört habe, spürte ich eine Müdigkeit. Ich wollte etwas anderes tun. Etwas, das mir persönlich mehr Lebensqualität gibt», erinnert sich Hans-Ueli Regius. Zuerst wusste er nicht genau, was er in Zukunft tun wollte. Doch als er drei Monate nach seinem Weggang von der Swica hörte, dass die Familie Meier die Pension Romantica Val Tuoi nicht mehr weiter führen wollte, war für ihn klar, auf welche Herausforderung er sich einlassen wollte.

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11. September 2014 | Nr. 37 | www.gastrojournal.ch

zeichnete nach dem Tessin im Vormonat nun der Kanton Graubünden, der 38000 Logiernächte (–6,2%) einbüsste, gefolgt vom Berner Oberland (–6%) und dem Tessin (–7,7%). Zunahmen sind zwar zu verzeichnen, insbesondere durch asiatische Gäste wie die Chinesen, die 19000 Logiernächte (+14,1%) mehr verzeichneten. Zu beachten ist hier aber, dass gerade diese Gästegruppe meist nicht die Preise bezahlt, die nötig wären. Und Logiernächte-Striche alleine machen den Braten am Ende nicht feiss. chb

In Paris oder Barcelona sind die Velostationen nicht mehr wegzudenken als touristisches Topangebot. In grösseren Schweizer Städten steht man dagegen still – Bern oder Zürich sind immerhin an Ausschreibungen. In kleineren Schweizer Städten jedoch geht die Post ab: Biel verzeichnet monatlich bis 12000 Bewegungen, länger unterwegs sind auch Neuenburg, La Chaux-de-Fonds oder Le Locle. Jüngst ist zudem Thun losgefahren: An 13 Standorten stehen hier 84 robuste Velos bereit. Die Tageskarte kostet 10 Franken, organisiert wird weitgehend elektronisch, gewartet wird über Arbeitslosenprojekte. ANZEIGE

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