GastroJournal 36/2013

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Hotel

Martin und Nadja Vogel über zu viele Trittbrettfahrer und zu wenig Herzblut

Die Eltern haben sich verändert Der Verein KidsHotels existiert seit 36 Jahren. 29 davon war Martin Vogel Präsident. Mit seiner Schwiegertochter Nadja zieht er Bilanz und blickt in die Zukunft. Christine Bachmann

Martin Vogel war von 1984 bis gestern Mittwoch Präsident der KidsHotels. Von 1975 bis 2011 führte er mit seiner Frau Lydia das Märchenhotel Bellevue in Braunwald. Danach haben es Sohn Patric und Schwiegertochter Nadja Vogel übernommen. Gestern stellte sich Nadja Vogel zur Wahl als Präsidentin der KidsHotels. Das Resultat war bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Die wenigsten haben den Mut, das Konzept bis zum Ende durchzuziehen

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Wie viele der 28 Betriebe sind am Ende reine KidsHotels? Martin: Etwa ein Drittel, für die anderen sind wir ein Zusatzsegment. Wünscht man sich da als Präsident nicht mehr Engagement? Martin: Wünscht man sich schon, aber die wenigsten haben den Mut dazu, das Konzept wirklich bis zum Ende durchzuziehen. Erst kürzlich äusserte ein Hotelier, der sich für die KidsHotels interessierte: «Wenn Ihr euch weiterhin KidsHotels nennt, dann kann ich nicht mitmachen, weil das schreckt mir zu viele andere Gäste ab. Familienhotel wäre besser.» Würden wir, wie gewünscht, auf Familienhotel umschwenken, dann hätten wir einfach zu viele Trittbrettfahrer und das könnte langfristig zum Problem werden. Denn wenn in einem Hotel alles für Kinder getan wird und in einem anderen viel weniger, dann ist der Gast enttäuscht und kommt gar nicht mehr in ein KidsHotel. Das läuft in Österreich genau so. Inwiefern? Martin: In Österreich gibt es nur fünf

C. BACHMANN

Martin Vogel: Wir haben noch immer die gleiche Situation wie zu Beginn. Will heissen, unter unseren heute 28 Mitgliedern haben wir solche, die sich voll zur Marke KidsHotels bekennen, und solche, die uns eher als Zusatzsegment betrachten. Beispielsweise unsere Mitglieder im 5-Sterne-Bereich. Die sind so gross, dass sie überall dabei sind, also auch bei uns. Aber Hotelbetriebe, bei denen das Kind wirklich im Mittelpunkt steht, findet man eher bei unseren kleineren Häusern.

«In der Schweiz gibt es kinderfreundliche Hotels, das müssen wir immer wieder kommunizieren», sagen Nadja und Martin Vogel.

ganz gute Kinderhotels. Die anderen sind einfach nett und unkompliziert im Umgang mit Kindern.

Mit welchen Herausforderungen haben insbesondere KidsHotels zu kämpfen? Nadja Vogel: KidsHotels sind immer sehr personalintensiv. Es braucht geschulte und auch genügend Mitarbeitende, damit jedes Kind auf seine Rechnung kommt. Je nach Altersstufe braucht es ganz andere Infrastrukturen und Betreuungen und dies ist im Hochpreis-Land Schweiz nicht immer ganz einfach umzusetzen. Unsere Herausforderung ist, dass wir als KidsHotels 1:1 mit Österreich verglichen werden und dort sind die Personalkosten um etliches tiefer. Was hat sich sonst noch seit der Gründung der KidsHotels verändert? Martin: Die Kinder haben sich nicht verändert, aber ihre Eltern – vor allem die Mütter. Sie haben einfach viel grössere Ansprüche als früher. Als Beispiel: Eine Mutter nutzt zwar die Kinderbetreuung im Kindergarten

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Österreich hat fünf gute Kinderhotels, der Rest ist einfach nett

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nicht, möchte aber, wenn sie eine Massage hat, einen Einzel-Babysitter. Im Bereich Betreuung sind die Bedürfnisse immens gestiegen und auch hier werden wir gnadenlos mit dem Ausland verglichen. Nadja: Dazu kommt, dass heute die Ferien für sehr vieles geradestehen müssen. Einerseits wollen die Kinder Spass haben, andererseits wollen sich die Eltern entspannen. Darum

Ein geschichtlicher Überblick über die KidsHotels 1977: Gründung 1977–78: Amtszeit Präsident Hans Hutter, Belvedere Wengen 1978–84: Amtszeit Präsident Duri Bardola, Atlas-Hotels Pontresina/ Saas-Fee/Kandersteg 1984–2013: Amtszeit Präsident Martin Vogel, Märchenhotel Bellevue Braunwald 1985/1986: Stammgästeeinladung

Endlich ein Neustart für das Kurhaus Flühli Das Kurhaus Flühli ist wieder geöffnet. Dies, nachdem es seit Ende Januar nach einem Konkurs des vorigen Eigentümers und der Ersteigerung der Raiffeisenbank leergestand hatte. Gekauft hat es der Sörenberger Gastgeber René Peter, der bereits die Free Spirit Lodge in Sörenberg führt. Mit der neugegründeten Hotel Swiss Spirit AG hat Peter den Betrieb für 920000 Franken von der Raiffeisenbank gekauft. Das bestätigten er und Raiffeisenbank-Geschäftsführer Hans-Ulrich Wüthrich gegenüber der «Luzerner Zeitung». Während der Hotelbetrieb bereits wieder läuft, soll das Restaurant seinen Betrieb bis Mitte November wieder aufnehmen.

Chalet-Resort steht bereit

GastroJournal: Wie steht es um die

KidsHotels?

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Supplement unter: www.gastrojournal.ch

und Malwettbewerb. Zusammenarbeit mit dem Zirkus Knie 1998: Zusammenarbeit mit Ravensburger Spieleland und Mc Donald’s 1999: Namensänderung von «kinderfreundliche» zu KidsHotels 2000: Zusammenarbeit mit Manor 2002: KidsHotels wird als offizielle Hotelkooperation von Schweiz Tourismus vermarktet

ist es wichtig, dass sich die KidsHotels nicht nur auf die Kinder fokussieren, sondern auch die Wünsche der Eltern erfüllen können.

Sie reden davon, dass Eltern gerne ihre Kinder abgeben. Wird dieser Trend in Zukunft noch zunehmen? Nadja: Es gibt Tendenzen, die Kinder ganztätig abzugeben, aber die sind

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Als KidsHotels werden wir gnadenlos mit dem Ausland verglichen

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noch immer sehr gering. Die meisten wollen den Urlaub miteinander und als Familie verbringen.

Die KidsHotels weisen eine hohe Fluktuation auf. Woher kommt das? Martin: Besitzerwechsel sind sehr typisch in unserem Segment. Oft haben wir Hotelbetriebe, die nicht einer Familie, sondern einem Investor, einer Stiftung gehören. In diesen Betrieben gibt es plötzlich einen Verwaltungsratspräsidenten mit kleinen Kindern, der begeistert sich für unser Segment und findet: Machen wir dort mit. Nach fünf Jahren ist der Präsident dann nicht mehr da und dann kommt ein neuer und der möchte lieber Seminarhotel sein und schon ist es wieder vorbei. Wir haben rund 10 Hotelbetriebe, die nur ein Jahr, 8, die zwei Jahre, und 12, die nicht länger als drei Jahren dabei waren. Das sind rund 30 Hotels, die einen zu schnellen und unüberlegten Konzeptwechsel durchgeführt haben. Warum gibt es nicht mehr Betriebe, die sich KidsHotel nennen möchten? Martin: Sie fragen nach Hotelbetrieben. Ich finde viel mehr als an den Hoteliers liegt es derzeit auch an den Restaurants, sich für Kinder zu interessieren. Es gibt in der Schweiz nur ein einziges kinderfreundliches Restaurant: die Märlipinte Kerzers. Klar bekommt man in jedem Restaurant auch noch ein Kindermenü oder Schnipo, aber das ist Trittbrettfahrertum. Und wer grast am Ende den ganzen Markt ab? Mc Donald’s. Aber kein Schweizer Gastronom hat diese Marktlücke entdeckt.

Die Schweizer haben also geschlafen? Martin: Schlafen immer noch. Nadja: Der Schweizer Hotelier hat einfach Respekt vor diesem Segment. Er hat Angst, dass wenn er sich als kinderfreundlich präsentiert, er einfach die anderen Gäste verliert und es ihm am Ende finanziell nicht aufgeht. KidsHotels ein Stigma? Martin: Ja. Viele Hoteliers in Wintergebieten finden: Wir haben ohnehin schon genug Kinder, wir wollen nicht mehr. Am liebsten wären sie nur in der Sommersaison kinderfreundlich. Das ist bemühend. Quasi, wenn es nicht läuft, dann sollen die Kinder halt auch kommen. Das geht nicht. Nadja: Es sind einfach wenige, die sich für Kinder interessieren, und

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Die Schweizer Hotellerie schläft immer noch, was Kinder betrifft

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das gibt uns dann das Image: Wir Schweizer sind nicht kinderfreundlich und kinderfreundliche Hotels gibt es nicht.

Technologie versus Abenteuer. In welche Richtung werden die Ansprüche der Kinder und ihrer Eltern in Zukunft gehen? Martin: Kinder wollen sicher die neuen Technologien ausprobieren, aber am Ende kommen sie immer wieder auf das Gleiche zurück. Sie wollen Tiere, Abenteuer erleben, als Indianer in den Wald. Das ist viel mehr wert als jede Technologie. www.kidshotels.ch

EN BREF La société KidsHotels existe depuis 36 ans. Martin Vogel en a été le président de 1986 à hier. De plus, de 1975 à 2011, il a co-dirigé avec son épouse Lydia le Märchenhotel Bellevue à Braunwald que son fils Patric et sa belle-fille Nadja Vogel ont repris dès 2011. Martin Vogel tire le bilan avec Nadja et parle du trop grand nombre de profiteurs qui dans la branche manquent de cœur pour les enfants.

Die Lenzerheide bekommt auf die Wintersaison ihr eigenes Minidorf und die ansässigen Hoteliers eine neue Konkurrenz. Die neue Privà Alpine Lodge ist ein kleines Dorf in sich mit 13 Gebäuden, 90 Appartements und 460 Betten und hat die Hauptinvestoren, die Gebrüder Bienz von der Residenza Grischuna AG, rund 75 Millionen Franken gekostet. Nun heisst es für die Herren, die teuren Appartements erst mal zu füllen – eine Woche kostet zwischen 2000 und 8000 Franken je nach Saison. Das Augenmerk bezüglich Gästeherkunft haben die Investoren auf die Beneluxstaaten gelegt.

Neues Konzept lässt auch externe Gäste zu

Das Campus Sursee Seminarzentrum hat knapp 13 Millionen Franken in das ehemalige Bettenhaus Nr. 18 investiert und in ein zeitgemässes Hotelgebäude umgebaut. Entstanden sind 125 Einzel- und 19 Doppelzimmer. «Viele Feedbacks unserer Seminarkunden haben ergeben, dass die bestehenden Standardzimmer etwas grösser sein sollten. Diesen Wunsch haben wir bei den neuen Doppelzimmern umgesetzt», teilte Geschäftsführer Willy Graf vom Seminarzentrum mit. Zusätzlich zu den neuen Zimmern lässt das neue Hotelkonzept nun auch zu, dass nicht wie bisher nur interne Gäste Platz finden, sondern auch externe.

Amazon streicht Preisvorgaben Bei Amazon fehlt seit dem 20. August die umstrittene Preisvorgaben bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: «Der Verzicht von Amazon auf die Preisparitätsklauseln sollte auch für die marktdominierenden Hotelbuchungsportale beispielgebend sein», forderte Fritz G. Dreesen, Vorsitzender des Hotelverbandes Deutschland, in einer Mitteilung. Auch die Hoteliers hätten ein Anrecht darauf, dass die täglichen Gängeleien der Buchungsportale ein Ende haben und endlich wieder ein freier Wettbewerb und Rechtssicherheit im Vertrieb herrsche. Im Zusammenhang mit Online-Buchungsportalen beschäftigen Preisvorgaben derzeit auch die Wettbewerbskommission in der Schweiz.


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