Restaurant Restaurant Oepfelchammer in Zürich
Balkenprüfung für Studenten Das Restaurant Oepfelchammer beheimatet die älteste Weinstube Zürichs. Geschäftsführerin Karin Henner schätzt das Unkonventionelle. Daniela Oegerli
Karin Henner am berühmten Balken in der Oepfelchammer, über den die Studenten jeweils klettern müssen.
hat dabei die sogenannte «Balkenprüfung» erlangt. Vor etwa 250 Jahren haben Studenten damit angefangen, über einen Stützbalken zu kriechen, damit man ihnen ein Getränk spendiert. «Man muss, ohne sich dabei auf einen Tisch zu stellen, zwischen Decke und Balken hindurchkriechen.» Karin Henner gefällt der Umgang mit den Gästen. Die Reaktion der Gäste
durchmischt. «Bei uns kehren Politiker, Unternehmer, Studenten oder Arbeitslose ein…» Vor allem unter Studenten ist die Weinstube ein beliebter Treffpunkt. Einige Verbindungen nutzen die Oeli als Treffpunkt. Berühmtheit
auf eine freundliche Bedienung schätzt sie ebenso. «Unsere Gäste sind sehr unterschiedlich, aber in der Oeli fallen diese Unterschiede.» Kriechen oder besser steigen müssen die Gäste in der Weinstube auch, wenn sie zur Toilette gelangen möchten. «Wer hinten an der Wand sitzt und aufstehen will, muss über den Tisch steigen. Es gibt Gäste, denen das anfangs Mühe macht. Aber in der Oeli darf man die guten Manieren wenigstens teilweise zu Hause lassen.» Ansonsten sorgt das Reglement der Weinstube Oeli für Ordnung.
Oepfelchammer/Oeli
Branchenspiegel
Plätze im Restaurant 85 (inkl. Terrasse) bis 120 Plätze ausbaubar
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Mitarbeitende
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Nur 19,5 Prozent der Restaurants verfügen über mehr als 100 Sitzplätze. 70 Prozent der GastronomieBetriebe beschäftigen nicht mehr als 9 Mitarbeitende. 47,0%
Mitarbeiterkosten
50,0% 28,0%
Oepfelchammer Branchenspiegel
29,3% 10
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QUELLE: BRANCHENSPIEGEL / GRAFIK: O. KREJCI
Die Kennzahlen im Vergleich
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Die Brauerei St. Johann AG im Toggenburg trennt sich vom Restaurant zur Mauer und konzentriert sich aufs Bierbrauen. Der Schnitt wurde nötig, weil aus dem Geschäftsjahr 2013 ein Verlust in der Höhe einer halben Million Franken resultierte. Von der RestaurantSchliessung nicht betroffen sind der normale Bar- und Biergartenbetrieb. Die weiteren Räumlichkeiten sollen künftig – bei Bedarf – diverse CateringUnternehmen bespielen. Die Anpassungen haben gute Chancen, weil damit auch die Öffnungszeiten reduziert werden. Schade ist einzig, dass das Toggenburg seine Gasthofbrauerei verliert.
Fachkräftemangel
Die Gästestruktur ist sehr
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Konzeptanpassungen für die Zukunft
www.brauereistjohann.ch
D. OEGERLI
«Karin.Ursi», «Raphaela und Roby» oder «Stefi und Rebi», in der Oepfelchammer in Zürich dürfen die Gäste, was in einem anderen Restaurant undenkbar wäre: ihren Namen in die Holztische oder Wände ritzen. Die Weinstube ist eine urchige Gaststube mit langen Holztischen und Bänken. Die Gäste sitzen, je nach Auslastung, sehr nahe beieinander. «In der Oeli», wie Karin Henner die älteste, unverändert erhaltene Weinstube Zürichs nennt, «entstehen oft tolle Gespräche unter Gästen, die sich sonst gar nie miteinander unterhalten würden.»
Warenkosten
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Supplement unter: www.gastrojournal.ch
In der Weinstube arbeiten ausschliesslich Männer. Für sie ist es einfacher, etwas angeheiterte Gäste im Zaum zu halten. «Was glücklicherweise selten vorkommt.» Insgesamt arbeiten neun Mitarbeitende in der Oepfelchammer. «Mein Team ist wirklich toll, einige arbeiten schon seit Jahren in der Oepfelchammer», sagt Karin Henner.
Das Restaurant Oepfelchammer
gibt es schon seit 1801. «In der ‹Oeli› ist schon Gottfried Keller eingekehrt, der schräg gegenüber aufgewachsen ist.» Der Betrieb befindet sich bereits in dritter Generation in Familienbesitz: «1950 übernahmen meine Grosseltern, die Familie Baur-Keller, die Oepfelchammer. Meine Eltern haben den Betrieb verpachtet und ab 1995 wieder selber geführt. Seit 2003 sind mein Vater und ich für das Restaurant verantwortlich.» Bevor sie in die Fussstapfen der Eltern getreten ist, hat Karin Henner als Anlageberaterin auf einer Bank gearbeitet. Als ihre Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr voll im Betrieb mitarbeiten konnte, hat sich Karin für einen Wechsel ins Gastgewerbe entschieden. «Ich war es gewohnt, Leute zu beraten, die Küche jedoch war für mich absolutes Neuland.» Um in der Gastronomie nicht als Greenhorn dazustehen, be-
suchte sie die Belvoirpark Hotelfachschule. Neben der Weinstube gibt es seit 1900 die Gaststube, ein klassisches Speiserestaurant. Das Angebot auf der Speisekarte ist in beiden Lokalen dasselbe. «In der Weinstube gibt es ab 18 Uhr jedoch nur noch Wasser, Traubensaft, Wein, Champagner oder Portwein zu trinken. Dies beruht auf der Tradition von 1801.» Der Klassiker auf der Speisekarte ist das Zürcher Geschnetzelte oder das Tatar. Viermal pro Jahr wird die Karte gewechselt.
EN BREF Le restaurant Oepfelchammer abrite la plus ancienne salle à vins de Zurich. Des centaines de clients se sont déjà immortalisés sur les tables et les murs. L’écrivain Gottfried Keller avait déjà fréquenté cette salle aussi appelée Oeli. Karin Henner et neuf collaborateurs font tourner l’établissement.
Letzthin schaltete eine Gastgeberin ein Inserat, bei dem sie einen Koch suchte. Keine Antwort. Und das bei jährlich 3000 Lehrabgängern. Doch wohin gehen die neu ausgebildeten Köche? Sie wandern ab in andere Branchen. Nahezu kein Gastrozulieferer, der nicht auf die Fachkompetenz der Köche setzen würde. Mittlerweile suchen die Zulieferer explizit nach Köchen, die als Verkaufsberater Lösungen anbieten.
Migros angelt sich Pizzabäcker Molino
Letzte Woche wurde nach Redaktionsschluss bekannt, dass die Genossenschaft Migros Zürich die 18 Molino-Pizzerien in der Deutschschweiz und der Romandie kauft. Sie ist damit innerhalb des Migros-Bundes in guter Gesellschaft. Denn die Migros Aare expandiert mit ihren Wagamama. Derweil forciert Migros Ostschweiz ihre Poulet-Kette «Pouletc» und hat sie hierfür umbenannt in das neue Wortspiel «Chickeria».
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4. Generalversammlung des Basler Vereins Fümoar
Engagement hat Wirkung gezeigt Im Restaurant Globâle in Basel hat diese Woche die 4. Generalversammlung des Vereins Fümoar stattgefunden. Der Verein hatte sich im Zuge kantonaler Rauchverbote gebildet, installierte in Basel Clublokale und hatte 2013 nahezu 200000 Mitglieder.
Fümoar-Präsident Mario Nanni.
Indes mahlten die Mühlen von Politik und Justiz und versuchten auch die Basler Aktivitäten zu zermalmen, wie Fümoar-Präsident Mario Nanni erläuterte. Allerdings stellte Nanni klar, dass Fümoar durchaus wirke: «Das hat internationales Interesse geweckt und in der Schweiz etwas ausgelöst.»
Auch zur wuchtigen Ablehnung der nationalen Volksinitiative der Lungenliga habe Fümoar «einen gewissen Teil beigetragen», ergänzt Nanni, der mit seinem Verein weiter für ein liberales Regime kämpft: So sammelt Fümoar in den Mitgliedsbetrieben zurzeit Unterschriften für eine kantonale Volksinitiative: «Ja zum Passivraucherschutz mit Augenmass» will auch für Basel die relativ liberale Bundeslösung. Die Sammlung läuft seit Anfang Jahr, und Nanni ist zuversichtlich, dass die nötigen Unterschriften zusammenkommen. pg
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