Hotel
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30. April 2015 | Nr. 18 | www.gastrojournal.ch
Laterale Kooperationen als Option für die kleine und mittlere Hotellerie
Keine direkte Konkurrenz Hotels, die mit Hotels kooperieren, sind eine Möglichkeit. Doch es geht auch anders: vom lateralen Weg zum Erfolg.
Gäste», können Gastgeberpaar Jürg und Sibylla Degiacomi bestätigen.
Laterale Kooperation Wenn Unternehmen aus verschiedenen Branchen zusammenarbeiten, dann wird das als «Laterale Kooperation» bezeichnet (auch diagonale Kooperation genannt). Als Beispiel könnte man sich hier die Zusammenarbeit von Hoteliers mit Künstlern/Sportlern/Buchhandlungen aus der Region vorstellen. chb Quelle: GastroSuisse
ZVG
Christine Bachmann
Die Bereitschaft zur Kooperation in der Schweizer Hotellerie bleibt eher zurückhaltend. Auch wenn sich der Bundesrat in seiner Botschaft über die Standortförderung 2016–2019 klar dafür ausgesprochen hat (siehe GJ09), und auch wenn zwischenzeitlich mit der «Hotelkooperation Frutigland» der jüngste Ableger einer solchen Zusammenarbeit entstanden ist. Denn zahlreiche Gründe, es nicht zu tun, sind fest in manchen Köpfen verankert. Dazu gehören unter anderem eine gehörige Portion Einzelkämpfertum, mangelnde Fachkompetenz sowie eine schwache Finanzierungskraft. Brachial auf einen Nenner gebracht, ist das Gegenargument die direkte Konkurrenz. Doch wer sagt eigentlich, dass es immer eine horizontale Kooperation sein
Die Kooperation mit Buchverlagen hat der Pensiun Aldier eine Bibliothek beschert.
muss: sprich Hotel mit Hotel. Es könnte doch auch eine laterale Kooperation sein (siehe Kasten). «Laterale Kooperationen sind für die Hotellerie eine sinnvolle Möglichkeit, da bei dieser Art der Zusammenarbeit keine direkte Konkurrenzsituation besteht», betont dann auch Daniel C. Jung, Leiter Berufsbildung und Dienstleistungen bei GastroSuisse. Eine Umschau zeigt, dass die Mög-
lichkeit der lateralen Kooperation in der Hotellerie durchaus genutzt wird, das Potenzial aber noch gross ist. Die Kooperationspartner können dabei genauso gut Buchverlage oder Künstler, Sportler oder Produzenten sein. Eine Kooperation mit Künstlern und Schriftstellern besteht beispielsweise im Hotel Waldhaus Sils Maria. «Wir bieten den Künstlern an, dass sie bei uns eine Auszeit neh-
men oder proben können, und im Gegenzug erhalten wir ein Konzert oder eine Lesung. Das wiederum bringt unseren Gästen einen Mehrwert», erzählt der Kulturverantwortliche und Markenbotschafter Felix Dietrich. Im Hotel Glocke in Reckingen indes sind die Kooperationspartner Yoga-Lehrer. «Dank dieser Zusammenarbeit können wir spezielle Packages anbieten, die uns beispielsweise das Januarloch überbrücken», teilt Gastgeber Sebastian Schmid mit. Grundsätzlich sei man offen, auch noch weitere Kooperationen einzugehen. Sportlich geht es auch im Hotel Chesa Salis in BeverSt. Moritz zu. Hier ist der Kooperationspartner Extremsportlerin AnneMarie Flammersfeld, die ein spezielles Lauftraining für die Gäste anbietet: «Die Kooperation bringt uns mehr Öffentlichkeit und neue
Mit mehreren Unternehmen, nicht mit einer Einzelperson, ist die Pensiun Aldier in Sent eine Kooperation eingegangen. «Wir wollten einen unserer Räume in eine Bibliothek umgestalten und haben deshalb mehrere Schweizer Buchverlage angefragt, ob sie bereit wären, uns Bücher aus Restbeständen zu sponsoren», erzählt Gastgeber Carlos Gross. Für die Buchverlage sei das Werbung und für den eigenen Hotelbetrieb ein direkter Mehrwert für den Gast. Wichtig sei hier einfach, «dass eine solche Kooperation echt ist und mit dem Haus etwas zu tun hat, sonst wäre es nicht glaubwürdig.» Trotz dieser Skepsis ist gerade die Kooperation mit Buchverlagen, -handlungen oder -autoren eine laterale Kooperation, die häufig zu finden ist. Lateral oder horizontal? Das Thema Kooperation beschäftigt weiter. Insbesondere da «die aktuellen Herausforderungen einen gesteigerten Wettbewerbsdruck mit sich bringen und Kooperationen von den Unternehmen als mögliche Reaktion in Betracht gezogen werden», wie es Martin Abderhalden, Projektleiter Hotellerie und Tourismus, auf den Punkt bringt.
EN BREF La coopération avec des prestataires extérieurs à la branche peut aussi mener au succès. Sans créer aucune situation de concurrence avec d’autres établissements hôteliers.
Bestpreisklauseln bei Online-Buchungsportalen: von der grossen Ausnahme Booking.com
Drei europäische Kartellbehörden sind eingeknickt Booking.com und Co. beschäftigen europaweit die Kartellbehörden, und rasche Entscheide zugunsten der Hotellerie wären dringend notwendig – insbesondere in der Schweiz. Jetzt ist dieser Zeitpunkt offenbar gekommen, wenn auch nicht überall und in der wünschenswerten Form wie in Deutschland: Hier hat das Bundeskartellamt kürzlich nach HRS
«Prix Bienvenu» – neu mit Mindeststandard
auch das Online-Buchungsportal Giganten Booking.com abgemahnt (siehe GJ17). Die Kartellbehörden in Frankreich, Schweden und Italien sind indes vergangenen Dienstag eingeknickt und mit Booking.com einen für die Hotellerie unschönen Kompromiss eingegangen. Dieser billigt Booking.com die Bestpreisklausel unter Auflagen in Form einer
Selbstverpflichtungszusage zu. Das heisst, dass Booking.com zwar die Ratenparität nicht mehr auf konkurrierenden Portalen einfordern kann, aber nach wie vor gegenüber der Website des Hoteliers. «Die Wettbewerbshüter sind vor dem mit Abstand grössten Buchungsportal in Europa aus uns unerklärlichen
Gründen eingeknickt und haben sich einen faulen Kompromiss zu Lasten des Wettbewerbs, der Verbraucher und der Hotellerie abringen lassen», empörte sich Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland in einer Mitteilung. Es bleibt zu hoffen, dass die Schweizer Wettbewerbskommission nicht ebenfalls einknicken wird. chb
Im Rahmen des 18. Schweizer Ferientags in Zermatt hat Schweizer Tourismus letzte Woche zum dritten Mal den «Prix Bienvenu» verliehen. Der Preis wird denjenigen Hotels verliehen, die mit ihren Online-Gästebewertungen und nach Jury-Besuchen punkto Freundlichkeit am meisten überzeugen konnten. Neu gelten ab diesem Jahr zudem zwei Ausschlusskriterien: nur die Feedbacks für Betriebe mit Badezimmer und Toilette in den meisten Zimmern sowie einer bedienten Rezeption werden analysiert. Diese Hürde genommen haben und damit zu den Gewinnern zählen folgende fünf Betriebe: das Schlosshotel Chastè, Tarasp (Ferienhotel klein und fein); das Hotel Ascovilla, Ascona (siehe Foto) (Ferienhotel gross); das Hotel Giacometti, Locarno (Stadthotel); das Bellevue Palace, Bern (Luxus-Stadthotel) sowie das Hotel Villa Honegg, Ennetbürgen (Luxushotel).
Keine Nachfolgelösung Schon wieder ein gastgewerblicher Betrieb, der Wohnungen weicht. Der Grund: Eigentümer Richard Fuchs konnte für sein Hotel Restaurant Sonnenberg oberhalb Schwyz keine geeignete Nachfolgelösung finden, wie er gegenüber dem «Boten der Urschweiz» äusserte. Bis Ende September bleibt der Betrieb noch offen, danach sollen ab Frühjahr 2016 die Aussowie Umbauten des Hauses beginnen und laut Käuferin Imm Plus AG Schwyz zehn Wohnungen entstehen.
Kein Kompromiss Selbstüberschätzung oder Zuversicht: der umstrittene Investor Remo Stoffel setzt der Gemeinde Vals die Daumenschrauben an. Wie er in einem Interview des «Tages-Anzeigers» betonte, werde er, falls ihm die Bündner Gemeindeversammlung das Vertrauen entziehe und dem Bau seines Hotel-Turms eine Absage erteile, nicht mehr weiter investieren. Dass es zu diesem Schritte kommen werde, glaubt Stoffel jedoch nicht: «Ich bin zuversichtlich, dass die Bevölkerung dem Bau zustimmen wird.»
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