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Mehr Umsatz dank Akustikoptimierung

Lärmklagen kosten. Die Faktoren für Lärmimmissionen sind jedoch vielseitig. Gerade in diesen Tagen lohnt es sich, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Ein Akustikexperte sagt, wie.

Text Corinne Nusskern Mit den warmen Nächten steigt auch die Lärmimmission in der Aussengastronomie: Gelächter oder verschobene Stuhlbeine und schon ist der Nachbarsstreit da. Laut einer Umfrage von GastroSuisse (März 2021, 2500 befragte Personen) haben vor allem Gastronomen in Kantonen mit Grossstädten Probleme mit Lärmklagen, ganz vorne die Kantone Bern mit 14,9 Prozent und Zürich mit 14,2 Prozent.

Lärmklagen erfolgen aber nicht nur nachts. «Gerade bei Gebäuden mit Mischnutzung kann es auch tagsüber Probleme geben», sagt Philippe Niquille (35), Akustikexperte und CEO von Rocket Science in Zürich. Nachts sei der Grundpegel jedoch generell tiefer, sodass etwas, das zu laut ist, dann eher stört. Machtlos ist der Gastronom aber nicht, er kann den Lärm mit wenig Aufwand wenigstens etwas eindämmen. «Was hilft, sind bewährte Dinge wie Pflanzen, ein Teppich oder eine Abschottung wie eine Veranda, die sich mit beschränkten baulichen Massnahmen bewerkstelligen lässt.»

Unbewusst wahrgenommener Lärm

Oft ist nur ein Sektor problematisch, etwa das Haus links oder die Nachbarin im ersten Stock. Da nützt bereits ein mobiles Vordach, das die Stimmen dämpft. «Bei Sprache ist die PsychoAkustik relevant, da unser Gehirn stets auf Information aus ist», erklärt Niquille. Verstehe man jedes Wort, sei dies extrem störend. Einen lauten fliessenden Bach aber würde man

Viele Gäste bedeuten auch mehr Lärm.

nach fünf Minuten nicht mehr wahrnehmen. «Ein kleiner Brunnen könnte da einen angenehmen Grundlärm schaffen.»

Lärm, der Ärger mit Behörden und Nachbarn auslöst, gehört in den Bereich Schallschutz. Ein anderer Bereich ist Wohlbefinden. «Etwa die Sprachverständlichkeit in einem Lokal», sagt Niquille. «Dröhnt das laute Stimmengewirr bis in den Kopf, sucht der Gast bald das Weite.» Deckensegel oder abgesenkte Doppeldecken sind erste Hilfsmassnahmen. Kontraproduktiv wirken nicht auf den Raum abgestimmte musikalische Beschallungen.

Andere Lärmquellen werden unbewusst wahrgenommen. Liegt ein Betrieb nahe dem Bahnhof, spürt der Körper das Rumpeln vorbeifahrender Züge. «Dies wirkt unterschwellig auf den Körper ein und lässt den Gast, ohne dass er weiss, weshalb, das Lokal eher verlassen.» Dem Gastronomen gehen so Einnahmen verloren. Eine Akustikoptimierung von Rocket Science löst Lärmprobleme, ist aber mit 10 000 bis 15 000 Franken nicht günstig. «Es lohnt sich vor allem bei Neueröffnungen und Umbauten», sagt der Experte. Oft hilft Toleranz. Niquille: «Bereits der Fakt, dass ein Gastronom Lärm ernst nimmt und versucht, etwas zu machen, dämpft meist den Nachbarschaftsstreit.»

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Suisa: Gebührennachlass

Die Suisa berücksichtigt die schwierige Lage des Gastgewerbes und hat Infos zu Rückerstattungen für alle gängigen Tarife auf der SuisaWebsite aufgeschaltet. Die Nachlässe erfolgen nicht automatisch, sondern müssen bis 31. Mai für jeden Einzelfall verlangt werden. suisa.ch

Umfrage: Jetzt teilnehmen!

Berufsbildner sind eingeladen, bis zum 6. Juni an einer Umfrage von Workmed zum Thema «Psychisch auffällige Lehrlinge» teilzunehmen (Aufwand rund 20 Minuten). Mit den Erkenntnissen werden praxisorientierte Unterstützungstools für die Arbeit mit Lernenden entwickelt. Der Link zur Umfrage:

www.efs-survey.com/uc/ WorkMed/b1d0/ Fragen zum Thema?

forschung@workmed.ch

Auch Raststätten betroffen

Covid19 wirkt sich auch auf die Zahlen der Raststätten aus. Der Betriebsertrag der GotthardRaststätte A2 Uri sank 2020 von 28,2 Millionen Franken auf 16,6 Millionen. Die Gründe sind die Schliessung der Gastronomie und der markante Einbruch des Reiseverkehrs auf der NordSüdAchse während des ersten Lockdowns. Dank Versicherungsdeckung wurde ein positives Jahresergebnis erzielt.

Wintersaison mit Verlusten

Das SaisonMonitoring der Wintersaison 2020/21 von Seilbahnen Schweiz zeigt herbe Verluste. Gesamtschweizerisch beträgt der Rückgang der Ersteintritte 20,1 Prozent gegenüber der Wintersaison 2018/19, bei den Personentransportumsätzen 23,8 Prozent. Generell waren grössere Skigebiete infolge der fehlenden internationalen Kunden stärker betroffen.

Die Französin mit den acht Sternen

Anne-Sophie Pic in ihrem Restaurant in Lausanne: «Die Krise hat wenigstens den Vorteil, dass sie Talente zutage fördert, von denen wir gar nichts wussten.»

In Frankreich ist sie ein Star: Anne-Sophie Pic, mit drei Michelinsternen ausgezeichnete Spitzenköchin aus Valence und zuständig für das Gourmetrestaurant im Hotel Beau-Rivage in Lausanne. Im Interview erklärt sie ihre Philosophie, den Umgang mit dem Lockdown und wieso sie so begeistert von der Schweiz ist.

TEXTE UND INTERVIEW RETO E. WILD

Das GastroJournal trifft die französische Spitzenköchin AnneSophie Pic Ende April 2021 in ihrem gleichnamigen Gourmetrestaurant im Luxushotel Beau-Rivage in Lausanne-Ouchy VD. Die zierliche, empathische Frau, die trotz ihren Erfolgen bescheiden geblieben ist, entschuldigt sich für die Verspätung und kompensiert diese mit sprudelnder Energie und visionären Antworten. Statt während des Gesprächs Masken zu tragen, entscheiden wir uns für mehr Abstand.

Anne-Sophie Pic, wie oft reisen Sie in diesen speziellen Covid-Zeiten nach Lausanne? Anne-Sophie Pic: Vor dieser Reise war ich letztmals im Dezember 2020 im Beau-Rivage, um die Wiedereröffnung des Hotelrestaurants vorzubereiten, das letztlich nur gut 15 Tage offen war, weil ja ab dem 22. Dezember 2020 schweizweit wieder alle Restaurants geschlossen wurden. Aber mein Chef in Lausanne, Kévin Vaubourg, reiste schon dreimal nach Valence (dort, am linken Rhoneufer zwischen Lyon und Avignon, steht seit 1889 das Hotelrestaurant Maison Pic, Anmerkung der Red.).

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit ihm? Er kommt jeweils drei, vier Tage zu uns nach Valence in Frankreich. Wir arbeiten gemeinsam an neuen Rezepten und sprechen über die Kombination von Geschmack und Struktur der Gänge. Dabei bilde ich einen aromatischen Rahmen. Gemeinsam finalisieren wir nachher die Menüs. Wenn ich in Lausanne

GEBURTSTAG EINER GRAND OLD LADY

ZVG Dieses Jahr feiert das Luxushotel Beau-Rivage seinen 160. Geburtstag. Das Fünfsterne-Hotel mit seinen 168 Zimmern (34 davon sind Suiten) befindet sich im grünen Lausanner Stadtviertel Ouchy am Lac Léman, umgeben von einem vier Hektar grossen Park, in Nachbarschaft zum sehenswerten Musée Olympique. Besitzerin des Mitglieds von Leading Hotels of the World und Swiss Deluxe Hotels ist die familiengeführte Sandoz-Stiftung, zu der die Häuser Angleterre & Résidence (ebenfalls in Lausanne), Palafitte bei Neuenburg (erstellt für die Expo.02) sowie das Riffelalp Resort ob Zermatt VS gehören.

Das Aushängeschild des Beau-Rivage ist das mit 18 GaultMillau-Punkten sowie zwei Michelinsternen dekorierte Gourmetrestaurant von Anne-Sophie Pic. Chef ist der Franzose Kévin Vaubourg (28), der seit 2019 Souchef in Lausanne war und vorher im Maison Pic arbeitete. Im Keller des Beau-Rivage lagern 70 000 Weinflaschen. Er gehört damit zu den grössten Europas. Das kulinarische Angebot runden eine elegante Brasserie, das japanische Restaurant Miyako sowie ein kleines Angebot in der Lobby Lounge ab.

Sie stehen unter permanentem Stress, denn eigentlich sind Sie mit allen Ihren Restaurants eine AchtsterneChefin: Drei Michelinsterne haben Sie mit dem Restaurant Pic in Valence, je zwei Sterne in Lausanne sowie im La Dame de Pic London und einen im La Dame de Pic Paris. Tatsächlich ist das ein gewisser Druck. Andererseits sucht man bei einer Restauranteröffnung auch nach Anerkennung. Die meiste Zeit achte ich nicht auf Sterne, sondern auf die Anerkennung der Arbeit unseres Teams durch die Gäste.

Auch andere Sternechefs wollen besser sein. Was ist Ihr Merkmal? Die Art, wie wir unsere Gäste willkommen heissen. Wir führen wie eine Familie. Unsere Gäste sollen von einem Service auf höchstem Niveau verwöhnt werden, sich aber wie zu Hause fühlen. Das ist sehr wichtig für uns. Ich bin aber auch immer offen, um neue Technologien oder Zutaten auszuprobieren. Nun befinden wir uns aber gerade in der grössten Krise der Gastronomie seit dem Zweiten Weltkrieg. Was haben Sie deshalb in Lausanne und Valence verändert? Auch wir müssen den Service anders organisieren, für mehr Abstand zwischen den Tischen sorgen. Gleichzeitig ist die herNeben Lausanne, Valence, Paris und London haben Sie ausfordernde Zeit auch eine Chance für uns, weil wir noch mit Singapur einen fünften Standort. Planen Sie weitere mehr Produkte von lokalen Anbietern in unsere Menüs integEröffnungen? rieren. Die Zeit, die es dafür braucht, haben wir jetzt. Wir beWir haben tatsächlich Pläne für sitzen in Lausanne zudem ein Treibweitere Orte. Doch diese mussten « Die meiste Zeit achte ich haus mit aromatischen Pflanzen. wegen der Pandemie verschoben werden und sind deshalb noch nicht auf Sterne, sondern Mit diesen wollen wir Selbstversorger sein. Ich bin aus dem Rhonetal. nicht spruchreif. Sicher werden wir in Dubai ein Restaurant eröffnen. Es befindet sich in einem Geauf die Anerkennung der Arbeit unseres Teams Deshalb sind für mich solche Pflanzen wie Thymian oder Rosmarin sehr wichtig. bäude, das derzeit renoviert wird. Deshalb dürfte es noch mindesdurch die Gäste.» Was empfehlen Sie den Beizern, tens 1,5 Jahre dauern, bis wir dort um diese Krise zu meistern? so weit sind. In Frankreich nützt uns die staatliche Hilfe sehr. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich entschieden, Zusätzlich betreiben Sie eine Kochschule, die auch Kindern die Betriebe nicht zu stoppen und neue Jobs zu kreieren. Unter offen steht. Wie stark sind Sie tatsächlich noch Küchen- «click & collect» verschicken wir Menüs in ganz Frankreich. Sochefin und wie viel eher Managerin? gar Pariser Hotels, welche die Küche geschlossen haben, bestelEine gute Frage. Ich bin ja nicht Besitzerin aller Restaurants. len bei uns. Wöchentlich liefern wir rund 250 Menüboxen aus. Mein Mann und ich haben uns die Arbeit aufgeteilt: Er küm- Eine Vorspeise, ein Hauptgang je aus Fleisch und Fisch sowie ein mert sich um das Geschäft und ich um die Küche. Klar ma- Dessert kosten 78 Euro. So sind wir weiterhin mit den Gästen nage ich auch den Service und die Teams, gebe ihnen eine verbunden und können neue Kundensegmente dazugewinnen. Struktur und bringe das Personal in gewisser Weise dorthin, Bei der Zubereitung helfen die Angestellten aus den Teams im wie ich es mir vorstelle. Aber letztlich bin ich für die Kreativi- Turnus mit, damit sie nicht aus der Übung kommen. Die Krise tät der Menüs verantwortlich. hat wenigstens den Vorteil, dass sie Talente zutage fördert, von denen wir gar nichts wussten. Sich auf die Situation einzustellen Wie meinen Sie das mit der «gewissen Weise»? und diese zu adaptieren, ist das Beste, was man machen kann. Ich stamme aus einer Familie, die seit vier Generationen in dieser Branche arbeitet. Wir haben eine Charakteristik, die Wie finden Sie Ihre lokalen Produzenten? sich von anderen unterscheidet. Das kultivieren wir. Wir wol- Ich arbeite nun seit rund zwölf Jahren auch in Lausanne. In len besser sein. dieser Zeit ist eine Vielzahl an Produzenten zusammengekom-

Testbesuch: Das Degustationsmenü Gang für Gang

Das achtgängige Degustationsmenü «Vue Lac au Printemps» im Restaurant Anne-Sophie Pic des Hotels Beau-Rivage in Lausanne kostet ab 270 Franken – exklusive Getränke. Die Weinbegleitung zeigt sich beim Testbesuch als ebenfalls innovativ: Zum ersten Gang wird der Sake Katori 80 Namagen serviert, danach folgen ausschliesslich Weissweine (unter anderem Dézaley von Cyril Séverin oder Grüner Veltliner vom Schloss Gobelsburg). Der etwas enttäuschende Rote ist ein Naturwein-Pannobile von Claus Preisinger und will nicht so richtig mit dem Kalb harmonieren.

Erster Gang nach einem dreiteiligen Amusebouche zum Auftakt: Geräucherte und mit Douglasien vom waldreichen Waadtländer Hochland Jorat marinierte Felchen aus dem Lac Léman auf Randentartar an einem milchigen Minz-Öl-Dressing. Zweiter Gang: Gerösteter, allerdings leicht bitterer weisser Spargel aus Bex bei Aigle VD. Dazu eine buttrige Curry-Zabaglione, die eher an die klassische französische Küche als an Italien erinnert, mit Orangenblüten und gemischten Zitrusfrüchten.

men. Inzwischen erhalte ich auch Anfragen für eine Zusammenarbeit. Oder ich frage Erzeuger, ob sie einen Tipp haben. Grundsätzlich bin ich immer sehr offen für neue, qualitativ hochstehende Produkte. Mir ist der Fokus auf lokale Produkte wie etwa Fisch vom Lac Léman sehr wichtig, um so den Spirit des Orts in meinen Gerichten zu transportieren.

Arbeiten Sie noch immer mit der Unterwalliser Winzerin Marie-Thérèse Chappaz zusammen? Selbstverständlich. Sie ist einfach «wow». Gemeinsam mit Christine Vernay vom gleichnamigen Weingut aus dem Rhonetal organisierten wir drei Frauen auch schon einen speziellen Abend, der bei den Gästen sehr gut ankam.

Was ist Ihr Lieblingswein von Chappaz? Ich mag alle ihre Weine. Frauen sind talentiert für Weisse. Ich schätze sehr, dass Marie-Thérèse auf biodynamische Produkte setzt. Sie arbeitet mit so viel Leidenschaft. Auch Christine ist eine Pionierin im biologischen Rebbau.

Ihr neues Degustationsmenü in Valence ist in Sequenzen gegliedert, wie eine Art Ritual. Dort vermählen sich Gerichte mit Getränken, mit oder ohne Alkohol. Dieses Konzept werden wir ab September in Lausanne einführen. Die Argentinierin Paz Levinson ist Chefsommelière für alle unsere Betriebe. Sie war ursprünglich eine Dichterin und entschied sich, in die Welt des Weins einzutauchen. Heute weiss sie aber auch sehr viel über Tee und Kaffee und andere nichtalkoholische Getränke. Wir mögen Wein. Aber wir wollen jenen, die keinen Alkohol trinken, beispielsweise zum Mittagessen, eine Alternative anbieten. Deshalb gibt es ab September die alkoholfreie Getränkebegleitung auch in der Schweiz. Die Vorbereitung dazu ist wie Alchimie und verlangt viel Arbeit.

Anne-Sophie Pic (51) leitet als einzige Frau in Frankreich mit dem Maison Pic ein Restaurant, das mit drei Sternen ausgezeichnet worden ist. Der Guide Michelin adelte sie bereits 2007 auf diesem Niveau. Sie ist nach ihrem Grossvater und Vater die dritte Generation mit dieser höchsten Auszeichnung. Die verheiratete Mutter eines Sohnes führt das Hotelrestaurant in Valence, das als nördliches Tor zur Provence gilt. Pic kommt zwei- bis dreimal pro Jahr nach Lausanne, um ihre Schweizer Gäste persönlich zu treffen. Ihr Restaurant im Hotel Beau-Rivage Palace in Lausanne wurde im April 2009 eröffnet und hat zwei Michelin-Sterne. Die Spitzenköchin schlug ein neues Kapitel auf, indem sie mit regionalen Erzeugern arbeitet.

Wie schwierig ist es, in dieser Zeit das richtige Personal für Küche und Service zu finden? Die meisten Angestellten in Lausanne kommen aus Frankreich. Seien wir ehrlich: Wenn die Franzosen in der Schweiz arbeiten, wollen sie nicht mehr zurück, weil sie es lieben, hier zu arbeiten. Die Sprache, die Nähe zu Frankreich und eine gewisse Unbeschwertheit werden sehr geschätzt. Viele Angestellte rekrutieren wir aus dem Team in Valence, wo wir sie auch ausbilden. Wenn sie bereit sind, bieten wir ihnen den Wechsel in die Schweiz an. Dabei schauen wir darauf, dass die Teams gemischt sind. Denn wenn Frauen und Männer zusammenarbeiten, gibt das eine bessere Stimmung und eine höhere Arbeitsqualität, als wenn nur Männer oder nur Frauen untereinander sind.

Weshalb gibt es eigentlich noch immer so wenig Frauen in der Spitzengastronomie? Einige geben auf, wenn sie eine Familie gründen. Das ist ähnlich wie in der Wirtschaft. Ich habe das Glück, einen Ehemann zu haben, der mich in meiner Arbeit unterstützt, sodass ich meine Passion leben kann. Selbstverständlich unterstütze auch ich

Dritter Gang: Die Täschchen sind Pics Eigenkreation. Die Dreiecke beinhalten eine Sauce, die mit Chasselas angereichert und mit Nikka-Whisky aromatisiert wird: Moitié-Moitié-Fondue im Kleinformat. Dazu Wasserkresse und Gundelrebe. Vierter Gang: Bissfester, zarter und perfekt zubereiteter, mit der Fischerrute gefangener Steinbutt an einer Emulsion aus Safran, Liebstöckel und mexikanischem Estragon. Die Rhabarber als Beilage stammt aus dem Waadtland. Fünfter Gang: Eine Hommage an Jacques Pic, dem Vater von Anne-Sophie Pic. Er kreierte dieses Gericht 1971. Der Champagnerschaum überdeckt Wolfsbarsch. In der Mitte des Tellers schwimmt Osciètre-Kaviar vom russisschen Stör.

Sie reden immer wieder begeistert über die Schweiz. Ja, ich liebe die Schweiz sehr. Sie ist mein zweites Zuhause. Ich hoffe, dass mich die Schweizer einst adoptieren. Und ich bin sehr interessiert an lokalen Produzenten. Gestern traf ich Fromagier Jacques Duttweiler aus Thierrens VD. Mit ihm zusammen haben wir im Garten des Hotels Beau-Rivage einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Markt mit lokalen Produzenten kreiert. Er findet dieses Jahr am letzten Freitag im August, also am 27.8., statt. Marie-Thérèse Chappaz ist auch dabei. Das ist für mich ein Beitrag an meine Partner, eine Art Dankeschön, denn ohne sie könnte ich nicht kochen.

Weshalb die Schweiz? Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich bin ein grosser Fan der etwas gelasseneren Lebensart. Am Anfang weiss man nicht so genau, wie man den Schweizern begegnen soll. Doch letztlich sind sie sehr treu. Sie und ihre Produkte geben mir eine erstaunliche Inspiration.

Wann sind Sie am kreativsten? Degustationen und Begegnungen machen mich kreativ. Vor zwei Tagen war ich mit Michaël Berthoud von Cueilleurs Sauvages aus Pully VD unterwegs. Er hat mir viele wild wachsende Pflanzen gezeigt, etwa Bärlauch oder Schwarzen Holunder. Beim Arbeiten im Wald habe ich viele Dinge entdeckt, die ich in meine Menüs einfliessen lassen möchte.

Jean-Francois Mallet / ZVG

Anne-Sophie Pic in ihrer Küche in Valence: «Mein Mann kümmert sich um das Geschäft und ich um die Küche.»

Sie haben eine Vielzahl von Gerichten kreiert. Was ist Ihr persönlicher Favorit? In Lausanne ist das ein Moitié-Moitié-Käsefondue aus Freiburger Vacherin und Gruyère, das ich in einen feinen Teig verpacke. In diesem Berlingot genannten Gang steckt viel Schweiz.

Was kochen Sie am liebsten, was weniger gern? Ich koche alles gerne. Es gibt bei mir jedoch immer wieder Phasen. Einmal mag ich Fisch sehr, dann wieder Gemüse und nachher komme ich wieder zum Fleisch zurück. Klar, heute essen wir weniger Fleisch als früher. Aber ich möchte nichts ausschliessen.

Trotzdem die Frage: Eine bekannte Menükreation von Ihnen ist «Thon cru au fois gras avec une gaufrette au sesame et sorbet à la moutarde de Chine». Ist es noch zeitgemäss, Meerfisch zu verwenden, wenn man weiss, welchen Schaden der weltweite Fischfang anrichtet? Eine gute Frage. Wir haben im Februar und März unsere Fischlieferanten kontaktiert. Ich schaue darauf, wann wir was und wo einkaufen. Es gibt beispielsweise eine Fischfangsaison für Weissfisch. Die respektieren wir. Wir bereiteten sechs Jahre lang keinen Thunfisch mehr zu. Heute verwenden wir nur noch solchen aus dem Mittelmeer. Eine Alternative könnten Fischzuchten sein, deren Qualität immer besser wird. In der Schweiz setzen wir auf Forelle und Felchen. Aber auch diese sind in der Menge reglementiert.

Ihr Sohn Nathan ist 16 Jahre alt. Wie stark ist er daran interessiert, als fünfte Generation der Familie Pic in der Gastronomie zu arbeiten? (lacht) Sehr, weil er die Hotellerie- und Restaurationsfachschule Institut Paul Bocuse in Lyon besuchen möchte.

Degustationsmenü: Die Gänge sechs bis acht

Sechster Gang: Schweizer Kalb vom Black Angus, 30 Tage gelagert. Dazu in Sakehefe marinierte Morcheln und Erbsen mit Mädesüss. Der Sauce wurde Bärlauch dazugegeben, der für einen erstaunlich dezenten Geschmack sorgt. Siebter Gang und erstes Dessert: weisse Mille Feuille aus leichtem Rahm mit tahitianischer Vanille und feinem Jasmin-Gelee. Dazu eine Voatsiperifery-Pfeffer-Emulsion. Dieser wilde Pfeffer stammt von der Ostküste der Insel Madagaskar. Abschluss des Degustationsmenüs: Das Vanille-Mousse ist leicht geräuchert. Es liegt auf schwarzem Sesam-Mürbegebäck. Der Erdbeersaft wurde mit Talisker-Whisky parfümiert, dessen Rauchnote sich überraschend dominant präsentiert.

Spitzenkoch Rösch: Harter Schnuppertag im Rebberg

Spass am Lernen: Während der Coronazeit nützen manche Köche und Gastronomen die Freizeit, um auf dem Feld oder im Weinbau zu arbeiten. Eine Reportage aus dem Rebberg des Weinguts Adank.

Benny Epstein

Patrick Adank (r.) zeigt Sebastian Rösch, wie er den Rebstock sauber einpflanzen soll.

TEXT BENNY EPSTEIN

Es ist 6 Uhr in der Früh, als Sebastian Rösch (32) den Motor startet. «Weingut Adank» heisst der Zielort im Navi. 104 Kilometer oder knapp anderthalb Stunden später biegt er auf den Parkplatz in Fläsch GR ein. «Schön, bist du da, hast es tatsächlich geschafft, guten Morgen», witzelt Patrick Adank (30). «Komm, fahr mir nach.» – «Zum Morgenkaffee?» «Nein, in den Rebberg.»

Der Himmel zeigt sich in sanftem Blau, die ersten Sonnenstrahlen beleuchten die Weinlandschaft. Ein herrlicher Frühlingsmorgen. Adank erklärt Rösch die Lage Spondis. Rösch, der Küchenchef des Zürcher Restaurants Mesa (1 Stern, 17 Punkte, GaultMillau-Aufsteiger des Jahres 2021), versteht von Wein nicht viel. Aber doch immer mehr. In den vergangenen Monaten besuchte er nicht nur zahlreiche Lebensmittelproduzenten, sondern auch den einen oder anderen Winzer. Erich Meier am Zürichsee, Francisca und Christian Obrecht in Jenins GR, Markus Ruch im schaffhausischen Klettgau. «Mir gefallen deren Weine und ich will mehr über die Menschen dahinter und deren Arbeit erfahren.» Gewiss könnte sich daraus dereinst mal ein gemeinsames Projekt oder ein besonderes Wine & Dine ergeben, doch vorderhand geht es dem bayrischen Koch nicht ums Geschäft. «Es geht um den Austausch, um das Teilen der gemeinsamen Leidenschaft für die Veredelung regionaler Produkte. Ich bin in einer bäuerlichen Umgebung aufgewachsen und liebe es, die Natur zu spüren.»

Adank ohne, Rösch mit Handschuhen Aufgrund der besonders guten Voraussetzungen von Boden, Höhe und Ausrichtung entschied sich Adank, der Lage Spondis einen separat gekelterten und abgefüllten Pinot Noir zu widmen. Zuletzt konnte er ein Mittelstück der Lage, das bislang ein anderer Weinbauer bewirtschaftete, dazugewinnen. Weil jene Reben aber zu alt und unsortiert waren, riss er sie aus und bestellte neue. «Zuerst gräbst du mit der Schaufel ganz nah am

Pfahl ein recht tiefes Loch und dann setzt du den Rebstock so ein und ziehst ihn wieder ein wenig hoch, damit die Wurzeln schön unten sind.» Adank zeigt es zwei Mal vor, Rösch schaut genau zu. Während der Winzer die Arbeit mit blossen Händen erledigt, streift sich der Koch Handschuhe über. Was Rösch dann zeigt, verleitet Adank, der in der Reihe daneben selbst auch am Einpflanzen ist, zu regelmässigem Lob. Kein Wunder: Von der Küche ist er Präzision, Respekt gegenüber dem Produkt und das Umsetzen von klaren Vorgaben gewohnt.

Gerade als Rösch nach fast zwei Stunden Arbeit mal kurz den Rücken durchstreckt, ruft Rezia Adank zum Kaffee. Rezia und Hansruedi, Patrick Adanks Eltern, die das Weingut seit den Achtzigerjahren führen, sind längst auch am Setzen von Rebstöcken. Jetzt gibts Kaffee aus der Thermoskanne und Buttergipfeli. «Herrlich», findet Rösch, gönnt sich einen zweiten Kaffee und einen weiten Blick über die Bündner Herrschaft.

In fünf Jahren soll es so weit sein

In einer anderen Lage mit AdankReben tut es ein anderer Sternekoch Rösch gleich: Silvio Germann (30), Küchenchef im Igniv (2 Sterne, 18 Punkte) in Bad Ragaz SG, pflanzt ebenfalls Rebstöcke. Am Nachmittag arbeiten dann auch seine Köche im Rebberg. «Teambuilding und Spass stehen im Fokus», sagt Germann. «Mit Patrick hat sich längst eine enge Freundschaft entwickelt. Da helfen wir ihm gerne mal. Diese Weine schliesslich an den Tischen bei uns im Restaurant zu sehen – da hat man dann einen ganz persönlichen Bezug dazu.»

Das sieht Rösch ähnlich: «Der Gedanke, dass ich einen kleinen Beitrag an einen künftigen Spitzenwein leisten konnte und quasi bei der Geburt dieser Trauben mitgeholfen habe, ist wunderbar.» In fünf Jahren soll es dann so weit sein. Dann gelangen die ersten Trauben der neu gesetzten Rebstöcke in den Pinot Noir Spondis.

Ein intensiver Morgen geht zu Ende. Rezia Adank ist schon etwas früher ins Haus zurückgekehrt, um das Mittagessen vorzubereiten. «Es duftet nach Fleischkäse», platzt es aus Rösch heraus, als er die Haustür öffnet. Die Vermutung stimmt. Dazu gibt es mit Käse überbackene Spätzli. Röschs Urteil: «Grossartig.» Rezia Adank strahlt: «Wenn der Spitzenkoch das sagt ...»

Das Igniv-Team um Küchenchef Silvio Germann (4. v. l.) nach getaner Arbeit im Rebberg.

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Prost ohne Promille

Alkoholfreie Getränke liegen im Trend. Trotz starken Verdrängungskampfes sprudeln immer wieder neue Produkte wie Bundicha auf den Markt, um sich zu etablieren. Andere wie Tröpfel haben es schon geschafft.

TEXT CORINNE NUSSKERN — FOTOS ZVG / PIXABAY

Der Weg von der heimischen Küche auf die Getränkekarten der Gastronomie ist kein leichter. Mit dem Motto «Zwei Bündner sagen ungesunden Getränken den Kampf an» wollen Sabina Vögeli (36) und Patrick Hitz (39) mit Bundicha, hergestellt aus Kombucha, fermentiertem grünem Tee und Bio-Aromen, im Markt Fuss fassen. «Um ein gesundes, natürliches Erfrischungsgetränk herzustellen, bestellten wir im November 2019 einen Kombuchapilz», erzählt Vögeli. «Die ersten zwei Liter produzierten wir zu Hause in Glasgefässen.» Es schmeckt und der Pilz wächst parallel zur Literproduktion. Erst sind es zehn Liter, dann dreissig. Sie ziehen in eine Mikrobrauerei in Thalwil um, wo Hitz schon länger mit Freunden hobbymässig Bier braut.

★ Getränkekonsum Schweiz

In der Schweiz wurden 2020 rund 586,8 Millionen Liter Erfrischungsgetränke getrunken. Im Vergleich: Beim Mineralwasser waren es 939,8 Millionen, beim Bier 453 Millionen und beim Wein 240 Millionen Liter. Laut einer Prognose von Statista wird der Umsatz im Markt Alkoholfreie Getränke 2021 etwa 5,07 Millionen und 2025 bereits 5,56 Millionen Franken betragen. Dies entspricht einem jährlichen Umsatzwachstum von rund 2,3 Prozent.

Quellen: Verband Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten (SMS) und Statista Aktuell produzieren sie alle zwei Wochen 200 Liter in den Aromen Original, Ingwer, Johannisbeere und Holunder. Die zwei seit ihrer Kindheit befreundeten Lenzerheidner machen alles selbst und nebenberuflich: Ansetzen, abfüllen, Etiketten kleben. Vögeli arbeitet im Tourismus und lebt auf der Lenzerheide, Hitz ist selbstständig mit einem Treuhandbüro in Thalwil ZH, wo er lebt. «Eigentlich macht der Kombucha-Pilz fast die ganze Arbeit», sagt Vögeli. Dies setze sich beim Kühlen fort, wenn das probiotische Getränk Kohlensäure entwickle. Das erfrischende Getränk funktioniert bestens als Essensbegleiter, vor allem das Aroma Original.

Mit Kombucha den Zeitgeist treffen

Der alkoholfreie Getränkemarkt ist kein Kinderspielplatz, sondern ziemlich umkämpft. Vögeli nickt. «Wir lassen uns davon nicht blenden und sind mit vielen Leuten in Kontakt. Ich denke, es hat für alle Kombucha-Player Platz.» Die zwei Bündner haben auch Ablehnung erlebt. Doch sie glauben an ihr Produkt. Dabei setzen sie auf regionale und natürliche Zutaten – ausser beim grünen Tee, da ist es eher schwierig.

Der Trend zu Regionalität und Natürlichkeit spielt kleinen Start-ups oft in die Hände. Auch Vögeli und Hitz profitieren von diesem Hype. Seit April ist Bundicha im Migros Conceptstore Bridge an der Europaallee in Zürich vertreten und vereinzelt in der Gastronomie erhältlich. Der Gastronomiepreis beträgt 2.90 Franken für eine 33-cl-Flasche. Noch generieren sie den meisten Umsatz über ihren Onlineshop. «Aber es kommen vermehrt Interessenten aus dem Eventbereich und der Gastronomie auf uns zu», freut sich Vögeli. Ist es ihr Ziel, in Zukunft von Bundicha leben zu können? «Klar! Wenn wir uns grosse Tanks anschaffen müssen, auch gut. Unserer Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt», sagt Vögeli optimistisch. Sie lassen sich nicht unter Druck setzen und nehmen es so, wie es kommt. «Irgendwann müssen wir uns beruflich vielleicht entscheiden und nur noch auf Bundicha setzen.»

Orangensaft in Mostindien?

An einem ähnlichen Punkt waren einst auch die Klingenzellerhof-Wirtin Patricia Dähler-Kraus (59) und Adler-Wirtin Esther Schaefer-Meier (43) in Mammern TG. Die beiden stört, dass an Anlässen die Apéros immer gleich aussehen: Weisswein, Mineral, Orangensaft. «Orangensaft in Mostindien? Das geht doch nicht», sagt Dähler. Sie suchen etwas Alkoholfreies und Stilvolles, finden aber nichts.

Dählers Mann Niklaus hat Hochstamm-Apfelbäume und Esther Schaefer- Meiers Vater Emil Trauben. So beginnt die gelernte Krankenschwester Dähler 2005 hinter dem Buffet mit aufgezogenen Spritzen Säfte zu mischen. Die zwei Frauen probieren, balancieren; Schaefer kreiert die Wortkreation Tröpfel aus den Worten Traube und Öpfel, und bald wird Tröpfel der Erste geboren: Ein leicht süsslicher Schaumwein, ähnlich einem Moscato, aus zwei Drittel Riesling- und Johannitertrauben und einem Drittel Hochstammapfelsorten. Doch grosse Pro-

Patrick Hitz und Sabina Vögeli mit ihrer Kreation Bundicha: Der Name setzt sich aus dem romanischen «Bun di» für «Guten Tag» und dem Wort Kombucha zusammen.

duktionsfirmen winken ab, zu klein sei die Menge von 900 Flaschen. Sie sind betüpft, heute verstehen sie es. «Bei einem Stammtischgespräch hören wir, dass Othmar Lampert in Steckborn TG eine alte Champagner-Abfüllanlage im Keller stehen hat», sagen die beiden. Et voilà! Eigentlich wollten sie bloss ein stilvolles analkoholisches Getränk für ihre Betriebe produzieren, doch innert drei Monaten ist alles weg. «Wir erschraken selbst, es lief von Anfang an», sagt Schaefer.

Heute sind es über 55 000 Flaschen pro Jahr. Sie produzieren nach wie vor bei Lampert, nun auf drei Abfüllanlagen. Dazugekommen sind der leicht herbe, mit Hopfen ergänzte Tröpfel der Zweite. «Er wird vor allem in der Gastronomie verwendet und eignet sich bestens zu Vorspeisen», sagt Dähler. Er ähnelt einem fruchtigen Prosecco, die Nase riecht nach Apfelkeller und Hopfen. Der leicht trockene Tröpfel der Dritte ist mit Aroniabeerensaft veredelt, dem leicht scharfen «Kingwer» wird Kürbis, Ingwer und Aronia zugesetzt. Als Zweitlinie kreierten die Unternehmerinnen Paes: Nr. 1 ist ein alkoholfreier Hugo und das herbe Paes 2 wird vor allem in Bars mit Gin gemixt.

Nicht überall präsent sein

Coop und Migros geben sie einen Korb zugunsten der kleinen Vertreiber, die seit Beginn bereit sind, mit ihnen mitzuziehen. «Und es macht unser Produkt edler, wenn es nicht in jedem Regal erhältlich ist», fügt Dähler an. Und 2014 geben sie die Pacht ihrer Gastronomiebetriebe zugunsten von Tröpfel auf. Wein, hinkt. «Der Alkohol ist gratis», sagt Dähler lachend. «Bei uns besteht die Gefahr, dass kein Alkohol dazukommt.» Zudem verwenden sie nur Schweizer Früchte, gar die Aroniabeere ist aus der Region, der Ingwer aus Steinmaur ZH – und sie zahlen ihre 24 Produzenten fair.

Die Akzeptanz alkoholfreier Getränke und deren Nachfrage steigt ständig. Die Coronazeit konnten sie dank den Hofläden und Aperopäckli für ZoomMeetings abfedern. Doch die zwei ExWirtinnen fühlen sich der Gastronomie immer noch verbunden: «Wir leiden in dieser Pandemie mit ihnen mit – einmal Gastronomie, immer Gastronomie!»

Knapp zehn Prozent der Produktion geht in die Gastronomie, vor allem in schweizweit bekannte Sterne- und Gourmetbetriebe, aber auch in Landgasthöfe und gehobenere Restaurants. In der gängigen Gastronomie ist Tröpfel etwas schwieriger zu etablieren. Die zwei Frauen bieten allen interessierten Betrieben auch Weiterbildungen direkt vor Ort an: «Wir müssen nicht den Chef überzeugen, sondern den Service! Sonst weiss der Gast nicht, dass es eine Alternative zu Mineralwasser gibt.»

Der Tröpfel ist nicht günstig, im Detailhandel kostet die Flasche Fr. 17.90. Der Vergleich, Tröpfel sei gleich teuer wie