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3 Fragen an SVP-Nationalrätin Esther Friedli

Andreas von Gunten

ESTHER FRIEDLI (43)

wurde als neue Kandidatin mit dem besten Resultat in den Vorstand von GastroSuisse gewählt. Sie führt mit ihrem Partner Toni Brunner den Landgasthof Sonne Haus der Freiheit in Ebnat-Kappel SG, sitzt seit Herbst 2019 im Nationalrat sowie in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK).

1—Esther Friedli, was wollen Sie als frisch gewähltes Vorstandsmitglied erreichen? Ich möchte die politische Arbeit von GastroSuisse untersützten und dafür sorgen, dass die Anliegen der Gastrobranche innerhalb des Parlaments Mehrheiten finden. Und ich möchte die aktuell wichtigsten Bedürfnisse der Branche sammeln und mich für die Mitglieder einsetzen.

2—Wie beurteilen Sie die Arbeit von Gastro Suisse in dieser Krise? Der Verband hat intensiv und gut gearbeitet, braucht aber in dem einen oder anderen Bereich Unterstützung, vor allem bei den direkten Kontakten mit Parlamentariern und Bundesräten. Deshalb habe ich vor drei Wochen ein Treffen zwischen GastroSuisse und Bundesrat Berset initiiert. Die beiden Parteien sind dann innerhalb von wenigen Tagen zusammengesessen. Das war sehr zentral, gerade auch im Hinblick auf die Öffnung der Restaurantinnenräume auf Ende Mai. Im Verlauf des Juni müssen wir schauen, dass es rasch weitere Lockerungen gibt, so bei der Sperrstunde oder der Vier-Personen-Tischregel.

3—Wie planen Sie die Zukunft in Ihrem Betrieb? Ich hoffe sehr, dass die Innenräume am 31. Mai aufgehen, denn die Gäste wollen auch wieder innen bedient werden. Wir haben nun Zelte und Heizpilze aufgestellt. Doch das ist mit Kosten und Aufwand verbunden. Betriebswirtschaftlich lohnt sich der Aufwand nicht: Wir hatten in diesem Mai nur drei wirkliche Sonnentage. Dennoch wollen wir unsere Kunden wieder empfangen und bewirten. Vor Corona hatten wir zu Spitzenzeiten über 100 Gäste auf der Terrasse, jetzt sind es platzbedingt maximal 40 Stühle. Die ganze Situation erfordert extrem viel Flexibilität – sei es von den Mitarbeitenden oder beim Einkauf.

Triumph für Ebneter und Esther Friedli

Erstmals in der Geschichte findet die DV von GastroSuisse digital statt. Bei den Gesamterneuerungswahlen werden Präsident Casimir Platzer und sein Vize Massimo Suter glanzvoll wiedergewählt; neu im Vorstand sind Maurus Ebneter als Trésorier und die Bernerin Esther Friedli.

Text Reto E. Wild In den vergangenen Wochen war es in der Branche immer wieder ein Thema: Wer wird Nachfolger des zurücktretenden Trésoriers Walter Höhener, der seit 2012 im Vorstand von GastroSuisse sitzt und seit sechs Jahren die finanziellen Geschicke des Verbands leitet? Die 231 Delegierten können aus vier Kandidaten wählen: Maurus Ebneter (Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt), Daniel Müller (Geschäftsleiter bei Bindella), Urs Pfäffli (offizieller Kandidat von GastroZürich) sowie Vorstandsmitglied Moritz Rogger (Präsident von GastroRegion Sursee). Nach dem ersten Wahlgang verpasst Ebneter das absolute Mehr nur um zwei Stimmen. Im zweiten Gang erhält er dann aber 143 von 223 Delegiertenstimmen und setzt sich klar vor Pfäffli (64) und Müller (14) durch. Maurus Ebneter sagt unmittelbar nach der Wahl: «Gesunde Finanzen sind das Fundament eines starken Verbands. Dafür werde ich mich als Trésorier einsetzen.»

Chronologie einer Dramatik wie bei einer Bundesratswahl

Rogger zieht seine Kandidatur als Trésorier zurück und konzentriert sich auf die Wiederwahl im Vorstand, wo sechs Sitze zu besetzen sind – bei acht Kandidaten! Die Spannung steigt wie bei einer Bundesratswahl, das Ergebnis überrascht: 219 Delegierte geben ihren Wahlzettel ab und wählen die SVP-Nationalrätin Esther Friedli (151 Stimmen, neu), Bruno Lustenberger (Präsident GastroAargau, bisher, 140), Gilles Meystre (Präsident GastroVaud, bisher, 140), Muriel Hauser (Präsident GastroFribourg, bisher, 125), André Roduit (Präsident Gastro Valais, bisher, 125) und Moritz Rogger (bisher, 121) per 1. Juli 2021 in den GastroSuisse-Vorstand. Daniel Müller (neu) erreicht mit 110 Stimmen zwar das absolute Mehr, scheidet aber als überzähliger Kandidat aus. Der bevölkerungsreichste Kanton Zürich mit der wohl innovativsten Gastronomie des Landes ist damit im Vorstand von GastroSuisse weiterhin nicht vertreten. Die Bündnerin Annalisa Giger-Sialm (109) wird nach nur drei Jahren Vorstandstätigkeit abgewählt. Sie dürfte ein Opfer der Strahlkraft von Esther Friedli sein, für die sich GastroGraubünden-Präsident Franz Sepp Caluori in einer Wortmeldung persönlich einsetzt.

Keine Zweifel bestehen bei der Wiederwahl von Casimir Platzer, der als Einziger für das Amt des Präsidenten kandidiert und GastroSuisse seit 2014 führt. Bei 220 eingehenden Wahlzetteln erhält er 207 Stimmen für seine Wiederwahl, 13 Stimmen gehen leer ein. «Ich danke Ihnen für das Vertrauen, das sie mir für weitere drei Jahre geben. Ich wache jeden Morgen voller Energie auf, um mich weiterhin für den Verband und

seine Mitglieder einzusetzen», sagt der spätestens seit der Coronakrise national bekannte GastroSuisse-Präsident. Sein Vize Massimo Suter, der Präsident von GastroTicino, erhält 199 Stimmen von 224 eingegangenen Wahlzetteln (25 sind leer) und wird fast genauso glanzvoll wiedergewählt. Suter vervollständigt den neunköpfigen Vorstand von GastroSuisse.

«Die Gesundheit der Menschen ist uns immer wichtig»

Platzer bezeichnet die Gesamterneuerungswahlen für die Amtsperiode von 2021 bis 2024 als «Pièce de Résistance» der Delegiertenversammlung vom 18. Mai 2021. Deshalb stehen die weiteren Geschäfte der Traktandenliste im Schatten dieser Wahlen. In seiner Eröffnungsrede betont der Berner Oberländer: «Die Gesundheit der Menschen war und ist uns immer wichtig. Ebenso fundamental ist aber auch, dass unsere Mitglieder eine Perspektive haben und fair entschädigt werden.» Der abgetretene Gilde-Präsident und Hotelier René F. Maeder erklärt in einer Wortmeldung: «Es ist nicht Aufgabe des Verbands, Massnahmen des Bundesrats und der Wissenschafter infrage zu stellen.» Maeder sieht diese Meinung nicht als Kritik am Vorstand, sondern als Anregung für die Zukunft.

Daniel Borner, Direktor von GastroSuisse, zitiert in seinem GastroSuisse-Jahresbericht 2020 den verstorbenen deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der einst gesagt hat: «In der Krise beweist sich der Charakter.» GastroSuisse habe in diesem «schrecklichen Krisenjahr» Charakter gezeigt. Viele andere Gewerbetreibenden hätten sich ebenfalls einen so agilen Verband gewünscht. «Nach der Krise wird vor der Krise sein. Jetzt wissen wir, für welche Herausforderungen wir gerüstet sein müssen. Wenn diese Krise vorbei ist – was derzeit noch nicht der Fall ist –, dann ist Zeit, zurückzublicken und Bilanz zu ziehen.» Es sollen Lehren gezogen und Massnahmen erarbeitet werden. Dafür brauche es aber eine gründliche Analyse.

Die Verbandsspitze und ihre Delegierten hoffen, dass die nächste Versammlung wieder vor Ort durchgeführt werden kann. Terminiert ist diese für den 30./31. Mai 2022 in St. Gallen. Gastgeber ist Walter Tobler, Präsident von Gastro St. Gallen. Platzer zeigt sich in seinem Schlusswort optimistisch: «Es ist erfreulich, welche grosse Solidarität wir aus der Bevölkerung erhalten. Es lebe GastroSuisse!»

nisse einer Studie von Rütter Soceco aus Rüschlikon ZH im Auftrag von Gastro Suisse.

Der neu konstituierte Vorstand: Esther Friedli, Moritz Rogger, Muriel Hauser, Gilles Meystre (vorne, v. l.), Massimo Suter, Casimir Platzer, Maurus Ebneter, André Roduit und Bruno Lustenberger (hinten v. l.)

Aktuelle Studie über die Bedeutung des Gastgewerbes für die Wirtschaft

Eine Bruttowertschöpfung von 35 Milliarden Franken

Die seit 14 Monaten andauernde Coronakrise haben es gezeigt: Politik und Gesellschaft unterschätzen das Gastgewerbe. Das ist falsch, wie eine Studie von Rütter Soceco im Auftrag von GastroSuisse zeigt.

Text Reto E. Wild «Systemrelevant» und damit das Schlagwort «too big to fail» sind seit der Krise der UBS in aller Munde. 2008 sorgten der Bund und die Nationalbank mit einem 68-Milliarden-Franken-Hilfspaket dafür, dass die UBS nicht Konkurs ging.

Obwohl das Schweizer Gastgewerbe seit März 2020 unverschuldet in die grösste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg geschlittert ist, setzt sich der Bundesrat nicht konsequent für die Gastronomie- und Hotelleriebranche ein. Ein Fehler, denn der oft bemühte Blick auf den direkten Beitrag zur Bruttowertschöpfung greift viel zu kurz. Das zeigen die Ergeb-

Das Gastgewerbe als Jobmotor

Die Arbeit bezieht sich auf Zahlen vor der Coronakrise. So verpflegen sich in der Schweiz täglich rund 2,9 Millionen Menschen ausser Haus. 2019 kam es zu insgesamt 1,4 Milliarden Konsumationen, davon gut 1,2 Milliarden durch inländische und rund 170 Millionen durch ausländische Gäste. Die meisten Mahlzeiten werden in Restaurants konsumiert. Rund 10 Prozent decken Bars, Veranstaltungen oder Sportanlagen ab, die Gemeinschaftsverpflegung in Betrieben, Schulen, Heimen oder Spitälern sorgt für einen Anteil von 17 Prozent.

«Die Branche hat einen Anteil von rund 2 Prozent an der Wertschöpfung. Bezieht man jedoch die indirekten volkswirtschaftlichen Effekte wie Einkommens- und Vorleistungseffekte mit ein, so löst das Gastgewerbe eine Bruttowertschöpfung von rund 35 Milliarden Franken aus», zitiert GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer an der Delegiertenversammlung aus der Studie. Das entspricht fast 5 Prozent der gesamten Wertschöpfung in der Schweiz, wobei die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte des Gastgewerbes im Kanton Graubünden sogar 18 und im Kanton Wallis noch immer rund 12 Prozent ausmachen. Die Branche weist zudem eine der höchsten Arbeitsintensitäten auf: Das Gastgewerbe ist der Jobmotor par excellence.

Das nützt der Bevölkerung mehr, als wenn rentable Konzerne vergleichsweise wenig Arbeitsplätze schaffen und den Gewinn mehrheitlich an ausländische Aktionäre ausbezahlen. Platzer antwortet: «Wir müssen unserem lokalen Gewerbe Sorge tragen. Das Gewerbe ist und bleibt das Fundament der Schweizer Ge-

15%

28%

Bruttowertschöpfung 34 610 Mio. CHF 24%

30% 18% 19%

22%

Beschäftigte 330 843 Vollzeitäquivalent

39%

Quelle: Rütter Soceco

Direkt Beherbergung Vorleistungseffekt Investitionseffekt Direkt Gastronomie Einkommenseffekt

Quelle: Rütter SocecoDie direkte und indirekte wirtschaftliche Bedeutung des Gastgewerbes ist mit einer Bruttowertschöpfung von 35 Milliarden Franken riesig. Gleiches gilt für die Zahl der Arbeitsplätze.

sellschaft.» Tatsächlich: Im Gastgewerbe sind gut 28 300 Unternehmen tätig. Davon entfallen rund 23 000 Betriebe oder 80 Prozent auf die Gastronomie und 5300 auf die Beherbergungsbranche. Das Gastgewerbe gab vor der Pandemie rund 261 000 Personen einen Arbeitsplatz. Insgesamt sind sogar knapp 340 000 Beschäftigte direkt oder indirekt mit dem Gastgewerbe verbunden, was etwa 8 Prozent der schweizweiten Arbeitsplätze entspricht.

Aufgrund der geringeren Einstiegshürden erbringt die Branche eine überdurchschnittliche Integrationsleistung im Arbeitsmarkt. Das gilt etwa für Personal, das weniger qualifiziert ist, für Neu- und Quereinsteiger sowie ausländische Beschäftigte. «Das Gastgewerbe weist zudem einen relativ hohen Frauenanteil und einen hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten auf», ergänzt Platzer.

Auch gesellschaftlich systemrelevant

Und er betont: «Die letzten 14 Monate haben gezeigt, dass sich die Bedeutung einer Branche nicht auf wirtschaftliche Kennzahlen beschränkt. Das Gastgewerbe ist auch aus gesellschaftlicher und kultureller Sicht systemrelevant.» Die Branche biete Erholung und Genuss, was zum psychischen und physischen Wohlbefinden beitrage. Die Branche bietet zudem Raum für das gesellschaftliche Leben, für Geselligkeit und Austausch. Das sind Orte, die für alle zugänglich sind. Und das Gastgewerbe übt in einer Demokratie auch eine zentrale politische Funktion aus. Demokratie wird dort gelebt, wo sich Menschen treffen und austauschen. Die Branche sieht sich herausgefordert, diese Systemrelevanz stärker zu vermitteln. Die Forschungsergebnisse von Rütter Soceco sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

GastroNidwalden: 114. und 115. Generalversammlung

Keine Konkurse in Nidwalden

Aufgrund von Covid-19 war es auch GastroNidwalden nicht möglich, eine ordentliche Generalversammlung abzuhalten. So wurden die GVs der Jahre 2020 und 2021 zusammen auf schriftlichem Wege durchgeführt.

Text Corinne Nusskern Von den 106 Mitgliedern von GastroNidwalden haben 44 schriftlich an der GV teilgenommen und sowohl das Protokoll der 113. Generalversammlung von 2019 sowie die Jahresberichte 2019 und 2020 angenommen. Die Jahresrechnungen von 2019 und 2020 sowie die Genehmigung der Revisionsstelle werden ebenso verabschiedet.

Ein neues Vorstandsmitglied

Es standen auch Wahlen an: Präsidentin Nathalie Hoffmann wird glanzvoll mit 42 Stimmen bei 2 Enthaltungen bis 2023 wiedergewählt. Bea Künzle ist aus dem Vorstand ausgetreten und wurde mit Dank verabschiedet. Ihren Platz nimmt Diamant Ferizi vom Restaurant Nabucco

ZVG

Der Vorstand von GastroNidwalden (v.l.): Diamant Ferizi (neu), Andrea Amstutz, Präsidentin Nathalie Hoffmann, Tony Durrer

in Hergiswil ein, der mit 41 Stimmen neu in den Vorstand gewählt wurde. 2020 war auch für die Gastronomen in Nidwalden kein einfaches Jahr. Während des ersten Lockdowns hat der Vorstand zusammen mit GastroSuisse vieles in die Wege geleitet. «Wir konnten allen Betrieben helfen, die Probleme mit rechtlichen Vorgängen hatten», sagt Präsidentin Nathalie Hoffmann. Der zweite Lockdown bedeutet für viele eine finanziell und psychisch schwierige Zeit. Doch in Nidwalden haben sich bis jetzt alle Betriebe gehalten. Hoffmann erklärt: «Im Moment sind uns, auch dank der Finanzhilfen, keine Konkurse bekannt.»

Finanzhilfen: positive Wende

Dabei verlief ein erstes Treffen zwischen einer Delegation von GastroNidwalden und Regierungsräten eher etwas harzig. Dies hat sich aber in einem zweiten Gespräch geklärt und ins Positive gewendet. «Sie nahmen Anpassungen vor», erzählt die Präsidentin. «Nun sind fast alle Mitglieder sehr zufrieden mit den Auszahlungen der Finanzhilfen.» Alle könne man nie zufriedenstellen. Doch Hoffmann ist erleichtert, dass man gemeinsam einen so guten Weg gefunden hat.

Veranstaltungen gab es im letzten Jahr wenige. Um so wichtiger war der Anlass Ende August im neuen Culinarium Alpinum in Stans, an dem GastroNidwalden den Menü 1 & Gastroführer präsentierte. «Bei einheimischen Köstlichkeiten und guten Gesprächen zwischen Gastronomen und Gästen war an diesem Abend Corona fast vergessen», sagt die wiedergewählte Präsidentin. Doch die grosse Frage, wie es weitergeht, sei permanent da. «Für uns ist jetzt nur eines wirklich wichtig: dass die Betriebe aufmachen und normal arbeiten können!»