GastroJournal 42/43 2020

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«Die Wintersaison zu planen ist fast unmöglich» Daniela Liebi ist Besitzerin vom Hotel & Landgasthof Rothorn in Schwanden BE. Sie leidet unter dem Ausbleiben ausländischer Gäste, hat aber den Lockdown genutzt: mit Solarzellen, einem direkteren Zugang zur Hausbank und dem Malen der Hausfassaden dank Hilfe von der Bevölkerung. INTERVIEW RETO E. WILD

Daniela Liebi, wo drückt derzeit der Schuh am stärksten?

Daniela Liebi: Die Ungewissheit ist eine grosse Herausforderung, nichts ist planbar. Bis Anfang Oktober hatten wir sehr viel zu tun, und in diesen Tagen mit dem schlechten Wetter läuft kaum was. Weshalb das so ist, ist nicht ganz klar. Entweder habe ich zu viele Mitarbei­ tende im Einsatz oder zu wenige. Schwie­ rig wird es auch, wenn die Gäste mit Un­ verständnis auf die Abstandsregeln des Bundes reagieren. Ich bin ja nur ausfüh­ ★ Unternehmerin aus dem Berner Oberland

Daniela Liebi (51) ist seit 2012 Besitzerin vom Hotel & Landgasthof Rothorn in Schwanden oberhalb von Sigriswil BE. Ihre Karriere startete sie mit einer Kochlehre im Hotel Spinne Grindelwald. Von 1994 bis 2012 führte Liebi das Restaurant Ziegelei in Steffisburg, das sie von ihrer Mutter übernommen hatte. Dieses Lokal wurde durch die Sendung «Bumann, der Restauranttester» auf 3+ landesweit bekannt. 2013 schloss die Berner Oberländerin die Ausbildung zur Betriebsleiterin ab. Auf ihrer Lohnliste sind 600 Stellenprozente sowie Aushilfen.

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rend, muss das dann aber den Kunden mit Samthandschuhen erklären. Letzt­ lich kann ich froh sein, dass wir nicht wie andere Gastrobetriebe das Restaurant wegen eines Coronafalls schliessen muss­ ten. Wie bereiten Sie sich auf die Wintersaison vor?

Das ist fast unmöglich. Sicher stelle ich keine weiteren Mitarbeitenden ein und arbeite manchmal 17 Stunden an der Front. Wenn weniger läuft, schliesse ich den Betrieb ein, zwei Stunden früher. Und obwohl wir bis Auffahrt geschlossen hatten, haben wir im November zwei Wochen Betriebsferien. Ohne Wanderer und Tagesgäste rechnet es sich nicht.

nert weniger als einer Stunde war die ganze Solaranlage finanziert und wird nun im November gebaut. So kann ich den Solarstrom in Zukunft acht Prozent günstiger einkaufen als den Strom aus dem Netz. Weil bei der Montage ein Ge­ rüst aufgestellt wird, hätte ich unsere grosse Terrasse nicht nutzen können. Das ist ein weiterer Grund, warum ich mich für die Betriebsferien entschieden habe. Welche Massnahmen haben Sie im Kampf gegen die Krise sonst noch getroffen?

«Normalerwe im Sommer frei. Nun kom eine Hotelau von kaum ze

Ich kontaktierte meine Hausbank und bat sie, dass ich ab sofort jeweils Sie verbringen Ihre Ferien in der Regel via Direktor kommu­ an Ihrem Arbeitsort. Ist das auch nizieren kann. Ich habe diesen November so? ihn quasi ins Boot ge­ Ja, ich nutzte die Zeit zur Umsetzung ei­ holt für Entscheidungshilfen. Ich möchte, nes speziellen Projekts. Während der Co­ dass die höchste Instanz der Banker je­ ronazeit machte ich mir Gedanken, was derzeit über die finanzielle Situation ich beim Gasthof Rothorn verbessern meines Betriebs informiert ist und be­ könnte und wo ich Kosten sparen kann. ratend zur Seite steht. Ich habe von Solarify gelesen, einer Schweizer Crowdfunding­Plattform für Wie lief denn das Geschäft in diesem Solarprojekte. Das Unternehmen war Jahr? nach meiner Kontaktaufnahme sofort Ab Anfang Februar mussten wir erschre­ begeistert, plante die Solaranlage und ckend hohe Rückgänge hinnehmen. Das finanzierte diese per Crowdfunding. In­ Minus gegenüber dem Vorjahr betrug


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