GastroJournal 34/2019

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Kunstwerke in Kreide im Restaurant Toggi’s in Gossau SG: Olivia, Barbara und Vera können kaum die Finger von der meterlangen Wandtafel im Spielzimmer lassen.

Die Gäste von morgen Kinder sorgen oft für einen erhöhten Lärm­ pegel in Gaststuben. Das kommt nicht bei allen Gästen und Gastronomen gut an. Aber es gibt Lösungen. Erfolgsgeschichten und Tipps zur Konfliktvermeidung.

TEXT CORINNE NUSSKERN — FOTOS DANIEL WINKLER

Als Kinder langweilten wir uns zu Tode. Wir sollten im Restaurant anständig am Tisch sitzen und den Grossen, während sie sich unterhielten, nicht reinreden. Das offerierte Malset war meist schon ramponiert, bevor wir es in die Finger bekamen. Wir quengelten, um Aufmerksamkeit zu generieren – und wurden trotzdem ignoriert. Tempi passati? Im Restaurant Toggi’s in Gossau SG auf jeden Fall. Die hochsommerlichen 30 Grad im Spielzimmer unterm Dach lassen Vera (6), ihre Schwester Barbara (9) und deren Freundin Olivia (9) kalt. Sie zeichnen eine Sonne mit Meteorit und Regenbogen sowie ein lustiges Männchen an die meterlange Wandtafel. Alles andere ist im Moment egal; auch, dass die Erwachsenen unten im Restaurant sitzen. Ein Idealfall. Das alte Toggenburger Haus wurde sanft renoviert, dunkles Holz changiert mit dem Weiss der Wände und strahlt eine stilvolle Gemütlichkeit aus. Nicole Rüttimann (44), seit 17 Jahren Pächterin des Toggi’s, richtete vor vier Jahren im Rahmen des Umbaus mit dem Saal im ersten, gleich im zweiten Stock ein Spielzimmer mit ein. «Kinder sind auch mal gern unter sich. Sie spielen zusammen, und die Erwachsenen können derweil ungestört essen», sagt sie. «Ab und an geht ein Elternteil vorbei und schaut, ob alles in Ordnung ist.» Lärmende und Ruhe liebende in einem Raum ? Geht es um Kinder in Restaurants, wird der Gastraum oft zur ungewollten Streitzone. Der Spagat, kinderlose Gäste, Eltern und Kinder gleichzeitig zufriedenzustellen, scheitert vielfach.

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T I T E LG E S C H I C H T E

Dabei ist nicht von sich nicht mögenden Fraktionen die Rede, sondern von einem simplen Wunsch: Gäste wollen generell nicht von anderen Gästen gestört werden. Versöhnlichkeit schafft in grösseren Betrieben ein Spielzimmer, in kleineren eine Spielecke, die etwas abgetrennt oder akustisch geschützt liegt, damit sich die Gäste durch die Kinder nicht belästigt fühlen könnten. Rita (49), die Mutter der spielenden Mädchen, kennt die Situation. Sie sagt: «Als Familie suchen wir Restaurants stets danach aus, ob es eine Spielecke gibt.» Und wenn sich jemand mit Kindern auskennt, dann Rita – sie ist neunfache Mutter, aber auch erwachsene Person und Gast. «Man möchte sich auch mal unter Erwachsenen in Ruhe unterhalten können. Ein Restaurant mit Spielecke ist gemütlicher für alle.» Dem stimmen die Gastronomen Pia und Pirmin Fallegger vom Hotel Kreuz in Malters LU, selbst Eltern von inzwischen erwachsenen Kindern, zu. «Wie unsere Kinder noch klein waren, merkten wir, wie schwierig es ist, mit ihnen auswärts essen zu gehen.» Als die Pilatusbahnen vor gut 20 Jahren ihre Gondeln ersetzten und die alten verkauften, hatten die Falleggers die Idee der Kidsworld im eigenen Betrieb: Seither stehen bei ihnen eine Märli-, eine Mali- und zwei Nintendo-Gondeln plus ein Legohaus auf der Terrasse. «Da es im Winter zu kalt ist, zügeln wir den Inhalt der Gondeln in den ersten Stock des Hotels, über dem Restaurant», sagen Falleggers. Ein kleines Paradies für gut zwölf Kinder und weit genug entfernt für lärmempfindliche Gäste. Die Investition lohnte sich. Das Kidsworld lockt mehr


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