About Baroque Juli 2017

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Anfänge der Klassik

Kristian Bezuidenhout ist mit Beginn der Jubiläumssaison auf drei Jahre zum Künstlerischen Leiter des FBO neben Gottfried von der Goltz berufen. Seinen pianistischen Einstand gibt er mit dem Zyklus von Beethovens Klavierkonzerten im Dezember; als Leiter und Solisten erleben wir ihn in dieser Funktion mit einem Programm, das die Umbruchsjahre um 1780 präsentiert. Dies kommt nicht von ungefähr, bilden sie doch einen großen thematischen Schwerpunkt der Arbeit des gefeierten Hammerklaviervirtuosen, wie wir in der vorigen Saisoneröffnung mit „Sturm und Drang“ bereits gesehen und gehört haben.

J. Haydn Sinfonie Es-Dur Hob. I:74 W. A. Mozart Klavierkonzert G-Dur KV 453 J. Chr. Bach Sinfonie g-Moll op. 6,6 W. A. Mozart Klavierkonzert Es-Dur KV 271 „Jenamy” Freiburger Barockorchester Kristian Bezuidenhout Hammerklavier und Leitung

21. April 2018 | 20 Uhr

28. April 2018 | 18 Uhr

Rotary-Gala Rust, Globe-Theater

Örebro, Konserthus

22. April 2018 | 20 Uhr

Göteborg, Konserthus

Lörrach, Burghof 26. April 2018 | 19 Uhr

Västernås, Konserthus 27. April 2018 | 19 Uhr

Stockholm, Konserthuset

29. April 2018 | 18 Uhr 19. Mai 2018 | 20 Uhr

New York, Lincoln Center | Alice Tully Hall 20. Mai 2018 | 20 Uhr

Baltimore, Shriver Hall 3. Juni 2018 | 20 Uhr

Kopenhagen, Tivoli Festival

Viele Darstellungen der Musikgeschichte weisen das Jahr 1750 – Bachs Todesjahr – als große Zäsur aus: der Barock gehe zu Ende und die Klassik beginne. Dass es nicht ganz so einfach ist, sagt uns bereits der gesunde Menschenverstand. Epochen entstehen und vergehen nicht einfach von heute auf morgen. Die Jahre vor 1780 waren in der allmählichen Überführung barocker Stile in einen Wiener Musikstil, der dann später zum Klassischen geadelt wurde, einschneidender als Bachs Tod. In dieser Zeit herrschte eine beeindruckende Buntheit an musikalischen Kompositions- und Ausdrucksweisen, die oft mit verschiedenen Etiketten wie „Galanter Stil“, „Empfindsamer Stil“, „Sturm und Drang“, „Vor-Klassik“ oder „Frühklassik“ uvm. belegt werden. Dies spricht dafür, dass verschiedene Komponisten in unterschiedlichen Regionen Europas unterschiedliche Ziele mit verschiedenen Mitteln verfolgten, wovon dann der „Klassische Stil“ nur eine, wenn auch in mancherlei Hinsicht herausragende Spielart ist. Mozart hatte eine besondere Beziehung zum Klavier. Als Kind wurde er der europäischen Öffentlichkeit gerade mit diesem Instrument präsentiert, seine Klaviersonaten, -variationen und -fantasien und besonders seine 27 Klavierkonzerte zeugen von der lebenslangen Beschäftigung mit den Tasten. Anhand der Klavierkonzerte, deren Kompositionszeitraum sich auf beinahe das gesamte kurze Leben des Komponisten erstreckt, können gut die Veränderungen und Entwicklungen der Kompositions- und Spielweise nachvollzogen werden. Beide Konzerte in diesem Programm, das 9. und das 17., wurden für talentierte und virtuose Pianistinnen geschrieben: Das so genannte „Jenamy“-Konzert KV 271 entstand 1777 und ist somit das letzte Klavierkonzert, das Mozart noch in

Salzburg schrieb. Die Widmungsträgerin Louise Victoire Jenamy geb. Noverre, Tochter des mit Mozart befreundeten Tänzers und Choreografen Jean-Georges Noverre, muss eine außerordentliche Musikerin gewesen sein, denn das Konzert überflügelt die Vorgängerkonzerte an spieltechnischen Raffinessen und enthält allerlei neue Ideen, wie z. B. das Soloinstrument bereits im Orchesterritornell zu Beginn einzusetzen. Eine Besonderheit liegt auch darin, dass der zweite, langsame Satz in Moll steht, weshalb er oft als Ausdruck von Mozarts „Sturm und Drang“-Phase interpretiert wird. Ihm steht die g-Moll-Sinfonie op. 6 Nr. 6 des vom jungen Mozart so bewunderten Johann Christian Bach – des Londoner Bach – nahe, in der alle drei Sätze in Moll gesetzt sind. Das G-Dur-Konzert KV 453 entstand erst sieben Jahre später, also 1784. Es bildet mit den beiden Vorgängern KV 450 und 451 eine zweite Gruppe von Wiener Konzerten, in denen eine große Form mit Bläsern als selbstständigen Melodieinstrumenten verwirklicht wird. Die Textur besteht aus einem feinen und komplexen Gewebe aus Klangschichten von Streichern, Bläsern und Klavier – die „klassische“ Form also, wie sie bis zu Beethovens Konzerten Bestand haben wird. Haydn – Lehrer und Schüler Mozarts zugleich – hatte 1780 seine „Sturm und Drang“-Phase bereits überwunden. In diesem Jahr entstand seine 74. Sinfonie für das Orchester auf Schloss Esterházy, wie die meisten von Haydns Sinfonien. Das kompakte Stück besticht durch seinen unterhaltenden, aber nicht seichten Tonfall, der das Verfolgen der dichten thematisch-motivischen Arbeit zu einem Hörvergnügen werden lässt. Auch dieses Werk ein Produkt, das das Gütesiegel „Klassik“ zurecht bekommen hat. 45 44


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