FMA-Praxis 2020

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V E R S I C H E R U N G E N U N D V O R S O R G E ­E I N R I C H T U N G E N FMA-Praxis 2020

Aufsichtsrechtliche Anforde­ rungen an die Aktionäre einer Versicherungsgesellschaft; Übertragung des Versicherungs­ bestandes und Bewilligungsentzug

mögen des Aktionariats feststellen, der Gesellschaft ausreichend Kapital zuzuführen. In der Folge erliess die FMA Verfügungen betreffend ein Verbot des Abflusses von Gesellschaftsvermögen an Aktionäre und Organe sowie mit diesen verbundene Unternehmen und zusätzlich eine Untersagung des Abschlusses neuer Versicherungsverträge bis zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes.

166  Die FMA stellte fest, dass die direkten und indirekten Aktionäre eines liechtensteinischen Lebensversicherungsunternehmens nicht den aufsichtsrechtlichen Anforderungen nach FMAG und VersAG entsprechen. Mit Verfügung traf sie diverse Anordnungen. Diese umfassten: Übertragung des Versicherungsbestandes des Unternehmens und der dafür vorgesehenen Mittel auf ein anderes Versicherungsunternehmen gemäss Art. 182 Abs. 5 Bst. c VersAG; Einsetzung eines Sonderbeauftragten mit umfassenden Rechten und Pflichten gemäss Art. 182 Abs. 6 VersAG; Entzug der Bewilligung für die Geschäftstätigkeit gemäss Art. 128 Abs. 1 Bst. a, b und c sowie gemäss Art. 128 Abs. 5 VersAG. Einer etwaigen Anfechtung der Verfügung entzog die FMA die aufschiebende Wirkung ( A rt. 116 Abs. 3 Bst. a LVG ). Die für den Erlass dieser Verfügung geschuldete Gebühr wurde auf CHF 110 000 angesetzt, für den Erlass des provisorischen Verwaltungsbots zur Einsetzung eines Sonderbeauftragten auf CHF 20 000.

169  Die Herstellung des rechtmässigen Zustandes erwies sich als äusserst schwierig und letztlich nicht realisierbar. Gegen Ende des Jahres 2019 stellte die spezialgesetzliche Revisionsstelle der Gesellschaft fest, es bestehe die begründete Besorgnis, dass die Gesellschaft die aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen nicht mehr einhalten könne und dass die Gesellschaft überschuldet sei. Die von der FMA verlangten und ihr gegenüber zugesicherten Nachweise über Kapitalzuführungen und rechtlich verbindliche sowie durchsetzbare Garantieerklärungen von Aktionären zugunsten der Gesellschaft wurden nicht erbracht. Auch war die FMA informiert worden, dass in der Schweiz eine Strafuntersuchung anhängig gemacht worden war.

167  Der umfangreichen Verfügung der FMA liegt verkürzt folgender Sachverhalt zugrunde: 168  Nach bewilligten Veränderungen im Aktionariat des Versicherungsunternehmens ( im Folgenden: Gesellschaft ) schaffte es die Gesellschaft nicht, aus ihrer sehr kritischen finanziellen Situation herauszukommen. Sie war nicht ( mehr ) in der Lage, die Kosten für den Betrieb des Unternehmens zu decken. Die FMA musste ein offensichtlich finanzielles Unver-

170  Mit provisorischem Verwaltungsbot setzte die FMA die X AG als Sonderbeauftragte ein. Die FMA übertrug ihr zur Wahrung der Belange der Versicherten der Gesellschaft sämtliche Befugnisse, die der Generalversammlung, dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung und allen sonstigen Organen der Gesellschaft nach Gesetz oder Statuten zustehen. Eine gegen die Einsetzung der Sonderbeauftragten bei der FMA-BK erhobene Beschwerde wurde von dieser abgewiesen. Nach Wahrnehmung ihrer Aufgabe und erfolglosen Bemühungen zur Sanierung der Gesellschaft erstattete die Sonderbeauftragte die Überschuldungsanzeige nach Art. 182f Abs. 1 PGR. Sie informierte das LG darüber, dass keine Beschlüsse in einer ausserordentlichen Generalversammlung

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