W E R T PA P I E R E U N D M Ä R K T E FMA-Praxis 2020
lassungsdelikt, bei welchem das Gesetz an die Nichtvornahme des gebotenen Tuns dann eine (strengere) Strafe knüpft, wenn das Unterlassen eine besondere Folge nach sich gezogen hat (Leukauf / Steininger / Stricker StGB4 § 2 Rz 6). Denn der Tatbestand ist schon erfüllt, wenn den Wohlverhaltensregeln nicht nachgekommen wird, ohne dass es darauf ankäme, ob dadurch ein ‹Erfolg› (im Sinne einer besonderen Folge) eingetreten ist.»
Wertpapierprospekte; Warnmeldungen
127 Gemäss Art. 51 Abs. 2 Bst. a UCITSG darf ein OGAW nicht mehr als 10 % seines Vermögens in andere als die in Abs. 1 genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente anlegen. Fondsanteile, die nicht den in Art. 51 Abs. 1 Bst. c UCITSG aufgestellten Kriterien entsprechen, dürfen überhaupt nicht erworben werden. Diese, von der FMA unter Beachtung europarechtlicher Vorgaben vertretene Auffassung, wird von der FMA-BK geteilt.
«Warnung: [X AG] und [Y AG]
128 Aus der solidarischen Mithaftung entlassen wurden von der FMA-BK die Mitglieder der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin. Art. 144 UCITSG ist vorliegend nicht anwendbar, da die Bestimmung nur den «umgekehrten Fall» regelt: Solidarische Haftung der juristischen Person bei Bestrafung natürlicher Personen ( was hier nicht zutraf ).
129 Anmerkung der FMA Dieser Entscheid ist für die FMA von besonderer Relevanz, da erstmalig bestätigt wurde, dass eine Übertretung nach Art. 143 Abs. 2 Bst. h UCITSG ein echtes Unterlassungsdelikt ist und daher bereits die Nichtvornahme eines gebotenen und möglichen aktiven Tuns zur Verwirklichung des Tatbestandes ausreicht. Der Eintritt eines Schadens ist somit nicht erforderlich.
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130 Die im vorliegenden Fall betroffenen Verfügungsadressatinnen und späteren Beschwerdeführerinnen sind Aktiengesellschaften nach liechtensteinischem Recht. Sie bieten an und vertreiben diverse Anlageprodukte. Die FMA publizierte folgende Mitteilung:
Die FMA weist darauf hin, dass zu den von der [X AG] und der [Y AG] begebenen Anleihen mit den Namen […] keine Wertpapierprospekte gebilligt wurden. Angebote erfolgen ohne einen gebilligten Wertpapierprospekt durch die Aufsichtsbehörde und damit ohne behördliche Prüfung. Weitere Informationen zur Billigung von Wertpapierprospekten sind auf der Website der FMA verfügbar. Die FMA weist darauf hin, dass jede Anlage in Wertpapieren mit Risiken verbunden ist. Anleger sollten sich mit den Risiken eingehend auseinandersetzen und sich beraten lassen.» 131 Die Worte «Website der FMA» sind mit einem Hyperlink hinterlegt, der zur Seite «Bereich Wertpapiere und Märkte; Wertpapierprospekte; Billigung» der FMA führt. Darin enthalten sind ausführliche Darlegungen zur Qualifikation von Wertpapierprospekten und zu deren Billigung sowie zur bezüglichen Veröffentlichungspflicht. 132 Die FMA war gegenüber den beiden Gesellschaften bereits in frühere aufsichtsrechtliche Verfahren involviert. Mit Schreiben hatte sie mitgeteilt, dass sie gestützt auf Art. 26 Abs. 1 FMAG ein formelles Verfahren wegen des Verdachts eines möglichen Ver-