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Gutes Leben
Weltacker: 2000 m2 Acker für alle
Vor drei Jahren haben die Bauersleute vom Schnagererhof Andreas und Angelika Stockner in Mellaun oberhalb von Brixen 2000 m2 ihrer Wiese umgepflügt und einen Weltacker mit den wichtigsten Kulturen angelegt. Gäste staunen über die unterschiedlich großen Flächen, die ein Schnitzel oder eine Portion Nudeln benötigen. Und sie beginnen zu rechnen.
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Kühe bekommen am Schnagererhof ausschließlich Gras und Heu zu fressen.
Wie kann die Erde die Menschheit ernähren? Auf unserem Planeten leben 7,5 Milliarden Menschen. Diese Zahl wächst ständig, die Größe der Erde nicht. Wird die globale Ackerfläche von 1,4 Milliarden Hektar durch die Zahl der Erdenbürger/innen geteilt, ergibt das pro Person etwa 2000 m². Auf diesem Fünftel Hektar Acker muss alles wachsen, womit die Erde einen Menschen versorgt: Getreide, Reis, Kartoffeln, Obst, Gemüse, Öl und Zucker genauso wie das Futter für die Tiere, die Fleisch, Milch und Eier liefern. Auf diesen 2000 m² muss auch die Baumwolle für die Jeans wachsen, der Tabak für Raucher/innen und nachwachsender Biodiesel für Autos und Industrie. Wird das weltweit verfügbare Weideland ebenfalls dividiert, kommen nochmals 4500 m² Weideland pro Kopf dazu. Leider nutzen die Menschen im Globalen Norden durch ihren Konsum 700 m² pro Jahr zu viel an Ackerland. Diese Fläche fehlt anderswo und führt unweigerlich zu Hunger.
Woher kam die Idee, auf Ihrem Hof eine Wiesenfläche von 2000 m² zum Weltacker umzupflügen?
Andreas Stockner: Die Idee habe ich von der Internationalen Gartenbauausstellung in Berlin abgeschaut. Um ein Gespür für 2000 m² zu bekommen, haben meine Frau Angelika und ich 2018 genau diese Fläche umgepflügt und das angebaut, was für verschiedene Gerichte benötigt wird. Flächenbuffet nennt sich das: Für eine Portion Spaghetti mit Tomatensauce ist beispielsweise eine Ackerfläche von 0,48 m² notwendig; Spaghetti mit Sauce Bolognese haben einen Bedarf von 1,46 m² Acker; ein Schnitzel mit Pommes verbraucht 2,16 m² und für eine Portion Gemüseeintopf sind 0,77 m² erforderlich. Sieht man die Flächen und die Pflanzen wachsen, bekommt man einen anderen Bezug zu Erde und Nahrung.
Warum sind Sie zum „Weltacker-Bauern“ geworden?
Andreas Stockner: Der Schnagererhof ist schon seit über 100 Jahren im Besitz der Familie Stockner und beherbergt jährlich viele Gäste. Familien aus Nah und Fern genießen ihren individuellen Urlaub bei uns und lernen für kurze Zeit das Leben auf einem Bauernhof kennen. Auf dem Weltacker können wir Besucher/innen auf kleiner Fläche einen guten Einblick in die weltweite Lebensmittelproduktion geben und Zusammenhänge erklären. Wir versuchen am Hof, im Einklang mit der Natur zu leben, natürliche Kreisläufe einzuhalten und eine nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben. Dazu gehört zum Beispiel, dass unsere Tiere wesensgerecht gehalten werden: Das Schwein will im Boden wühlen, die Henne muss „kral’n“ können und die Kuh kann Gras fressen.
Was sagen Ihre Gäste, wenn sie das hören?
Andreas Stockner: Wir diskutieren viel mit ihnen. Den Menschen wird anhand der Vergleiche am Acker schnell klar, wo es Änderung braucht.
25 %
sind Weiden (dürre wie fette).
knapp 1%
Dauerkulturen wie Wein und Obst
11 % der Erdoberfläche (ohne Meere und Antarktis) sind Ackerland. 32 % sind “sonstiges Land“: vor allem Wüsten, Städte und Straßen, sowie Binnengewässer.
Heute steht uns deutlich weniger Ackerland zur Verfügung als vor 50 Jahren und im Jahr 2050 wird es noch weniger sein.
Flächenbuffet: Je nach Speisen braucht es eine unterschiedlich große Ackerfläche mit jeweils anderen Pflanzen.
Fast immer genannt werden der hohe Fleischkonsum, Lebensmittelverschwendung und bewussteres Einkaufen.
Nach welchen Grundsätzen wird ein Weltacker bepflanzt?
Andreas Stockner: Am Weltacker wird anteilsmäßig angebaut, wovon sich die Menschheit ernährt. Auf der Hälfte der weltweiten Äcker wachsen beispielsweise nur vier Pflanzensorten: Weizen, Mais, Reis und Sojabohnen. Bis auf Reis wird davon der größere Teil nicht zu Lebensmitteln verarbeitet, sondern an Tiere verfüttert oder in Sprit umgewandelt. Das haben wir auf unserem Weltacker auch so umgesetzt. Auf der anderen Hälfte wurde alles Weitere maßstabgetreu gepflanzt wie Gerste, Raps, Kartoffeln, Sonnenblumen, Tomaten oder Bohnen. Die Erträge fallen je nach Ort, Witterung und Anbauform unterschiedlich aus. Hohe Erträge sind häufig die Folge von hohem Einsatz an Energie, Kunstdünger, Pestiziden und Bewässerung. Die Umwelt wird nicht geschont, wenn auf möglichst kleinem Raum möglichst viel wächst.
Ist Energie vom Acker also keine nachhaltige Lösung für den Klimaschutz?
Andreas Stockner: Die Rechnung ist einfach: Der durchschnittliche Rapsertrag von 2000 m² Acker liegt in der Europäischen Union bei rund 650 Kilogramm. Daraus lassen sich ungefähr 270 Liter Diesel herstellen. Da-


Angelika und Andreas Stockner versuchen, den Schnagererhof in Mellaun bei Brixen nachhaltig zu bewirtschaften. Vielfalt hält den Acker gesund.

Auf dem Weg zu mehr NACHHALTIGKEIT
Das Projekt „Gutes Leben“ richtet sich an alle Südtiroler Familien, Organisationen und Schulen, die an mindestens einem der Aktionszeiträume interessiert sind und aktiv werden möchten. Interessierte können sich kostenlos auf www.familienverband.it für den Gutes-Leben-Mailversand registrieren und erhalten während der vier Aktionszeiträume E-Mails mit Ideen und Impulsen, um einen persönlichen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. mit können zwischen 4000 und 5000 Kilometer gefahren werden. Dann aber ist die verfügbare Ackerfläche für ein ganzes Jahr aufgebraucht. Zu essen gäbe es nichts außer den ausgepressten Rapskuchen, der als Tierfutter eingesetzt wird. Ähnlich ist es bei den Kartoffeln. Kinder fragen oft, ob es sinnvoll wäre, den Weltacker allein mit Erdäpfeln zu bepflanzen. Die seien ertragreich und leicht zu pflanzen. Ich sage dann immer, in Kombination mit Sonnenblumen gäbe es dann das ganze Jahr über Pommes. Sonst nichts.
Wie reagieren die Gäste, wenn Sie ihnen das vorrechnen?
Andreas Stockner: Sie rechnen selbst weiter. Schnell entdecken sie, dass sie für ein Schnitzel vier Portionen Nudeln mit Tomatensauce haben könnten. Dann kommt immer das Thema der Nutztiere als Klimakiller. Aber das lasse ich so nicht gelten.
Ist die Kuh also gut fürs Klima?
Andreas Stockner: Die intensiv gezüchtete Kuh sicher nicht. Aber ich rate: Gebt den Kühen Gras zu fressen und die Welt gesundet. Das irritiert viele.
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Wenn wir unsere Kühe artgerecht halten, sie ausschließlich mit Gras und Heu füttern und kein Kraftfutter aus Soja beigeben, das aus Brasilien oder Argentinien eingeführt wird, dann bekommen wir weniger, aber dafür hochwertiges Fleisch. Qualität vor Quantität. Der reduzierte Genuss von gesundem Fleisch geht in der Rechnung des Weltackers auf. Dazu kommt, dass jeder Mensch bei der Berechnung des Weltackers auch über 4.500 m² Weidefläche verfügt. Würde diese Fläche den Tieren als Weide zugeführt, gibt es auch Fleisch. Auf 4.500 m² Fläche kann ein halbes Rind ein Jahr lang grasen. Wenn Kindergruppen und Schulklassen auf den Hof kommen und hören, dass unsere Schweine Kotelett und Schnitzel heißen, bekommen sie große Augen. Aber wir wollen damit sichtbar machen, dass die Tiere geschlachtet werden müssen, damit sie auf den Teller kommen können.

Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier.
Mahatma Gandhi
Wie ist der höhere Preis von biologisch angebauten Produkten zu rechtfertigen?
Andreas Stockner: Biologisch produzierte Produkte sind beim Einkauf zwar teurer, aber nur oberflächlich betrachtet. Der Preisunterschied wäre nicht nennenswert, würde der größte Posten bei konventionell angebauten
1: Weizen 2: Mais 3: Reis 4: sonstige Getreide 5: ölhaltige Pflanzen 6: Soja 7: Baumwolle 8: Nüsse 9: Obst 10: Hülsenfrüchte 11: Faserproduktion 12: Gemüse 13: Erdfrüchte
Produkten mit eingerechnet. Dieser besteht im Einsatz von Kunstdüngern und Pestiziden. Das Grundwasser wird dabei nicht geschont und die Böden werden ausgelaugt. Wäre das Regenerieren im Preis eingerechnet, würden sich die Preise anders gestalten.
Macht es Sinn, den Weltackergedanken im eigenen Garten umzusetzen?
Andreas Stockner: Möglich ist vieles, aber wirklich sinnvoll wäre es, das Projekt Weltacker in Schulen und Kindergärten umzusetzen. Dabei könnten Kinder und Jugendliche in der Natur die direkten und indirekten Klimaauswirkungen von Ernährung und Landwirtschaft hautnah entdecken und unter dem Motto „Gesund für mich und gut fürs Klima“ selbst praktische Handlungsoptionen erproben.
Wie hat der Weltacker Ihre Familie verändert?
Andreas Stockner: Wir fragen uns ständig, was unser Anteil ist, was wir tun können, um zum Schutz des Klimas beizutragen. Seit einiger Zeit kaufen wir auf Initiative unserer ältesten Tochter möglichst viel im verpackungsfreien Laden ein. Das war eine große Umstellung und für uns alle gewöhnungsbedürftig. Aber der Schritt hat sich gelohnt.
INTERVIEW: ANGELIKA MITTERRUTZNER
Andreas Stockner, Bauer des Biobetriebes Schnagererhof in Mellaun bei Brixen, ist mit Angelika verheiratet und Vater von vier Kindern. Er ist am Schnagererhof aufgewachsen, hat die Landwirtschaftliche Oberschule in Auer besucht und Agrarmanagement in Bozen studiert. Von Klein auf wollte Andreas Stockner Bauer werden. Seine Eltern Marianne und Franz arbeiten nach wie vor am Hof.