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Analyse der thermischen Dehnung von Fahrbahndeckenbetonen aus dem BAB-Netz
Die Kenntnis von Materialeigenschaften spielt bei der Entwicklung oder Optimierung von Betonen und Bauweisen für den Straßenbau sowie der Qualitätssicherung eine bedeutende Rolle. Gleichermaßen bilden physikalische Materialkennwerte die Grundlage für die rechnerische Dimensionierung und die Restsubstanzbewertung von Betonfahrbahndecken. Eine relevante Kenngröße bei der Untersuchung thermisch induzierter Spannungs- und Verformungszustände stellt der thermische Ausdehnungskoeffizient dar. Im Zuge der systematischen Weiterentwicklung der rechnerischen Dimensionierung, aber auch im Zusammenhang mit der gezielten Verbesserung der Gebrauchseigenschaften von Betonfahrbahndecken gilt es zu hinterfragen, ob lastunabhängige Formänderungseigenschaften der verwendeten Betone aktuell ausreichend Beachtung finden, ob allgemeine Literaturwerte für die heutigen Fahrbahndeckenbetone stets Gültigkeit besitzen und ob deren Implementierung in numerische Modelle zu realitätsnahen Vorhersagen führt. Für eine empirische Herangehensweise ist die Verfügbarkeit adäquater Prüfverfahren von entscheidender Bedeutung. In Deutschland existiert aktuell jedoch kein standardisiertes oder genormtes Verfahren für die prüftechnische Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Beton. Daher wurden unter Beachtung straßenbauspezifischer Gesichtspunkte zwei Prüfansätze entwickelt, die in diesem Beitrag vorgestellt sowie hinsichtlich möglicher Messunsicherheiten und Messungenauigkeiten diskutiert werden. Außerdem werden ausgewählte Ergebnisse aus Analysen an Bestandsbetonen aus dem BAB-Netz dargestellt. Im Ergebnis sollen die Untersuchungen einen Beitrag zur Schaffung der prüftechnischen Voraussetzungen für eine abgesicherte Quantifzierung der thermischen Dehnung von Fahrbahndeckenbetonen leisten.
Stichworte Betonfahrbahndecken; Materialkennwerte; thermischer Ausdehnungskoeffizient; Prüfverfahren
Analysis of the thermal expansion of pavement concrete from the German motorway network
Knowledge of material properties plays a key role in the development or optimization of concretes and construction methods for road construction as well as for quality assurance processes. Similarly, physical material properties form the basis for the mathematical dimensioning and residual substance assessment of concrete pavements. The coefficient of thermal expansion of concrete represents a relevant characteristic value in the investigation of thermally induced stress and deformation conditions. In the course of the systematic further development of mathematical dimensioning, but also in conjunction with the targeted improvement of the performance properties of road pavements, it must be questioned whether load-independent deformation properties of the concretes applied, currently receive sufficient attention, whether general literature values for today’s pavement concretes are always appropriate and whether their implementation in modern mathematical models leads to valid results. For an empirical approach, the availability of adequate test procedures is of crucial importance. In Germany, however, there is currently no standardized procedure for the determination of the coefficient of thermal expansion of concrete. For this reason, two test approaches have been developed with regard to road construction aspects, and are presented in this article and discussed with regard to possible measurement uncertainties and measurement inaccuracies. In addition, selected results from the analyses of existing concretes from the federal autobahn network are presented. As a result, the investigations shall contribute to the creation of the test prerequisites for a verified quantification of the thermal expansion of concrete pavements.
Keywords concrete pavements; material characteristics; coefficient of thermal expansion; test methods
1 Einleitung
Der thermische Ausdehnungskoeffizient αcT von Beton besitzt hinsichtlich der Analyse thermisch induzierter Spannungs- und Verformungszustände von Fahrbahnplatten einen hohen Stellenwert. So beeinflusst diese Kenngröße maßgeblich das Längsdehnungsverhalten des Deckensystems sowie das Ausmaß von Plattenkrümmungen und Fugenbewegungen bei den in Deutschland konventionell hergestellten Decken in Plattenbauweise (Bild 1). Bei der rechnerischen Dimensionierung [1] findet in Deutschland nur eine pauschale Berücksichtigung über allgemeine Tabellenwerte statt. Hingegen wird in den USA dem thermischen Ausdehnungsverhalten sowie der labortechnischen Bestimmung seit Einführung des Mechanistic Empirical Pavement Design Guide (MEPDG) eine höhere Bedeutung zugeschrieben. Im Rahmen von Sensitivitätsanalysen mittels MEPDG wurde festgestellt, dass αcT einen maßgebenden Materialparameter im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit von Betonfahrbahndecken darstellt. So besitzt αcT einen signifikanten Einfluss auf Stufenbildung, Rissbildung und die Ebenheit bei Decken in Plattenbauweise sowie auf das Auftreten von punch outs (spezielle Form von Oberflächenausbrüchen), die Rissbreite und die Ebenheit bei durchgehend bewehrten Fahrbahndecken (z.B. [2‒4]). Im Ergebnis wird z.B. in Kalifornien αcT im Rahmen der Qualitätssicherung während der Bauausführung experimentell bestimmt. In
Bild 1 Bundesautobahn mit Fahrbahndecke aus Beton German Motorway with concrete pavement
Texas ist ein oberer Grenzwert für αcT der Gesteinskörnung, die beim Bau durchgehend bewehrter Betonfahrbahndecken eingesetzt wird, vorgeschrieben [5].
Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung nationaler Dimensionierungsverfahren, z.B. durch Nutzung numerischer Simulationen mittels FEM, kommt der Verbesserung der Qualität von Eingangsdaten eine hohe Bedeutung für die Erzielung realitätsnaher Vorhersagen zu. Hierzu gehören unter anderem gute Parameterschätzungen der realen, im Netz vorhandenen Materialeigenschaften sowie Prognosen über deren zeitliche Entwicklung während der Nutzungsdauer. In diesem Kontext gilt es zu hinterfragen, ob die aktuellen Ansätze zur Berücksichtigung der thermischen Beanspruchung von Fahrbahnplatten hinreichend für eine abgesicherte Einschätzung der Nutzungsdauer sind und ob allgemeine Literaturwerte für die heutigen Fahrbahndeckenbetone stets Gültigkeit besitzen. Des Weiteren ist insbesondere bei einer nutzerorientierten Betrachtung des Straßenoberbaus die Dimensionierung nicht ausschließlich auf eine Bemessung der Deckendicke auszurichten. Eine übergeordnete Rolle spielt hier die dauerhafte Sicherstellung der Funktionseigenschaften der Fahrbahnoberfläche, z.B. Ebenheit und akustische Eigenschaften, die auch durch lastunabhängige Formänderungseigenschaften, wie thermisch und hygrisch induzierte Verformungen, beeinflusst werden können.
Für eine empirische Herangehensweise ist die Verfügbarkeit adäquater Prüfverfahren von entscheidender Bedeutung. In Deutschland existiert aktuell jedoch kein standardisiertes oder genormtes Verfahren für die prüftechnische Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Beton. Daher wurden zunächst unter Beachtung straßenbauspezifischer Gesichtspunkte zwei Prüfansätze entwickelt, die unter anderem die bauspezifischen Randbedingungen deutscher Fahrbahndecken für Bundesautobahnen (BAB) berücksichtigen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei war die Möglichkeit der Prüfung von Probekörpern aus Bestandsdecken, um eine Untersuchung in den verschiedenen Teilprozessen der Wertschöpfungskette sowie während der Nutzungsdauer zu ermöglichen. Dies besitzt insbesondere auch für die Anwendung bei der Kennwertermittlung im Rahmen einer mechanisch und statistisch abgesicherten Bewertung der strukturellen Substanz von Fahrbahndecken Relevanz [6].
In diesem Beitrag werden nach der Darlegung ausgewählter Inhalte zum aktuellen Stand in Forschung, Normung und Regelwerk die entwickelten Prüfansätze zur labortechnischen Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten vorgestellt und hinsichtlich möglicher Messunsicherheiten und Messungenauigkeiten diskutiert. Außerdem werden ausgewählte Ergebnisse aus Analysen an Bestandsbetonen aus dem BAB-Netz vorgestellt. Im Ergebnis sollen die Untersuchungen einen Beitrag zur Schaffung der prüftechnischen Voraussetzungen für eine abgesicherte Quantifizierung der thermischen Dehnung von Fahrbahndeckenbetonen leisten.
2 Status quo
2.1 Definitionen
Der thermische Ausdehnungskoeffizient von Beton αcT (auch Wärme- oder Temperaturdehnzahl) stellt einen Materialkennwert zur Beschreibung des Ausdehnungsverhaltens bei Temperaturbeanspruchung dar und gibt die auftretende Längen- bzw. Volumenänderung eines Stoffes je Temperatureinheit an. Es wird zwischen dem linearen αcT (Längenausdehnungszahl) und dem kubischen αcT (Raumausdehnungszahl) unterschieden. In der Regel ist die Wärmeausdehnung mineralischer Baustoffe temperaturabhängig und steigt meist mit der Temperatur an. Aus diesem Grund werden mittlere Dehnzahlen für einen definierten Temperaturbereich angegeben. Die Wärmedehnung von Beton ergibt sich aus der Summe der wahren und der scheinbaren Wärmedehnung [7].
Nach Dettling [7] führen die unterschiedlichen αcT der Betonbestandteile Gesteinskörnung und Zementstein zu einer unterschiedlichen thermischen Ausdehnung der einzelnen Gemengeteile infolge kinetischer Molekularbewegung. Aufgrund des Verbunds zwischen Gesteinskörnern und Zementstein kommt es zu inneren Gefügespannungen, die zu Druckspannungen in den Elementen mit dem größeren Dehnungsbestreben (in der Regel Zementstein) und zu Zugspannungen in den Elementen mit dem geringeren Dehnungsbestreben (in der Regel Gesteine) führen. Die Überlagerung der thermischen Dehnung mit den mechanischen Dehnungen aus Gefügespannungen wird als wahre Wärmedehnung bezeichnet. In Stoffen, die aufgrund ihres inneren Gefüges und ihrer stofflichen Zusammensetzung Wasser physikalisch anlagern können, wirken adsorptive und kapillare Kräfte. Diese hängen von der Porenstruktur und dem Feuchtigkeitsgehalt ab und ändern sich mit der Temperatur. Die hierdurch hervorgerufene Raumänderung quellfähiger Bestandteile des Zementgels und die Dehnung bzw. Stauchung des Stoffgerüsts führen zu einer der wahren Wärmedehnung gleichgerichteten Dehnung des Betons, der sogenannten scheinbaren Wärmedehnung. Diese tritt nur in teilgesättigten Porensystemen auf, ohne dass sich der Gesamt-
wassergehalt des Betons ändert. Bei wassergesättigten oder extrem getrockneten Porensystemen entspricht die eintretende thermische Dehnung der wahren Wärmedehnung (z.B. [7]).
Die thermische Dehnung von Beton ist von einer Vielzahl an Einflussfaktoren abhängig, deren Kenntnis für die Entwicklung eines Prüfverfahrens zur Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten sowie die Interpretation von Messergebnissen von Bedeutung ist. Grundsätzlich sind die Einflüsse vielfältig und lassen sich in material- und versuchsbedingte Einflüsse klassifizieren. Eine Zusammenstellung der für diese Untersuchungen relevanten Einflüsse ist in [8] enthalten. Als Haupteinflüsse haben sich die Gesteinsart der verwendeten groben Gesteinskörnung sowie der Feuchtegehalt der Probekörper herausgestellt.
2.3 Prüfverfahren und normative Regelungen
Die Bestimmung von αcT kann zum einen rechnerisch bei Kenntnis der Wärmedehnung der einzelnen Betonbestandteile, der Betonrezeptur sowie des Feuchtezustands und des Alters des Betons abgeschätzt werden [7]. Sind nicht alle Eingangsdaten für die Berechnung bekannt oder ist eine hohe Genauigkeit des Kennwerts gefordert, ist im Einzelfall eine Ermittlung auf experimentellem Wege vorzunehmen. Grundsätzlich werden national und international verschiedene Prüfverfahren zur Bestimmung der thermischen Längenänderung mineralischer Baustoffe verwendet, die sich in einer Vielzahl an Parametern unterscheiden. In der Regel werden Messungen diskontinuierlich auf mechanischem (z. B. Messuhr) oder kontinuierlich auf elektrischem Wege (z. B. induktive Wegaufnehmer) vorgenommen. Die Temperierung der Probekörper erfolgt über eine Flüssigkeit oder Luft. Ferner variieren die Probekörper hinsichtlich geometrischer Form und Abmessung, Rezeptur, Alter, Feuchtegehalt und dem Vorhandensein einer Feuchtigkeitsisolierung. Unterschiede angewendeter Prüfverfahren sind unter anderem ebenfalls bezüglich des untersuchten Temperaturbereichs, der Dauer der Temperierung der Proben, der Anzahl aufgebrachter Temperaturzyklen sowie der gewählten Aufheiz- und Abkühlraten zu verzeichnen (z. B. [7, 9, 10, 11]). Prinzipiell ist festzuhalten, dass derzeit in Deutschland kein standardisiertes Verfahren zur Bestimmung von αcT existiert und vereinzelt in Forschung und Praxis verschiedene Verfahren Anwendung finden, die sich in der Regel an bestehende Normen zur Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten anderer Konstruktionswerkstoffe anlehnen. In den USA wurde die AASHTO T 336-15 [12] 2009 als Standardverfahren für die Ermittlung von αcT an unbeschichteten Betonzylindern und Bohrkernen aus Fahrbahndecken eingeführt. Hierbei werden die Proben in gesättigtem Zustand im Wasserbad in einem Temperaturbereich zwischen 10 °C und 50 °C untersucht. Eine Vorkonditionierung in Kalkwasser erfolgt so lange, bis die Massezunahme der Probekörper innerhalb von 24 Stunden kleiner 0,5 M.- % beträgt. Während der Prüfung wird die Längenänderung über die Deckenhöhe kontinuierlich mit einem induktivem Wegaufnehmer (LVDT) bestimmt. Die Masse der Proben wird im Anschluss nicht erneut ermittelt, sodass eine Überlagerung von thermischen und hygrischen Dehnungen nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Insbesondere aufgrund der in Deutschland häufig angewendeten zweischichtigen Bauweise ist ein derartiges Verfahren als ungeeignet für die nationale Anwendung einzustufen.
3 Labortechnische Untersuchungen
3.1 Probekörperherstellung
Im Betonstraßenbau ist insbesondere das Spannungs- und Verformungsverhalten der Fahrbahndecke in Längsrichtung von Bedeutung. Da nicht bekannt ist, ob sich αcT des Fahrbahndeckenbetons beispielsweise material- und/ oder herstellungsbedingt isotrop verhält, ist die Bestimmung von αcT an Probekörpern vorzunehmen, deren Längsachse in Fahrtrichtung verläuft. Hierzu werden je drei Betonprismen entsprechend Bild 2 aus einer oberen und unteren Bohrkernscheibe hergestellt. Dieses Vorgehen sichert zudem die notwendige getrennte Ansprache von Ober- und Unterbeton bei zweischichtigen Decken. Die Schichtdicke des Oberbetons beträgt in der Regel 5 cm. Aufgrund möglichst minimaler Eingriffe in den Bestand sowie Einschränkungen durch vorhandene Technologien zur Bohrkernentnahme ist die Geometrie der Bohrkerne und folglich auch der Prismen begrenzt. So ergeben sich bei Bohrkernen mit einem Durchmesser von 340 mm Probekörper für die Laborprüfungen mit den Abmessungen 225 × 50 × 50 mm3 .
Wie bereits erwähnt, wird αcT unter anderem von der Betonfeuchte beeinflusst. Um die Wiederholbarkeit der Prüfergebisse zu ermöglichen bzw. prüftechnisch realisierbare Zustände einstellen zu können, ist es erforderlich, bei der Bestimmung der thermischen Längenänderung Extrem- oder Ausgleichszustände zu betrachten. Aufgrund der maximalen Dehnung bei lufttrockenen Proben wurden die Prismen im Normklima bei (20 ± 2)°C und (65 ± 5)% relativer Luftfeuchte bis zur Massekonstanz gelagert. Hierfür wurde als erhöhtes Kriterium zur Feststellung der Massekonstanz eine Massenänderung von ≤ 0,05 M.-% in zwei aufeinanderfolgenden Messungen im Abstand von 24 h herangezogen. Im Anschluss wurden die für die beiden Prüfansätze unterschiedlichen Messmarkenpaare appliziert und eine allseitige Beschichtung mit Epoxidharz aufgebracht, um eine Feuchtigkeitsaufnahme während der Prüfung zu vermeiden. Aufgrund der geringen Steifigkeit des Epoxidharzes im Vergleich zu der Steifigkeit des Betons wird davon ausgegangen, dass dies keine Auswirkungen auf das Verformungsverhalten des Probekörpers hat.

Bild 2 Exemplarische Darstellungen: a) Bohrkern aus zweischichtiger Betonfahrbahndecke; b) Skizze zur Präparation von Prismen aus Bohrkernen; präpariertes Prisma aus c) einem Oberbeton (Waschbetonrezeptur) und d) einem Unterbeton Exemplary representations: a) drilled core taken from two-layer concrete pavement; b) diagram on the preparation of prisms from drilled cores; prepard prism from c) top layer (exposed aggregate concrete) and d) bottom layer
3.2 Prüfansatz 1: Diskontinuierliche Messung
Der Prüfansatz 1 (PA1) zur Bestimmung der temperaturabhängigen Längenänderung der Betonprobekörper wird in Anlehnung an die Vorgehensweise gemäß [10], Verfahren 2: Alternativverfahren, durchgeführt. Hierbei werden die Probekörper stufenweise in definierten Temperaturinkrementen im Temperaturbereich 0 bis 40 °C erwärmt und abgekühlt. Nach jedem Temperaturschritt von 10 K wird die Längenänderung der Messstrecke diskontinuierlich auf mechanischem Weg mittels Messuhr (Aufl ösung 0,001 mm) bestimmt. Die Temperierung der Probekörper auf die Zieltemperaturen findet aufgrund der schnelleren Wärmeübertragung im Vergleich zu Luft in einer Wärmeträgerflüssigkeit statt. Bei den nachfolgend dargestellten Versuchen wurde hierfür Mineralöl verwendet. Der mittlere lineare Wärmeausdehnungskoeffizient lässt sich entweder mittels linearer Regression oder über Mittelwertbildung der für jede Temperaturstufe ermittelten Ausdehnungskoeffizienten gemäß Gl. (1) errechnen.
cTα =
= i1
n
Tiε iT∆ (1)
mit: αcT mittlerer linearer Wärmeausdehnungskoeffzient [1/K] εTi lineare thermische Dehnung bei der Temperaturstufe i [µm/mm] bzw. [‰] DTi gemessene Temperaturdifferenz bei der Temperaturstufe i [K] n Anzahl der Temperaturstufen [–]
Um den Einfluss hygrischer Dehnung auf die ermittelte Längenänderung auszuschließen, wird die Masse der Probekörper vor und nach der Prüfung kontrolliert.
3.3 Prüfansatz 2: Kontinuierliche Messung
Die Bestimmung von αcT mittels kontinuierlicher Messungen nach Prüfansatz 2 (PA2) erfolgt in Anlehnung an [12]. Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit den Ergebnissen des zuvor beschriebenen diskontinuierlichen Messverfahrens erfolgt die Prüfung ebenfalls im Temperaturbereich von 0 bis 40°C, jedoch mit Temperaturschritten von 5 K. Zwischen jedem Temperaturschritt wird die Solltemperatur jeweils für 4 h gehalten, bevor der nächste Temperaturschritt angefahren wird. Im gesamten Versuchszeitraum werden die Dehnungen der Betonprüfkörper mit induktiven Wegaufnehmern (LVDT) mit einer Messrate von 1 Hz aufgezeichnet. Die induktiven Wegaufnehmer besitzen einen Messbereich von ± 2,5 mm und einen Temperaturfehler von ± 0,1%/10 K, bezogen auf den Messbereich. Je Messplatz ist dabei ein LVDT zusammen mit dem Betonprüfkörper in einem Prüfrahmen aus Edelstahl (V2A) montiert. Über mittig auf den Stirnflächen aufgeklebte Messzapfen ist der Prüfkörper mit dem Messaufnehmer bzw. dem Prüfrahmen verbunden. Der gesamte Messaufbau besteht aus sechs Messplätzen und wird in einen Klimaschrank eingebaut. Die Kühlung und Erwärmung des gesamten Messaufbaus erfolgt über die Luft im Klimaschrank. Der Messaufbau im eingebauten Zustand ist in Bild 3 dargestellt. Im linken Teilbild a) ist der gesamte Messaufbau im eingebauten Zustand im Klimaschrank zu sehen. Neben den sechs induktiven Wegaufnehmern wurden im Klimaschrank auch zwei Thermoelemente vom Typ K (NickelChrom/Nickel) an zwei Messstellen angeordnet. Die Teilbilder b) und c) in Bild 3 geben einen Überblick über den Prüfkörpereinbau im Messrahmen.
Aufgrund der Klimatisierung des gesamten Prüfaufbaus und der damit verbundenen thermischen Dehnung des Prüfrahmens und des Wegsensors ist es nicht möglich, die thermische Dehnung des Betons direkt aus den Messwerten der induktiven Wegaufnehmer zu bestimmen. Die Gl. (2) zeigt, wie sich die einzelnen Längenänderungen zur Gesamtlängenänderung zusammensetzen. Die thermische Ausdehnung des Prüfrahmens ist dabei gleich der

Bild 3 Messaufbau des Prüfansatzes 2 Installed test set-up of test approach 2
Bild 4 a) Exemplarischer Messwertverlauf (Wegmesswert und Lufttemperatur im Klimaschrank) während eines Messdurchlaufs; b) Detailansicht einer Temperaturstufe mit gekennzeichnetem Bereich zur Messwertmittelung (farbig hinterlegt) a) Exemplary measured value progress (displacement value and air temperature in climatic exposure test cabinet) during a measuring run; b) detailed view of a temperature level with marked area for measured value averaging (coloured background)
Summe aus der thermischen Ausdehnung des Betons, der thermischen Ausdehnung der aufgeklebten Messzapfen, der thermischen Ausdehnung bzw. dem systematischen Messfehler des induktiven Wegaufnehmers und dem ermittelten Messwertunterschied. Die jeweiligen Längenveränderungen werden dabei immer auf ein Temperaturintervall von 5 K im Temperaturbereich von 0 bis 40°C bezogen.
R B M LVDT Mes s T s T s T s T s∆ ∆ ∆ ∆ ∆( ) ( ) ( ) ( ) = + + + (2)
mit: DsR(T) thermische Längenänderung des Prüfrahmens [mm] DsB(T) thermische Längenänderung des Betons [mm] B T BB s T T l T∆ α ∆ ( ) ( ) ( ) = ⋅ ⋅ DsM(T) thermische Längenänderung der Messzapfen [mm] M M TM s T l T T∆ α ∆ ( ) ( ) ( ) = ⋅ ⋅ DsLVDT(T) thermische Gesamtlängenänderung bzw. systematischer Messfehler des induktiven Wegaufnehmers [mm] DsMes ermittelter Messwertunterschied innerhalb einer Temperaturstufe [mm]
Mithilfe von Referenzmessungen an Kalibriermaterialien wird im ersten Schritt die thermische Ausdehnung des Prüfrahmens und des induktiven Wegaufnehmers bestimmt. Als Referenzmaterialien wurden eine Invarlegierung mit geringer thermischer Ausdehnung und ein Edelstahl V2A (1.4301) verwendet. Für beide Referenzmaterialien wurde mittels Dilatometer der temperaturabhängige thermische Ausdehnungskoeffizient bestimmt. Aus den in den Referenzmessungen ermittelten Messwertdifferenzen und den ermittelten thermischen Dehnungen der Referenzmaterialien wird nun die temperaturabhängige Längenänderung des Prüfrahmens und des induktiven Wegaufnehmers nach Gl. (3) berechnet.
R LVDT Ref Res T s T s T s∆ ∆ ∆ ∆( )( ) ( ) ( ) − = + f.-Mes (3)
mit: DsRef(T) thermische Gesamtlängenänderung des Referenzmaterials [mm] Ref M TM s T l T T∆ α ∆ ( ) ( ) ( ) = ⋅ ⋅ DsRef.-Mes ermittelter Messwertunterschied innerhalb einer Temperaturstufe während Referenzmessung [mm]
Darauf aufbauend erfolgt die eigentliche Messung, bei der die Betonprismen anstatt der Referenzmaterialien in die Prüfrahmen eingebaut werden. Mithilfe der Gl. (4) kann die thermische Längenänderung der Betonprüfkörper unter Verwendung der bestimmten Wegmesswerte berechnet werden. Abschließend lässt sich der thermische Ausdehnungskoeffizient des Betons ermitteln.
B R LVDT M Mes s T s T s T s T s∆ ∆ ∆ ∆ ∆( ) ( ) ( ) ( ) ( ) = − − − (4)
Bild 4a) zeigt exemplarisch die Messwertdarstellung für einen induktiven Wegaufnehmer und ein Thermoelement. Die Bestimmung des jeweiligen, zur Temperaturstufe gehörenden Messwerts erfolgt durch Mittelung über einen Zeitraum von 2000 s am Ende jedes Temperaturintervalls. Exemplarisch für die Temperaturstufe 20°C ist in Bild 4b) der Bereich der Messwertmittelung farbig hinterlegt. Mithilfe der Messwertmittelung werden Messwertänderungen, die auf die Temperaturregelung des Klimaschranks zurückgehen, eliminiert. Jeder Messdurchlauf wurde jeweils mit V2A und Invar als Referenzmaterial

ausgewertet. Aus diesem Grund sind sämtliche Ergebnisse des Prüfansatzes 2 mit dem jeweils verwendeten Referenzmaterial farbcodiert gekennzeichnet (Bilder 5 und 6). Eine Überprüfung der Massekonstanz der Probekörper erfolgt auch bei PA2.
Für eine erste Bewertung der beiden Prüfansätze PA1 und PA2 erfolgten zunächst Messungen an einem homogenen Werkstoff mit bekanntem thermischem Ausdehnungskoeffizienten. Aufgrund einer ähnlichen thermischen Ausdehnung wie Beton wurden hierfür Edelstahlproben (V2A) mit den zuvor beschriebenen Abmessungen verwendet. Mit beiden Prüfansätzen wurde eine Dreifachbestimmung an drei Proben vorgenommen. Ergänzend wurden an Probekörpern aus dem gleichen Material Untersuchungen mit einem horizontalen Schubstangendilatometer durchgeführt, das aufgrund der begrenzten Probekörperdimensionen standardmäßig zur Untersuchung homogener Werkstoffe eingesetzt wird. Das enthaltene opto-elektronische Wegmesssystem zeichnet sich insbesondere durch eine sehr hohe Auflösung (0,1 nm) über einen relativ großen Messbereich von ± 25 mm aus. Für die Messungen mittels Dilatometer (DIL) wurde eine zylindrische Probe mit einem Durchmesser von 6 mm und einer Länge von 25 mm hergestellt, an der ebenfalls eine Dreifachbestimmung vorgenommen wurde. Die Auswertung der Messergebnisse wurde jeweils mittels linearer Regression über den gesamten Temperaturbereich sowie durch Mittelwertbildung der für die einzelnen Temperaturstufen abschnittsweise ermittelten Ausdehnungskoeffizienten vorgenommen. In Bild 5 sind die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt. Die an den Balken angetragenen Fehlerindikatoren bilden dabei die Standardabweichung der Messergebnisse je Prüfansatz ab (n = 9, DIL: n = 3). Bei der Auswertung der Ergebnisse mittels PA1 (Mittelwertbildung) erfolgte eine Bereinigung der Ausreißer (Grubbs-Test).
Die Vergleichsuntersuchungen an Edelstahlprobekörpern mit beiden Prüfansätzen sowie mittels Dilatometer ergaben mittlere αT im Bereich von 15,3 bis 16,4 × 10–6/K. Diese Werte liegen tendenziell geringfügig unter dem im Werkstoffdatenblatt angegebenen Wert von 16,0 × 10–6/K (für einen Temperaturbereich zwischen 20 und 100°C) und erscheinen hinsichtlich der Größenordnung plausibel.
Es ist festzustellen, dass die mit PA1, PA2 (Kalibrierung V2A) und dem Dilatometer ermittelten Ausdehnungskoeffizienten eine sehr gute Übereinstimmung aufweisen. Bei den Untersuchungen mittels PA2 ist weiterhin zu erkennen, dass der Absolutwert der thermischen Dehnung von dem für die Dilatometermessungen verwendeten Kalibriermaterial beeinflusst wird. So fällt der αT bei Verwendung von Invar im Mittel um 0,86 × 10–6/K höher aus als jener, für dessen Bestimmung V2A zugrunde liegt. Die mit PA1 gewonnenen Ergebnisse weisen die größte Stan-

Bild 5 Ergebnisse aus Untersuchungen an Edelstahl (V2A) mit den Prüfansätzen 1 und 2 sowie mittels Dilatometer (DIL) Results from testing stainless steel (V2A) using test approaches 1 and 2 and with a dilatometer (DIL)
dardabweichung auf. Dies ist, aufgrund der Homogenität des untersuchten Werkstoffs und der gleichzeitig mittels PA2 ermittelten geringen Standardabweichungen auf das Messverfahren des PA1 zurückzuführen. Die sich bei den Dilatometermessungen ergebende Streubreite ist marginal. Abschließend ist zu erkennen, dass der berechnete αT unabhängig vom verwendeten Auswerteverfahren (lineare Regression, Mittelwertbildung) ist.
Auf Basis der zuvor genannten Erkenntnisse sowie vor dem Hintergrund, dass die thermische Dehnung von V2A näher im Bereich jener von Beton liegt, wurde für die weiterführende Darstellung der mittels PA2 gewonnenen Ergebnisse Invar als Kalibriermaterial verworfen und ausschließlich V2A verwendet. Um bei Verwendung des PA1 eine Ausreißeranalyse vornehmen zu können (GrubbsTest), erfolgte die weitere Auswertung anhand einer Mittelwertbildung der für die einzelnen Temperaturstufen abschnittsweise ermittelten Ausdehnungskoeffizienten.
3.5 Untersuchungen an Bestandsbetonen
Aufbauend auf den Untersuchungen an Edelstahlproben wurden Analysen an Bestandsbetonen aus dem Bundesautobahnnetz (BAB-Netz) vorgenommen. Exemplarisch werden nachfolgend ausgewählte repräsentative Ergebnisse dargestellt. Die Proben stammen aus drei Bohrkernen unterschiedlicher Streckenabschnitte, bei denen jedoch die gleiche Rezeptur und analoge Ausgangsstoffe für den Oberbeton (Waschbeton, D = 8 mm) und den Unterbeton (D = 32 mm) zur Anwendung kamen. Zur Bewertung der linearen thermischen Längenausdehnung je Schicht wurden jeweils drei Proben mittels PA1 und PA2 in einer Doppelbestimmung untersucht. In Bild 6 sind die berechneten Mittelwerte aus den sechs Messungen der Proben je Schicht unter Angabe der Standardabweichungen gegenübergestellt.
Für die Oberbetone ergibt sich eine gute Übereinstimmung der thermischen Ausdehnungskoeffizienten, die durchschnittlich um 0,36 × 10–6/K voneinander abwei-

Bild 6 αcT der Ober- und Unterbetone von drei Bohrkernen aus dem BAB-Netz Coefficient of thermal expansion (αcT) of the top-layer and bottomlayer concretes of three cores from the federal motorway network
Bild 7 a) Exemplarischer Dehnungsverlauf eines Prüfkörpers aus dem Unterbeton des Bohrkerns 1 mit Regressionsgerade; b) Temperaturabhängigkeit von αcT, aufgetragen über Einzeltemperaturstufen im Temperaturbereich 0 bis 40 °C (Kalibriermaterial: V2A) a) Exemplary expansion curve of a specimen from the bottom-layer concrete of core 1 with regression line; b) temperature dependence of the αcT applied across single temperature levels in the temperature range 0–40 °C (calibration material: V2A)
chen. Größere Differenzen von im Mittel 0,67 × 10–6/K ergeben sich bei den Unterbetonen. Die mittels PA1 ermittelten Ergebnisse zeigen, dass es bei Untersuchung des Unterbetons zu deutlich größeren Streuungen als beim Oberbeton kommt. hen. Der höhere Zementgehalt bei Waschbetonen führt zu einer geringfügig höheren thermischen Dehnung, sodass die ermittelten Werte hinsichtlich ihrer Größenordnung schlüssig im Vergleich mit den Literaturwerten sind. Die αcT für den Unterbeton liegen im Bereich 9,4 bis 10,7 × 10–6/K. Da in der Literatur nur Quarzkiese hinsichtlich ihrer thermischen Dehnung behandelt werden und sich der im Unterbeton verwendete Kies, bezogen auf die enthaltenen Gesteinsarten, sehr heterogen darstellt, ist hier ein Abgleich der Ergebnisse nicht möglich.
Neben der Ergebnisauswertung über Mittelwertbildung und lineare Regressionsanalyse im gesamten Temperaturbereich von 0 bis 40°C kann beim Prüfansatz 2 der thermische Ausdehnungskoeffizient ebenfalls für jede 5 KTemperaturstufe ermittelt werden. Exemplarische Ergebnisse für einen Prüfdurchlauf eines Betonprismas aus Bohrkern 1 sind in Bild 7 dargestellt. Dabei zeigt sich in Bild 7a), dass der Dehnungsverlauf des Betonkörpers systematisch von der Regressionsgeraden abweicht. Dies deutet auf eine Temperaturabhängigkeit des thermischen Ausdehnungskoeffizienten hin. Zur besseren Darstellung ist in Bild 7b) der für jede Temperaturstufe ermittelte αcT über die Temperatur aufgetragen. Es zeigt sich, dass αcT eine Temperaturabhängigkeit aufweist, wobei αcT bei 35 bis 40°C um circa 20% über αcT bei 0 bis 5°C liegt. Das bedeutet, dass die Mittelwertbildung und die lineare Regressionsanalyse im Temperaturbereich zwischen 0 und 20°C αcT überschätzen und im höheren Temperaturbereich unterschätzen. Die Zunahme von αcT im gesamten Temperaturbereich scheint linear zu sein. Trotz der Kenntnis, dass die thermische Dehnung mineralischer Werkstoffe temperaturabhängig ist, wurde diese in dem hier betrachteten Temperaturbereich nicht in dieser Größenordnung erwartet.
Insgesamt ergeben sich für den Oberbeton αcT im Bereich von 9,6 bis 10,6 × 10–6/K. Diese liegen im oberen Bereich der in der Literatur angegebenen Spannbreite von ca. 8,8 bis 10,4 × 10–6/K für die im Oberbeton verwendete Gesteinsart Granit [13]. Hierbei ist anzumerken, dass sich die Werte auf einen Zementgehalt von 350 kg/m3 bezieEs ist anzumerken, dass die temperaturabhängige Auswertung des ermittelten αcT stark von der Güte der Dilatometermessungen an den verwendeten Kalibriermaterialien (hier V2A) abhängt. Die Validierung der gewonnenen Ergebnisse zur Temperaturabhängigkeit αcT ist Gegenstand derzeit laufender Untersuchungen.

Im Hinblick auf die sich ergebenden Unterschiede in den Messergebnissen werden die beiden Prüfansätze nachfolgend hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile sowie möglicher Messunsicherheiten und Messungenauigkeiten diskutiert. Der Prüfansatz 1 mittels diskontinuierlichem mechanischem Messverfahren ist einfach anzuwenden und hinsichtlich Messequipment und Messaufbau mit geringem Aufwand umsetzbar. Zudem ist eine relativ schnelle Datenaufbereitung und -auswertung möglich. Die begrenzte Genauigkeit des mechanischen Messverfahrens führt jedoch zu Streuungen in den Ergebnissen. Diese können ebenso aufgrund von Messunsicherheiten in Form von zufälligen und subjektiven Fehlern, beispielsweise bedingt durch die händische Messwertaufnahme (Ablesen der Messskala, Ankopplung an Messmarken bei jedem Messvorgang, Datenaufbereitung etc.) entstehen. Nachteilig anzuführen ist, dass die Messwerterfassung nur bei diskreten Temperaturwerten erfolgen kann. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Messmarken exzentrisch auf der Oberseite der Prismen angeordnet werden. Nach aktuellem Wissensstand wirkt sich der Fehler, der aus einer Krümmung der Probe infolge eines Temperaturgradienten entstehen kann, nur marginal auf den sich ergebenden Ausdehnungskoeffizienten aus.
Der Prüfansatz 2 mittels kontinuierlichem elektrischem Messverfahren zeichnet sich insbesondere durch eine hohe Wiederholgenauigkeit und eine kleine Streuung der Messwerte aus. Durch die Anordnung der Messzapfen in der Längsachse der Proben wird eine zentrische Messung der Probekörperdehnung ermöglicht. Der erhöhte Aufwand zur Bestimmung der Ausdehnung des Prüfrahmens, der angebrachten Messzapfen und weiterer Einflussfaktoren wie dem Temperaturgang der induktiven Wegaufnehmer zeigt sich bei PA2 gegenüber PA1 nachteilig. Die gesteigerten Anforderungen an das Messequipment, den Messaufbau sowie die Datenauswertung bei Anwendung des PA2 stehen einem schnellen Messdurchlauf von 72 h sowie einem geringen personaltechnischen Aufwand während der Messung aufgrund des hohen Automatisierungsgrads gegenüber. Vorteilhaft ist ebenfalls die Möglichkeit einer Bewertung der Linearität der temperaturabhängigen Dehnungen durch die kontinuierliche Messwerterfassung. Messungenauigkeiten könnten sich bei dem PA2 durch die notwendige Kalibrierung zur Berücksichtigung des Einflusses aus der Dehnung des Messrahmens ergeben. Es wurde gezeigt, dass die Ergebnisse für αcT abhängig von dem verwendeten Kalibriermaterial sind. Die Güte der erhobenen Daten, d.h. die absolute Genauigkeit, wird daher unter anderem durch die Qualität der für die Charakterisierung des Kalibriermaterials notwendigen Dilatometermessungen bestimmt.
5 Zusammenfassung und Ausblick
Der thermische Ausdehnungskoeffizient von Beton αcT besitzt hinsichtlich der Analyse thermisch induzierter Spannungs- und Verformungszustände von Fahrbahnplatten einen hohen Stellenwert. Im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung nationaler Dimensionierungsverfahren, z.B. durch Nutzung numerischer Simulationen, kommt der Verbesserung der Qualität von Eingangsdaten eine hohe Bedeutung im Hinblick auf die Erzielung realitätsnaher Vorhersagen zu. Hierzu gehören unter anderem gute Parameterschätzungen der realen, im Netz vorhandenen Materialeigenschaften sowie Prognosen über deren zeitliche Entwicklung während der Nutzungsdauer. In diesem Kontext gilt es zu hinterfragen, ob die aktuellen Ansätze zur Berücksichtigung der thermischen Beanspruchung von Fahrbahnplatten hinreichend für eine abgesicherte Einschätzung der Nutzungsdauer sind und ob allgemeine Literaturwerte für die heutigen Fahrbahndeckenbetone stets Gültigkeit besitzen. Des Weiteren ist insbesondere bei einer nutzerorientierten Betrachtung des Straßenoberbaus die Dimensionierung nicht ausschließlich auf eine Bemessung der Deckendicke auszurichten. Eine übergeordnete Rolle spielt hier die dauerhafte Sicherstellung der Funktionseigenschaften der Fahrbahnoberfläche, z.B. Ebenheit und akustische Eigenschaften, die auch durch lastunabhängige Formänderungseigenschaften, wie thermisch und hygrisch induzierte Verformungen, beeinflusst werden können.
Für eine empirische Herangehensweise ist die Verfügbarkeit adäquater Prüfverfahren von entscheidender Bedeutung. In Deutschland existiert aktuell jedoch kein standardisiertes oder genormtes Verfahren für die prüftechnische Bestimmung des thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Beton. Daher wurden zunächst unter Beachtung straßenbauspezifischer Gesichtspunkte zwei Prüfansätze entwickelt, die unter anderem die bauspezifischen Randbedingungen deutscher Fahrbahndecken berücksichtigen. Die Prüfansätze unterscheiden sich in erster Linie durch die verwendeten Messverfahren. Prüfansatz 1 (PA1) nutzt ein mechanisches Verfahren zur diskontinuierlichen Bestimmung der thermisch bedingten Längenänderung. Dem Prüfansatz 2 (PA2) liegt ein elektrisches Verfahren, das eine kontinuierliche Messwerterfassung ermöglicht, zugrunde. Die mit beiden Prüfansätzen durchgeführten Vergleichsuntersuchungen an Metallproben sowie die Bestandsuntersuchungen an Betonen aus dem BAB-Netz führen insgesamt zu plausiblen Ergebnissen hinsichtlich der Größenordnung der ermittelten thermischen Ausdehnungskoeffizienten. Bei dem PA1 treten insbesondere aufgrund der begrenzten Genauigkeit des Messsystems und ggf. auftretender zufälliger Messfehler größere Streuungen in den Messergebnissen auf. Die Ergebnisse bei Anwendung des PA2 sind sehr stark von der Güte der Kalibrierung zur Berücksichtigung des Einflusses aus der Dehnung des Messrahmens abhängig. So ergeben sich für αcT bei Verwendung von Invar im Mittel um 0,86 10–6/K höhere αcT im Vergleich zur Nutzung von V2A als Kalibriermaterial. Hier ist in aufbauenden Untersuchungen zu überprüfen, inwieweit diese systematischen Fehler die Genauigkeit der Messergebnisse beeinflussen und ob diese reduziert werden können.
Weiterhin haben die Untersuchungen an Betonen mittels PA2 gezeigt, dass αcT eine Temperaturabhängigkeit aufweist, wobei dieser bei 35 bis 40°C um circa 20% über dem αcT bei 0 bis 5°C liegt. Das bedeutet, dass die Mittelwertbildung und die lineare Regressionsanalyse im Temperaturbereich zwischen 0 und 20°C αcT überschätzen und im höheren Temperaturbereich unterschätzen. Die Zunahme von αcT im gesamten Temperaturbereich scheint linear zu sein. Es ist jedoch anzumerken, dass auch die temperaturabhängige Auswertung des ermittelten αcT stark von der Güte der Dilatometermessungen an den verwendeten Kalibriermaterialien abhängt. Die Validierung der gewonnenen Ergebnisse zur Temperaturabhängigkeit αcT im untersuchten Temperaturbereich ist Gegenstand derzeit laufender Untersuchungen.
Für eine abgesicherte Quantifizierung der thermischen Dehnung von Fahrbahndeckenbetonen bedarf es der Weiterentwicklung der vorgestellten Prüfansätze bzw. einer weiterführenden Untersuchung der vorhandenen Messunsicherheiten und Messungenauigkeiten. Im Kontext mit der Verwendung der Ergebnisse für die rechnerische Dimensionierung oder die Bewertung der strukturellen Substanz besitzt die Fragestellung, mit welcher Genauigkeit αcT zu bestimmen ist, eine zentrale Bedeutung, die es gilt, mittels Sensitivitätsanalysen zu eruieren.
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Autoren
Dipl.-Ing. Alexandra Spilker (Korrespondenzautorin) spilker@bast.de Bundesanstalt für Straßenwesen Referat Betonbauweisen 51427 Bergisch Gladbach
Dipl.-Ing. Ludwig Stelzner ludwig.stelzner@bam.de Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Fachbereich Baustoffe Unter den Eichen 87 12205 Berlin Dr.-Ing. Frank Weise frank.weise@bam.de Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Fachbereich Baustoffe Unter den Eichen 87 12205 Berlin
Dr.-Ing. Marko Wieland wieland@bast.de Bundesanstalt für Straßenwesen Referat Betonbauweisen 51427 Bergisch Gladbach
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Spilker, A.; Stelzner, L.; Weise, F.; Wieland, M. (2021) Analyse der thermischen Dehnung von Fahrbahndeckenbetonen aus dem BAB-Netz. Beton- und Stahlbetonbau 116, H. 1, S. 26–34. https://doi.org/10.1002/best.202000044 Dieser Aufsatz wurde in einem Peer-Review-Verfahren begutachtet. Eingereicht: 29. Juni 2020; angenommen: 10. September 2020.