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Zukunft des Planens und Bauens – eine Trendwende nach Corona?
aus dem Jahr 1953 veröffentlicht [4]. Die Weiterentwicklung dieses Ansatzes parallel zum wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn war eng verknüpft mit den Arbeiten und Veröffentlichungen des Comité EuroInternational du Béton (CEB), welches im Jahr 1953 gegründet wurde. Dieser Sachverhalt erklärt sich über die herausragende Rolle, die Hubert Rüsch, seinerzeit Ordinarius für Massivbau an der TU München, sowohl im DIN in Deutschland als auch auf europäischer Ebene bei CEB als dessen Mitbegründer spielte.
Das CEB arbeitete eng mit der Fédération Internationale de la Précontrainte (FIP) zusammen, die bereits ein Jahr früher gegründet worden war. Diese Kooperation fand ihren Niederschlag auch darin, dass bis 1998, dem Jahr der Fusion von CEB und FIP zur Fédération Internationale du Béton (fib) – International Federation for Structural Concrete (fib) – gemeinsame Model Codes mit der Bezeichnung „CEB-FIP Model Code …“ herausgegeben wurden. Bis in die Gegenwart ist die enge Verknüpfung von deutschen (DIN) und später europäischen Richtlinien (EN) mit den CEB-FIP bzw. fib Model Codes erhalten geblieben. Stets bildeten die Model Codes die Grundlage der Erarbeitung der bauaufsichtlich relevanten Normen von DIN und CEN, insbesondere auch für die EN 1992-11:2004 (Eurocode 2) und den aktuellen Entwurf prEN 1992-1-1:2020 [3].
Diesem Hintergrund trägt die Behandlung der verschiedenen Schwindmodelle in Abschn. 3 dieses Beitrags Rechnung. Dabei werden auch die Grundlagen der Modelle beleuchtet. Im Mittelpunkt steht eine eingehende Untersuchung des Ansatzes und der Zuverlässigkeit des aktuell gültigen Modells nach DIN EN 1992-1-1:2011-01, welches identisch mit der Fassung aus dem Jahr 2004 ist. Zunächst aber sollen im nachfolgenden Abschn. 2 noch einige Angaben zu den Komponenten des Betonschwindens und den jeweiligen konstruktiv relevanten Einflussgrößen gemacht werden.
2 Betonschwinden – Überblick über Komponenten und Einflussgrößen
Der Schwindprozess läuft im Allgemeinen zwar dreidimensional ab, allerdings interessiert im Bauingenieurwesen in der Regel nur die Verformungsänderung in einer Dimension. Die Abgrenzung und Definition der verschiedenen Verformungskomponenten von Beton bei eindimensionaler Betrachtung, insbesondere wenn zusätzlich auch Lasten, also mechanische Beanspruchungen auf Betone bzw. Betonbauteile einwirken, ist in [5] gegeben.
Betrachtet man Beton als Verbundwerkstoff auf einer makroskopischen Strukturebene vereinfacht mit den beiden Phasen Zementstein (Matrix aus Bindemittel, Wasser und Kontaktzone) und Gesteinskörnung (Füller), so resultiert der Schwindprozess in der Regel allein aus der Volumenveränderung der Matrix. Die zumeist dichte und feste Gesteinskörnung zeigt, wenn überhaupt, vernachlässigbar geringe Schwindverformungen, aber sie behindert sehr effektiv das Verformungsbestreben der Matrix und beschränkt dadurch erheblich die bei einem Bauteil auftretenden Verformungen. Im Inneren des Betongefüges entstehen infolge der steifen Körnung Eigenspannungen (Zug in der Matrix), die dort zu einer Mikrorissbildung führen können.
Die physikalischen und teils auch chemischen Ursachen des Schwindens des Zementsteins auf der Nano- und Mikrostrukturebene sind bereits in früheren Jahren intensiv erforscht und im Wesentlichen auch verstanden worden. An dieser Stelle sei auf die einschlägige Literatur hierzu verwiesen [6, 7, 8]. Die für die Praxis relevanten und seit vielen Jahren bekannten betontechnologischen Einflussgrößen auf das Betonschwinden werden zum Beispiel in [5, 9, 10] benannt.
Ein gewisser Wandel hinsichtlich der Begriffe für das Schwinden und seine Komponenten hat sich über die vergangenen Jahrzehnte hinweg ergeben (Tab. 1). Bis etwa Ende der 1980er Jahre wurde in der Praxis bei Festbeton nur von Schwinden gesprochen, beim Frischbeton auch vom Frühschwinden. In den einschlägigen Richtlinien wurde erstmals in [11–13] eine Aufspaltung der Schwindverformung in Komponenten vorgenommen und dabei die Begriffe autogenous shrinkage und drying shrinkage bzw. Schrumpfen und Trockungsschwinden eingeführt. Im Bereich der Wissenschaft fanden sich schon früher weitere Begriffe wie chemisches Schwinden, autogenes Schwinden, kapillares Schwinden und Karbonatisierungsschwinden. Die Tab. 1 liefert eine kurze Übersicht über diese Begriffe bzw. die Schwindarten sowie ihre jeweilige Ursache und benennt auch einige Besonderheiten, die in der Praxis von Relevanz sind.
Eine erhebliche Verwirrung bezüglich der Begriffe Grundschwinden, autogenes Schwinden und Schrumpfen ist bis heute gegeben. Im deutschen Sprachraum wurde mit Schrumpfen zunächst die Volumenabnahme infolge der chemischen Reaktion von Wasser und Zement bezeichnet [14, 15]. Später ist diese Verformung präziser als chemisches Schwinden definiert worden. Vor allem in Verbindung mit den Erkenntnissen zum Verformungsverhalten hochfester Betone wurde in Anlehnung an den englischen Sprachgebrauch die ohne Feuchteabgabe eintretende Verkürzung von Probekörpern als autogenes Schwinden bezeichnet. Als wesentliche Ursache des autogenen Schwindens wurde die innere Austrocknung identifiziert, die sich dem chemischen Schwinden überlagert. Die messbare Gesamtverformung aus beiden Komponenten wurde in der deutschen Fachwelt zunächst als Schrumpfen bezeichnet [13]. Dies erschien plausibel, da auch die ursprünglich als Schrumpfen gemessene und so bezeichnete Verformung stets und untrennbar ein kleines autogenes Schwinden enthielt, welches aber wegen seiner geringen Größe bei normalfestem Beton vernachlässigt werden konnte. Dies änderte sich mit der Anwendung hochfester Betone in der Praxis [5].