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Ermittlung der charakteristischen Betondruckfestigkeit von Bestandstragwerken nach DIN EN 13791:2020 für geringe Stichprobenumfänge
Bewertung und Vergleich mit bisherigen Ansätzen
Der Nachrechnung von Bestandstragwerken kommt eine steigende Bedeutung zu, denn im Sinne eines ressourceneffizienten Umgangs mit Bestandsbauten sollte der Umnutzung Vorrang vor Abriss und Neubau gegeben werden. Bisher stand für die Berechnung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit in Deutschland DIN EN 13791:2008 mit Nationalem Anhang DIN EN 13791/A20:2017 zur Verfügung. Die im Februar 2020 veröffentlichte DIN EN 13791:2020 löst formal DIN EN 13791:2008 ab, wobei noch keine neuen Nationalen Anwendungsregeln für Deutschland vorhanden sind. Besonders bei der Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit auf Grundlage eines geringen Bohrkernstichprobenumfangs (3 ≤ n ≤ 7) ergeben sich im Vergleich zu den bisherigen Regelungen deutliche Änderungen. Allerdings liegen aktuell keine Hintergrundinformationen bezüglich der statistischen Belastbarkeit der neuen Verfahren vor, weshalb diese im Rahmen des Forschungsvorhabens DBV 317 untersucht wurden.
Determination of the characteristic concrete compressive strength of existing structures according to DIN EN 13791:2020 for small sample sizes – Evaluation and comparison with valid existing approaches
The assessment of existing structures is becoming increasingly important, because in the sense of resource-efficient handling of existing buildings, conversion should be given priority over demolition and new construction. Until now, the characteristic concrete compressive strength of existing structures in Germany has been calculated according to DIN EN 13791/A20:2017. DIN EN 13791:2020, which was introduced in February 2020, will replace DIN EN 13791:2008, which was previously valid in Europe, and DIN EN 13791/A20:2017, which was valid in Germany. Especially for small sample sizes of drill cores (3 ≤ n ≤ 7), the introduction of DIN EN 13791:2020 results in significant changes in the determination of the characteristic in-situ concrete compressive strength. However, there is currently no background information available on the statistical robustness of the new methods, which is why this is to be checked within the framework of the research project DBV 317.
Stichworte Bestandsbauwerke; Nachrechnungswert; in-situ; Betondruckfestigkeit Keywords existing structures; assessment value; in-situ; concrete compressive strength
1 Einführung
Bei Umbaumaßnahmen an bestehenden Bauwerken wird in die vorhandene Tragstruktur eingegriffen. Bedingt durch eine Nutzungsänderung geht dies häufig mit einer Anpassung des Belastungsniveaus einher. Nach [1] dürfen in Abhängigkeit von den Änderungen bei den Umbaumaßnahmen und den Anpassungen im Belastungsniveau die einzelnen Bauteile nach den ursprünglichen bautechnischen Vorschriften nachgewiesen werden oder müssen nach den aktuell gültigen Regelwerken nachgerechnet werden.
Für die Nachrechnung von Bestandstragwerken in Stahlbetonbauweise ist die Betondruckfestigkeit in der Regel der entscheidende Kennwert. Von alten Bauwerken fehlen jedoch häufig die bautechnischen Unterlagen oder Ergebnisse von Güteprüfungen des Betons etc. aus der Ausführungszeit, sodass ohne eine fundierte Bauwerksuntersuchung die Betondruckfestigkeit nicht qualifiziert angesetzt werden kann.
Bisher war in Deutschland die Bewertung der Druckfestigkeit von Beton in Bauwerken oder in Bauwerksteilen in DIN EN 13791:2008 [2] (DIN 2008) mit Nationalem Anhang DIN EN 13791/A20:2017 [3] (DIN A20:2017) umfassend normativ geregelt. Der Nationale Anhang DIN A20:2017 [3] wurde 2017 von Deutschland eingeführt, da das Auswerteverfahren von DIN 2008 [2] für geringe Stichprobenumfänge meist zu einer deutlichen Überschätzung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit führte (vgl. [4‒8]).
Nach DIN A20:2017 [3] wird in Abhängigkeit von der Bohrkernanzahl und dem Variationskoeffizienten die charakteristische Druckfestigkeit für Bestandstragwerke nach dem modifizierten Ansatz A oder dem modifizierten Ansatz B ermittelt (Bild 1).
Der modifizierte Ansatz A soll für die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit angewendet werden, wenn ein Stichprobenumfang n ≥ 9 vorliegt oder wenn sich ein Variationskoeffizient v > 0,20 für einen Stichprobenumfang 3 ≤ n ≤ 8 ergibt. Die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit für einen Stichprobenumfang 3 ≤ n ≤ 8 und v ≤ 0,20 darf nach dem modifizierten Ansatz B erfolgen.
Bild 1 Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791/A20:2017 [3] Determination of the characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791/A20:2017 [3]

Bild 2 Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2008 [2] Determination of the characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791:2008 [2]
In DIN 2008 [2] wird nur aufgrund des Stichprobenumfangs zwischen den Auswerteverfahren Ansatz A (n > 15) und Ansatz B (3 ≤ n ≤ 14) unterschieden (Bild 2). Mit E DIN EN 13791:2018 [9] bzw. der im Februar 2020 eingeführten DIN EN 13791:2020 [10] (DIN 2020) wird die bisherige Normfassung DIN 2008 [2] formal abgelöst. Damit sind jedoch nicht alle Inhalte des Nationalen Anhangs für Deutschland DIN A20:2017 [3] abgelöst bzw. neu geregelt. An vielen Stellen wird in DIN 2020 [10] auf nationale Regeln verwiesen bzw. die Einführung solcher ermöglicht. Besonders für geringe Stichprobenumfänge (3 ≤ n ≤ 7) ergeben sich mit der Einführung von DIN 2020 [10] erhebliche Änderungen bei der Bestimmung der charakteristischen In-situBetondruckfestigkeit. Nach DIN 2020 [10] kann die charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit nach Abschnitt 8.1(7) bzw. Abschnitt 8.3 errechnet werden. Durch einen Vergleich der nach diesen beiden Abschnitten ermittelten charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten mit der „realen“ charakteristischen In-situBetondruckfestigkeit fck,is,A20,nges sollen die neuen Auswerteverfahren bewertet werden. Nach [11] ergibt sich die „reale“ charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges nach dem modifizierten Ansatz A von DIN A20:2017 [3] für vx,nges ≤ 0,20 unter Berücksichtigung des gesamten Stichprobenumfangs nges.
Als Grundlage dieser Untersuchungen dienen umfangreiche praktische Bauwerksanalysen, die von der TU Kaiserslautern durchgeführt wurden und bei denen meist eine Grundgesamtheit nges > 20 an Bohrkernprüfungen vorlag. Ziel der Untersuchung war, eine durch Versuche abgesicherte Aussage über die statistische Belastbarkeit der Verfahren treffen zu können, als Basis fundierter Empfehlungen, um auch zukünftig eine zuverlässige Bestimmung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit gewährleisten zu können.
für einen geringen Stichprobenumfang (3 ≤ n ≤7)
In DIN EN 13791:2020 [10] Abschnitt 8 werden modifizierte und neue statistische Auswerteverfahren zur Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit vorgestellt, die sowohl auf direkten als auch auf indirekten Prüfverfahren beruhen.
Bild 3 zeigt die beiden neuen Verfahren, die nach DIN 2020 [10] für einen geringen Stichprobenumfang von 3 ≤ n ≤ 7 formal zur Verfügung stehen, mit der Möglichkeit nationaler Anpassungen. Nach Abschnitt 8.1(7) kann die charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit für einen eingegrenzten Prüfbereich (V ≤ 10 m3 und maximal ein bis drei Bauelemente) auf Grundlage von mindestens drei Bohrkernen berechnet werden. Aus diesen drei

Bild 3 Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten nach [10] für einen Stichprobenumfang 3 ≤ n ≤ 7 Determination of the characteristic in-situ concrete compressive strengths according to [10] for a sample size 3 ≤ n ≤ 7
oder mehr Bohrkernen ist die niedrigste Festigkeit fc,is,Tiefstwert zu selektieren, diese entspricht nach Abschnitt 8.1(7) der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is. Voraussetzung ist, dass die Spannweite der Prüfergebnisse R ≤ 15% des Mittelwerts fcm(n),is ist.
Diese Voraussetzung gilt auch, wenn die charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit nach Abschnitt 8.3 ermittelt wird. Die Auswertung nach Abschnitt 8.3 ist auf einen Prüfbereich mit einem Betonvolumen von V ≤ 30 m3 eingegrenzt. Dabei soll zunächst durch den Einsatz indirekter Prüfverfahren die Stelle mit der niedrigsten Betondruckfestigkeit gefunden werden. An dieser Stelle sind anschließend mindestens drei Bohrkerne zu entnehmen. Der Mittelwert fcm(n),is aus diesen drei oder mehr Bohrkernen darf dann als charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is angesetzt werden.
Die Grundlagen der neuen Verfahren sowie deren statistische Belastbarkeit sind aus DIN 2020 [10] bzw. aus dem zugehörigen Hintergrunddokument FprCEN/TR 17086:2017 [12] nicht vollständig erkennbar. Um die Anwendung der neuen Verfahren bewerten zu können, wurden das allgemeine Vorgehen sowie die möglichen Ergebnisse der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit mithilfe einer vorhandenen Bohrkerndatenbank, die im Rahmen von [4, 5, 13, 14] an der TU Kaiserslautern aufgebaut wurde, analysiert.
3 Analyse von DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7)
3.1 Allgemeines
Im Rahmen des Forschungsvorhabens DBV 317 [15] wurden insgesamt 23 bestehende Bauteile untersucht, deren Baujahre zwischen 1915 und 1985 liegen und die mittlere Betondruckfestigkeiten im Bereich von 16 bis 66 N/mm2 aufweisen. Elf dieser Bauwerke hielten die Volumenbegrenzung von V ≤ 10 m3 ein, die weiteren zwölf Bauwerke nicht (V > 10 m3), wodurch der Einfluss der Volumenbegrenzung betrachtet werden konnte. Je Grundgesamtheit des Bestandstragwerks steht eine Anzahl nges an Ergebnissen aus der Druckfestigkeitsprüfung von Bohrkernen zur Verfügung. Gemäß Abschnitt 8.1(7) [10] werden zur Bestimmung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit mindestens drei solcher Ergebnisse benötigt. Die Grundgesamtheiten der Bauwerke aus der Bohrkerndatenbank bestehen alle aus einer deutlich größeren Anzahl an Bohrkernen, sodass im Rahmen einer statistischen Auswertung verschiedene Kombinationsmöglichkeiten der Prüfergebnisse, bestehend aus je drei Druckfestigkeitsergebnissen von Bohrkernen, untersucht werden können. Aus diesen drei Betondruckfestigkeitswerten ist anschließend der niedrigste Wert fc,is,Tiefstwert zu selektieren. Die auf diese Weise ermittelte charakteristische In-situ-Druckfestigkeit einer jeden Kombinationsmöglichkeit wurde anschließend mit der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit, die nach DIN A20:2017 [3] bzw. nach DIN EN 1990:2010 Anhang D [16] (unter Ansatz einer logarithmischen Normalverteilung, falls vx,nges ≥ 0,20, vgl. [17]) auf Grundlage der Grundgesamtheit nges ermittelt wurden, verglichen (, fck,is,A20,nges).
3.2 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit und Bewertung des Anwendungskriteriums
Die bei der Auswertung ermittelten charakteristischen Insitu-Druckfestigkeiten eines jeden Bauteils werden in separaten Punktwolkendiagrammen veranschaulicht. Um eine Bewertung des Anwendungskriteriums zu ermöglichen, werden neben den „zulässigen“ auch die formal „unzulässigen“ Druckfestigkeitsergebnisse abgebildet.

Bild 4 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten für Deckenplatte LU mit zugehöriger Auftretenswahrscheinlichkeit und Abweichung
zu fck,is,A20,nges [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths for structural slab LU with associated probability of occurrence and deviation
Für das Beispielbauwerk in Bild 4 ergeben sich bei einem gesamten Stichprobenumfang von nges = 33 insgesamt 5456 mögliche Dreierkombinationen (xkombi). Von diesen 5456 möglichen Ergebnissen werden über das Anwendungskriterium (R ≤ 0,15 ⋅ fcm(n),is) 987 als zulässig (xzulässig) und 4469 als unzulässig (xunzulässig) eingestuft. Der Variationskoeffizient der Bohrkerndruckfestigkeiten bezogen auf den gesamten Stichprobenumfang nges wird als vx,nges angegeben. Die grüne Linie in Bild 4 repräsentiert die charakteristische In-situ-Druckfestigkeit, die nach DIN A20:2017 [3] unter Berücksichtigung des gesamten Stichprobenumfangs nges berechnet wurde (fck,is,A20,nges). Zur Einordnung der Ergebnisse aus DIN 2020 [10], Abschnitt 8.1(7) wird zusätzlich deren Auftretenswahrscheinlichkeit sowie deren prozentuale Abweichung von der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit nach DIN A20:2017 [3], die mithilfe des gesamten Stichprobenumfangs nges errechnet wurde, abgebildet.
Bild 4 veranschaulicht, dass durch das Anwendungskriterium nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.1(7) nicht zwangsläufig die charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten mit der größten prozentualen Abweichung zu fck,is,A20,nges als unzulässig eingestuft werden, sondern viele Ergebnisse mit einem geringeren prozentualen Abstand zu fck,is,A20,nges. Bemerkenswert ist dabei insbesondere, dass die charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten mit den größten prozentualen Abweichungen, bis hin zu einer Überschätzung der Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges zwischen 50% und 70%, nicht durch das Anwendungskriterium ausgeschlossen werden. Grund hierfür ist, dass die Einzelwerte, die diesen charakteristischen Betondruckfestigkeiten zugrunde liegen, nur eine geringe Spannweite R aufweisen, die kleiner als 15% der mittleren Betondruckfestigkeit ist und keine Mindeststreuung in Form der Spannweite R, der Standardabweichung sx oder des Variationskoeffizienten vx definiert wurde. Würde z.B. zusätzlich zu dem Anwendungskriterium (R ≤ 0,15 ⋅ fcm(n),is) ein Mindestvariationskoeffizient vx,min = 0,09, wie er auch dem Faktor k3 in DIN A20:2017 [3] zugrunde liegt (vgl. Bild 1), angewendet werden, würde sich die maximale Überschätzung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit für das Bauteil Deckenplatte LU aus Bild 4 von 67,8% auf 21,3% reduzieren. Der signifikante Einfluss eines Mindestvariationskoeffizienten vx,min kann auch in [4, 5, 11] nachvollzogen werden.

Bild 5 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7) und nach DIN EN 13791/A20:2017, mod. Ansatz B (A20) für Deckenplatte LU [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to Section 8.1(7) and mod. Approach B (A20) for structural slab LU [15]
unterliegen können. Aus diesem Grund werden in Bild 5 die möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten der beiden Verfahren (Abschnitt 8.1(7) und modifizierter Ansatz B mit vx,n=3 ≤ 0,20) mit n = 3 für das bereits in Bild 4 betrachtete Beispielbauwerk gegenübergestellt. Die möglichen Überschreitungen beim modifizierten Ansatz B von DIN A20:2017 [3] sind in der Regel gering und können für eine baustatische Bewertung nach [4, 5, 11] als unbedenklich eingeschätzt werden. Bei der Auswertung nach Abschnitt 8.1(7) wird nicht zwischen „zulässigen“ und „unzulässigen“ Ergebnissen unterschieden. Diese Differenzierung, die Auftretenswahrscheinlichkeit und die prozentuale Abweichung zu fck,is,A20,nges kann in Bild 4 nachvollzogen werden.
Während das Verfahren nach DIN 2020, Abschnitt 8.1(7) [10] unabhängig von dem vorhandenen Variationskoeffizienten meist zu einer Überschätzung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit im Vergleich zu fck,is,A20,nges führt, kann bei der Auswertung nach dem modifizierten Ansatz B von DIN A20:2017 [3] in Abhängigkeit vom Variationskoeffizienten der Grundgesamtheit vx,nges sowohl eine Überschätzung als auch eine Unterschätzung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit im Vergleich zu fck,is,A20,nges festgestellt werden.
Bild 4 zeigt den Vergleich der möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten mit n = 3 nach Abschnitt 8.1(7) von DIN EN 13791:2020 [10] mit der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit, die unter Berücksichtigung von nges nach DIN EN 13791/A20:2017 [3] (fck,is,A20,nges) berechnet wurde. Zu beachten ist dabei, dass die möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten nach DIN A20:2017 [3] mit n = 3 auch gewissen Schwankungen
Wie bereits in [4‒8] erörtert, führt die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit nach Ansatz B von DIN EN 13791:2008 [2] für geringe Stichprobenumfänge meist zu einer deutlichen Überschätzung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit, weshalb in Deutschland bereits 2017 eine Modifikation durch die Einführung von DIN EN 1791/A20:2017 [3] vorgenommen wurde.

Bild 6 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7) und nach DIN EN 13791:2008, Ansatz B für Deckenplatte LU [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to Section 8.1(7) and Approach B for structural slab LU [15] Bild 7 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7) für Deckenplatte LU mit n = 5 mit zugehöriger Auftretenswahrscheinlichkeit [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791:2020, Section 8.1(7) for structural slab LU with n = 5 with associated probability of occurrence [15]
In Bild 6 werden die möglichen Ergebnisse bei einer Auswertung nach Ansatz B von DIN 2008 [2] (vgl. Bild 2) mit den möglichen Ergebnissen nach Abschnitt 8.1(7) von DIN 2020 [10] verglichen. Bei der Auswertung nach Abschnitt 8.1(7) wird nicht zwischen „zulässigen“ und „unzulässigen“ Ergebnissen differenziert.
Mit Einführung der neuen DIN 2020 [10] wurde besonders für einen geringen Stichprobenumfang erwartet, dass die neuen Verfahren die prozentuale Überschätzung der „realen“ charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges im Vergleich zu einer Auswertung nach Ansatz B von DIN 2008 [2] reduzieren.
Bild 6 veranschaulicht, dass eine solche Reduktion der prozentualen Überschätzung jedoch anhand der vorliegenden Ergebnisse für einen Stichprobenumfang von n = 3 nicht bestätigt werden kann. Vielmehr ist die prozentuale Überschätzung der möglichen Ergebnisse nach beiden Verfahren im Bereich des mittleren (0,1 < vx,nges < 0,2) und großen Gesamtvariationskoeffizienten vx,nges ≥ 0,2 etwa gleich, während bei einem geringen Gesamtvariationskoeffizienten vx,nges ≤ 0,10 die prozentuale Überschätzung von fck,is,A20,nges bei einer Auswertung nach DIN 2020, Abschnitt 8.1(7) größer als bei einer Auswertung nach Ansatz B sein kann [15].
Nach DIN EN 13791:2020 [10], Abschnitt 8.1(7) sind mindestens drei Bohrkerne für die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit erforderlich. Das Auswerteverfahren nach Abschnitt 8.1(7) darf bis zu einem Stichprobenumfang von n = 7 angewendet werden. Aus diesem Grund muss auch der Einfluss des Stichprobenumfangs auf die möglichen Ergebnisse der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit und deren Auftretenswahrscheinlichkeit untersucht werden. Hierfür wird der Stichprobenumfang von n = 3 auf n = 4 bzw. n = 5 erhöht. Aufgrund der Vielzahl an möglichen Kombinationen der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten (z.B. Deckenplatte LU mit n = 4, xkombi = 40920 und mit n = 5, xkombi = 237336) wurden für die Darstellung in Bild 7 daher 7750 zufällige Ergebnisse ausgewählt. Die Punktwolke der Deckenplatte LU für n = 3 ist bereits in Bild 4 zu finden. Da eine Erhöhung des Stichprobenumfangs keine Änderung der prozentualen Abweichung der möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten von fck,is,A20,nges zur Folge hat, wird diese Abweichung im Bild 7 nicht dargestellt.

Durch die Erhöhung des Stichprobenumfangs (auf n = 4 oder n = 5) werden die charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten mit der größten prozentualen Abweichung zu fck,is,A20,nges (Stichprobenumfang n = 3, vgl. Bild 4) eliminiert, da diese nach Bild 3 nicht mehr maßgebend werden können. Auffällig ist, dass durch die Erhöhung des Stichprobenumfangs n der prozentuale Anteil an zulässigen Ergebnissen reduziert wird.
Eine Übersicht über die Entwicklung der gültigen Ergebnisse der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit für die Bauteile mit einem Betonvolumen von V ≤ 10 m3 liefert Bild 8 (links). Unabhängig von der mittleren Betondruckfestigkeit, dem Variationskoeffizienten oder anderen Kennwerten reduziert sich die prozentuale Anzahl an zulässigen Ergebnissen („zulässig“ nach dem Anwendungskriterium, vgl. Bild 3) durch die Erhöhung der Bohrkernanzahl.
Bild 8 (Mitte) zeigt die Entwicklung der mittleren Spannweite Rm, die als Mittelwert aus den Spannweiten der möglichen Kombinationen xKombi errechnet werden kann. Entscheidend ist die prozentuale Änderung der mittleren Spannweite Rm, da diese einen Vergleich zwischen den einzelnen Bauteilen ohne Berücksichtigung der Betondruckfestigkeiten auf einer einheitslosen Basis ermöglicht (Bild 8 rechts). Diese prozentuale Änderung der mittleren

Bild 8 Entwicklung der zulässigen Ergebnisse (links), Entwicklung (Mitte) und prozentuale Änderung (rechts) der mittleren Spannweite Rm in Abhängigkeit von der Bohrkernanzahl n für V ≤ 10 m3 [15] Development of the permissible results (left), development (centre) and percentage change (right) of the mean span Rm as a function of the number of drill cores n with V ≤ 10 m3 [15]
Bild 9 Grafische Zuordnung der Bohrkerne zu einzelnen Rückprallhammerstellen (RPH-Stellen) am Beispiel vom Bauwerk ZI Mannheim Wand II [15] Graphic assignment of drill cores to individual rebound hammer points (RPH points) using the example of the building ZI Mannheim wall II [15]
Spannweite Rm liegt für alle elf Bauwerke bzw. Bauteile (mit V ≤ 10 m3) zwischen 30 und 40% bei einer Erhöhung des Stichprobenumfangs von n = 3 auf n = 5.
Während die mittlere Spannweite Rm durch eine Erhöhung des Stichprobenumfangs n Veränderungen unterliegt, bleibt der Mittelwert der mittleren Betondruckfestigkeit fcm(n),is (für n = 3, n = 4 und n = 5) nach dem Gesetz der großen Zahlen konstant. Die mittlere Betondruckfestigkeit fcm(n),is wurde aus den Mittelwerten der einzelnen Kombination mit n = 3, n = 4 und n = 5 gebildet und entspricht der mittleren Betondruckfestigkeit, die mithilfe der Grundgesamtheit nges errechnet werden kann.
Durch die mit dem Stichprobenumfang steigende mittlere Spannweite Rm und die konstant bleibende mittlere Betondruckfestigkeit fcm(n),is kann die Reduktion der zulässigen Ergebnisse (vgl. Bild 8 links) erklärt werden.
4 Analyse von DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.3
4.1 Allgemeines
Zusätzlich zu Abschnitt 8.1(7) bietet auch Abschnitt 8.3 von DIN 2020 [10] die Möglichkeit, die charakteristische In-situ-Druckfestigkeit für einen eingegrenzten Prüfbereich von V ≤ 30 m3, basierend auf mindestens drei Druckfestigkeitsprüfungen von Bohrkernen, zu berechnen. Im Rahmen des Forschungsvorhabens DBV 317 [15] wurde das Verfahren nach Abschnitt 8.3 mithilfe von acht Bauteilen untersucht. Die Anzahl ist im Vergleich zu Abschnitt 8.1(7) mit 23 Bauteilen deutlich geringer, da die Bohrkerndatenbank nur wenige Bauwerke aufweist, bei denen eine ausreichende Anzahl an Rückprallhammerprüfungen (RPH-Prüfungen) durchgeführt wurde. Allerdings liegt eine relativ große Spannweite mittlerer In-situ-Druckfestigkeiten (fcm(n),is ≈ 22,5 N/mm2 bis 54 N/mm2) sowie zugehöriger Rückprallzahlen in den Prüfbereichen vor.
Im ersten Schritt müssen die jeweiligen Bohrkerne aus den Bauwerksprüfungen einer Rückprallhammerstelle (RPHStelle) zugeordnet werden. Diese Zuordnung bildet die Basis für die anschließende Bestimmung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit. Nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 müssen die Bohrkerne aus dem Bereich um die Stelle mit dem niedrigsten Ergebnis aus der indirekten Prüfung entnommen werden. Eine präzisere Definition dieses Bereichs wird jedoch nicht vorgenommen. Um eine Auswertung nach Abschnitt 8.3 (einheitlich für alle Bauwerke) durchführen zu können, wird daher im Forschungsprojekt DBV 317 [15] ein Einzugsbereich der RPH-Stellen festgelegt. Hierfür wurde der Schwenkradius des verwendeten Kernbohrgeräts, der maximal 70 cm beträgt, von der Mitte der RPH-Stellen abgetragen. Bild 9 zeigt beispielhaft diese Zuordnung für das Bauwerk ZI Mannheim Wand II (Prüfbereich E und F) aus [15]. Durch das Abschleifen der Oberfläche vor den Rückprallhammerprüfungen wurde eine Karbonatisierungs-

tiefe < 5 mm sichergestellt und somit die Anforderungen nach DIN EN 12504-2:2012 [18] eingehalten.
Alle innerhalb dieses Radius liegenden Bohrkerne sowie diejenigen, die von der Kreislinie tangiert werden, werden in der jeweiligen Auswertung der entsprechenden RPHStelle zugeordnet. Auf Basis dieser Zuordnung der Bohrkerne zu den einzelnen RPH-Stellen ist es möglich, die charakteristische In-situ-Druckfestigkeit nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 zu errechnen.
4.3 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit und Bewertung des Anwendungskriteriums
Die Bestimmung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 basiert auf einer Mindestbohrkernanzahl von drei Bohrkernen je indirekter Prüfstelle. Da jeder RPH-Stelle häufig mehr als drei Bohrkerne zugeordnet werden können, werden für die statistische Auswertung, analog der Vorgehensweise bei der Auswertung nach Abschnitt 8.1(7), sämtliche dreier Kombinationen der Bohrkerndaten, die einer RPHStelle zugeordnet wurden, gebildet. Aus diesen drei Bohrkerndruckfestigkeiten wird anschließend der Mittelwert fc,m(n),is errechnet. Gemäß Abschnitt 8.3 (vgl. Bild 3) entspricht dieser Mittelwert fc,m(n),is der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit fck,is. Voraussetzung hierfür ist, dass die Spannweite der betrachteten Dreierkombination nicht mehr als 15% des Mittelwerts beträgt.
In Bild 10 werden die Ergebnisse der Untersuchungen zum Auswerteverfahren nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 für das Beispielbauteil ZI Mannheim Wand II gemäß [15] veranschaulicht. Die Darstellung der Rückprallhammerzahl (RPH-Zahl) mit zugehöriger RPH-Stelle auf der x-Achse erfolgt in aufsteigender Reihenfolge. Um eine Bewertung des Anwendungskriteriums zu ermöglichen, werden neben den „zulässigen“ auch die formal „unzulässigen“ Druckfestigkeitsergebnisse abgebildet. Als Referenzwert wird die charakteristische In-situ-Druckfestigkeit nach DIN EN 13791/A20:2017 [3] fck,is,A20,nges, die unter Berücksichtigung des gesamten Stichprobenumfangs nges errechnet wurde, dargestellt.
Ähnlich der Auswertung nach Abschnitt 8.1(7) wird durch die Anwendung des Abschnitts 8.3 die charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeit im Vergleich zu fck,is,A20,nges, die auf Grundlage des gesamten Stichprobenumfangs nges errechnet wurde, teilweise deutlich überschätzt. Zusätzlich zeigt Bild 10, dass durch das Anwendungskriterium nicht zwangsläufig die charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten mit der größten prozentualen Abweichung zu fck,is,A20,nges als unzulässig eingestuft werden (unabhängig von der RPH-Stelle), sondern viele Ergebnisse mit einem geringeren prozentualen Abstand zu fck,is,A20,nges.
Bei sieben der acht untersuchten Bauwerke ist die Stelle mit der niedrigsten RPH-Zahl nicht gleichzeitig die Stelle mit der niedrigsten Betondruckfestigkeit (vgl. Bild 10),

Bild 10 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten für ZI Mannheim Wand II nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.3 mit n = 3 [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths for ZI Mannheim wall II according to DIN EN 13791:2020, Section 8.3 with n = 3 [15]
obwohl die Anforderungen an den Einsatz des Rückprallhammers nach DIN EN 12504-2:2012 [18] eingehalten wurden. Es bestätigt sich, dass durch indirekte Prüfverfahren nur die oberflächennahe Druckfestigkeit geprüft werden kann und somit keine Aussage über die Kernfestigkeit des Bauwerks möglich ist (vgl. DAfStb 619 [11]). Die Abschnitt 8.3 zugrunde liegende grundsätzliche Annahme, durch RPH-Prüfungen an Bestandstragwerken die Stelle mit der niedrigsten Betondruckfestigkeit zielsicher zu finden, kann auf Basis der analysierten Bauwerksprüfungen nicht bestätigt werden.
Bild 10 zeigt den Vergleich der möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten mit n = 3 nach Abschnitt 8.3 von DIN EN 13791:2020 [10] mit der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit fck,is,A20,nges, die unter Berücksichtigung von nges nach DIN EN 13791/A20:2017 [3] berechnet wurde. Zu beachten ist dabei, dass die möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten nach DIN A20:2017 [3] mit n = 3 (modifizierter Ansatz B mit vx,n=3 ≤ 0,20) auch gewissen Schwankungen unterliegen können (vgl. Abschn. 3.3). Aus diesem Grund werden in Bild 11 die möglichen charakteristischen In-situ-Druckfestigkeiten der beiden Verfahren mit n = 3 für das bereits in Bild 10 betrachtete Beispielbauteil ZI Mannheim Wand II gegenübergestellt. Bei der Auswertung nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 wird nicht zwischen „zulässigen“ und „unzulässigen“ Ergebnissen unterschieden (Differenzierung in Bild 10 ersichtlich).

Bild 11 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.3 und nach mod. Ansatz B (A20) für ZI Mannheim Wand II [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791:2020, Section 8.3 and mod. Approach B (A20) for ZI Mannheim wall II [15] Bild 12 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.3 und nach DIN EN 13791:2008, Ansatz B für ZI Mannheim Wand II [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791:2020, Section 8.3 and DIN EN 13791:2008, Approach B for ZI Mannheim wall II [15]

Während das Verfahren nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.3 unabhängig von dem vorhandenen Variationskoeffizienten zu einer Überschätzung der charakteristischen In-situBetondruckfestigkeit neigt, kann bei der Auswertung nach dem modifizierten Ansatz B von DIN A20:2017 [3] für verschiedene Bauwerksprüfungen in Abhängigkeit vom Variationskoeffizienten der Grundgesamtheit vx,nges sowohl eine Überschätzung als auch eine Unterschätzung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit im Vergleich zu fck,is,A20,nges festgestellt werden. Für geringe Variationskoeffizienten vx,nges, wie bei dem Beispielbauwerk ZI Mannheim Wand II mit vx,nges = 0,09 in Bild 11, kommt es nach dem modifizierten Ansatz B von DIN A20:2017 [3] zu einer Unterschätzung der charakteristischen In-situBetondruckfestigkeit im Vergleich zu fck,is,A20,nges.
Ähnlich wie zuvor für Abschnitt 8.1(7) wird nachfolgend auch ein Vergleich der möglichen Ergebnisse nach Abschnitt 8.3 mit den möglichen Ergebnissen nach DIN EN 13791:2008 Ansatz B vorgenommen. Durch diesen Vergleich soll ermittelt werden, ob die in [4‒8] beschriebene Überschätzung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten für geringe Stichprobenumfänge nach Ansatz B von DIN 2008 [2] durch das neue Verfahren nach Abschnitt 8.3 von DIN 2020 [10] reduziert wird. Bild 12 zeigt den Vergleich der möglichen Ergebnisse bei einer Auswertung nach Ansatz B von DIN 2008 [2] mit den möglichen Ergebnissen nach Abschnitt 8.3 von DIN 2020 [10] für das Beispielbauteil ZI Mannheim Wand II. Bei der Auswertung nach Abschnitt 8.3 wird nicht zwischen „zulässigen“ und „unzulässigen“ Ergebnissen unterschieden. Ähnlich der Auswertung nach Abschnitt 8.1(7) wird auch bei einer Auswertung nach DIN 2020, Abschnitt 8.3 die durch z.B. [4‒8] dargelegte deutliche Überschätzung bei einer Auswertung nach Ansatz B von DIN 2008 [2] für geringe Stichprobenumfänge nicht reduziert (Bild 12).
Hinzu kommt die ungeeignete Anwendung von indirekten Prüfverfahren nach DIN 2020, Abschnitt 8.3 zur Lokalisierung der Stelle mit der niedrigsten Betondruckfestigkeit innerhalb eines Prüfbereichs.
Nach DIN EN 13791:2020 [5], Abschnitt 8.3 sind mindestens drei Bohrkerne (3 ≤ n ≤ 7) für die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit erforderlich. Aus diesem Grund muss auch der Einfluss des Stichprobenumfangs auf die möglichen Ergebnisse der charakteristischen In-situ-Druckfestigkeit untersucht werden. Durch die Erhöhung des Stichprobenumfangs von n = 3 auf n = 4 und n = 5 reduzierte sich unter Ansatz des Anwendungskriteriums wie bei einer Auswertung nach DIN 2020, Abschnitt 8.1(7) der prozentuale Anteil an zulässigen Ergebnissen.
Bild 13 zeigt die möglichen charakteristischen In-situBetondruckfestigkeiten für das Bauteil ZI Mannheim Wand II nach Abschnitt 8.3 von DIN 2020 [10] für einen Stichprobenumfang von n = 5. An der RPH-Stelle E4 in Bild 13 kann für n = 5 keine charakteristische In-situBetondruckfestigkeit abgelesen werden, da dieser RPHStelle nur vier Bohrkerne (vgl. Bild 9) zugeordnet werden konnten. Eine Verbesserung des Zusammenhangs zwi-

Bild 13 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten für ZI Mannheim Wand II nach Abschnitt 8.3 mit n = 5 [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths for ZI Mannheim wall II according to Section 8.3 with n = 5 [15]
Bild 14 Mögliche charakteristische In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7) und Abschnitt 8.3 für ZI Mannheim Wand II [15] Possible characteristic in-situ concrete compressive strengths according to DIN EN 13791:2020, section 8.1(7) and section 8.3 for ZI Mannheim wall II [15]
schen RPH-Zahl und der Betondruckfestigkeit sowie eine Reduktion der Überschätzung der „realen“ charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges kann durch die Erhöhung des Stichprobenumfangs nicht beobachtet werden (Bild 13).
5 Vergleich der möglichen Ergebnisse bei einer Auswertung nach DIN EN 13791:2020, Abschnitt 8.1(7) und nach Abschnitt 8.3
Nach DIN EN 13791:2020 [10] stehen für die Ermittlung der charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit (3 ≤ n ≤ 7) zwei Auswerteverfahren zur Verfügung. Nachfolgend werden die beiden Auswerteverfahren direkt miteinander verglichen. Die bei der Auswertung der beiden Verfahren möglichen charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten, die sich bei einem Stichprobenumfang von n = 3 ergeben, sowie fck,is,A20,nges sind für das Beispielbauwerk ZI Mannheim Wand II in Bild 14 gegenübergestellt.

Die direkte Gegenüberstellung der möglichen charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeiten nach DIN 2020, Abschnitt 8.1(7) und Abschnitt 8.3 in Bild 14 zeigt, dass die Überschätzung der „realen“ charakteristischen In-situBetondruckfestigkeit fck,is,A20,nges beider Verfahren in einem ähnlich Bereich liegt.
6 Zusammenfassung
Mit der Neuauflage von DIN EN 13791:2008 [2] zur Bestimmung der In-situ-Betondruckfestigkeit von Bestandsbauwerken auf europäischer Ebene wurde besonders für den Bereich eines geringen Stichprobenumfangs erwartet, dass durch die Aufnahme neuer Verfahren in DIN EN 13791:2020 [5] die prozentuale Überschätzung der „realen“ charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges im Vergleich zu einer Auswertung nach altem Ansatz B von DIN 2008 [2] reduziert wird. Die hierzu im Rahmen eines Forschungsprojekts durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass diese Erwartungen mit den neuen Auswerteverfahren nach DIN 2020 [10], Abschnitt 8.1(7) und Abschnitt 8.3 nicht erfüllt werden.
Die prozentuale Überschätzung bei einer Auswertung nach dem alten Verfahren nach Ansatz B von DIN 2008 [2] und die bei einer Auswertung nach den neuen Verfahren nach Abschnitt 8.1(7) und Abschnitt 8.3 von DIN 2020 [10] sind für die im Forschungsvorhaben DBV 317 [15] betrachteten Bauteile nahezu identisch. Aufgrund der teilweise deutlichen Überschätzung der „realen“ charakteristischen In-situ-Betondruckfestigkeit fck,is,A20,nges nach Abschnitt 8.1(7) und nach DIN 2020, Abschnitt 8.3 wird entweder eine Anpassung der Verfahren, beispielsweise durch die Einführung eines Mindeststreumaßes (z.B. in Form eines Mindestvariationskoeffizienten, vgl. Abschn. 3.2) und die Definition des Anwendungskriteriums über einen robusteren Schätzer, oder weiterhin die Anwendung des modifizierten Ansatzes B von DIN EN 13791/A20:2017 [3] für kleine Stichprobenumfänge (3 ≤ n ≤ 7) empfohlen.
Dank
Ein besonderer Dank gilt dem Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V., welcher die durchgeführten Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojekts DBV 317 finanziell gefördert hat. Weiterhin sei den Mitgliedern der Beratergruppe für die konstruktive und hilfreiche Zusammenarbeit gedankt.
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Deutsche und Englische Fassung prEN 13791:2018. Berlin,
Beuth Verlag GmbH. [10] DIN EN 13791:2020-02 (2020) Bewertung der Druckfestigkeit von Beton in Bauwerken oder in Bauwerksteilen;
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Normalverteilung in der Materialprüfung – Missverständliche
Normaussagen ergeben fehlerhafte Nachweise in: Bautechnik 87 H. 9, S. 547–549. [18] DIN EN 12504-1:2012-12 (2012) Prüfung von Beton in
Bauwerken – Teil 2: Zerstörungsfreie Prüfung – Bestimmung der Rückprallzahl. Berlin, Beuth Verlag GmbH.
Autoren
Rabea Sefrin, M.Sc. (Korrespondenzautorin) rabea.sefrin@bauing.uni-kl.de Technische Universität Kaiserslautern Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern
Prof. Dr.-Ing. Christian Glock christian.glock@bauing.uni-kl.de Technische Universität Kaiserslautern Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion Paul-Ehrlich-Straße 14 67663 Kaiserslautern Dr.-Ing. Enrico Schwabach schwabach@betonverein.de Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V. Bauberatung Gebiet Ost Kurfürstenstraße 129 10785 Berlin
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Sefrin, R. A.; Glock, Ch.; Schwabach, E. (2021) Ermittlung der charakteristischen Betondruckfestigkeit von Bestandstragwerken nach DIN EN 13791:2020 für geringe Stichprobenumfänge. Beton- und Stahlbetonbau 116, H. 1, S. 35–44. https://doi.org/10.1002/best.202000041 Dieser Aufsatz wurde in einem Peer-Review-Verfahren begutachtet. Eingereicht: 22. Juni 2020; angenommen: 1. September 2020.