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Haarige Angelegenheit
FOTOS: ANDREAS FRIEDLE
EIN KUNSTWERK AM HUT
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In Teilen des Alpenraumes werden die Haare der Gämse gerne zu prächtigen Bärten gebunden und auf dem Hut getragen. HELMUT EDER aus Achenkirch ist einer von wenigen Menschen, die diese Kunst beherrschen.
Die Geschichte des Gamsbartes
Die Tradition des Gamsbartes geht angeblich auf Kaiser Maximilian I. zurück, der auch am Achensee gerne fischte und jagte. Er trug schon um das Jahr 1500 Gamshaare in ein Stück Haut eingerollt, den so genannten „Radlbart“. So richtig populär machten den Gamsbart aber der steirische Erzherzog Johann und der bayerische Prinzregent Luitpold zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Wie man einen Gamsbart bindet, wurde 1802 erstmals schriftlich festgehalten.

Bis ein Gamsbart fertig ist, kann es bis zu 130 Stunden dauern. Das Binden ist Millimeterarbeit.




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• Ursprünglich & traditionell seit 1875 • Direkt am See und an der Langlaufl oipe • Frische Forellen & Saiblinge aus dem Kalter • Hirsch, Rehwild & Gams aus der Achensee-Region • Regionalität und echte Tiroler Gastfreundschaft seit Generationen! B ehutsam zupft Helmut Eder ein paar Haare aus einem Bündel und legt sie auf ein langes Brett. Ein Dutzend vielleicht. Und dann mit etwas Abstand noch einmal ein Dutzend. Und noch eines. Und noch eines … Danach gibt er die Haarbüschel in eine Art Pipette, klopft damit auf den Tisch. Das sogenannte „Stoßen“, so erklärt er, sei besonders wichtig. Dann bindet er die Haare mit feinem Zwirn zwei Mal zusammen und legt sie wieder hin. Auch diese Arbeit wiederholt er unzählige Male. Bis er diese kleinen Büschel zu einem Gamsbart wird binden können, werden Stunden vergehen. Und noch mehr, bis das Kunstwerk fertig ist. Bis zu 130 Stunden benötigt er für die ganz großen Prachtstücke, 20 bis 30 für die kleineren.
Eine besondere Trophäe
Helmut Eder war 45 Jahre lang Berufsjäger in Achenkirch, heute ist er Pensionist. Gamsbärte zu binden, ist allerdings kein

Der Begriff Gamsbart ist eigentlich irreführend, denn tatsächlich handelt es sich um die etwas längeren Haare, die eine Gämse am Rücken entlang der Wirbelsäule trägt.
Hobby, das er im Ruhestand angefangen hat. Er bindet schon seit 30 Jahren. Das brachte die Jägerei so mit sich, erzählt er: „Wenn man im Herbst eine Gams geschossen hat, dann hat die einen Bart gehabt. Und da habe ich es halt probiert.“
Schon sein Vater – ebenfalls Berufsjäger – hat gebunden. Von ihm konnte sich Helmut Eder ein bisschen abschauen, wie man einen Gamsbart herstellt. Wobei Bart eigentlich irreführend ist, denn tatsächlich handelt es sich um die etwas längeren Haare, die eine Gämse am Rücken entlang der Wirbelsäule, am sogenannten Aalstrich, hat. Auch Bärte aus Hirschhaaren gibt es. Die seien aber, sagt Eder, weniger populär. Traditionell ist das Tragen eines Gamsbartes am Hut eher im bayerischen Raum beheimatet, in Tirol tragen ihn vor allem Jäger, so Eder: „Wenn Jäger ein bestimmtes Tier geschossen haben, wollen sie oft gerne einen Bart davon.“ Wobei eine Gämse für einen Bart nicht reicht. Es müssen mindestens fünf sein, bei einem großen sogar zehn bis 15.
Einmal Olympiagold
Helmut Eder begann also mit dem Binden und eignete sich nach und nach die Tricks und Kniffe an, die ein solches Prachtstück ausmachen. Viele habe er für Kollegen gemacht, die ihm die Haare brachten, und so manchen trägt er natürlich selbst. Auch an der berühmten Gamsbart-Olympiade in Mittenwald hat er einige Male teilgenommen und einmal sogar die Goldene geholt. Die Auszeichnung, die er dafür bekommen hat, ist – wie sollte es anders sein – ein hölzerner Gamsbock. Die hat er in den Vorraum gestellt. Sein Arbeitsraum ist voll mit Pokalen, die er in jungen Jahren als sogenannter Ranggler – eine Untersportart des Ringens – errungen hat. Wie viele Gamsbärte Eder im Laufe der Jahre insgesamt gemacht hat, kann er nicht sagen: „Es werden schon einige sein.“ Heute bindet er, wozu er „leicht Zeit hat, aber anhängen lass ich mich nicht“.
Und dann greift Helmut Eder wieder zu einem Büschel Haare und bindet sie an eine dünne Eisenstange. Ganz stramm muss der Faden dabei sein, schließlich soll die Pracht ja nicht verlorengehen. Mehrmals prüft er, ob das neue Büschel tatsächlich nicht über die vorher gebundenen hinaussteht: „Das ist Millimeterarbeit.“ Das Nachtrimmen mit der Schere wäre strengstens verboten. Ist der Bart schließlich fertig, wird er gekämmt und in eine Metallhülse gesteckt. Manche der Teile sind so schwer, dass sie eine eigene Drahtbefestigung am Hut brauchen. Aber das macht nichts, denn schließlich will der Träger ja beeindrucken. Da muss man dafür schon ein bisschen „leiden“.
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A WORK
OF ART ON A HAT
The hair of the chamois is often tied into magnificent arrangements and worn on the hat in parts of the Alpine region. HELMUT EDER from Achenkirch is one of the few people who have mastered this art.

elmut Eder was a professional hunter in Achenkirch for 45 years and is now a pensioner. However, making chamois ‘beards’ is not a hobby he started in retirement. He has been tying them for 30 years. It was an integral part of hunting, he says: “When you shot a chamois in autumn, it had a beard. And that’s when I tried it.” His father, who was also a professional hunter, tied his own beards and Helmut Eder was able to learn how to make them from him. The term ‘beard’ is misleading because it is the slightly longer hair that a chamois has on its back along the spine - the so-called eel line. The wearing of a chamois beard on the hat is traditionally more native to the Bavarian region, but it is mainly hunters who like to wear it in Tyrol, says Eder: “When hunters have shot a certain animal, they often like to
Hhave a beard from it.” But one chamois is not enough for a beard. There must be at least five, and ten to 15 for a big one. Helmut Eder gradually acquired the tricks of the trade that go into making such a magnificent piece. He has made many for colleagues who brought him the hair, and, of course, he wears some himself. Eder also took part in the renowned Gamsbart Olympics in Mittenwald a few times and once even won the gold medal. The award he received for this is - how could it be otherwise - a wooden chamois buck. Eder cannot say how many chamois beards he has made over the years: “There must be quite a few.” These days he ties what he “easily has time for, but I don’t let myself get attached”. No wonder, because he needs up to 130 hours for the very large showpieces and 20 to 30 for the smaller ones.