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Nostalgie
EIN WINTER WIE DAMALS
ROMANTISCH muten die Bilder von früher an, irgendwie heimelig, entschleunigt. Ein Blick in die Zeitungen der 1960er- und 1970er-Jahre zeigt allerdings: So gemütlich war’s vielleicht doch nicht.
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Eine romantische Postkarte
aus dem Jahr 1969 mit Blick über den See nach Pertisau.

eterhohe Schneewände, kleine, schmucke Hotels und Pensionen, eine romantische Fahrt mit dem Pferdeschlitten. So hat man den „Winter wie damals“ vor dem geistigen Auge. Und so zeigen ihn auch alte Ansichtskarten. Wir haben dazu noch einen Blick in die Jenbacher Stimme geworfen, die zu dieser Zeit regelmäßig vom Achensee berichtete. Und es zeigt sich: Vieles, was heute selbstverständlich ist, gab es damals noch nicht. Breite, bestens präparierte Skipisten zum Beispiel oder eine lawinensichere Zufahrt zu den Orten um den Achensee.
Die Skilehrer-Bräune lockt
Mutig ging man 1968 ein Skiliftprojekt in Wiesing an. Um neben der touristischen Sommer- auch für eine Wintersaison gewappnet zu sein, wurde ein Schlepplift mit vier Stützen, einer Geschwindigkeit von 2,5 Metern/Sekunde und 19 „Schleppgeräten“ mit einer Kapazität von 700 Personen pro Stunde errichtet. Ein Bericht in der Jenbacher Stimme vom 15. November 1968 kannte vor Begeisterung kaum stilistische (und grammatikalische) Grenzen: „Die schneesicher[e] und sonnige Lage des Wiesingbichls wird dem Liftprojekt [zum] entsprechenden Erfolg verhelfen. Denn die große Sehnsucht jedes Urlaubers (auch die des Einhei-
Mmischen …) gilt der Bräune. Wir kennen die Werbeplakate der Fremdenorte, von denen herbe kantige Männerprofile lächeln – und der Wunsch ist, zumindest annähernd so braun zu werden, wie so ein dargestellter Skilehrer im März. Und gerade für das verbürgen sich die Wiesinger Schleppliftfunktionäre schon jetzt.“ In manchen Teilen der Achenseeregion war Ende der 1960er-Jahre das Leben freilich noch beschwerlich. Etwa im Bächental, wie die Jenbacher Stimme im Dezember 1968 berichtete: „Anders denkt das Völklein am Plätzboden, es hat eigene Probleme, die Sorgen des Bächentales. Schon lange wurden die Vorräte für Grundnahrungsmittel angelegt, denn der Winter hat Einzug gehalten. Oft beginnt seine Herrschaft schon Mitte Oktober und waltet bis Ende April. Dann ist das Bächental wieder wochenlang eingeschlossen und von der Umwelt vergessen.“ Auch Anfang der 1970er-Jahre war der Achensee im Winter nicht zu jeder Zeit problemlos erreichbar. Lawinen bedrohten die Straßen. Erst nach und nach wurde diese Situation durch den Bau von Galerien und Schutzbauten entschärft. So etwa durch die Verbauung der Ebner-Joch-Lawinen 1972: „Jedes
© WENINGER


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Jahr war die Lawine vom Ebner-Joch herunter ein Schrecken aller Autofahrer. Dann war für Tage die Achenseestraße gesperrt und lediglich Personenkraftwagen konnten über die steile Kasbachstraße von Jenbach aus ins Achental gelangen. Nun ist der Schutzbau fertiggestellt worden.“ Alle Probleme waren damit allerdings nicht gelöst, wie die Jenbacher Stimme im Februar 1972 berichtete: „Freilich ist das Achental immer noch durch die Haselbach-Lawine an der Grenze der Gemeinden Maurach-Eben und Achental gefährdet. Dort würde der Schutzbau über 20 Millionen Schilling kosten, die derzeit nicht aufzubringen sind.“
Der Ausbau der Wintersaison
Anfang der 1970er-Jahre startete indes auch der Winter-Fremdenverkehr am Achensee richtig durch, wie Redakteur Eusebius Lorenzetti im November 1969 berichtete: „Das Achental hat sich vorgenommen, mit einem Skizirkus auf der ‚Christlum‘, einem großen Wintercampingplatz am See und einem 400 Personen fassenden Mehrzwecksaal dem Fremdenverkehr neue Impulse zu geben. Wie Bürgermeister Hermann Waldhart auf der Pressekonferenz anlässlich dieser dreifachen Firstfeier sagte, will man bei allen drei Projekten Anfang Dezember den Betrieb aufnehmen.“ Drei Jahre später wurde auch in Maurach das Pistenangebot weiter ausgebaut. So war im November 1973 in der Jenbacher Stimme zu lesen: „Neue Rotspitzabfahrt im Rofan“. Der Ausbau der Trasse im Sommer dieses Jahres wurde bis ins Detail beschrieben, selbst der letzte Liter Diesel, den die Baumaschinen verbrauchten, wurde aufgeführt. Außerdem hieß es: „Die Trassenführung ist der bisherigen Schiabfahrt ähnlich. Wo sich jedoch noch im vergangenen Winter die Schifahrer auf hohlwegartigen und schmalen Waldschneisen, welche schon bei mäßiger Frequentierung so manchen Stein zutage treten ließen, herunterquälten, da ist jetzt eine sehr breite, großzügig angelegte Schipiste entstanden.“ Ob Ski oder Schi, darüber schien man sich übrigens bei der Zeitung nicht groß den Kopf zu zerbrechen, wie man an den beiden Berichten im selben Blatt sehen kann.
A WINTER JUST LIKE THE OLD DAYS
The pictures from the past seem romantic, somehow cosy, unhurried. A look at the newspapers of the 1960 s AND 1970 s shows, however, that it was perhaps not so comfortable after all.

© CHRISTLUM
etre-high walls of snow, small hotels and guesthouses, a romantic ride on a horsedrawn sleigh. That’s how we imagine “winter as it was then”, and that’s also how old picture postcards show it. We looked at the Jenbacher Stimme, which regularly reported from the Achensee at that time. And it reveals that many things that are taken for granted today did not exist back then: wide, perfectly groomed ski slopes, for example. Or avalanche-safe access to the villages around the Achensee.
The ski instructor’s tan beckons
The ski lift project in Wiesing was bravely undertaken in 1968. A T-bar lift was built to be prepared for a winter season in addition to the summer tourist season. A report in the Jenbacher Stimme of 15 November 1968 was full of unrestrained enthusiasm: “The snow-sure and sunny location of the Wiesingbichl will help the lift project to be a fitting success. After all, the great desire of every holidaymaker (also that of the locals...) is for a tan.” Winter tourism also took off at the Achensee in the early 1970s, as editor
MEusebius Lorenzetti reported in November 1969: “The Achental has set out to give new impetus to tourism with a ski circus on the ‘Christlum’, a large winter camping site on the lake and a 400-person multi-purpose hall”. The ski slopes in Maurach were also further expanded three years later. Life was still difficult in some parts of the Achensee region at the end of the 1960s. For example, in the Bächental, as the Jenbacher Stimme reported in December 1968: “The people at Plätzboden think differently, they have their own problems, the worries of the Bächental. Stocks of basic foodstuffs have long since been laid in, for winter has arrived. Its reign often begins in mid-October and lasts until the end of April. Then the Bächental is again shut in for weeks and forgotten by the environment.” Other parts of the region were not always accessible either: avalanches threatened the roads. This situation was only gradually defused by the construction of galleries and protective structures.