eco.nova SPEZIAL Notare 2014

Page 64

eco.notare BTV

WESENTLICH – UND OFT AUCH NICHT BEACHTET – IST, DASS DEM LEBENSGEFÄHRTEN KRAFT GESETZ KEIN ERBANSPRUCH ZUKOMMT. SOLLTE DER LEBENSGEFÄHRTE NACH DEM ABLEBEN DIE VERLASSENSCHAFT ODER EINEN TEIL DERSELBEN ERHALTEN, SO KANN DIESER NUR DURCH EINE LETZTWILLIGE ANORDNUNG ZUM ERBEN WERDEN. DIE ERRICHTUNG EINES TESTAMENTES IST DAHER ERFORDERLICH!

Mag. Nicol Philipp, Notarsubstitutin Notariat Dr. Thurner, Rattenberg

falls niemand zur Erbschaft berufen, kommt die dritte Parentel zum Einsatz. Die dritte Parentel umfasst die Großeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen, sohin Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Verstorbenen. Schlussendlich sieht das Gesetz noch für den Fall, dass in der dritten Parentel ebenfalls niemand zur Erbschaft berufen ist, die vierte Parentel vor, von der die Urgroßeltern des Verstorbenen – nicht aber mehr deren Nachkommen – zur Erbschaft berufen sind. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die vier Parentelen nacheinander zur Erbfolge berufen. Angehörige einer höheren Parentel sind daher erst dann als Erben berufen, wenn niemand aus der niedrigeren Linie als Erbe in Frage kommt. Innerhalb einer Linie schließen die dem Verstorbenen näher Verwandten die Übrigen aus. D. h., dass Enkelkinder erst dann zu Erben nach ihren verstorbenen Großeltern berufen sind, wenn ihrerseits die Eltern vorverstorben sind. Neben den Kindern und Eltern bzw. weiteren Vorfahren ist auch der Ehegatte bzw. der eingetragene Partner als gesetzlicher Erbe vorgesehen. Seine Erbquote hängt davon ab, ob überhaupt Verwandte des Verstorbenen vorhanden sind, bzw. wenn Verwandte zu Erben berufen sind, welcher Parentel diese angehören – d. h. wie nah bzw. wie fern diese mit dem Verstorbenen verwandt sind. Vereinfacht dargestellt kann gesagt werden, dass der Ehegatte bzw. eingetragene Partner neben den Kindern bzw. Kindeskindern 1/3

64

eco.nova

und neben anderen Angehörigen mindestens 2/3 des Verlassenschaftsvermögens erbt. Seit der Gesetzesänderung zum 1. 1. 2005 erben Nachkommen vorverstorbener Geschwister – daher Nichten und Neffen des Verstorbenen – neben dem Ehegatten nicht mehr. Dem überlebenden Ehegatten bzw. dem eingetragenen Partner steht jedoch unabhängig von seinen sonstigen erbrechtlichen Ansprüchen das „Vorausvermächtnis des Ehegatten“ (kurz Voraus) zu. Das Voraus soll dem überlebenden Ehegatten bzw. dem eingetragenen Partner zusichern, weiterhin in der gemeinsamen (Ehe-)Wohnung wohnen zu können sowie Eigentümer der zum ehelichen/gemeinsamen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu werden, die entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen gemeinsam von den Ehegatten bzw. eingetragenen Partnern genutzt wurden. Zum Voraus gehören daher insbesondere die Möbel, der Hausrat und unter Umständen auch das Auto. Wesentlich – und oft auch nicht beachtet – ist, dass dem Lebensgefährten kraft Gesetz kein Erbanspruch zukommt. Sollte der Lebensgefährte nach dem Ableben die Verlassenschaft oder einen Teil derselben erhalten, so kann dieser nur durch eine letztwillige Anordnung zum Erben werden. Die Errichtung eines Testamentes ist daher erforderlich!

TESTAMENTARISCHE ERBFOLGE

Will nun jemand von der gesetzlichen Erbfolge abweichend jemandem etwas nach seinem Ableben zukommen lassen, ist die Errichtung eines Testamentes erforderlich. Das Testament kann sowohl eigenhändig als auch fremdhändig errichtet werden. Um die strengen Formvorschriften zu erfüllen, muss das eigenhändige Testament in seinem gesamten Text vom Testamentserrichter selbst von Hand geschrieben und unterschrieben werden. Wird der Text des Testamentes nicht vom Testamentserrichter selbst, sondern von jemanden anderen oder zum Beispiel per Computer geschrieben, so müssen neben dem Testamentserrichter drei fähige Zeugen die letztwillige Anordnung jeweils mit einem Zusatz, der auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweist, mitfertigen. Kein Formerfordernis, jedoch sehr ratsam, ist die Anfügung des Datums der Errichtung des Testamentes.

Auf diesem Wege kann nunmehr auch ein Lebensgefährte als Erbe eingesetzt werden. Jedem Testamentserrichter steht es frei, seine Erben im Testament zu bestimmen. Es kann nur eine Person eingesetzt werden oder mehrere zu gleichen oder unterschiedlichen Quoten. Der Wille des Testamentserrichters wird nur durch das so genannte Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Durch die Errichtung eines Testamentes bindet sich der Testamentserrichter nicht. Zu seinen Lebzeiten kann er die letztwillige Anordnung jederzeit widerrufen bzw. einfach ein neues Testament errichten, womit das zeitlich ältere außer Kraft tritt. Um Streitigkeiten und Auslegungsschwierigkeiten bzw. eine allenfalls vorliegende Formungültigkeit zu verhindern, empfiehlt es sich, die rechtliche Beratung durch den Notar für die Testamentserrichtung in Anspruch zu nehmen. Ist das Testament errichtet, wird Ihr Notar das Testament in Verwahrung nehmen, um zu vermeiden, dass nach dem Tode dasselbe nicht mehr auffindbar ist. Das Testament wird im Zentralen Testamentsregister der Österreichischen Notariatskammer registriert. In jedem Ablebensfall erfolgt durch den mit dem Verlassenschaftsverfahren betrauten Notar eine Abfrage in diesem Register. Dadurch ist sichergestellt, dass der letzte Wille des Testamentserrichters auch tatsächlich aufgefunden, bekannt gemacht und schließlich beachtet wird.

GESETZLICHES PFLICHTTEILSRECHT

Wie schon vorher angesprochen sieht der Gesetzgeber jedoch vor, dass der Testamentserrichter bestimmte nahe Verwandte und den Ehegatten bzw. den eingetragenen Partner zumindest teilweise in seinem Testament bedenken muss. Übergeht der Testamentserrichter diese Personen, so sieht das Gesetz vor, dass diese trotz Vorliegens eines Testamentes, in dem sie nicht oder zu einem zu geringen Teil bedacht wurden, Anspruch auf einen wertmäßigen Mindestanteil des Verlassenschaftsvermögens haben. Diese Ansprüche werden durch das Pflichtteilsrecht geregelt. Pflichtteilsberechtigte Personen sind neben dem Ehegatten bzw. dem eingetragenen Partner die Kinder bzw. deren Nachkommen, wenn ein Kind bereits vorverstorben ist. Sind keine Kinder bzw. Enkel-


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
eco.nova SPEZIAL Notare 2014 by eco.nova verlags gmbh - Issuu