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WAGYŪ VOM WILDEN KAISER
FEINES WAGYŪ VOM WILDEN KAISER
In Going, auf einem schönen Flecken Erde am Fuße des Wilden Kaisers, grast eine kleine, aber feine Wagyū-Herde. Sie gehört dem Landwirt Christian Wallner, der aus der ursprünglich japanischen Rinderrasse Fleisch in Kōbe-Qualität produziert, wie es in unseren Breiten kaum zu finden ist
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TEXT & FOTOS: MARIAN KRÖLL
„Jetzt passt's auf und lasst's uns schau'n I glaub des Vieh hot a Nas'n und zwoa Aug'n Schau wie's funkelt, schau wie's gliaht I bin g'spannt wos jetzt passiert Wos woaß I wos des is, des woaß koaner Aber sicher wieder wos von die Japaner“
So hieß es dereinst bei den Zillertaler Schürzenjägern, die sich in ihrem unernsten Lied an einem fiktiven „Jodelautomat“ made in Japan abgearbeitet haben. Jodeln können die Rinder, die der gelernte Land- und Forstwirt Christian Wallner in Going auf seinem Hof hält, zwar nicht, aber muhen dafür umso besser. Und auch sie stammen ursprünglich aus Japan. Wallner nennt nämlich eine kleine Herde Wagyū-Rinder sein eigen. Sie liefern das berühmte Kōbe-Rindfleisch. Das ist freilich eine geschützte geografische Ursprungsbezeichnung, weshalb Wallner sein Rindfleisch unter der Bezeichnung Kaiser Wagyū vertreibt. Das damit assoziierte Qualitätsversprechen ist nicht übertrieben.
Die Tajima-Rinder, die an einem Nachmittag im Spätherbst beschaulich auf einer pittoresken Weide grasen, haben eine ausgezeichnete Fleischqualität. Das Fleisch dieser Rinderrasse hat eine besonders mürbe Struktur und eine exzellente Marmorierung mit feinen Fettäderchen. Es ist das am stärksten marmorierte Fleisch aller Rinderrassen, das zudem den geringsten Anteil gesättigter Fettsäuren enthält. Ganz so stark marmoriert wie die in Japan gemästeten Kōbe-Rinder ist das Wagyū vom Wilden Kaiser zwar nicht, was dem exzellenten Geschmack jedoch keinen Abbruch tut. Das liegt daran, dass Wallners Kühe sich frei bewegen dürfen, während für die japanischen Kōbe-Rinder kaum Auslauf vorgesehen ist. Anders als bei anderen Rindern ist das Fett im Fleisch der Wagyū-Rinder nicht punktuell, sondern gleichmäßig in sehr feiner Marmorierung im Muskelfleisch verteilt. „Das Fett dieser Rinder ist auch gesünder, es hat einen anderen Schmelzpunkt und ein Drittel mehr ungesättigte Fettsäuren als herkömmliches Rindfleisch“, weiß Christian Wallner. Das fein marmorierte Fleisch soll, richtige Zubereitung vorausgesetzt, dadurch förmlich auf der Zunge zergehen.

Christian Wallner mit Vater und Altbauer Franz Wallner
EINE HERDE WAGYŪ Als der junge Familienvater 2016 den Hof übernahm, betrieb er anfänglich noch Milchwirtschaft. Wie es hierzulande eben üblich ist. Wallner sucht nach einer Bewirtschaftungsmethode für seine Landwirtschaft, die es ihm erlaubt, einerseits überwiegend mit dem auf den eigenen Flächen produzierten Futter auszukommen und nicht auf größere Zukäufe angewiesen zu sein und andererseits Tiere zu halten, mit denen sich das ökonomisch darstellen lässt und irgendwann in den kommenden Jahren vielleicht sogar der Weg in den Vollerwerb möglich wird. Zugefüttert wird am Hof in Going lediglich Biertreber, den Wallner von einer Brauerei aus Salzburg bezieht. Das Wagyū ist für diese Anforderungen geradezu prädestiniert.

KAISER WAGYŪ
Erhältlich ist das Fleisch vom WagyūRind direkt bei Christian Wallner in Going, wo immer freitags zwischen 15 und 19 Uhr ab Hof verkauft wird, sowie in der umliegenden Gastronomie. Auf Wunsch werden die Produkte auch österreichweit verschickt. www.kaiser-wagyu.at
Es erwies sich allerdings als alles andere als einfach, überhaupt an die ersten Tiere zu kommen. Fündig wurde Wallner schließlich in Niederösterreich, nahe an der tschechischen Grenze, von wo er seine ersten zwei Wagyū erwerben konnte. Damit war die Einstiegshürde genommen. Mittlerweile hält der Landwirt 30 Stück Rinder, darunter Mutterkühe, Kälber, Ochsen sowie einen Stier. Im Jahr 2020 baute Wallner seinen edlen Tieren ein neues Zuhause, einen großzügig dimensionierten, lichtdurchfluteten Laufstall mit Firstentlüftung. Hier wird Tierwohl groß- geschrieben, Wallner praktiziert auf seinem Hof gewissermaßen „Schöner Wohnen“ für Kühe. Derzeit wird im Obergeschoss mit freiem Blick auf den darunter liegenden Stall ein Vermarktungsraum samt Showküche und großer Tafel eingebaut, in der zukünftig die hochwertigen Produkte aus der eigenen Landwirtschaft kulinarisch angemessen in Szene gesetzt und direkt vor Ort verspeist werden können. Wallner schwebt in diesem besonderen Ambiente Wagyū-Tasting in allen möglichen kulinarischen Facetten vor, ein befreundeter Koch ist bereits mit an Bord. Im Dezember soll es losgehen.
WEDER MOZART NOCH JAZZ Klassische Musik, Jazz, gregorianische Choräle oder atonale Musik spielt Wallner seinen Kühen im Stall nicht vor. Das würde vermutlich nicht schaden, doch es gehört zum Nebel des Mythischen, der die Wagyū-Rinder umgibt, das einem zahlungskräftigen Publikum in erster Linie Exklusivität und absoluten Luxus signalisieren soll. Die Kuh wird dadurch zum Distinktionsmerkmal. Damit

Das Wagyū passt sehr gut zum Wilden Kaiser. Die Tiere fühlen sich auf den Wiesen und Almen rundum wohl und dürfen genauso leben, wie es eigentlich sein sollte. Mit industrieller Massenproduktion hat das alles nichts zu tun, es ist gewissermaßen die Antithese dazu.
will sich Wallner bewusst nicht identifizieren. Er legt Wert auf die Feststellung, dass er auf seinem Hof nicht etwa ein völlig abgehobenes Luxusprodukt erzeugt, sondern ein qualitativ besonders hochwertiges und dennoch leistbares, ehrliches Lebensmittel, das ganz ohne Effekthascherei, ohne Mozart und Miles Davis auskommt. Es gibt im Stall zwar eine elektrische, automatische Massagebürste, doch ihre Massage müssen die Rinder sich dort selbst abholen. Wallners Wagyū-Rinder haben ein gutes Wesen, sind zutraulich und neugierig-freundlich. Noch dazu sind sie erstaunlich gut für die Alpung geeignet, weil sie trittsicher und mit rund 600 Kilogramm verhältnismäßig leicht sind. Dementsprechend verbringt das Vieh die Zeit von Mitte Mai bis Mitte Oktober auf der Alm in Ellmau. Außerdem sind die Rinder robust und auch in ihrer Reproduktionsfähigkeit pflegeleicht und unkompliziert. „Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese Tiere im Gegensatz zu vielen anderen Rassen nicht überzüchtet sind“, mutmaßt Wallner. Geschlachtet werden die Wagyū-Rinder am Hof von Wallner, sobald sie drei Jahre alt sind. Kalbfleisch gibt es keines, zumal dieses noch nicht die typische Marmorierung aufweist, für die das Fleisch kulinarisch so geschätzt wird.
Derzeit lässt Christian Wallner sieben bis acht Mal pro Jahr von einem jungen, motivierten Metzger in dessen Schlachthof schlachten. Das Fleisch der edlen Rinder lässt Wallner behutsam vier bis fünf Wochen reifen, bevor es für den Endkonsumenten bereitsteht. In den nächsten Jahren will der Landwirt am Hof die notwendige Infrastruktur für die Schlachtung schaffen. Noseto-Tail, die Verwertung des ganzen Tiers, ist klarerweise gerade auch beim Wagyū angebracht. „Wir versuchen, jedes Teil zum bestmöglichen Produkt zu machen. Manches Fleischteil, das beim klassischen Rind eher zum Schmoren verwendet wird, kann man beim Wagyū als Steak braten, so viel zarter ist das Fleisch“, schwärmt der WagyūBauer, der diesbezüglich selbst noch in einem Lernprozess ist, weil es in der Gegend so gut wie keine Erfahrungswerte mit dem Fleisch dieser Rinderrasse gibt. Selbst an die Wurst hat sich Wallner schon probehalber herangewagt. „Die Würste, die wir gemacht haben, sind extrem gut angekommen“, sagt der Landwirt, der weitere Versuche in diese Richtung nicht ausschließt. Der Landwirt wird sich in der hofeigenen Showküche, die gerade im Entstehen ist, wohl nebst der tierwohlgerechten Haltung der Rinder auch der perfekten kulinarischen Veredelung ihres Fleisches immer weiter annähern. Das Wagyū passt sehr gut zum Wilden Kaiser. Die Tiere fühlen sich auf den Wiesen und Almen rundum wohl und dürfen genau so leben, wie es eigentlich sein sollte. Mit industrieller Massenproduktion hat das alles nichts zu tun, es ist gewissermaßen die Antithese dazu. Nachhaltig, biologisch und wertschätzend. Hier stehen zweifellos das Tier und dessen Wohl im Mittelpunkt. Das danken die Rinder ihrem Halter mit einer Fleischqualität, für die man sonst wohl bis nach Japan reisen müsste.
