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DER UMSTEIGER

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LEGENDÄRES DUO

LEGENDÄRES DUO

DIE FREIHEIT IN DEN BEINEN

Das Glück der Erde liegt für jeden woanders – für viele aber definitiv im Sattel ihres Bikes. Das Tolle am Radsport ist seine Vielseitigkeit. Was dem einen schweißtreibende Trailtrips, sind dem anderen ruhige und genüssliche Fahrten. Das Bike passt quasi überall: im Alltag wie im Sport. Lukas Schindl hat kürzlich sein Radgut im Stublerfeld in Terfens/Vomperbach eröffnet und mit ihm eine Drehscheibe für alles rund ums Bike. Hier findet jeder, was er braucht: Mountainbikes, Rennräder, E-Bikes, Service und Reparatur.

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TEXT: MARINA BERNARDI

Der Mensch und die Beratung stehen im Mittelpunkt. Meist hört man diesen Satz in der Bankenwelt. Auch auf Lukas Schindl trifft er zu. Er hat sich vor kurzem mit seinem Radshop samt Werkstatt selbständig gemacht. Ganz verkehrt ist das mit der Bank allerdings nicht, denn tatsächlich war er vorher unter anderem im Private Banking tätig. Schon damals hat er seinen Beruf vorrangig als Dienst am Kunden mit persönlicher, individueller Servicierung gesehen. Irgendwann allerdings war die Zeit gekommen für Neues. „Ich bin seit 15 Jahren Verkäufer“, erzählt Lukas Schindl. „Und Verkauf war für mich immer stark mit Emotion verknüpft. In der Bankenwelt wurde das durch die zahlreichen Regularien zusehends schwieriger. Ich bin und war immer Sportler und beschäftigte mich gerne mit Bikes. Deshalb habe ich mich für einen Branchenwechsel entschieden.“ Ganz so einfach war es dann allerdings doch nicht. Die Idee dazu keimte bereits vor drei, vier Jahren auf. Was folgte, war ein innerer Dialog mit sich selbst. „Ich habe zwei Kinder, eine Frau und ein Haus. Die Selbständigkeit ist natürlich ein Risiko“, sagt Schindl. Als er für sich sicher war, sprach er mit seiner Frau. Dann mit verschiedenen Herstellern. In seinen Shop dürfen fast selbstredend nur Bikes, von denen er vollumfänglich überzeugt ist. Die Qualität muss stimmen, aber auch das Preis-Leistungs-Verhältnis und der (Life-)Style. Die erste Marke, die ins Sortiment durfte, war die geschichtsträchtige italienische Kultschmiede Wilier, für Schindl die perfekte Kombi aus Tradition und Innovation, von Prestige, Geschichte und Stil. Auch Scott ist mit dabei, eine Marke, die auf jahrelanges Know-how und viel Erfahrung zurückgreifen kann: „Scott bietet alle Arten von Bikes und hat gerade bei anspruchsvollen Modellen meist die neuesten Entwicklungen verbaut. Die Marke stattet nicht umsonst die Topprofis der Radszene aus“, so Schindl, der Scott als eine Art Hausmarke in seinem Radgut sieht.

ZEIT UND QUALITÄT FÜR DEN KUNDEN Was Lukas Schindl besonders wichtig ist, ist die Beratung, und ein klein wenig schlägt hier der Banker in ihm durch: „In der Bank ist de facto keine Beratung ohne Termin möglich. Gerne würde ich das künftig auch in meinem Geschäft so machen, einstweilen starten wir mit einem Beratungsnachmittag die Woche.“ Dazu können auch gerne fixe Termine außerhalb der Öffnungszeiten vereinbart werden. Die Gespräche dauern tatsächlich rund ein bis eineinhalb Stunden. „Erst wenn man in den Dialog mit dem Kunden kommt, erkennt man, was er wirklich will und vor allem, was er tatsächlich braucht. Wichtig ist, dass man den Kunden zum Reden bringt und er viel über sich erzählt.“ Nur wenn man sich Zeit nimmt, kann man eine langfristige Bindung zum Kunden aufbauen und das richtige Produkt für ihn finden. Geld wie Räder sind Vertrauenssache und dieses aufzubauen braucht Zeit. „Ich will nichts von der Stange verkaufen“, sagt Schindl. „Ich möchte, dass meine Kunden mit einem Rad aus dem Laden gehen, das ihren Bedürfnissen und ihnen selbst entspricht.“ Heißt: Jedes Rad wird mittels eines speziellen Bikefitting-Tools maßgeschneidert angepasst.

Jedes Bike hat einen anderen Geometriecharakter und selbst wenn man die Körpergröße des Nutzers abfragt, weiß man nicht, ob das Rad auch passt. Das Tool misst deshalb viele weitere Parameter aus, aus denen im Radgut ein individuelles Bike zusammengebaut wird. Die österreichische High-Performance-Marke Simplon etwa bietet die Möglichkeit, die Räder bereits ab Werk zu personalisieren. Nichts sei schlimmer, als ein Bike im Nachhinein zu verändern, findet der Experte. Abgesehen vom Kostenfaktor verändert jeder nachträgliche Eingriff die Geometrie und Ergonomie

„Ich komme vom Mountainbike, fahre aber mittlerweile fast nur mehr Rennrad. Es gefällt mir, damit ganz Tirol zu erkunden. Meine Lieblingsstrecke geht über den Kerschbaumer Sattel vom Alpbach- ins Zillertal.“

des Bikes, was langfristig zu Schäden vor allem im Rückenbereich führen kann. „Das will niemand. Deshalb schauen wir uns jeden Kunden ganz genau an, machen eine Bedarfsanalyse, erheben seine biometrischen Daten und finden aufgrund dessen genau das Rad, das zu ihm passt“, erläutert Mr. Radgut. Um all das zu bewerkstelligen, hat Lukas Schindl einen Vollzeitmechaniker angestellt, sein (pensionierter) Vater ist quasi Facility Manager und schafft damit Raum für den Sohnemann, der sich sohin voll und ganz auf seine Kunden konzentrieren kann. Eröffnet wurde der stylische Laden Mitte November, wenngleich aufgrund der äußeren Umstände vorerst nur der erste Stock bezogen wird. Ein richtiges Eröffnungsfest soll es zum Beginn der Radsaison 2023 geben. „Round about März, April, je nach Wetter“, so Schindl. Dann sollen auch die unteren Bereiche fertig sein.

RADFAHREN WIRD WEIBLICH(ER) In Bezug auf Trends sieht Lukas Schindl das E-Bike nach wie vor ganz weit vorne. Aus guten Gründen. Das E-Bike bewerkstelligt eine Art Demokratisierung des Radfahrens, le – Bergauffahren mit dem Mountainbike führt dazu, dass man im hochpulsigen Bereich unterwegs ist, mit dem man sich oft nicht wirklich wohl fühlt. Dann ist auch das Ankommen kein wirklicher Genuss mehr. Mit dem Rennrad hat man die Möglichkeit, selbst weitere Strecken im niedrigeren Pulsbereich zurückzulegen und dabei auch noch die Gegend wahrzunehmen. Wenn man in der Gruppe unterwegs ist, kann man sich daneben auch gut unterhalten.“ Bei vielen Herstellern findet man deshalb vermehrt Räder, die auf Frauen maßgeschneidert sind – nicht nur in den Dimensionen, sondern auch im Design. Schindl: „Ich finde es eine schöne Vorstellung, wenn sich auch vermehrt Frauengruppen treffen, um gemeinsam und regelmäßig Radrunden zu drehen. Am besten in einem Radgut-Shirt.“ www.radgut.at

Das Fahrrad hat heute einen ebenso hohen Gebrauchswert wie Erlebnisfaktor.

es ermöglicht es, an Orte zu kommen, die man sonst nicht erreichen würde, oder Bikern unterschiedlicher Fitnesslevels, miteinander zu fahren. Auch im Alltag finden EBikes mehr und mehr Anhänger und ersetzen immer öfter das Auto. „Das E-Bike ist nicht mehr wegzudenken“, ist Schindl überzeugt. Und es ist auch nicht gesagt, dass elektrische Unterstützung mit Unsportlichkeit einhergeht: „Es gibt auch fitte Leute, die mit E-Bikes fahren, vorrangig, um damit Alltagswege rasch zu bewältigen.“ Auch elektrobetriebene Lastenräder werden im urbanen Bereich immer mehr zum Thema.

Ein anderer Trend, der fast gleichsam rasant voranschreitet wie das E-Bike, ist das Frauenrennrad. Für Lukas Schindl nachvollziehbar: „Frauen haben nicht immer die Zeit für längere Strecken. Das – kurze, schnel-

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