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RECHTSTIPP
RECHTSTIPP: AUF KONFRONTATIONSKURS
IN DER BESTEN ALLER MÖGLICHEN WELTEN ZIEHEN DER GESCHÄFTSHERR UND DER HANDELSAGENT AN EINEM STRANG – mit dem Ziel, die Kunden des Geschäftsherrn zu vermehren und diese zufriedenzustellen. Zufriedene Kunden steigern den Umsatz des Geschäftsherrn und auch die Provision des Handelsagenten. Doch nicht immer läuft alles nach Plan.
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TEXT: MAG. WOLFGANG DENKMAIR, RECHTSANWALT UND VERTRAUENSANWALT DES LANDESGREMIUMS OÖ
Der Großteil der Geschäftsherren arbeiten kooperativ und auf Augenhöhe mit dem Handelsagenten zusammen. Die Beratungspraxis zeigt aber immer wieder, dass Geschäftsherren zwar die Leistungen des Handelsagenten und die daraus resultierenden Umsätze gerne entgegennehmen, bei der (fristgerechten) Abrechnung und Bezahlung der Provision an den Handelsagenten aber ihren Elan verlieren. Dieser Elan kann ebenso versiegen, wenn es aus welchen Gründen auch immer zu Differenzen zwischen dem Handelsagenten und dem Geschäftsherrn kommt. Nachstehend soll aufgezeigt werden, wie eine ordnungsgemäße Abrechnung und fristgerechte Auszahlung der Provision aussieht und welche Mittel der Handelsagent hat, um dies sicherzustellen. HANDELSAGENTENVERTRAG Damit Sie zum Handelsagenten des Geschäftsherrn im Sinne des Handelsagentengesetzes 1993 (HVertrG) werden, bedarf es einer Vereinbarung mit dem Geschäftsherrn, dass Sie mit der Vermittlung von Produkten ständig betraut werden (Handelsagentenvertrag). Dabei sollten Sie zumindest die zu vermittelnden Produkte (Vertragsprodukte) und die Provision für ihre Tätigkeit festlegen. Dies sollte ausdrücklich und zu Beweiszwecken auch schriftlich (oder zumindest per E-Mail) vereinbart werden. Die Schriftlichkeit ist für die Gültigkeit dieser Vereinbarung aber nicht notwendig. Es genügt auch die schlüssige (konkludente) Vereinbarung des Handelsagentenvertrages. Dies kann hinsichtlich der Provisionshöhe zum Beispiel durch die wiederkehrende (richtige) Abrechnung und Bezahlung der Provisionen durch den Geschäftsherrn erfolgen.
(ZWINGENDE) RECHTSLAGE IM ZUSAMMENHANG MIT PROVISIONEN Viele andere wesentliche Punkte regelt das Handelsagentengesetz 1993 (HVertrG). Teile davon sind auch zwingend, gemeint nur zugunsten des Handelsagenten abänderbar. Dazu im Einzelnen.
Höhe der Provision Es gilt die vereinbarte Provision, diese kann dann auch nicht einseitig (vom Geschäftsherrn) abgeändert werden. Wenn Sie keine Provisionshöhe vereinbaren, gilt die angemessene Provision (§ 10 HVertrG).
Hat der Handelsagent ein Recht auf eine Provisionsabrechnung? Ja, der Geschäftsherr hat regelmäßig Ihre Provisionsansprüche abzurechnen. Dies hat spätestens am letzten Tag jenes Monats zu erfolgen, der auf das Kalenderquartal folgt, in dem die Provision entstanden ist. Diese Abrechnung hat alle für die Berechnung der Provision wesentlichen Angaben zu enthalten (§ 14 Abs. 1 HVertrG, zwingend).
Wann entsteht Ihr Anspruch auf Provision? Der Anspruch auf Provision entsteht spätestens, wenn der Kunde bezahlt hat oder haben müsste, hätte der Unternehmer seinen Teil des Geschäftes ausgeführt (§ 9 Abs. 2 HVertrG, zwingend). Die Provision des Handelsagenten entsteht daher zwingend nicht erst mit der Zahlung des Kunden, sondern bereits dann, wenn der Kunde hätte zahlen müssen, wenn der Geschäftsherr ordnungsgemäß geliefert hätte.
Wann ist Ihre Provision fällig? Der Anspruch auf Provision wird an jenem Tag fällig, an dem nach der getroffenen Vereinbarung oder nach dem Gesetz die Abrechnung stattfinden soll (§ 15 HVertrG, zwingend).
Verzugszinsen und Verjährung Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Provision fallen Zinsen an, die – bei der Verzögerung der Zahlung, die vom Geschäftsherrn
MAG. WOLFGANG DENKMAIR
ist Rechtsanwalt und Partner bei der Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in Linz und Vertrauensanwalt des Landesgremiums der Handelsagenten in OÖ.
office@h2wd.at www.h2wd.at zu verantworten ist – bis zu 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betragen können (§ 456 UGB). Die nicht ausbezahlte Provision verjährt binnen drei Jahren, sofern zwischen Unternehmer und Handelsagent nicht eine kürzere Verjährungsfrist wirksam vereinbart wurde. Auch dazu sollte rechtzeitig Rechtsberatung in Anspruch genommen werden, um die allfällige (drohende) Verjährung zu prüfen.
Recht auf Auskunft Sie haben das Recht vom Geschäftsherrn alle Auskünfte zu verlangen, die für die Überprüfung der Berechnung der Provision (Abrechnung) notwendig sind (§16 Abs.1 HVertrG, zwingend). Dies betrifft auch die Gründe für einen behaupteten Entfall einer Provision.
Recht auf Buchauszug Sie haben zur Nachprüfung der Provisionsabrechnung das Recht, vom Geschäftsherrn einen Buchauszug zu verlangen (§ 16 Abs.1 HVertrG, zwingend). Dieser Buchauszug hat alle möglicherweise provisionspflichtigen Geschäfte im Zeitraum des aufrechten Handelsagentenvertrages und auch danach (Überhangprovisionen, nachvertragliche Provisionen) zu umfassen; also auch jene Geschäfte, bei denen Ihr Provisionsanspruch zweifelhaft ist oder noch nicht entstanden ist. Er hat alle Informationen klar und übersichtlich darzustellen, welche für die Berechnung (Entstehen, Fälligkeit oder Entfall) der Provision notwendig sind (z. B. Kunde, Geschäft, Lieferung, Nachbestellung, Preis, Datum und Höhe der Rechnung, Eingang der Zahlung, Nichtausführung eines Geschäftes und die Gründe dafür).
Recht auf Bucheinsicht Wenn Sie glaubhaft machen können, dass der Buchauszug nicht vollständig oder nicht richtig ist oder Ihnen der Buchauszug verweigert wurde, dann haben Sie das Recht, in die Bücher des Geschäftsherrn Einsicht zu nehmen (Bucheinsicht, § 16 Abs. 2 HVertrG, zwingend).
Stufenklage Wenn Ihnen der Geschäftsherr Ihre Rechte auf Abrechnung, Auskunft, Buchauszug und Bucheinsicht trotz Aufforderung verweigert, können Sie diese auch mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen. Die Beratungspraxis zeigt, dass es sich dann als sinnvoll anbietet, diese Rechte gemeinsam mit dem Anspruch auf Zahlung zu verbinden (Stufenklage). Zum
Nutzen Sie die maßgeschneiderte Rechtsschutzversicherung für Handelsagenten, die für Streitigkeiten vor Gericht die finanzielle Rückendeckung gibt.
Zeitpunkt der Erhebung der Klage ist Ihnen auf Grund der mangelhaften/verweigerten Informationen die (genaue) Höhe ihres Provisionsanspruches noch nicht bekannt. Aus Gründen der Prozessbeschleunigung und zur Vermeidung der Verjährung können Sie jedoch die Klage auf Abrechnung/Buchauszug mit der Klage auf Zahlung verbinden, ohne die Höhe Ihres Provisionsanspruches anzugeben. Die Höhe des Anspruches müssen Sie erst nach Vorliegen der vom Geschäftsherrn begehrten Informationen präzisieren. Wenn das Gericht Ihnen Ihr Recht auf Auskunft/Buchauszug/Bucheinsicht rechtskräftig zugesprochen hat, können Sie Ihr Recht auch mittels Vollstreckung/ Exekution gegen den Geschäftsherrn durchsetzen. In der Beratungspraxis hat sich diese Vorgangsweise immer wieder als geeignetes Mittel gezeigt, den unwilligen Geschäftsherrn zu einer tragbaren Einigung zu motivieren, ohne dabei das Gerichtsverfahren bis zum Ende durchführen zu müssen.
RECHTSCHUTZVERSICHERUNG Mit der gerichtlichen Geltendmachung Ihrer Ansprüche sind erhebliche Kosten
VOR 35 JAHREN:
verbunden (Gerichtsgebühr, Anwaltskosten, Kostenvorschüsse für Sachverständigen/Dolmetsch), die Sie zunächst vorstrecken müssen. Hinzu kommt, dass Sie, wenn Sie das Gerichtsverfahren verlieren, dem Geschäftsherrn dessen Prozesskosten zu ersetzen haben. Es besteht daher in der Regel ein erhebliches Prozessrisiko. Es empfiehlt sich daher für die konkrete Tätigkeit als Handelsagent, eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Die Beratungspraxis zeigt, dass eine allgemein übliche Rechtsschutzversicherung die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Handelsagentenvertrag nicht deckt. Nach der Beendigung der Handelsagentenbeziehung ist insbesondere neben den laufenden Provisionen auch der Ausgleichsanspruch des Handelsagenten (§ 24 HVertrG, zwingend) regelmäßig ein Streitthema. Durch den Abschluss der vom Bundesgremium angebotenen Rechtsschutzversicherung kann das Prozessrisiko erheblich gesenkt werden.
SUMMARY Hält sich der Geschäftsherr nicht an die vereinbarten/ zwingenden Regeln zur Abrechnung und Auszahlung der Provision haben Handelsagenten die Instrumente des Buchauszuges und der Bucheinsicht. Sollte die gerichtliche Durchsetzung der Informationsrechte notwendig sein, kann der Anspruch auf Information gemeinsam mit dem Anspruch auf Zahlung der Provision in der Form der sogenannten Stufenklage eingeklagt werden. Der Abschluss einer speziellen Rechtschutzversicherung für Handelsagenten mit ausreichender Deckung und zwar vor dem Eintritt der Auseinandersetzung (des Schadens) ist empfehlenswert, um das Kostenrisiko bei der Durchsetzung der Ansprüche zu mindern.



