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Regionale Qualität zeigt Farbe

Die Poller im Dortmunder Hafen sind harten Anforderungen ausgesetzt. Schiffstaue ziehen an ihnen, Wind und Wetter nehmen sie hart ran und auch beim Umladen von Gütern kann es zu Gebrauchsspuren kommen. Etliche dieser Poller im Hafen wurden mit dem Lack eines Hafenanliegers veredelt. Regionale Qualität, die hält.

1998 in Dorstfeld gegründet, ist das Unternehmen

KADDI­LACK seit 2008 an der Drehbrückenstraße 13 angesiedelt, mit dem benachbarten Deutschen Industrielack­Museum eine Adresse von Besonderheit. Die Manufaktur für Industrielacke hat sich in einer Marktnische breit gemacht. Das Unternehmen mit fünf Mitarbeitern, das zuletzt einen Umsatz von knapp 1 Mio. € erwirtschaftete, liefert Industrielacke ab einem Liter in bester Qualität – und dies zur Not auch innerhalb einer Stunde. „Wir machen das, was sich für die großen Hersteller nicht lohnt“, fasst Thomas Grüner zusammen. KADDI­LACK ist da, wenn ein Maschinenbaukonzern dachte, man käme mit 300 kg aus – und dann fehlen noch drei. Oder KADDI­LACK liefert an Kleinstbetriebe, die für ihre Maschine überhaupt nur vier oder fünf Liter Lack benötigen. Und jeder Lack hat seine spezielle Zusammensetzung und seine eigenen Produktvorteile: Maschinenbaulack, Struktur­ und Nitrolacke, Kunststoff­, Hammer- schlag­ und Gravurlacke, Auto­ und Gitarrenlacke, Klar­ und Effektlacke sind genau aufs zu schützende Gut zugeschnittene Produkte, hinter denen viel technisches Knowhow steckt.

Die Dortmunder Hafen AG setzt die Industrielacke aus der direkten Nachbarschaft bei den Pollern und den eigenen Booten ein. Jede Instandsetzung ist schließlich ein Aufwand. Hält der Lack ein paar Jahre länger, ist das eine echte Ersparnis und dazu natürlich wichtig für ein stimmiges Hafenbild.

Man sieht also den Lack, aber die Geheimnisse dahinter nicht. „Wir sind immer noch Exoten“, meint er. Und Exoten ist zu eigen, dass sie Problemstellungen oft anders lösen als Mitbewerber. Die Entwicklung von FerroGrip ist ein Beispiel dafür: Ein Lack, erhältlich in nur 25 Farbtönen, der vogelkotabweisend ist. Der Vogeldreck ist, wenn es sechs oder sieben Mal geregnet hat, einfach abgewaschen. KADDI­LACK war zu seiner Zeit damit eine Idee weiter als andere. Sowieso habe sich der Markt in den vergangenen Jahren verändert, sagt Thomas Grüner. Früher schützte Lack vorwiegend, heute schmückt er auch. Die Farbpalette habe sich im Laufe der Jahre um zahlreiche Nuancen erweitert. Grüner lacht: „Heute spuckt jeder in einen bekannten Farbton hinein und sagt, ich habe ‘nen eigenen! Das macht es nicht einfacher. Corporate Identity spielt eine viel größere Rolle.“ Die Kunden wollen, dass man ihre Produkte an ihrer Farbe erkennt.

Der Markt verändert sich ständig. Derzeit beschäftigt sich KADDI-LACK mit der Entwicklung von Farben, die Tauben meiden oder ein Aufheizen in der Sonne verhindern.

Zwischen Nostalgie und Innovation

Aber KADDI­LACK wartet nicht nur auf die Bestellungen der Kunden, die Weiterentwicklung ist ein wich- tiger Teil der Zukunftsvorsorge. „Wir wollen mit neuen Produkten in andere Regionen und neue Branchen vordringen“, kündigt Grüner an. Derzeit beschäftige man sich mit der Entwicklung einer Farbe, die Tauben meiden. Zudem arbeite man an einem Lack, der verhindert, dass sich Material in der Sonne aufheizt. Egal, ob die Bierzeltgarnitur, der Kühltransporter oder die Schienen der Bahn. Und hier im Dortmunder Hafen trifft diese Zukunft auch direkt auf die Geschichte. Gleich neben der Produktion gibt es das Deutsche Industrielack­Museum (www.industrielackmuseum.de).

Denn Lack ist bei aller Zukunft natürlich auch immer ein historisches Thema. Autofans kennen das. Die liebevoll restaurierten Oldtimer verlangen nach den Original­Farben und Lackzusammensetzungen der Herstellerjahre. Und Gitarrenfans kennen das Thema auch: Gitarren­Sammlerstücke basieren zumeist in all ihrer verblassten Schönheit auf Nitrolacken. Nitrolacke, die möglichst dünn aufgetragen werden können, um das Holz atmen und klingen zu lassen, die aber damals bis zu sieben Jahre „ausatmeten“ und sich durch den Schweiß der Gitarristen auch ablösten. Bestes Beispiel hierfür ist die Gitarre des englischen Musikers Rory Gallagher. Seine Stratocaster hatte kaum noch Farbe auf dem Korpus, Folge des starken Schwitzens des »Gitarrengottes«. Und genau dies konnte man im Hafen eben vermeiden. Solche Poller wie die Gitarre von Gallagher will hier niemand – und öfter lackieren ist eben keine Lösung, wenn es einmal getan auch für lange halten kann.

Weil es auch viele Diskussionen um die Bestandteile, die Farbwirkung und Langlebigkeit der Lacke gibt, ist der lokale Produzent im Dortmunder Hafen die erste Adresse für alle, die es hier sehr genau nehmen (müssen).

Nitrolack bricht – das macht alte Gitarren aus. Rory Gallagher hat seine besonders malträtiert.

Rory Gallagher hat mit seinem Schweiß gezeigt, wie schnell Nitrolacke zerstört werden können und trotzdem genau den Look erzeugen, den Gitarrensammler lieben.
Carl van der Walle (rokusfokus)

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