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Energiewende konsequent angehen
Im August hat der DEW21-Aufsichtsrat Dr. Gerhard Holtmeier zum Vorsitzenden der Geschäftsführung gewählt. Wie er die Versorgungslage bewertet und welche drängenden Themen er in Dortmund anpacken will, verrät der ausgewiesene Energie-Experte im Interview.
Herr Dr. Holtmeier, ursprünglich waren Sie im Juni „nur“ als Interimslösung gekommen. Wieso haben Sie sich für ein längerfristiges Engagement bei DEW21 in Dortmund entschieden?
Ich wurde bei der Belegschaftsversammlung angesprochen, ob ich nicht länger bleiben möchte. Das war für mich ein entscheidender Punkt und ich dachte: Wenn sich so viele Kolleg*innen dafür aussprechen – warum eigentlich nicht? Es gab von Beginn an eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Geschäftsführungskollegen und Führungskräften. Wir haben ein gemeinsames Verständnis für zukünftige Herausforderungen, und es herrscht ein ausgeprägtes Veränderungsbewusstsein.
Letzten Winter haben wir mit bangem Blick auf die Füllstände der Gasspeicher geschaut. Wie bewerten Sie die Versorgungssituation im Augenblick?
Grundsätzlich ist die Lage entspannt. Aus meiner Sicht ist die Versorgung gesichert und die Situation grundsätzlich auch nicht vergleichbar mit der verschärften Situation im Vorjahr. Die Speicher sind gefüllt, und die Verträge mit unseren Lieferanten sind geschlossen. Dortmund profitiert auch von der Nähe zu den Niederlanden, aus denen wir Erdgas importieren.
Gehört das Energiesparen also der Vergangenheit an? Keineswegs. Auch wenn wir nicht mehr die vehementen SparAufrufe wie im Vorjahr tätigen, sollten alle Verbraucher*innen weiter einen effizienten Umgang mit Energie pflegen – auch vor dem Hintergrund, dass sich die Preise für Kund*innen im Vergleich zu den Jahren bis 2020 deutlich erhöht haben. Ein sparsamer Umgang wirkt sich positiv auf die Rechnung aus. Ich persönlich denke, eine Wohnung muss beispielsweise auch nicht mit 23 Grad beheizt werden, 19 bis 21 Grad sind ausreichend.
Apropos Preise: Die Bundesregierung plant, die Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme bis Ende April 2024 zu verlängern. Welche Preisentwicklungen erwarten Sie danach?
Es wäre grundsätzlich ein gutes Zeichen, wenn die Preisbremsen verlängert würden. Dies würde zu einer Beruhigung der Märkte und auch bei den Kund*innen führen. Unser Ziel als DEW21 ist es, unsere Kund*innen auch in der Grundversorgung, die etwa ein Drittel der Gesamtheit ausmachen, attraktive Preise anzubieten. Ich sehe dann durchaus Potenzial für Preissenkungen. Aufgrund der kurzfristigen politischen Entscheidungen, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer, lässt sich dies aktuell noch nicht exakt sagen. In unseren Laufzeittarifen mit eingeschränkter Preisgarantie bewegen wir uns schon heute unterhalb der Preisbremsen.
In der letzten »einundzwanzig«-Ausgabe haben wir ausführlich über die Erweiterung des Dortmunder Fernwärme-Netzes berichtet. Doch auch im Bereich Photovoltaik hat DEW21 ambitionierte Ziele.
Ganz genau, und wir nutzen auch hier neue Wege und Möglichkeiten. Beispielsweise möchten wir PhotovoltaikAnlagen für Agrarflächen – genannt AgriPV – gemeinsam mit einem Partner und regionalen Landwirten weiter vorantreiben. Grundsätzlich möchte ich mich aber auch gar nicht auf eine bestimmte Technologie festlegen: Es braucht einen bunten Mix aus dezentralen, klimafreundlichen Erzeugungsmöglichkeiten.
Wir bei DEW21 können heute rund 280 Gigawattstunden grünen Strom erzeugen und damit rein rechnerisch fast 180.000 Bürger*innen versorgen. Mit dem in Niedersachsen im Bau befindlichen Windpark Harasahl werden wir im nächsten Jahr erfreulicherweise die 200.000 Bürger*innen dann sogar deutlich überschreiten. Da wir das ambitionierte Ziel verfolgen, bis 2035 in Dortmund klimaneutral zu sein, müssen wir uns breit aufstellen, um eine nachhaltige Energie und Wärmeerzeugung aufzubauen. In diesem Zusammenhang werden wir sicherlich auch auf neue Technologien wie etwa grüne Gase oder Wasserstoff setzen.
Was wird aus Ihrer Sicht für DEW21 die größte Herausforderung in den nächsten Jahren?
Wir werden uns als DEW21 strukturell und auch kulturell neu aufstellen müssen, um den künftigen Herausforderungen zu begegnen und weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Als kommunaler Versorger stehen wir insbesondere vor der Aufgabe, die Energie und Wärmewende vor Ort nachhaltig umzusetzen. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus sich verändernden Berufsbildern bei gleichzeitig starkem demographischen Wandel.
Zur Person
Dr. Gerhard Holtmeier verstärkt bereits seit Juni 2023 die Geschäftsführung von DEW21. Dort hat er die Verantwortung für das kaufmännische Ressort übernommen, zu dem u.a. der Energiehandel, der Vertrieb, der kaufmännische Bereich und die Unternehmensentwicklung gehören. Der promovierte Jurist und Rechtsanwalt war auf Heike Heim gefolgt – zunächst als Interimsmanager, dann als langfristige Lösung.
