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Leinen los an der Speicherstraße
from einundzwanzig 1/2020
by Dortmund
Modernes Quartier mit rauem Hafen-Charakter und dem Silo-Gebäude als Landmarke. Eine Drehbrücke (Bildmitte) soll künftig – nach historischem Vorbild – den Schmiedinghafen überspannen. Götz George lässt grüßen – oder wie man hier im Revier sagt: Schön is’ anders! Die Speicherstraße im Dortmunder Hafen, dem größten Kanalhafen Europas immerhin, sieht exakt so aus, wie man sich die Speicherstraße in einem Hafen vorstellt, wenn man in den 1980-er Jahren regelmäßig den Duisburg-Tatort mit Kommissar Horst Schimanski in seinem »abgeranzten« grauen Anorak geguckt hat. Ein städtebauliches Kleinod ist das Quartier entlang der Spundwände und Kaimauern von Stadthafen und Schmiedinghafen wahrlich nicht. Noch nicht!
Denn das Erscheinungsbild wird sich in den kommenden Jahren dramatisch verbessern: Während an der südlichen Speicherstraße unter städtischer Regie ein Digital-Quartier entsteht, soll sich auch die nördliche Speicherstraße vom grauen Entlein zum schönen Schwan mausern. Als Treiber für diese Metamorphose wurde die d-Port21 Entwicklungsgesellschaft gegründet – eine Tochter von DSW21 und Hafen AG. Das »d« in d-Port21 steht ebenfalls für »digital«. Womit klar wird: Dieser Teil des 1899 von Kaiser Wilhelm II. eröffneten Hafens nimmt Kurs Richtung Zukunft. Leinen los und volle Kraft voraus! Am Ende des Wettbewerbs für die städtebauliche Rahmenplanung waren alle zufrieden. Ach, was, begeistert waren sie, entzückt oder – um auch die jüngere Zielgruppe sprachlich abzuholen: komplett geflasht von den voll krassen Ideen »made in Denmark«. Die kreativen Köpfe des Kopenhagener Büros COBE Architects hatten ganze Arbeit geleistet. Und so strahlten Caroline Nagel (Projektleiterin) und Lene Zingenberg bei der Preisverleihung am 7. Februar mit leuchtenden Augen in die Kameras.
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„Der Hafen besitzt riesiges Potenzial, die Aufgabe ist sehr, sehr spannend“, befand Nagel. Auch

Strahlende Gesichter bei der Preisverleihung. Caroline Nagel (3.v.l.) und Lene Zingenberg vom Büro COBE nahmen den Sieger-Scheck entgegen.

wenn viele Barrieren wie die Hafenkante, die Gleise der Dortmunder Eisenbahn und die Mauer zur Kleingartenanlage zu berücksichtigen seien, verfolge man das Ziel, ein »Quartier für alle« zu entwickeln. Übrigens eines, aus dem man den Autoverkehr am liebsten heraushalten möchte. So macht man das nämlich in der Fahrrad-Hauptstadt Kopenhagen, und „dafür werden wir kämpfen“.
Charakter erhalten
Wichtig ist COBE auch, dass der Charakter erhalten bleibt und die Geschichte behutsam in die Zukunft überführt wird. Ein bisschen Schimanski darf’s also auch künftig sein. Der Entwurf sieht die Promenade als »neues Gesicht des Hafens« und etwa ein Drittel des rund zehn Hektar großen Areals für Grün- und Freiflächen vor. Moderne Bürogebäude sollen entstehen. Ein Berufskolleg mit Sporthalle. Eine schwenkbare Brücke über das Becken des Schmiedinghafens. Das beliebte Gastronomieschiff »Herr Walter« wird ebenfalls seinen Liegeplatz finden – und künftig vielleicht sogar über eine Freitreppe hinunter zum Wasser erreichbar sein. Für dieses Detail sprach die Jury des Wettbewerbs dem Dortmunder Büro Gerber Architekten jedenfalls eine Belobigung aus. Definitiv erhalten wird das Raiffeisen-Silo. Hier sollen Kunst und Kultur einziehen. Als besonderer Clou soll die eigentlich dem Abriss geweihte Stahl-Produktionshalle von Knauf Interfer nun doch in Teilen gerettet werden und die Kulisse für ein modernes Quartier mit altem Industriecharme bilden.
„Der Entwurf bedeutet eine hervorragende urbane Aufwertung am Rande des Hafens und respektiert die Interessen des Industrie- und Gewerbegebietes mit seinen 160 Unternehmen und mehr als 5.000 Beschäftigten“, sagt Uwe Büscher. Der Hafen-Vorstand ist zugleich einer von drei Geschäftsführern von d-Port21 – die beiden anderen: DSW21-Finanzvorstand Jörg Jacoby und Ludger Schürholz, der schon den PHOENIX See und die Stadtkrone-Ost federführend mitentwickelt hat.
Auf diese Projekte mit bundesweiter Strahlkraft verweist auch Guntram Pehlke, Vorstandsvorsitzender von DSW21: „Wir haben eindrucksvoll bewiesen, dass wir große und prominente Flächen einer neuen städtebaulichen Nutzung zuführen können. Ich bin daher sicher, dass auch d-Port21 eine Erfolgsstory wird.“