Kölner Straßenzeitung Draussenseiter 09/2020: Geschichten …

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28. Jahrgang | Nr. 212 | September 2020


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Engelbertstraße 44 · 50674 Köln Postfach 27 01 26 · 50508 Köln Telefon (02 21) 93 18 00 - 0 Telefax (02 21) 93 18 00 - 66 e-Mail: wpg@mermagen.de Internet: www.mermagen.de Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Wilhelm Mermagen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Petra Heider Rechtsanwältin und Steuerberaterin

Wir beraten Privatkunden, Freiberufler und Gewerbetreibende. Wir beraten und prüfen Unternehmen, Verbände und gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen.


inhalt

Vorwort

Inhalt Schwerpunkt: Geschichten, die das Leben schreibt ...

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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treten persönliche, finanzielle und gesundheitliche Probleme gleichzeitig auf, kommen Menschen oft ins Schleudern – einige, bis die Selbsthilfekräfte erschöpft sind. Jutta Henke, Geschäftsführerin der Bremer Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung (GISS) berichtet über erste Ergebnisse der aktuellen bundesweiten Studie zu Gründen, Bekämpfung und Prävention von Obdachlosigkeit. Bastian Pütter hat sie dazu befragt.

„Wir hoffen, dass die Kommunen aus der Pandemie die Lehre ziehen, sich stärker in Richtung Einzelunterbringung zu orientieren.“ Jutta Henke (GISS)

Foto: GISS Foto: Simon Veith

Wie schnell man das

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Dach über dem Kopf verliert, haben Katja und Rick aus KölnEhrenfeld erlebt. Mithilfe von Kalle Gerigk („Recht auf Stadt“), der vor Jahren in einer ähnlichen Situation

„Ich empfand diese Zeit der Corona-Pandemie – neben all dem Angstmachenden – auch als sehr wohltuend.“ Flaneuer und Fotograf Peter Ruthardt

Foto: Privat

gewesen ist, kämpft das Paar seit Monaten nun vor Gericht darum, dass ihm Recht gesprochen wird. Mehr zu dem Thema erfahren Sie auch in diesem Filmbeitrag: https://vimeo.com/442297432/b19f751cde Den Titel dieser Ausgabe ziert ein Foto einer Arbeit von

Vorwort ������������������������������������������������������������������ 3 Interview: Studie zur Wohnungslosigkeit �������������������� 4-6

SeiLeise alias Tim Ossege, der als einer der produktivsten Re-

Mietenskandal in Köln-Ehrenfeld ������������������������������ 8-9

verse-Graffiti-Künstler des Landes zählt. Der Kölner fing 2010

Fotos: Peter Ruthardt ��������������������������������������������� 10-13

mit Sprühen an, inzwischen zieren seine aufwendig herge-

Spuren der Armut: Beginenkultur in Köln ������������������ 14-15

stellten Paste-Ups viele Wände. Besonderes Bonbon: Die ersten fünf Neu-Abonnenten, die unser Straßenmagazin bis zum

Buchtipps: Krimi-Special ���������������������������������������� 16-17

30.9.2020 von der Straße holen, bekommen eine vom Künstler

Begrenzt – Entgrenzt – Ausgegrenzt? Konstantin ��������� 18-19

persönlich signierte Ausgabe zugeschickt. Informationen zu

Cartoon | Kolumne �������������������������������������������������� 20

den Abos finden Sie auf der Seite 24.

Aus den Einrichtungen

Ganz herzliche Grüße,

Street Art: „SeiLeise“

���������������������������������������������

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������������������������������������������������

22

Abo | Impressum ���������������������������������������������������� 24 Gratis-Tipp ������������������������������������������������������������� 25 Christina Bacher

Vorschau ���������������������������������������������������������������� 25 Service: Adressen ������������������������������������������������� 26-27 Öffnungszeiten: OASE e.V. Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung 3


GESCHICHTEn, DIE DAS LEBEn SCHREIBT ...

Foto: GISS

„Wohnungslosigkeit tritt ein, wenn keine Wahl mehr da ist“ Jutta Henke ist Geschäftsführerin der Bremer Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung (GISS). Das Forschungsinstitut hat in einer bundesweiten Studie Entstehung, Verlauf und Struktur von Wohnungslosigkeit untersucht und Strategien entwickelt, sie zu beenden oder noch besser: sie abzuwenden. VON BASTIAN PÜTTER

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GESCHICHTEn, DIE DAS LEBEn SCHREIBT ...

W

ohnungslose sind häufig mit Unverständnis und Schuldzuschreibungen konfrontiert: „Wohnen kann doch

jeder“...

Jutta Henke: Man glaubt, bei Wohnungs­ losen müsse etwas ganz anders sein als bei mir oder dir, das stimmt aber nicht. Tatsächlich sind bei ihnen überaus ungünstige Faktoren so zusammenge­ troffen, dass es am Ende keine Optionen mehr gab und der Wohnungsverlust unausweichlich wurde. Materielle Ursa­ chen sind ein Hauptgrund: 80 Prozent der Menschen verlieren am Ende ihre Wohnung, weil sie die Miete nicht zahlen können. Großen Einfluss hat, wie erreichbar und wie sichtbar das Hilfesys­ tem ist, und wie präventiv es arbeitet.

80 Prozent der Men-

Anzeigen schalten, Flyer drucken usw.

schen verlieren am

Sie muss ihre Instrumente nutzen. Ein

Ende ihre Wohnung,

Einsatz von persönlicher Unterstützung

weil sie die Miete nicht zahlen können.

Das volle Programm. Und das Zweite ist: Ergebnis der Untersuchung war, dass der zur Wohnungssicherung längst nicht in dem Umfang genutzt wird, wie es mög­ lich wäre. Es gibt beispielsweise das Betreute Wohnen, auch in NRW, doch

Großen Einfluss hat,

das wird häufig nur nachgehend, also

wie erreichbar und

Viel wirkungsvoller wäre es, diese Leis­

wie sichtbar das Hil-

um den Wohnungsverlust abzuwenden.

fesystem ist, und wie

es viel weniger, als man glaubt.

präventiv es arbeitet.

nach dem Wohnungsverlust, eingesetzt. tung schon im Vorfeld zu installieren, Unvermeidbare Wohnungsverluste gibt

Sie betonen in Fragen der Prävention besonders

Und dann sind es persönliche Faktoren,

die Rolle der Jobcenter.

die zum Beispiel gesundheitlicher Art

Jutta Henke: Ein wirklich überraschen­

sein können. Am Ende sind die Selbsthil­

losigkeit überwunden hatten – mit dem

der Befund in der Untersuchung war,

fekräfte erschöpft. Solange die Menschen

gleichen Ziel: Wir wollten wissen, was

dass die Jobcenter die Institutionen sind,

eine Wahl haben, treffen sie die vernünf­

hat bei der zweiten Gruppe funktioniert,

die als erste von den Menschen selbst

tigsten Entscheidungen, die man in einer

das bei anderen nicht geklappt hat. Wir

über die Notlage erfahren. Da ist ein ech­

schwierigen Lage treffen kann. Woh­

halten es für einen Fehler, nur auf die

ter Knackpunkt. Wir haben das auch in

nungslosigkeit tritt ein, wenn keine

sichtbare Problematik zu gucken, weil

vielen Interviews gehört. Die Menschen,

Wahl mehr da ist.

die Problemlösungen dort genau nicht

vor allem wenn sie im Leistungsbezug

gefunden werden. Lösungen findet man

sind, wenden sich logischerweise zuerst

Ihr Forschungsprojekt hat so etwas wie einen

vor dem Wohnungsverlust oder danach:

an die Stelle, die für ihr Einkommen

Gesamtüberblick über die Situation der Woh-

z. B. in der Wohnungsversorgung und

zuständig ist, und das sind die Jobcenter.

nungslosenhilfe in Deutschland erstellt. Wie

langfristigen Absicherung.

Die Betroffenen kennen aber die Verfah­ ren nicht, und deshalb sagen sie nicht:

sind Sie vorgegangen? Jutta Henke: Als erstes haben wir eine

Zur Frage des „Davor“ haben Sie ein Plädoyer

„Ich möchte einen Antrag auf Übernah-

Onlinebefragung bei einem repräsenta­

veröffentlicht, in dem Sie fordern, den Fokus

me meiner Mietschulden stellen“, son­

tiven Ausschnitt an Kommunen gemacht

auf die Vermeidung von Wohnungslosigkeit zu

dern sie sagen: „Ich kann meine Miete

und dort die Verwaltungen, aber auch

verschieben. Wie soll das aussehen?

nicht zahlen, ich hab‘ kein Geld.“ Das

alle freien Träger und alle Jobcenter

Jutta Henke: Indem man die Hilfen für

wird im Gespräch möglicherweise wahr­

befragt. Daraus können wir ganz gut

Menschen auf der Straße ausbaut, ver­

genommen, aber oft nicht als Anzeige

schließen, wie sich die Hilfeangebote

liert man aus den Augen, wo die Prob­

einer gravierenden Notlage. In so einem

und die Notlagen verteilen.

lemlösung liegt. Einer unserer Befunde

Fall gehen die Leute unverrichteter Din­

Der zweite Schritt war eine Vertiefungs­

ist, dass die präventiven Hilfesysteme

ge und denken, es gibt keine Möglichkeit

studie, in der wir zwölf Hilfesysteme

viel weniger sichtbar sind, als sie selbst

der Problemlösung. Die Kommunen müs­

detailliert angeschaut haben. Wir haben

glauben. Dort glaubt man, die Leute war­

sen sich mit den Jobcentern über Wege

mit allen Akteur*innen vor Ort gespro­

ten und verlieren Zeit. Das stimmt nicht.

des Informationsaustauschs verständi-

chen und uns Verfahren, Abläufe und

Sie wissen oft nicht, welche Hilfe es wo

gen. Informationen dürfen dort nicht

Strukturen erklären lassen. Denn ein

gibt. Das heißt für das System, es muss

versickern. Wir raten darüber hinaus

wichtiges Ziel der Untersuchung war es,

sich erstens so sichtbar wie möglich

dazu, dass die Jobcenter einen präventi­

Ansatzpunkte für Verbesserungen zu

machen. Es muss deutlich gemacht wer­

ven Auftrag bekommen. Dass Woh­

finden. Der dritte Teil bestand aus Inter-

den, dass eine Stadt Wohnungslosigkeit

nungssicherung Vorrang hat, sollte im

views mit Menschen, die wohnungslos

verhindern will. Das muss sie zeigen,

Gesetz stehen. Auf keinen Fall kann man

waren und solchen, die ihre Wohnungs­

dafür muss sie eine Homepage haben,

diese Chance aus der Hand geben

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GESCHICHTEn, DIE DAS LEBEn SCHREIBT ...

In Ihrer Studie stellen Sie Ungleichheiten bei

eine Chance auf dem Arbeitsmarkt

der Versorgung von Männern und Frauen fest.

bekommt, muss man die Logik umdre­

Jutta Henke: Ja. Es gibt insgesamt recht

hen und sagen: Ich will genau diesen

gut ausgebaute Hilfesysteme für Men­

Bewerber oder diese Bewerberin in

schen, die bereits wohnungslos gewor­

Arbeit vermitteln. Übertragen auf die

den sind. In diesen Systemen fehlen aber

Wohnraumversorgung

spezielle Angebote für Frauen, was dazu

Solange Vermieter am Markt auswählen

führt, dass Frauen auf die Inanspruch-

können, entscheiden sie sich zwangs­

nahme von Hilfen verzichten. Das muss

läufig gegen den Wohnungslosen. Wer

man ändern. Bei den Männern liegt die

will, dass sich diese Menschen mit

Ungleichbehandlung bei der Prävention.

Wohnraum versorgen können, muss

Männern wird mehr zugetraut, aber

Energie hier investieren: bürgen, absi­

auch mehr zugemutet. Wir halten das

chern, begleiten. Man unterschätzt

für falsch, weil gerade die Gruppe der

schnell, wie viel Wohnraum auf diese

alleinstehenden Männer hohe Risiken

Weise erschlossen werden kann. Durch

hat. Dem müsste man eigentlich begeg­

aktive Begleitung, Intervention und im

nen. Es ist unbestritten, dass Frauen

Zweifel auch Unterstützung des Vermie­

einen hohen Schutzbedarf haben. Sobald

ters lässt sich oft erreichen, dass eine

man aber den Gedanken umdreht und

bestimmte Person einen Mietvertrag

sich fragt, ob Männer etwa keinen

erhält.

heißt

das:

Schutzbedarf haben, wird einem klar: Das stimmt nicht.

Die NRW-Landesregierung unterstützt inzwi-

Solange Vermieter am Markt auswählen können, entscheiden sie sich zwangsläufig gegen den Wohnungslosen. Wer will, dass sich diese Menschen mit Wohnraum versorgen können, muss Energie hier investieren: bürgen, absichern,

schen den Housing-First-Ansatz, die umwegEin Aspekt dieser „Zumutungen“ für Männer

lose Vermittlung von der Straße in Normal-

sind die Notunterkünfte, deren Nutzung oft die

wohnverhältnisse. Dabei werden Träger zum

Bedingung ist, um weitere Hilfen zu bekom-

Erwerb und der Vermietung von Wohnraum

men.

ermutigt. In der Praxis scheitert das – auch

Jutta Henke: Sammelunterbringung ist

bei uns – an fehlenden Mitteln. Deshalb sind

von allen Formen der Versorgung die

die Erfolgszahlen insgesamt überschaubar.

schlechteste. Wir hoffen, dass die Kom­

Jutta Henke: Auch bei Housing First

munen aus der Pandemie die Lehre zie­

unterschätzt man schnell die Mengen­

hen, sich stärker in Richtung Einzelun­

effekte. Denn wenn ein Träger eine Woh­

terbringung zu orientieren.

nung langfristig immer wieder an den

begleiten.

gleichen Personenkreis vergeben kann,

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Schaut man auf das „Danach“ von Wohnungs-

hat das durchaus Auswirkungen. Die

losigkeit, stößt man unweigerlich auf die sich

kleinen Zahlen sind nichts Schlimmes.

auch in unserer Region weiter schließenden

Bessere Möglichkeiten haben etwas

Wohnungsmärkte. Zur Beendigung von

institutioneller aufgebaute Wohnraum­

Wohnungslosigkeit braucht es nun mal Woh-

agenturen, die mal mit Kauf, mal mit

nungen.

Zwischenvermietung arbeiten oder eben

Jutta Henke: Eine erfolgreiche Strategie

Maklerangebote machen. Größere

ist eine Eins­zu­Eins­Vermittlung. Die

Chancen haben natürlich Kommunen,

Bundesagentur für Arbeit und die Job­

die Geld einsetzen könnten, um Wohn­

center machen das bei der Jobsuche

raum speziell für diesen Personenkreis

unter dem Stichwort „bewerberorien­

zu sichern, oder – das machen inzwi­

tierte Vermittlung“. Die gilt Menschen,

schen viele – Einfluss auf den Neubau

die besonders viele Hemmnisse haben

nehmen, immer mit dem gleichen Ziel:

und bei denen klar ist: Wenn sich ein

die benachteiligende Logik am Woh­

Arbeitgeber unter einer Zahl möglicher

nungsmarkt auszuhebeln und auch die

Bewerber eine Person aussucht, dann

Menschen ohne Marktchancen mit

nicht diese. Damit auch diese Person

Wohnraum zu versorgen.

lll

INFO

Jutta Henke: Wie lässt sich Wohnungslosigkeit verhindern? Ein Plädoyer. Soziale Arbeit Kontrovers 23, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, ISBN 978-3-7841-3267-9, 9,- Euro


Geschichten, die

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GESCHICHTEn, DIE DAS LEBEn SCHREIBT ...

Mietenskandal im Kölner Stadtteil Ehrenfeld VON KALLE GERIGK

E

s war ein Donnerstagabend im Janu­

provisorisch mit einer Plane überzogen

Eigenbedarfs des Vermieters. Man kann

ar, als ich freud­ und hoffnungsvoll,

worden. Das Mobiliar war teilweise

es erst gar nicht begreifen, sucht irgend­

gut unterhalten das Eishockeyspiel

beschädigt. Ich dachte hier sei ein

wie nach Erklärungen, weiß einfach

der Kölner Haie gegen die ICE Tigers aus

Unglück passiert. Beim Blick nach oben

nicht, was man machen soll, wenn der

Nürnberg verfolgte, als ich einen Tele­

konnte man in den Himmel schauen,

Rauswurf immer näher rückt. So muss

fonanruf bekam. Es meldete sich ein

das Dach war einfach nur mit einer Pla­

es auch dem Pärchen ergangen sein, als

verzweifelt klingendes Pärchen, das sich

ne abgedeckt. Von einer Wohnung konn­

sie in sehr kurzer Zeit vor vollendete

Hilfe suchend an mich wandte, weil

te man nicht mehr sprechen. Katja und

Tatsachen gestellt wurden – sozusagen

ihnen in der Wohnung eine Wand ein­

Rick, ein Pärchen zwischen 38 und 42

mit dem Baukran an der Kante des

gerissen worden war. Am nächsten Tag

Jahre alt, standen in der Wohnung und

Küchentischs. Das muss sich anfühlen,

schaute ich mir in der Wohnung das

schauten mich entgeistert an. Es war

als ob man am Morgen im Bett liegt und

Malheur an und konnte selbst gar nicht

ihnen anzusehen, dass ihre Nerven

plötzlich zieht einem einer die Bettdecke

glauben, in welche Situation das Pär­

äußerst angespannt waren. Sie standen

weg und fünf Leute stehen neben dem

chen geraten war. Ich hatte durch meine

unter Schock. Nun erwarteten die bei­

Bett und sagen: „Raus!“. Diese Hilflosig-

Tätigkeit und mein Engagement als Akti­

den von mir, dass ich irgendwie helfen,

keit, teilweise Ohnmacht und Mischung

vist von „Recht auf Stadt“ beim Thema

mich kümmern könnte. „Das muss an

aus Wut und Tränen kommt auch in der

Wohnen schon die verschiedensten, zum

die Öffentlichkeit, davon müssen alle

Millionenstadt Köln leider viel zu oft vor,

Teil sehr tragischen Situationen erlebt.

Kölner erfahren, was uns passiert ist“,

wenn es um das Menschenrecht Wohnen

In welch einem Zustand ich die Woh-

sagte Katja. Also fotografierte ich die

geht.

nung im Kölner Stadtteil Ehrenfeld vor­

Situation vor Ort und versprach, mich

Ohne die Hilfe von Nachbarn und

fand, machte mich sprachlos. Das hatte

nach Kräften um diesen beispiellosen

Freunden wäre ich vor inzwischen sechs

ich noch nicht erlebt. Die Wohnung

Fall zu kümmern.

Jahren aus der Situation auch nicht her­

Sofort fühlte ich mich an meine eigene

ausgekommen. Die überwältigende

gerissen, überall lag Schutt herum, die

Situation erinnert, als ich aus der Woh­

Solidarität, die ich erfuhr und mich

Möbel waren zusammengeschoben und

nung geworfen werden sollte wegen

schließlich aus der unliebsamen Furcht,

Hier wurde Recht gesprochen. Katja und Rick dürfen wieder in ihre Wohnung.

Die neue Tür verwehrt Katja und Rick den Zugang zu ihrer Wohnung.

So sah es in der Wohnung aus.

Fotos: Privat

glich einer Baustelle, Wände waren ein­

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GESCHICHTEn, DIE DAS LEBEn SCHREIBT ...

Katja und Rick mit Kalle Gerigk (Mitte)

auf die Straße gesetzt zu werden, rettete,

wichtig er das Recht auf Wohnen nimmt.

Wohnung umgebaut und danach zu

möchte ich zurückgeben. Damals sagte

Der Abbau von sozialen Wohnungsräu­

einem deutlich teureren Mietpreis ange­

ich zu einem Journalisten, dass ich zwar

men muss ein reiches Land wie Deutsch­

boten werden soll. Um die Wohnung

eine Wohnung verloren, aber dafür viele

land beschämen. In anderen Ländern ist

nicht zu verlieren, hat das Paar vor dem

Freunde gewonnen hatte. Eine verlorene

es ganz normal, dass sozial geförderte

Kölner Amtsgericht geklagt. Anfang Mai

Wohnung, so dachte ich seinerzeit, sei

Wohnungen das auch bleiben. Deshalb

fiel der Richterspruch eindeutig aus: Das

noch nicht das Ende. Jetzt gehe es erst

gilt für mich und viele Aktivist*innen

Vorgehen der Vermieterin war rechts­

richtig los, der Anfang einer für mich

beim Thema Wohnen: Einmal Sozial­

widrig. Sie wurde dazu verurteilt, den

neuen Aufgabe war gemacht. Also küm­

wohnung – immer Sozialwohnung.

ursprünglichen Zustand der Wohnung

mere ich mich seit dieser Zeit um Men­

In Deutschland fallen viele Sozialwoh-

von Katja und Rick wiederherzustellen.

schen, denen es ähnlich ergeht wie mir

nungen nach 15 bis 25 Jahren aus der

Damit war der Fall aber noch nicht been­

damals.

Mietpreisbindung heraus und werden

det, sondern nahm eine weitere skurrile

In Köln leben derzeit über 1 Million

dann zu marktüblichen Mietpreisen

und für das Paar nervenzehrende Wen­

Menschen in 560.000 Wohnungen.

angeboten. So müssen viele Menschen

dung. Obwohl der Vermieterin gericht­

Anspruch auf eine mit öffentlichen Mit­

aus wirtschaftlichen Gründen umzie­

lich untersagt worden war, die Wohnung

teln geförderte Wohnung haben über

hen, weil die Mieten für sie zu teuer

weiter zu vermieten, geschah es trotz­

40% der Einwohner, es stehen aber nur

werden.

dem. Nun hat ein anderes Paar die Woh­

Wohnungen für 6,8% dieser Menschen

In Deutschland wurden seit Gründung

nung bezogen; die Wohnungstür wurde

zur Verfügung. Jedes Jahr fallen mehr

der Republik 1949 etwa 4 Millionen

ausgetauscht. Katja und Rick leben der­

Wohnungen aus der Sozialbindung her­

Wohnungen gebaut, die vom Staat finan-

zeit bei Freunden und müssen trotz gül­

aus als neue gebaut werden. 2.000 Woh­

ziert wurden. Davon sind nur noch etwa

tigem Mietvertrag weiter um ihr Recht

nungen, mit öffentlichen Mitteln geför­

eine Million Wohnungen übrig, der Rest

kämpfen.

dert, werden jedes Jahr in Köln

verlor die Mietpreisbindung.

Wie oft so etwas in Köln oder anderen

gebraucht. Es gibt aber nur maximal 500

Letztlich sind auch Rick und Katja in

Teilen Deutschlands passiert, weiß nie­

derartige Wohnungen, die jährlich in

ihrer Wohnung im Kölner Stadtteil

mand. Die Statistik lässt nur erahnen,

Köln entstehen. Hier zeigt der Staat, wie

Ehrenfeld davon betroffen, weil ihre

dass es kein Einzelfall ist.

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Geschichten, die das Leben schreibt ...

„Manchmal passiert zwischen Menschen spontan etwas Schönes, das man nicht wirklich erklären kann“ Fotos Von PETER RUThardt

Die Journalistin Christina Bacher und der Fotograf Peter Ruthardt kennen sich seit mehr als 20 Jahren. Wie der Zufall es wollte, haben sie sich in Köln wiedergetroffen, wo sie inzwischen gar nicht weit voneinander entfernt wohnen und sich gemeinsam für das Straßenmagazin DRAUSSENSEITER engagieren. Bei einem Spaziergang durch die wiedergeöffnete Flora, die während der Corona-Pandemie

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plötzlich geschlossen war, sprechen sie über Ruthardts neuen Fotoband „Riehler Impressionen in Zeiten von Corona“, die Liebe zu seinem Wohnort und die Ängste, die für ihn mit einer Virusinfektion verbunden sind. Während viele Kunstschaffende in dieser Zeit von einer künstlerischen Lähmung sprechen, hat der passionierte Fotograf die Ruhe um sich herum als Inspiration empfunden.


Geschichten, die das Leben schreibt ...

RAUSSENSEITER: Wie hast du selbst die ersten Wochen der Corona-Krise erlebt? Soviel ich weiß, gehörst du als ehemaliger Krebspatient zur Risikogruppe und bist besonders gefährdet. Dazu hast du wochenlang unter Quarantäne gestanden, weil ein anderer Patient in deiner Arztpraxis infiziert war und man auf Nummer sicher gehen wollte. Hattest du Angst? Peter Ruthardt: Meine Quarantäne hat nur etwas über eine Woche gedauert, weil ich etwas verspätet vom Gesund­ heitsamt informiert wurde. Die ersten zwei Tage waren okay, aber dann wurde

liche Flora – beides war plötzlich nach dem

viele Dinge entdecken, die ich sonst

es doch unangenehm, nicht mehr auf

Lockdown geschlossen. Welchen Einfluss hat-

nicht so wahrgenommen hätte.

die Straße und raus zu dürfen. Glückli­

ten diese Maßnahmen auf das Lebensgefühl in

cherweise habe ich einen kleinen Gar­

deinem Veedel? Erstmal blieben sicher auch

DRAUSSENSEITER: Warst du in der Zeit auch

ten, um den ich mich etwas gekümmert

viele Menschen weg, die sich sonst dort tum-

auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen,

habe, und eine große Terrasse. Natürlich

meln …

zum Einkaufen beispielsweise? Welche Rolle

hatte ich Angst, mich mit dem Virus

Peter Ruthardt: Die geschlossene Flora

hat da deine Nachbarschaft gespielt? Es fällt

infiziert zu haben. Ich bekam einen Fie­

hat mir sehr zugesetzt, wo ich dort sonst

auf, dass du mit der Kamera nicht nur die

beranfall, eigentlich nichts Ungewöhn­

doch täglich meine Spaziergänge absol­

Beobachterrolle einnimmst, sondern oft auch

liches seit meiner Chemotherapie, aber

viere, und plötzlich war alles auf Null

einen sehr zugewandten, liebevollen Blick auf

jetzt wurde ich sofort auf Corona getes­

gesetzt. Es war jedoch vorauszusehen –

deine Mitmenschen festhältst. Bist du ein Men-

tet. Zum Glück war der Test negativ.

am Sonntag vor der Schließung war die

schenfreund?

Latent ist da natürlich immer die Angst

Flora rappelvoll wie noch nie, fast wie

Peter Ruthardt: Menschenfreund kann

vor Ansteckung vorhanden, nach wie

auf der Kirmes, und da war keine Kon­

schon zutreffen, ich liebe die Menschen,

vor.

trolle zur Einhaltung der Regeln mög­

eigentlich alle Lebewesen, es ist auch

lich. Es blieben sicherlich viele Men­

immer wieder spannend, neue Men­

DRAUSSENSEITER: Riehl gilt als sehr begehrte

schen weg, es wurde hier noch ruhiger,

schen kennenzulernen. Dennoch ist es

Wohngegend, nicht nur, weil ein Viertel der

besonders, weil der Zustrom der Autos

nicht einfach, wenn man plötzlich um

Fläche schön grün ist. Es befinden sich dort

ausblieb. Ehrlich gesagt habe ich das

Hilfe bitten muss. Das fiel mir als

auch der beliebte Kölner Zoo und die norma-

sehr begrüßt. Denn so konnte ich mich

„Macher“, der immer alles selbst erledigt

lerweise zu jeder Jahreszeit öffentlich zugäng-

auf das Veedel selbst konzentrieren und

hat, nicht leicht. Einige Nachbar*innen und meine Söhne gingen für mich Ein­ kaufen und haben mich liebevoll ver­ sorgt, WhatsApp spielte eine große Rolle für die Kontakte. DRAUSSENSEITER: Wenn man mit dir durch deinen Wohnort streift, fällt auf, dass du ziemlich viele Leute kennst. Den Schuhmacher, den Gastronom, die Zeitungsfrau, die Galeristin, die junge Mutter von gegenüber. Wie lernst du fremde Leute kennen? Und was interessiert dich an ihnen? Peter Ruthardt: Also, ich versuche ein­ fach freundlich zu sein, das gelingt mir aber nicht immer. Vor zwei Jahren, als meine zweite Frau Inge gestorben ist, habe ich mich erst einmal zurückgezo­

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Geschichten, die das Leben schreibt ...

gen. Das war eine akute Trauerphase, in der ich auch nicht fotografiert habe. Normalerweise spreche ich Menschen auch mal an und erkundige mich nach diesem und jenem. Das habe ich aus dem Kohlenpott mitgebracht, wo ich meine Kindheit und Jugend verbracht habe. Ich komme ja aus Moers, dort war es immer lebendig und kommunikativ. Manchmal passiert zwischen Menschen spontan

ich ging erstmal neugierig mit der klei­

über die Stille und auch die gute Luft in dem

etwas Schönes, das man nicht wirklich

nen Kamera durchs Veedel, am Nachmit­

sonst sehr stark frequentierten Veedel. Das

erklären kann. Auf manchen Fotos spie­

tag hatte ich meine halbjährliche Krebs­

klingt ja eher positiv ….

gelt sich so etwas auch wider.

nachsorge-Untersuchung bei meiner

Peter Ruthardt: Es sind auch zeitge­

Onkologin, tutti paletti. Ab dem 30.

schichtliche, dokumentarische Fotogra­

DRAUSSENSEITER: Nach Wochen der Qua-

März begann ich wieder, bewusst zu

fien geworden, logo. Deshalb sind sie

rantäne erwacht nach und nach wieder das

fotografieren.

auch so wichtig. Ich empfand diese Zeit der Corona-Pandemie – neben all dem

gesellschaftliche Leben. Erinnerst du dich an

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deinen eigenen kleinen Befreiungs-Moment

DRAUSSENSEITER: Menschen mit Mund-

Angstmachenden – auch als sehr wohl­

(oder vielleicht waren es ja viele), in dem du

schutz, Botschaften mit Kreide auf der Straße,

tuend. Fast ist es ein bisschen schade,

deine geliebte Kamera wieder in die Hand

Informationstafeln vor den Geschäften. Ver-

dass die Ruhe nun vorbei ist.

genommen und dich wieder auf die Straße

mutlich braucht man diese Bilder, um sich

gewagt hast?

später an diese Ausnahmezeit erinnern zu

DRAUSSENSEITER: In den 70er Jahren hast du

Peter Ruthardt: Exakt am 27. März 2020

können. Du schreibst im Vorwort deines neuen

Sozialpädagogik mit den Schwerpunkten

war meine Quarantäne aufgehoben und

Fotobuches, dass du vor allem erstaunt warst

Kunst- und Medienpädagogik sowie Psycho-


Geschichten, die das Leben schreibt ...

Draußen ist heute viel los. Das liegt sicher am Wetter, die Sonne scheint und lockt viele Menschen auf die Straße. Doch heute tragen alle einen Mundschutz und bewegen sich langsamer vorwärts als sonst. Einer unter ihnen ist der Fotograf Peter Ruthardt. logie und Soziologie studiert. Ich bilde mir ein,

es festzuhalten gilt. Da ist es ja eigentlich ein

dass man diese Spezialisierung auch in den

No-Go die Leute vorher um Erlaubnis zu fra-

Fotos deines neuen Buches sehen kann: ein

gen. Was aber, wenn sich jetzt jemand in dem

großes Interesse an den Menschen und an

Buch wieder erkennt? Macht es einen Unter-

ihrem Alltag. Wie anders war der im Vergleich

schied, ob man sein eigenes Umfeld fotogra-

zu sonst?

fiert oder sich anonym in der Fremde mit der

Peter Ruthardt: Es war eben alles ruhig

Kamera bewegt?

und leer, nur wenige Menschen zu

Peter Ruthardt: Der Vorteil hier bei die­

sehen, die Autos standen still und ein

sem Projekt, in der eigenen Nachbar­

Hund kam mir entgegen ... Kein Ver­

schaft zu fotografieren, war und ist, dass

gleich zu meinen sonstigen fotografi­

ich die meisten Menschen, bis auf einen,

schen Arbeiten, z. B. von der Keupstraße,

später im Veedel wiedergetroffen habe

wo alles quirlig und manchmal laut war,

und mit ihnen über die Veröffentlichung

vor allem in Gegensatz zu dieser Situa-

sprechen konnte. Ich hoffe, dass ich mit

tion. In Riehl während des Shutdowns

dieser einen Person, die man gut erken­

konnte ich leichter achtsam arbeiten,

nen kann auf einem der Fotos, vielleicht

also ganz bewusst ... was ich sonst auch

in Kontakt komme. In der Fremde zu

mache, dann aber schwieriger ist.

fotografieren ist einfach anders, es bleibt anonym. Obwohl ich, wenn es sich

DRAUSSENSEITER: Herzstück eines fast jeden

ergibt, immer gerne für ein Gespräch

Viertels ist der Wochenmarkt, der in Riehl

offen bin.

mittwochs und samstags stattfindet. Der durfte ja auch – allerdings mit weniger Ständen

DRAUSSENSEITER: Du konntest Helmut

– weiterhin geöffnet bleiben und ist eigentlich

Kesberg, Jochen Tückmantel und Karin Schuh

der perfekte Ort, um andere zu beobachten.

dazu gewinnen, deinem Buch aktuelle Texte

Wie sind die Menschen sich dort während der

beizusteuern. Auch sie standen unter dem Ein-

Corona-Zeit begegnet?

druck des Shutdowns, als sie ihre Gedichte,

Peter Ruthardt: Anfangs gingen die

kurze Skizzen und Überlegungen verfassten.

meisten Menschen auf dem Markt unbe­

Dennoch spricht aus den Texten ein positiver,

darft miteinander um, als sei nichts pas­

zuversichtlicher Ton. Willst du mit dem Foto-

siert. Man hörte dumme Sprüche wie:

band Mut machen?

„Wir haben den Krieg überlebt und wer­

Peter Ruthardt: Trotz aller widrigen

den auch das überleben“. Nach einer

Umstände aufgrund des Coronavirus

Woche war ein diszipliniertes und vor­

waren und sind wir doch hoffnungsvoll

sichtiges Verhalten zu bemerken. Das

und zuversichtlich, das heißt aber nicht,

Abstandhalten und Masketragen an den

dass wir nicht froh sind, wenn dieser

Marktständen wurde penibel eingehal­

Spuk bald vorbei ist. Wenn das Buch Mut

ten und es wurde auf Distanz miteinan­

macht, okay, dann soll es so sein, nichts

der geredet, meistens mit Maske.

dagegen.

DRAUSSENSEITER: Als Streetfotograf bist du

DRAUSSENSEITER:

auf der Suche nach dem besten Moment, den

Ganz herzlichen Dank!

Ein Flaneur mit Mütze und Kamera, der sich besonders gut in dem Kölner Viertel auskennt, in dem er seit 35 Jahre lebt. Er hält Momente eines Ausnahmezustands fest, die man noch Wochen zuvor nie für möglich gehalten hätte. Er ist geübt in dem, was er tut. Und doch ist es auch für ihn ein Novum, dass man die Mimik der Menschen nicht erkennen kann und sie sich lieber von ihm fern halten, aus Angst, sich gegenseitig anzustecken. Äußerlich bleibt er gelassen. Doch innerlich rührt es ihn an, weil er selbst Sorge hat. Peter Ruthardt gehört aufgrund seines Alters und einer gerade überstandenen Krebserkrankung zur Risikogruppe. Eigentlich kann so ein Fotowalk für ihn lebensgefährlich werden. Doch die Kamera begleitet ihn seit seinem 9. Lebensjahr, sie gehört – wie Jacke und Hut – zur Grundausstattung, wenn er seine tägliche Runde dreht. So entsteht für den Fotoband „Riehler Impressionen in Zeiten von Corona“ mit einer Canon Powershot G16 die Bestandsaufnahme eines Veedels im Ausnahmezustand.

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SPUREN DER ARMUT

Das Haus, in dem sich ab 1869 das Beginenkonvent befand, ist noch gut erhalten. Heute ist es ein normales Wohnhaus. Fotos: C. Bacher

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SPUREN DER ARMUT

S P U R E N DE R A R M U T

Sophien-Convent – Beginenkultur in Köln von Irene Franken

ingemeißelt in Stein kann man noch heute „Sophien-Convent“ über dem Eingang des Hauses in der Brunostraße 18 lesen. Das Haus in der Kölner Südstadt wurde im Jahre 1869 vom Kölner Rentner Johann Caspar Kneutzgen als Frauengemeinschaft erworben, um ausschließlich älteren Frauen ohne Altersabsicherung, verarm­ ten Witwen und ehemaligen Dienstmäg­ den einen Ort zu schaffen, in dem sie gut leben konnten. Die gesellschaftlichen Gruppen, die heute am stärksten von Armut betroffen sind – alleinerziehende Mütter und alte Frauen – sind letztlich seit dem Mittelalter die gleichen geblie­ ben. Anlass der Gründung war, dass die Mutter des Stifters in einer Notzeit Aufnahme in einem Haus mit Beginen­ tradition erhalten hatte. Im Jahr 1872 konnte das Konvent bezogen werden. Köln gilt übrigens als erste Stadt, in

elle Aspekt trat immer stärker in den

Irene Franken, geboren 1952 in Düssel-

der in einer Urkunde das Wort ‚Begine’

Hintergrund, der karitative nach vorn.

dorf, ist Historikerin, Publizistin und Mit-

auftauchte – im Jahr 1223, und es ist der

Die Beginenhäuser wurden bessere

begründerin des Kölner Frauengeschichts-

Ort, an dem Sela Jude, eine Kölner Patri­

Altenheime für Frauen. Aber die

vereins. Im Jahre 2017 wurde sie mit der

zierin, 1230 den ersten Beginenkonvent

ursprünglichen Stiftungen von reichen

Alternativen Ehrenbürgerschaft in Köln

Deutschlands gründete, in der Stolkgas­

Kölnerinnen und Kölnern reichten bis

ausgezeichnet.

se nahe Kolpingplatz. Es folgten viele

ins 19. Jahrhundert. So konnte auch die

weitere Gründungen und 1320 gab es

Mutter von Kneutzgen davon profitie­

bereits 89 Beginenkonvente in Köln. Die

ren.

Beginen waren eine christliche, spiritu­

Heute ist das einstige „Möhnehaus“

elle und auch ethische Bewegung,

ein normales Wohnhaus. Doch der Begi­

u.a. gegen die Korruption der Geist­

nengedanke lebt seit 1230 weiter fort:

lichkeit gerichtet. Die Zahl der Insassin­

In Deutschland gibt es an die 20 Beginen­

nenvariierte, meist waren es zwölf, die

häuser, darunter der Beginenhof –

Zahl der Apostel, aber es konnten auch

ein kollektives, selbstverwaltetes Frau­

bis zu 50 Bewohnerinnen sein.

enwohnprojekt in Köln-Widdersdorf.

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Beginen-Idee sehr verändert; der spiritu­

Und wegen der großen Nachfrage ist ein zweites Haus in Planung.

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KRIMI -SPECIAL

guillaume Musso: „Ein Wort, um dich zu retten“  Ein Werk, das sich auf jeder Seite neu erfindet. Und jedesmal, wenn man glaubt, nun habe es seine perfekte Wellenlage gefunden, gerät wieder alles außer Kontrolle, muss neu geordnet, neu justiert werden. Und damit auch die Seele der Leser*innen, die an den Bordwänden anecken, vom Meer verschaukelt werden. nathan Fawles war einst ein erfolgreicher Schriftsteller. Doch von einem Tag auf den anderen schmiss er seinen Griffel hin, zog sich auf eine Mittelmeerinsel zurück und hat seither kein Wort mehr geschrieben. Zurückgezogen lebt er auf der Ile Beaumont (übrigens reine Fiktion) in einem wunderschönen Felsenhaus mit Meerblick, einsam, als einzigen Begleiter seinen Hund Bronco. Journalist*innen scheut er wie der Teufel das Weihwasser. Und nur die Inselbewohner*innen bekommen ihn hin und wieder zu Gesicht, wenn er ein Gläschen Sancerre im örtlichen Bistro trinkt. Kein Mensch weiß, warum er sich zurückzog, was seinem Entschluss, das Schreiben aufzugeben, vorausging. Doch plötzlich ist es um die Ruhe auf Beaumont vorbei. Die Leiche einer Frau wird, an einen Baum festgehämmert, gefunden. Die Polizei schottet die Insel ab. Der Täter muss sich noch auf Beaumont befinden. Parallel hierzu wird die Ruhe des Schriftstellers empfindlich gestört. Mathilde, eine junge Frau, drängt auf Fawles Grundstück, ein junger Mann, mit einem Manuskript in der Hand, lässt sich nicht abwimmeln. Und so nach und nach wird klar, dass Fawles und Mathilde mehr verbindet, als nur die pure neugierde der jungen Journalistin. Und dass es ein für allemal vorbei ist mit der Ruhe des bis dahin so zurückgezogen lebenden Schriftstellers. Denn das Geheimnis, das beide mit sich tragen, ist so grauenhaft, so abscheulich, so menschenverachtend und lebenszerstörend, dass sie nur gemeinsam – wenn überhaupt – überleben können. 16

Ein Meisterwerk des derzeit meistgelesenen Autors Frankreichs. Dessen Thema schon mehrfach das Innenleben von Schriftsteller*innen war, ihre undurchsichtigen Motive und der Umgang mit Fiktion und Realität. Eine Gratwanderung, die sich hier mal wieder heftig vermischt und zu einer außergewöhnlich genussvollen Lektüre führt. Ingrid Müller-Münch

Guillaume Musso: Ein Wort, um dich zu retten. Pendo / Piper 2020, ISBN 978-3866124837, 16,99 Euro

James Sallis: „Willnot“  Lamar Hale ist Arzt in Willnot, einer Kleinstadt an der amerikanischen Westküste. An einem verregneten Tag wird er vom örtlichen Sheriff zu einer alten Kiesgrube gerufen. In dieser haben Jäger ein Massengrab gefunden. Kurz darauf taucht Bobby Lowndes auf, ein traumatisierter Marine und Scharfschütze, der in Willnot aufwuchs und von Lamar als Kind behandelt wurde. Ihm auf den Fersen: eine wortkarge FBI- Agentin. Hat Lowndes etwas mit den Toten in der Kiesgrube zu tun? Was wie ein klassischer noir-Krimi klingt und beginnt, dunkel und brutal – und so auch fälschlicherweise auf dem Klappentext angepriesen wird –, entpuppt sich als Psychogramm einer Stadt und eines Mannes, der von den Toten verfolgt wird. Denn Lamar lag als Kind ein Jahr im Koma, besucht von Gespenstern, die ihn nicht mehr loslassen. Wenn der Arzt jetzt von sich, seinem Partner, Bobby Lowndes und seinen Patienten erzählt, lösen sich die Vorstellungen von festen Persönlichkeiten auf. Ebenen, Szenarien und Zeiten springen im schnellen Rhythmus. Dabei wechselt der Blickwinkel des Arztes vom Realen ins Mystische, von der Gegenwart in die Vergangenheit und Zukunft, vom Krankenhaus ins Zuhause. Als Leser ist hohe Aufmerksamkeit gefordert. James Sallis gilt als Philosoph und Metaphysi-

ker unter den amerikanischen Kriminalautoren. Immer wieder zitiert er im Roman explizit Philosophen wie Kierkegaard. So behandelt das Buch keinen Kriminalfall, der – Spoileralarm – auch nicht gelöst wird, sondern das Verhältnis zwischen Leben und Tod, von innerer Einheit und Zerrissenheit, von Heimat und Fremdheit. Wer einen dunklen Krimi erwartet, mag enttäuscht werden. Wer spannende Literatur liebt, die sich mit den existenziellen Fragen des Seins beschäftigt, wird begeistert sein. Jens Hüttenberger

James Sallis: Willnot. Liebeskind, 2019, ISBN 978-3954381029, 20,00 Euro.

Andrea Camilleri: „Kilometer 123“  Ein Krimi wie ein Tanz auf Messers Schneide. Eine Geschichte, die die Leser*innen an der nase herumführt, um zu guter Letzt eine brillante und ja, tatsächlich unerwartete Lösung zu präsentieren. Das Ganze kurzweilig in Form von Emails, SMS, Zeitungsmeldungen oder knapp gefassten Dialogen erzählt. Von dem 2019 verstorbenen Großmeister italienischer Krimikunst, Andrea Camilleri, der mit seinem sizilianischen Commissario Montalbano einen Welterfolg errang. Der Ausgangspunkt dieser wunderbar verschnörkelten Kriminalgeschichte verspricht schon einiges: Ester Russo sehnt sich nach ihrem Geliebten. Doch der Baulöwe antwortet nicht. Sie schickt ihm eine nachricht nach der anderen auf sein Handy - „Bitte, bitte, wo steckst du?“ - und weiß nicht, dass er gar nicht antworten kann. Denn Guilio Davoli hatte einen Autounfall. Bei Kilometer 123 der Via Aurelia Richtung Rom wurde bei regennasser Straße sein Panda von einem auffahrenden Auto gerammt. Davoli verlor die Kontrolle und stürzte die Böschung hinunter. nun liegt er im Krankenhaus, mit gebrochenem Kiefer. Kann nicht sprechen. Sein Handy, auf das all die verzweifelten nachrichten seiner Geliebten Ester eingehen, hat seine Frau


KRIMI-SPECIAL

DIE BESTEN NEUERSCHEINUNGEN – EMPFOHLEN VON DEN DRAUSSENSEITER-KRIMIKRITIKER*INNEN vom Krankenhauspersonal überreicht bekommen. Und die liest nun, mit anschwellendem Zorn, so Sätze wie: „Du fehlst mir, ohne dich bleibt mir keine Luft zum Atmen.“ Wie sich nun die zornigen Reaktionen all der an dieser Affäre beteiligten Freundinnen und Freunde, Ehemänner und Ehefrauen verheddern, wieder entwirren, um zu guter Letzt eine Intrige von ganz besonders ausgefeilter Bösartigkeit zu entlarven – das hinzubekommen bedarf eines Künstlers wie Andrea Camilleri. Ingrid Müller-Münch

Andrea Camilleri: Kilometer 123. Kindler 2020, ISBN 978-3463000107, 22,00 Euro

Maggie Nelson: „Die roten Stellen“  Jane Mixer wurde tatsächlich ermordet. 1969, als junge Studentin, suchte sie eine Mitfahrgelegenheit von der Uni nach Hause. Am darauffolgenden Tag fand man ihre Leiche. Sie wurde erschossen und erdrosselt, wie einige andere junge Frauen zu dieser Zeit in dieser Gegend. Die amerikanische Lyrikerin und Autorin Maggie nelson ist Janes nichte. Schon vor Jahren hat sie das Schicksal ihrer Tante in einem Roman verarbeitet. Sie hätte es dabei belassen können. Aber nein, stattdessen schrieb sie 2007, knapp 40 Jahre nach dem Mord, einen authentischen, autobiographischen Roman, der gleichzeitig eine ungewöhnliche Form der Gerichtsreportage und des Krimis ist. Dem Hanser-Verlag ist es zu verdanken, dass dieses literarische Kleinod nun auf Deutsch erschienen ist. Der Grund für die erneute Beschäftigung der Autorin mit dem Tod ihrer Tante: 35 Jahre nach dem Mord wird 2005 plötzlich alles wieder aktuell. Die Polizei hatte sich den Cold Case noch einmal vorgenommen und mithilfe einer DnA-Spur einen Verdächtigen gefunden. Einen Familienvater, bieder, ältlich, unscheinbar. Es kommt zum Prozess gegen ihn. Und obwohl Maggie nelson erst nach dem Tod ihrer Tante zur Welt kam, lässt

sie deren Schicksal nicht los. Von Beginn des Prozesses an wird sie Woche für Woche der juristischen Aufarbeitung von Janes Tod im Gerichtssaal folgen. Diesmal mit anderem Blick auf die Dinge. Einem Blick, der die Frage aufwirft: Was bringt dieser Prozess nach all den Jahren? Rache? Gerechtigkeit? Auf jeden Fall keine Klarheit - wie sich zeigen wird.Ein poetischer Umgang mit der juristischen Aufarbeitung eines Kriminalfalles. Maggie nelson stellt Fakten und Zeugenaussagen ihren Empfindungen und Erinnerungen gegenüber. Lässt mitfühlen, wie unerbittlich grausam Leben sein kann. Ein Buch, das mit seinen stillen Abschweifungen tief berührt. Ingrid Müller-Münch

Maggie Nelson: Die roten Stellen – Autobiographie eines Prozesses. Hanser-Berlin 2020, ISBN 978-3446265912, 23,00 Euro.

Michael robotham: „Schweige still“  Beide sind gleichermaßen geschädigt. Er, Cyrus Haven, der neue Protagonist des australisch-englischen Erfolgsautors Robotham, musste vor Jahren mitansehen, wie sein Bruder seine Eltern und seine Schwester tötete. nun ist er ein erwachsener Mann, ein Außenseiter, der Psychologe wurde, die Polizei berät, von Albträumen geplagt. Dieser beschädigte Mann trifft auf eine Jugendliche mit einer undurchsichtigen Vergangenheit und so gut wie keiner Zukunft. Einspieler: Ich erinnere mich an die Geschichte. Ein Mädchen, das in einem Geheimzimmer eines Hauses im norden von London gefunden worden war, geschätzt elf oder zwölf Jahre alt, obwohl sie weniger wog als ein halb so altes Kind. Eine Kreatur mit wilder Mähne und wirrem Blick, mehr Tier als Mensch, die auch unter Wölfen groß geworden sein könnte. Ihr Versteck war nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo die Polizei die verwesende Leiche eines Mannes gefunden hatte, der aufrecht auf einem Stuhl

sitzend zu Tode gefoltert worden war. Das Mädchen hatte Monate lang mit der Leiche gelebt und sich nur aus dem Haus geschlichen, um nahrung zu stehlen. Die teilte sie sich dann mit den beiden Hunden, die in einem Zwinger im Garten lebten. Evie Cormac, wie die Kleine angeblich heißt, schläft jede nacht mit einem Messer unter dem Kopfkissen und hat eine seltene Fähigkeit: Sie ist ein Truth-Wizzard, jemand, der erkennen kann, ob sein Gegenüber lügt oder die Wahrheit sagt. Evie Cormac und Cyrus Haven sind gleichermaßen voneinander fasziniert. Durch besondere Umstände zusammengeschweißt, ermittelt Cyrus im Fall eines Mädchenmordes. Doch immer wieder stößt auch Evie auf Spuren, wird in die Sache involviert, muss um ihr Leben fürchten. Zwei an Wahnsinn grenzende neue Protagonisten des Autors, der jahrelang die Bestsellerlisten mit einem von Parkinson heimgesuchten Ermittler führte. Eine über 500 Seiten anhaltende Höllenfahrt durch die Seelen von zwei schwerst verletzten Menschen. Die sich irgendwie am Leben entlanghangeln. Und wenig von dem verstehen, was normalität ist; dafür umso mehr von Abgründen und Höllenfeuern. Ingrid Müller-Münch

Michael Robotham: Schweige still. Goldmann 2019, ISBN 978-3442315055, 15,90 Euro.

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Corona-Spezial

„Mit Musik geht alles besser“ Von Christina Bacher

18

onstantin träumt schon lange von

gefallen.“ Er holt seine Frau und die bei­

einer eigenen kleinen Wohnung

den Töchter nach, um ihnen endlich eine

und einer richtigen Arbeit. Doch

bessere Zukunft ermöglichen zu kön­

wirklich auf der Suche ist er zurzeit

nen. Für seine Kinder, so sagt er, würde

nicht, was vor allem daran liegt, dass es

er alles tun. In Rumänien hätten sie kei­

ihm nicht besonders gut geht. Inzwi­

nerlei Chance auf eine gute Ausbildung

schen hinterlässt das jahrelange Leben

gehabt, nicht mal die Miete habe er zeit­

auf der Straße sichtbare Spuren an sei­

weise bezahlen können. „In Rumänien

ner Gesundheit. Die Corona-Pandemie

konnte ich meine Familie einfach nicht

tut ihr Übrigens, um ihm die wenigen

mehr ernähren“, erzählt der gelernte

Kontakte, die er zuvor hatte, zu nehmen

Koch, der zeitweise mehrere Jobs gleich­

und auch die Hoffnung auf bessere Zei­

zeitig hatte. Doch obwohl er oft täglich

ten: Er vermisst seine Kinder. Und er

von 7 bis 22 Uhr gearbeitet hat, kam er

weiß, dass er sich ganz besonders schüt­

nie auf mehr als 18 Euro am Tag – zum

zen muss vor dem gefährlichen Corona­

Leben für eine vierköpfige Familie zu

virus, weil er zur Risikogruppe gehört.

wenig, zum Sterben zu viel.

Doch wie soll das gehen, wenn man kei­

Nur deshalb sei er losgezogen, um sein

matland beuteln und dadurch die Selbst­

nen Rückzugsraum hat? Das Einzige,

Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.

bereicherungsmentalität der Eliten

was ihn zurzeit noch oben hält, sind die

„Meine Heimatstadt Brasov gilt als eine

gefördert würde – Geschichten, die die

Erinnerungen an vergangene Zeiten, in

der schönsten und kulturell interessan­

Sozialarbeiterin zwar Tag für Tag hört

denen es ihm besser ging. Aber lassen

testen Städte Europas – für Touristen

und doch weiß, dass jeder Mensch anders

wir ihn die Geschichte – mit gebühren­

und die vielen Studierenden aus aller

damit umgeht und sein ganz persönli­

dem Abstand bei einem Treffen auf den

Welt sicher ein Traum. Doch die Einwoh­

ches Schicksal zu tragen hat.

Poller Wiesen – von vorne erzählen.

ner*innen leiden unter extremer Armut

Konstantin erinnert sich ungern an die

Der 48-jährige Rumäne aus der Stadt

und der herrschenden Korruption des

Anfangsjahre in Deutschland, in denen

Brasov kommt im Frühjahr 2006 mit

Landes“, erklärt er in seiner Mutterspra­

er sich mit Gelegenheitsjobs durch­

großen Erwartungen nach Deutschland,

che Rumänisch. Er ist dankbar, dass es

schlägt, bis man ihn eines Tages erwischt

um zunächst in Duisburg, Düsseldorf,

auch in Deutschland immer mehr Men­

und verwarnt, denn nicht jeder Job war

Mainz und Stuttgart in unterschiedli­

schen gibt, die seine Sprache sprechen

angemeldet. Fast zeitgleich, als ihm die

chen Jobs Geld zu verdienen. An man­

und ihm Kompliziertes übersetzen kön­

Verdienstmöglichkeiten wegbrechen,

chen Tagen wird er morgens als Tagelöh­

nen, auch in den Einrichtungen. Inzwi­

verlässt ihn auch seine Frau und nimmt

ner in ein Auto geladen und irgendwo

schen hat er auch Deutsch gelernt,

die 4- und 6-jährigen Mädchen mit sich

zum Arbeiten hingefahren – „keine

wenigstens ein bisschen.

– sie bezieht eine eigene Wohnung am

Ahnung, wo wir da waren und wer uns

Heute ist Friederike Bender dabei, die

Rande Kölns. Das Leben des 48-Jährigen

beauftragt hat“ –, der Lohn wird am

Streetworkerin ist in der OASE für den

liegt nun in Scherben und er landet auf

Abend bar ausgezahlt. Eine Absicherung

Bereich Humanitäre Hilfen zuständig.

der Straße. Einzig sein Akkordeon-Spiel

gibt es nicht, an Rente ist so natürlich

Geduldig hört sie Konstantin zu und

gibt ihm Halt. Das Instrument erinnert

nicht zu denken. Dennoch verdient er

übersetzt, was er sagt. Der schlanke

ihn an seinen Großvater, der es ihm bei­

mehr als zuhause. Eine Weile geht das

Mann erzählt ihr, wie die instabile Geset­

brachte, als er noch ein kleiner Junge

gut. In Köln angekommen, schöpft er

zeslage und die Unterbezahlung der

war. So vermittelt ihm der Klang sofort

Hoffnung. „Die Stadt hat mir sofort

Arbeitnehmer*innen sein geliebtes Hei­

eine gewisse Geborgenheit.


Corona-Spezial

In unserer Reihe „Begrenzt – Entgrenzt – Ausgegrenzt?“ geht die Journalistin Christina Bacher der Frage nach, wie Obdachlose in Köln die Corona-Krise erlebt haben, denn zeitweise waren nach dem Shut-Down nur noch die Ärmsten der Armen im Stadtbild zu sehen. Einerseits waren sie endlich überhaupt mal sichtbar, andererseits hatten sie keinerlei Möglichkeiten, sich in einen geschützten Raum zurückzuziehen, obwohl sie häufig zur Risikogruppe gehören. Was ist aus ihnen geworden? Haben sie „überlebt“? Mussten sie abwandern und haben sie gar ihre letzte Hoffnung verloren? Oder schöpften sie Kraft aus ganz neuen Quellen? Sind manche auf der Platte gar kreativ geworden? Und hat ihnen ein künstlerischer Schaffensprozess sogar geholfen, weiter zu leben? Die Autorin, ausgezeichnet mit dem Sonderfonds der Kunststiftung NRW, möchte den Menschen auf der Straße mit dieser Kolumne eine Stimme (zurück) geben. Das Akkordeonspiel läßt Konstantin für eine kurze Weile seinen schweren Alltag vergessen. Streetworkerin Bender freut sich mit ihm über das neue Instrument. Foto: Christina Bacher

Als die Stadt Köln dann im Oktober 2018

sehr. Konstantins Stimme wird ganz

Musiker Christian Hecker und spendet

ein Wohnheim für Menschen aus Staa­

leise und sanft, wenn er über seine

kurzerhand eins seiner Instrumente –

ten der EU-Osterweiterung in der Vorge­

Mädchen spricht. Dann holt er ein paar

ein Wunder für den Obdachlosen und

birgstraße eröffnet, hat Konstantin – von

Fotos aus dem Rucksack und streicht

ein Grund zu großer Freude.

einigen Nächten in der Notschlafstelle

liebevoll über ihre Gesichter. Wie sehr

Feierlich nimmt er heute auf den Pol­

mal abgesehen – endlich wieder ein Bett

würde er sich wünschen, eine eigene

ler Wiesen das dunkelrote Instrument

zum Schlafen. In dem vom SKM verwal­

kleine Wohnung zu haben, in der die

entgegen. Er legt es um, schließt die

teten Haus kann er

beiden ihn auch mal

Augen und beginnt – plötzlich ganz ver­

zwar auch essen,

besuchen können.

sunken – mit dem Spiel melancholischer

Vor Kurzem hat Frie­

Weisen und alter Volkslieder, die ihn an

derike Bender erfahren,

die Schönheit Brasovs erinnern und an

dass Konstantins gelieb­

schönere Zeiten, in denen die Welt noch

tes Akkordeon nicht

in Ordnung war. Er hat an seinen inzwi­

mehr funktioniert. Aus­

schen verstorbenen Großvater gedacht,

gerechnet in Zeiten des

erzählt er später, der ihm früher immer

dies ist, fühlt er

Lockdowns, in denen

Mut zugesprochen hat. Und dann macht

sich nach wie vor

der Rumäne wenig Kon­

er eine Pause und sagt in nahezu fehler­

als

takte zu anderen pfle­

freiem Deutsch: „Es kommen sichere

ohne Zuhause. So ist er tagsüber – trotz

gen kann, fällt ihm auch noch das kleine

wieder bessere Zeiten. Wenn ich nur in

Corona – nach wie vor viel mit seinem

Zubrot durch die Straßenmusik weg. Sie

Köln bleiben kann. Ich liebe diese Stadt,

Gepäck auf der Straße unterwegs, wenn

ahnt, wie schlimm das für ihn sein muss

den FC und die Menschen hier. Schenkt

er gerade nicht bei Freunden unter­

und beschließt, einen Aufruf auf der

mir einfach einer ein Akkordeon! So

kommt. Seine Töchter darf er deshalb

Facebook-Seite des Straßenmagazins

etwas passiert sonst nirgends.“ Und

nur sporadisch sehen, das Sorgerecht

DRAUSSENSEITER zu schalten. Keine

dabei leuchten seine Augen vor Dank­

liegt bei der Mutter. Darunter leidet er

Woche später meldet sich der Kölner

barkeit. Und auch vor Hoffnung.

duschen und die Kleiderkammer nutzen – ein eige­ nes Zimmer hat er hier aber nicht. So dankbar er für all

»Es kommen sicher wieder bessere Zeiten. Wenn ich nur in Köln bleiben kann. Ich liebe diese Stadt, den FC und die Menschen hier.«

Getriebener

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CARTOON | CLAYD

von Heiko Sakurai

Foto: Nicole Homburg

Hallo Freunde,

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ich hoffe, ihr seid gut durch den Sommer gekommen. Bei uns war trotz Corona ’ne Menge los. Zum Beispiel hat Frauchen in Mülheim die Zweibeiner ohne Körbchen mit Essen und Trinken versorgt. Sie sagt, die haben kein Frauchen wie ich, die denen jeden Tag Essen gibt. Da ist was dran. Dann war ich noch beim Hundefrisör. Mein ganzes Unterfell ist nun rausgekämmt. Komisch war nur, dass mein Dosenöffner diesmal nicht dabei sein durfte. Und dann hatte die Alex, meine Frisöse, auch noch so ein Dings im Gesicht; „Maske“ heißt das wohl. Sieht komisch aus und ich war ganz erschrocken ...

Etwas später war ich noch bei der Physio – zur Massage. Danach fühle ich mich immer super und das mit dem Laufen klappt viel besser als sonst. Ich bin ja schon neun Jahre alt und so langsam muss ich unterwegs öfters mal eine Pause einlegen. Das mit den Treppen bei uns daheim ist auch nicht so doll. Frauchen will für uns nach einer Wohnung ohne Treppen suchen. Auch sie tut sich schwer und japst immer nach Luft mit ihrer Lungenerkrankung. Der Doc sagt, er hätte nie gedacht, dass ich es soweit schaffe. Aber wenn man ein Frauchen hat, das einem jeden Tag sagt, wie sehr sie einen liebt, dann hat man doch keine andere Wahl, oder? „Clayd, ohne dich geht gar nix“, sagt sie immer. Deshalb soll ich jetzt auch lernen, ein Streetworker-Hund zu werden –

das heißt vor allem, am Bollerwagen mitzu-gehen und nicht alle Zweibeiner, die zu uns kommen, zu verbellen. Denn die sollen ja kommen. Von uns kriegen sie dann Essen und Trinken. Manchmal ist auch ein neuer Hundekumpel dabei, meist größer als ich. So lerne ich, auch mit denen klar zu kommen. Den Bowie kenne ich ja noch von früher, als er klein war. Der ist jetzt ein Riese, aber ganz okay. Und Sam, ein Schäferhund, mit dem spiele ich immer, wenn ich beim Sitter bin. Trotzdem bleibe ICH Frauchens Prinz – ganz allein. Bis bald, euer Clayd l l l Hallo, ich bin Clayd aus Rumänien. Von dort bin ich zu meinem Frauchen, der Draussenseiter-Verkäuferin Kölsche Linda, gezogen. In meiner Kolumne erzähle ich, was ich so alles in meinem Alltag erlebe.


NEWS

Dauerhaftes Zusatzangebot AB AUGUST 2020

Soforthilfe für Straßenzeitungsverkäufer

Danke

Kölner Tafel liefert gehbehinderten Bedürftigen Essen nach Hause

für die

ank der Spenden unserer Leser*innen Unterstüt zung! und Unterstützer*innen in den #CoronaDRAUSSENSEITER-Soli-Fonds ist eine Summe von 2.915 Euro zusammengekommen, mit der wir jetzt den Verdienstausfall unserer Verkäufer*innen für die Monate April bis Juni ausgleichen können. Aber auch die Verkäufer*innen, die nur sporadisch mit dem Heft unterwegs sind, werden mit fünf Gratisexemplaren unterstützt. Allen Spender*innen danken wir von Herzen! (cb)

D

S

ocial Distancing, Hände waschen, Maske tragen – es gibt Weniges, was das Leben in den vergangenen

Monaten so maßgeblich bestimmt hat, wie Corona. Und auch wenn „Abstand halten“ nach wie vor das Gebot der Stunde ist, gilt es, die sozial-gesellschaftlichen Auswir­ kungen der Corona-Krise gemeinsam zu bewältigen. Gemäß diesem Motto arbeitet die Kölner Tafel an einem

Die AKTION BIESENBACH - eine kleine Hilfe gegen den Hunger

dauerhaften Zusatzangebot, das sich an Menschen mit

D

nicht persönlich aufsuchen können. Diesen Menschen

körperlichen Einschränkungen oder schweren psychi­ schen Problemen richtet, die die Ausgabestellen der Tafel

ie jahrelange gute Kooperation der OASE mit der Aktion Biesenbach läuft selbstverständlich auch in diesen schweren Zeiten weiter. So haben die ehrenamtlichen Helfer*innen im Juli und August Tüten mit belegten Broten, Obst und einem Getränk zur täglichen Ausgabe an ausschließlich Obdachlose vorbereitet, die die OASE-Mitarbeiter*innen durch das Fenster herausgaben. Seit über 20 Jahren bereiten die „Butterbrot-Leute“ – einst auf Initiative des Ehepaars Biesenbach – in Zusammenarbeit mit der Katholischen Frauengemeinschaft in Deutz gut belegte Butterbrote vor, die sie mit Obst und Milchgetränken an die Wartenden unter dem Dach der OASE ausgeben. Die Care-Pakete wurden dankbar angenommen. (cb)

sollen in Zukunft Lebensmittel nach Hause geliefert wer­ den können. Dabei setzt die Tafel auf die Unterstützung engagierter Freiwilliger, die Lebensmittel mit elektrischen Lastenrädern oder einem E-Auto direkt zu den Menschen bringen. „Die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig es ist, die Menschen zu versorgen, die ihre Wohnungen nicht verlassen können“, sagt Kolja Rath, selbst Freiwilliger und Organisator des Zusatzangebots. „Das Angebot richtet sich an immobile Menschen – diese zu erreichen und über das Angebot zu informieren, ist der wohl schwierigste Schritt. Wir geben unser Bestes, an den entscheidenden Stellen für das Projekt zu werben, aber Mundpropaganda bleibt wohl eine der effektivsten Methoden. Daher sind wir auf

Steuerlich aufwendbare Spenden an: Kath. Kirchengemeinde St. Heribert „Aktion Biesenbach“ Sparkasse KölnBonn, BIC: COLSDE33, IBAN: DE35 3705 0198 0087 6529 62

die Hilfe jedes Einzelnen angewiesen, von dem Projekt zu berichten.“ Die Tafel zeigt sich zuversichtlich. „Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen. Wir wissen nicht, wie groß die Nachfrage schlussendlich sein wird, wir sind aber opti­ mistisch, dass die Kapazitäten der Tafel reichen, um dieser

Dank und Anerkennung für ehrenamtliches Engagement

gerecht zu werden“, so Kolja Rath. Zuallererst gehe es darum, so viele betroffene Menschen wie möglich auf das Projekt aufmerksam zu machen. Ob die Kölner Tafel

F

damit sogar zum Vorreiter ähnlicher Angebote in anderen deutschen Städten avanciert, bleibt abzu­ warten. (Kyra Beganer)

Foto: OASE

ür ihr bürgerschaftliches Engagement wurde der OASE für die Durchführung der DRAUSSENSEITER-Touren durch Oberbürgermeisterin Henriette Reker Dank und Anerkennung ausgesprochen und eine Urkunde überstellt. Stadtführer Detlev freute sich über die gute Nachricht. (cb)

Kontakt und Informationen: www.koelner-tafel.de  Email: lieferservice@koelner-tafel.de Tel.: 0221 / 35 1000

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STREET ART

Foto: SeiLeise / Tim ossege

Tim Ossege, bekannt unter „SeiLeise“, ist ein in Köln beheimateter Grafi k- und Reverse-Graffiti Künstler. Geboren 1984 fängt er 2010 mit Sprühen an. Heute ist er einer der produktivsten Reverse-Graffiti Künstler in Deutschland. Eines seiner Bilder ziert auch den aktuellen Umschlag dieser DRAUSSENSEITER-Ausgabe.

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ABo | IMPRESSUM

IM P RE SS U M

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AKTION Für die ersten fünf Abos, die bis zum 30.9.2020 abgeschlossen werden, gibt es ein persönlich signiertes Heft von Street-Art-Künstler Tim Ossege obendrauf.

redaktionsleitung Christina Bacher (cb), bacher@draussenseiter-koeln.de www.draussenseiter-koeln.de redaktionsassistenz Sabrina Burbach, burbach@draussenseiter-koeln.de Herzlichen Dank allen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Ausgabe. Lektorat Barbara Feltes Titelgestaltung Deborah Keser Titelfoto SeiLeise / Tim ossege

ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr

gestaltung Innenseiten Edgar Lange, https://www.desdev.de Druck druckdiscount24.de Abos Martina Jühlke, juehlke@oase-koeln.de

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Vertrieb Ali Baran / Rudolf Fronczek

(Als Dankeschön für das Förder­Abo gibt es zudem das Buch „Köln trotz(t) Armut“.)

Herausgeber Benedikt-Labre e.V. – oASE Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln Tel.: 0221 / 98 93 53-0, Fax: 0221 / 98 93 53 16

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VORSCHAU

Gratis-Tipp z Ausstellung

Der FC trägt den Dom nicht nur im Wappen. Auf dem Heimattrikot ist die berühmte Sehenswürdigkeit auch ins Design eingearbeitet – als Ausdruck der Verbundenheit des Clubs mit der Stadt und ihrem Wahrzeichen. Der Kölner Fotograf Peter Ruthardt (siehe Interview auf den Seiten 10-13) war mit seiner Kamera dabei, als der Kölner Dom diese Verbundenheit am 27. August 2016 mit einem ökumenischen Mittagsgebet mit Leben erfüllen wollte. Gebetet wurde um Achtung, Respekt und Freude am Spiel.

Foto: Kölner Schauspiel

Ökumenisches Mittagsgebet im Bild

In dem Stück „Vernon Subutex“, in dem es um einen obdachlosen Plattenhändler in Paris geht, wird u.a. die Hauptfigur durch eine Puppe verkörpert.

Let the puppets dance

P

Eine Ausstellung im Rahmen der Reihe KiK (Kunst im Kettelerhaus) Bernhard-Letterhaus-Str. 26, 50670 Köln vom 3. September bis 30. Oktober 2020 Das Haus ist geöffnet von Mo. bis Do. von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr, am Freitag bis 12.00 Uhr.

uppentheater – das wissen inzwischen nicht nur die Fans von Hänneschen Theater, Augsburger Puppenkiste oder Kölner Künstler Theater – ist nicht nur was für Kinder. Figuren werden inzwischen in verschiedenster Form an nahezu allen Schauspielhäusern eingesetzt – geführt von Schauspieler*innen, die ihr Handwerk an der Puppe eigens gelernt haben. Wir haben mit Schauspielerin Magda Lena Schlott und Regisseur Moritz Sostmann vom Kölner Schauspiel darüber gesprochen, wie unentbehrlich Puppen gerade für das zeitgenössische Theater sind. Und wir haben Menschen getroffen, die ohne ihre Puppen und Stofftiere nicht mehr leben können. Außerdem klären wir die Frage, warum die berühmte George Sand, diese kämpferische Frau, auf ihrem Landsitz in Nohant unzählige Puppenkleider genäht hat.

Aktuell ist eine Besichtigung wegen der Coronapandemie nur nach telefonischer Anmeldung möglich: Telefon: +49 (0)221 77 22 0

Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Oktober 2020. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749

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SERVICE n Sozialdienst Katholischer Männer e.V.

Foto: Simon Veith

Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de

n Vringstreff e.V.

In der OASE.

Für Alle n Diakoniehaus Salierring Fachdienst für Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe d. Diakonischen Werkes Köln und Region, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 12.3016.30 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten) Straffälligenhilfe: Zeiten wie oben Tagestreff: Mo bis Fr 8.30-12.30 Uhr, Frühstück, (donnerstags auch Mittagessen), Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung, Internetzugang Kleiderkammer: Di u. Do 9-11.30 Uhr Krankenwohnung, Betreutes Wohnen § 67 SGB XII, Ambulante Begleitung gem. § 67 SGB XII, Betreutes Wohnen § 53 SG XII, Clearingstelle Claro im Trägerverbund

n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für

Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, info@emmaus-koeln.de, www.emmaus-koeln.de

Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung

Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr

n Bürger für Obdachlose e.V.

n Kölner Obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83 Angebote: 9-11 Uhr: Kostenloses sonntägliches Frühstück jeden 3. Sonntag im Monat im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429, und jeden 4. Sonntag in der MüTZe, Berliner Str. 77, Köln-Mülheim

n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme

Appellhofplatz: Essenausgabe u. medizinische Versorgung, Mo bis Fr ab 21 Uhr Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstiger Einkauf von Secondhand-Artikeln, Dritte-WeltArbeit durch Versand von Hilfslieferungen

n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de http://skm-koeln.de/9.0/9.1.8/rochus-p.html

Angebote: Mo bis Fr warmes Essen von 12.0014.00 Uhr, kalte u. warme Getränke, DuschmögTrankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, lichkeit (Behindertendusche u. -toilette), Wäsche 50667 Köln, Tel.: 120 60 91 waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Beratung Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, tägl. von 11.00-15.00 Uhr oder nach VereinbaTagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit rung. Medizinische Sprechstunde Di und Do von Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Inter- 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes betreunetzugang, Kunstausstellungen, Handyladestati- tes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet-Zugang. on, Gepäckaufbewahrung Sa geöffnet – es gibt Frühstück. Kleiderkammer: Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8-16 Uhr täglich geöffnet, Mo zwischen 9.15 und 10.30 Uhr (Kernöffnungszeiten), Wochenende und auch für Menschen aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Feiertage 10-18 Uhr Köln Pass. Öffnungszeiten: Mo-Fr. 11.00-15.00 Kleiderkammer: Do 13.30-15.30 Uhr Uhr, Sa. 10.00-13.00 Uhr

n Gulliver – Überlebensstation f. Obdachlose

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Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de

Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de

Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de

n Emmaus

Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr

Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebraucht-

n OASE-Benedikt Labre e.V. Alfred Schütte Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de

Kontakt- und Beratungsstelle: Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung

Offener Treff: Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr

Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr

Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung Redaktionssitzung DRAUSSENSEITER:

siehe Aushang


SERVICE

n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de

Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen

Nur für Frauen n agisra e.V.

Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung an weiterführende Hilfen möglich.

n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, Nähe Südfriedhof, 50968 Köln, Tel.: 99 56-43 00 efh@diakonie-michaelshoven.de www. diakonie-michaelshoven.de Notaufnahmeheim für Frauen und Frauen mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung, Wohnen, Beratung und Begleitung. Das Haus ist rund um die Uhr geöffnet.

Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Salierring 48, 50677 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org

n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und

Beratung nach Terminvereinbarung, Telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr

Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote

n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310 Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr Café Auszeit 2 Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232.14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de

Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de

Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210 Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:

Wohnprojekt für Frauen

n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen

Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85 Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatungrechtsrhein@lobby-fuer-maedchen.de Mi bis Fr ganztägig nach Vereinbarung Fr 14-18 Uhr ohne Anmeldung

Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57 Foto: Christina Bacher

In unserer stationären Einrichtung für wohnungslose Männer bieten wir folgende Hilfen an: Beratung und Unterstützung durch fachkompetente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachgehende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote

Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de

n Mäc-Up

Der Second-Hand-Laden der Sozialistische Selbsthilfe Köln (SSK) befindet sich am Salierring 37 und 41.

n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH Erik-Wickberg-Haus Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13 koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh

n Haus Rosalie

Mädchenberatung linksrheinisch Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 50 Jeden Dienstag und Donnerstag offene Beratung maedchenberatung-linksrhein@lobbyvon 10 -15 Uhr; Donnerstags von 10 bis 12 Uhr fuer-maedchen.de Frauenfrühstück Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung

n Comeback

Nur für Männer

Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr.

Foto: Wolfgnag Kurtz

waren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.

Lobby-Restaurant LoRe, Domstr. 1, Nähe Hauptbahnhof.

n Notschlafstelle für Männer Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren

n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr 27


DANKE!

Die Corona-Krise hat Armutsbetroffene besonders hart getroffen. Hiermit wollen wir «Danke» sagen für Ihre Unterstützung, die eine Soforthilfe unserer Straßenzeitungsverkäufer*innen ermöglicht. Dank Ihnen kann das Herz der Straße weiterschlagen. #Corona-Draussenseiter-Soli IBAN DE66 3705 0198 0016 5020 31 SPArKASSE KÖLNBONN / BIC COLSDE33 OASE - Benedikt-Labre e.V. Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln www.draussenseiter-koeln.de

FoTo: SIMon VEITH

FoTo: SIMon VEITH

SAGEN DIE DRAUSSENSEITERVERKÄUFER*INNEN


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