Es gibt auch zahlreiche Projekte in Bestandsgebäuden. Neben den „normalen“ Wohngebäuden sind hier insbesondere Projekte zu erwähnen, die in ehemals industriell genutzten Gebäuden oder Schulen realisiert worden sind. Viele gemeinschaftliche Wohnprojekte finden entsprechend ihrer Gemeinschaftskonzeption und ökologischen Vorstellungen bautechnisch und gestalterisch besonders angepasste Lösungen.
// Für Projektinitiativen, die selbst bauen möchten, muss der Zugang zu geeigneten Grundstücken verbessert werden. Ein Problem ist hier, dass Projektgruppen mehr Zeit benötigen, um ein Grundstück zu entwickeln und es dann zu kaufen, als professionelle Projektentwickler oder Investoren. Um dieses Problem zu lösen, gibt es erste Ansätze der Konzeptvergabe und Reservierung von Grundstücken (zum Beispiel „Anhandgabe“ in Hamburg und München). // Es gibt eine große Gruppe in der Bevölkerung, die sich das Wohnen in einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt wünscht, um insbesondere im Alter der Vereinsamung entgegenzuwirken und soziale Unterstützung zu bekommen. Dies sind häufig ältere Frauen mit kleinen Renten. In der überwiegenden Zahl der Projekte werden jedoch keine Wohnungen für diese Nachfragegruppe realisiert. Daher ist es erforderlich, neue Finanzierungsansätze zu entwickeln, damit auch Menschen mit sehr geringen Einkommen/Renten eine entsprechende Wohnung beziehen können.
/ Aegidienhof, Lübeck /
AUSBLICK Das Leben in gemeinschaftlichen Wohnprojekten hat in Deutschland in den letzten Jahren eine zunehmende Relevanz bekommen. Dazu beigetragen hat, dass diese Lebensform aus der „alternativen Ecke“ herausgekommen ist und ein anderes Image bekommen hat: Mit dem gemeinschaftlichen Wohnen wird heute nicht mehr eine rein experimentelle Lebensform verbunden, sondern eine ganz normale Möglichkeit, die gegenseitige Unterstützung in der Nachbarschaft zu organisieren und damit insbesondere das Leben von Familien und älteren Menschen zu verbessern. Mit zur Verbreitung beigetragen hat auch, dass es Wohnungsgesellschaften und Investoren gibt, die diese Wohnform für Menschen möglich machen, die nicht selbst investieren können und auch oft nicht in der Lage wären, ein solches Projekt selbst zu entwickeln.
// In der aktuellen Diskussion wird viel über positive Wirkungen gemeinschaftlicher Wohnprojekte für die BewohnerInnen und auf das Umfeld gesprochen. Daraus wird oft die Forderung nach einer Unterstützung durch die öffentliche Hand abgeleitet. Es sollte genauer untersucht werden, worin diese Wirkungen konkret bestehen und wie sie verstärkt werden können. Es sollte aber ebenso untersucht werden, ob es auch negative Wirkungen auf das Umfeld gibt (Stichwort Gentrifizierung), damit eine Förderung der positiven Effekte zielgenau erfolgen kann. Mittlerweile gibt es einige Projekte, die 20 Jahre und länger existieren. Es ist lohnend, die Erfolgsfaktoren zu identifizieren, die dazu beitragen, dass Projekte so lange stabil bestehen. Vermutlich sind eine konsistente Gemeinschaftsbildung in der Entwicklungsphase sowie eine geeignete Rechtsform und Organisation Schlüsselelemente in diesem Zusammenhang. Aber auch aus der Analyse von Schwierigkeiten kann viel für die Entwicklung zukünftiger Projekte gelernt werden.
AUTOR: MICHA FEDROWITZ Micha Fedrowitz, Dipl.-Ing. Raumplanung und Mediator, Mitarbeiter bei WohnBund-Beratung NRW, Bochum Mitglied im Vorstand des wohnbund e.V.
Das Leben in einer guten Nachbarschaft hat für eine Mehrheit der Bevölkerung eine hohe Relevanz – und trotzdem ist das gemeinschaftliche Wohnen immer noch ein Nischenprodukt auf dem Wohnungsmarkt. Auf dem Weg zu einer größeren Breitenwirkung gibt es mehrere Herausforderungen:
Themen: Projektentwicklung und Moderation gemeinschaftlicher Wohnprojekte, Soziale Stadterneuerung, Forschung www.gemeinschaftswohnprojekte.de E-Mail: micha.fedrowitz@wbb-nrw.de