Nachhaltige Stadtplanung

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Abb. 9 Rückstrahlvermögen (Albedowert) verschiedener Oberflächen Abb. 10  Platanenkubus im Rahmen der Landesgarten­ schau 2012, Nagold (D), ­Ferdinand Ludwig/IGMA der Universität Stuttgart, Daniel Schönle Abb. 11  begrünte Lärm­ schutzwand, Frankfurt am Main (D) 2013 Abb. 12 menschlicher ­Organismus als thermischer ­Wirkungskomplex (KlimaMichel-Modell) Abb. 13  Sonnensegel in der Fußgängerzone »Calle ­Sierpes«, Sevilla (E) Abb. 14  Wasservernebler im Außenraum, Hiroshima (J)

10  vgl. Frentzen 2006

Rückstrahlvermögen (Albedo) [%]

Kapitel 4 — Handlungsfelder

100 90 80 70 60 50

frischer Schnee

weißer Anstrich

alter Schnee trockener Sand

40 Eis 30 20

Wände

Wüste

roter, brauner, grüner Anstrich

Dächer Wiesen

10 Wasser

Wald

Straßen

0 Abb. 9

Stimmung, viele wanderten ab. Um diesen Missstand zu beheben, beschloss der Bürgermeister, an einer Felswand in 1100 m Höhe 14 lenkbare Spiegel zu installieren, um das Sonnenlicht in das Dorf zu lenken. Mittlerweile wird der Ansatz auch in anderen lichtarmen Dörfern diskutiert.10 Was die einen zu wenig haben, haben die anderen zu viel. So versucht man in der traditionellen arabischen Architektur durch enge Straßenräume, Gebäudestaffelung oder Lichtsegel so wenig direktes Sonnenlicht wie möglich in den Außenraum zu lassen, um der extremen Aufheizung vorzu­ beugen. Die beiden Extrembeispiele zeigen deutlich, dass je nach Standort des Quartiers spezifische Strategien für den Umgang mit der Sonneneinstrahlung entwickelt werden müssen. Dabei sei angemerkt, dass im Zuge der Klimaerwärmung und der damit verbundenen Zunahme von extremen Wettersituationen auch in gemäßigten Klima­ zonen zukünftig verstärkt über temporäre Maßnahmen zur Reduzierung der Hitzebelastung wie Sonnensegel, Begrünung, Luftbefeuchtung oder Wasserelemente nachgedacht werden muss (Klimaanpassung).

bung auf (Heat-Island-Effekt). Nicht ohne Grund werden die Häuser in Griechenland traditionell weiß gestrichen. Jedoch ist der Albedowert einer Oberfläche nicht immer gleichzusetzen mit dem Beitrag zum Heat-Island-Effekt. So haben Grünflächen zwar ein geringes Rückstrahlvermögen und absorbieren somit einen Großteil der eintreffenden Solarstrahlung, jedoch wird die eintreffende Energie im Photosynthese-Prozess umgewandelt und trägt deshalb nicht zur Aufheizung bei. Gleichzeitig haben Grünflächen, aber auch versickerungsfähige Oberflächen wie Rasengittersteine oder wassergebundene Decken durch die Verdunstung des gespeicherten Wassers eine Art Pufferfunktion für das Mikroklima. Dabei müssen Grünflächen nicht immer nur auf die Horizontale beschränkt sein, sondern können durchaus auch, wie bei einer Fassadenbegrünung oder einem Baum, als vertikale Begrünung eingesetzt werden (Abb. 10 und 11). Für die nachhaltige Planung von Quartieren ist es wichtig, Materialien nicht nur im Hinblick auf ihre gestalterische Qualität, Be­­ ständigkeit und Kosten auszuwählen, sondern auch deren Auswirkungen auf das Mikroklima zu berücksichtigen.

Oberflächen

Thermischer Komfort und Wohlbefinden

Abb. 10

Neben der Intensität der direkten Solarstrahlung haben auch die verwendeten Oberflächen einen wesentlichen Einfluss auf den Wärmeeintrag in der Stadt. Im Gegensatz zu Schnee, Sand oder hellen Farben absorbieren Wasser, Dächer und Straßen einen Großteil der eintreffenden Sonnenstrahlen und weisen damit ein geringes Rückstrahlvermögen (Albedowert) auf (Abb. 9). Je geringer der Albedowert ist, desto mehr Solarstrahlung wird von den Oberflächen absorbiert und desto mehr heizen sie sich und ihre UmgeAbb. 11

Stadt

Die Lufttemperatur für sich allein betrachtet lässt noch keine Aussage über den thermischen Komfort im Außenraum zu. Dieser wird durch eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren wie der direkten Sonnenstrahlung, der Windgeschwindigkeit, der Luftfeuchte oder auch der Wärmestrahlung der Umgebungsoberflächen bestimmt. So macht es beispielsweise einen großen Unterschied, ob man sich bei 35 °C in der direkten Sonne oder im Schatten aufhält. Für den Wärmehaushalt des


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