Umgang mit historischen Fenstern im Bestand und im Baudenkmal
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Sein Büro realisierte 80 –100 Projekten pro Jahr und zählte zu den produktivsten seiner Zeit in Europa. Zu Manz’ wesentlichen Verdiensten gehört die konsequente Rationalisierung aller Baubereiche. Fortschrittlich zu produzieren, hieß für Manz, alle Arbeitsprozesse auf ihre Ökonomie zu prüfen und zu optimieren. Daher passte das panzerverglaste Fenster – ein mit geringem Aufwand funktional stark verbessertes Element mit einfacher Verglasung – optimal zur Manz’schen Bauphilosophie. Das Mehrscheiben-Isolierglas (MIG) ist die konsequente Weiterentwicklung von Konstruk tionen wie Kasten-, Panzer- und Verbundfenstern und all ihrer Varianten – ohne deren Nachteile wie hoher Material- und Fertigungsaufwand, umständliche Handhabung und doppelter Pflege- und Instandhaltungsaufwand oder bauphysikalische Probleme durch Kondensat. Die Rahmen- und Flügelkonstruktionen von Isolierglasfenstern unterscheiden sich kaum von anderen Fensterkonstruktionen. 1865 meldete der Amerikaner Thomas D. Stetson seine Idee zum Patent an: Eine Fensterverglasung, aus zwei Scheiben hergestellt, am Rand allseitig miteinander verklebt, mit Luftpolster im abgeschlossenen Scheiben zwischenraum. Es sollte jedoch etwa 100 Jahre dauern, bis Isoliergläser durch spezielle Be schichtungen und Gasfüllungen dazu beitrugen, den energetischen Standard von Fens-
tern zu verbessern und den Fenstermarkt zu erobern (Abb. B 4.22, S. 154). Die industrielle Fertigung und Verwertung von Isolierglas setzte zwischen den beiden Weltkriegen ein. Ab den 1980er-Jahren ist das Isolierglas marktbeherrschend. Durch die Energiedebatte und -verteuerung hat das Mehrscheiben-Isolierglas in den letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung erlebt. Je nach Ausführung des Randverbunds unterscheidet man folgende drei Isolierglastypen: • randverschweißtes Isolierglas: Die äußerst schwierige industrielle Herstellung des randverschweißten Isolierglases gelang in den USA und in Deutschland. • gelötetes Isolierglas: Das gelötete MIG wurde in den USA entwickelt, aber auch in Europa hergestellt und vertrieben (Abb. B 4.23, S. 154). Die technische Weiterentwicklung dieser frühen, nur mit Luft gefüllten Verglasungen ermöglicht heute den Einsatz von Verglasung mit unterschiedlichsten Spezifi kationen wie Wärme und Schallschutz, Sicherheit, UV-Schutz und vielem mehr. • geklebtes Isolierglas: Die gelöteten und randverschweißten Isoliergläser haben in den letzten Jahren völlig an Bedeutung verloren. Insbesondere wegen der einfacheren Fertigungstechnik und dem Fehlen patentrecht licher Hemmnisse hat sich das geklebte Isolierglas durchgesetzt. Der erfolgreichen Entwicklung in Deutschland kamen die Erfahrungen mit Sicherheitsgläsern im Fahrzeug-
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Isolierglasfenster
B 4.12 bauzeitliches Verbundfenster, Robert-BoschHaus, Stuttgart (D) 1910, Jakob Früh, Carl Heim a Ansicht b Vertikalschnitt c Horizontalschnitt B 4.13 Robert-Bosch-Haus, Stuttgart (D) B 4.14 Systemzeichnung eines Panzerfensters B 4.15 bauzeitliches Panzerfenster, Verwaltungsge bäude, Kreuzlingen (D) 1911 a Ansicht b Vertikalschnitt B 4.16 Verwaltungsgebäude, Kreuzlingen (D) 1911 B 4.17 Fensterhebemechanik, Robert-Bosch-Haus, Stuttgart (D) 1910 B 4.18 bauzeitlicher Fenstergriff aus Aluminium, Villa Wagner, Friedrichshafen (D) 1965 B 4.19 durch Farbabplatzungen etc. verunreinigter Scheibenzwischenraum einer Panzerverglasung B 4.20 profiliertes Fischband B 4.21 aufliegendes Ziergetriebe mit Fensterolive
bau zugute. Das erste industriell hergestellte MIG mit geklebtem Rand war das sogenannte Kunzendorfer Doppelglas. Üblich ist bis heute ein geklebter Randverbund aus Profil (Abstandhalter) und Klebstoff. Nahezu ausnahmslos werden geklebte, zweifach und dreifach isolierverglaste Fenster hergestellt, je nach Notwendigkeit auch als Verbundkonstruktion (siehe auch »Mehrscheiben-Isolierglas«, S. 91ff. und Abb. B 2.15, S. 94). Funktionsweisen Festverglasung
Am Anfang stand der festverglaste Fensterverschluss (siehe »Die geschichtliche Entwicklung des Fenster – Von den Anfängen bis in die frühe Neuzeit«, S. 12 ff.), für den in den zurückliegenden Jahrhunderten eine Vielzahl an Konstruktions- und Funktionsprinzipien entwickelt wurden. Im Zuge der zunehmenden Klimatisierung von Gebäuden wird das Fenster immer weniger zur Belüftung benötigt, sodass heute Festverglasungen häufig das gesamte Fassadenbild prägen. Drehflügel-, Kipp- und Klappfenster
Das moderne Standardfenster ist in Mittel europa heute ein nach innen öffnendes Dreh-/ Kippfenster. Aus gestalterischen und funktiona-
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