Entwerfen von Tragwerken aus Konstruktionsbeton
bauaufsichtliche Anforderung
tragende Bauteile ohne Raumabschluss
tragende Bauteile mit Raumabschluss
nichttragende Innenwände
feuerhemmend
R 30 F 30
REI 30 F 30
EI 30 F30
hochfeuerhemmend
R 60 F 60
REI 60 F 60
EI 60 F 60
feuerbeständig
R 90 F 90
REI 90 F 90
EI 90 F 90
–
REI-M 90
EI-M 90
Brandwand
Bedeutung der Kurzzeichen: R = Tragfähigkeit, E = Raumabschluss, I = Hitzeabschirmung unter Brandeinwirkung, M = mechanische Einwirkung (Stoßbeanspruchung) B 4.16
senkrecht zu den Bauteilrändern verlaufen. Die äußeren Einwirkungen und die Stabkräfte des Stabwerks müssen in jedem Knotenpunkte im Gleichgewicht stehen. Die Ermittlung der Stabkräfte entspricht insofern der Berechnung eines Fachwerks. Außerdem sind bei den Druckstäben die Betondruckspannungen der Druckfelder nachzuweisen. Für die Zugstäbe ist eine hinreichende Bewehrung zur Abdeckung derselben zu ermitteln. In einem weiteren Schritt gilt es, die Knotenpunkte des Stabwerks, in denen sich die Kräfte einschnüren und die in vielen Fällen für die Bemessung maßgebend sind, zu ermitteln. Es sei an dieser Stelle jedoch auf den Umstand hingewiesen, dass das Bemessen mit Stabwerkmodellen nicht zu eindeutigen Lösungen führt. Dies liegt in der besonderen Natur des Werkstoffs, dessen Tragverhalten in hohem Maße von der Bewehrungsführung abhängig ist. Eine Bemessung von Bauteilen mit der Methode der Stabwerkmodelle erfordert umfangreiche Erfahrung und Kenntnis des Tragverhaltens. Stabwerkmodelle ermöglichen aber im Unterschied zu vielen anderen schematischen Bemessungsverfahren eine außerordentlich anschauliche und nachvollziehbare Beschreibung des Kraftflusses in Stahlbetonbauteilen. Aus diesem Grund eignen sie sich hervorragend für das Entwerfen von Bauteilen aus Konstruktionsbeton und helfen, deren Bewehrung bis ins Detail (und dies ist ein wesentlicher Teil des Konstruierens mit Beton) festzulegen. Darüber hinaus erlauben sie es in besonderer Weise, das Verständnis von Lastabtragung und Kraftfluss zu schulen. Eine ausführliche Beschreibung des Bemessens und Konstruierens mit Stabwerkmodellen mit vielen Beispielen ist im »Beton-Kalender« zu finden [1]. Nachweis der Feuerwiderstandsdauer
Für Geschossbauten bestehen Brandschutzanforderungen, die sich vor allem auf die Brennbarkeit der Werkstoffe und auf den Nachweis der Feuerwiderstandsdauer beziehen. Beton und Betonstahl sind als nicht brennbare Werkstoffe eingestuft. Die Feuerwiderstandsdauer von Betonbauteilen ist aber von deren Ausbildung abhängig.
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Die Einteilung der Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen regelt in Deutschland DIN 4102-2 »Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen« über fünf Feuerwiderstandsklassen F 30, F 60, F 90, F 120 und F 180. Dies bedeutet, dass Bauteile einen genormten Brandversuch über eine Zeitspanne von mehr als 30, 60, 90, 120 oder 180 Minuten überstehen müssen. Das europäische Bemessungskonzept DIN EN 13 501-1 »Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten« sieht eine differenzierte Klassifizierung des Brandwiderstands in die Klassen R (Tragfähigkeit), E (Raumabschluss), I (Hitzeabschirmung unter Brandeinwirkung) und M (mechanische Einwirkung, Stoßbeanspruchung) vor, mit deren Hilfe zwischen tragenden und nichttragenden Bauteilen sowie zwischen Bauteilen mit bzw. ohne Raumabschluss unterschieden werden kann (Abb. B 4.16). Es wurde bereits in das deutsche Baurecht eingeführt. Die Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen regeln in Deutschland die Landesbauordnungen in Abhängigkeit vom Gebäudetyp. Die Brandbemessung von Stahlbetonbauteilen ist in DIN EN 1992-1-2 »Tragwerksbemessung für den Brandfall« festgeschrieben. Sie erlaubt drei unterschiedliche Nachweisverfahren. Für eine Nachweisführung mithilfe von tabellarischen Daten sind bauteilabhängig für herkömmliche Feuerwiderstandsklassen Mindestanforderungen an die Querschnittsabmessungen, die Betondeckung und die Achsabstände der Bewehrung für Betonfestigkeitsklassen ≤ C 50/60 in Form von Tabellen aufgeführt (Abb. B 4.17). Insbesondere für Stützen ergeben sich gegenüber den früheren Regelungen sehr viel größere Mindestabmessungen. Sofern die Querschnittsabmessungen oder die Achsabstände der Bewehrungsstäbe die tabellarischen Mindestwerte unterschreiten, kommen in der Bemessungspraxis Berechnungsverfahren für die sogenannte Heißbemessung zum Einsatz. Entsprechend DIN EN 1992-1-2 werden dabei vereinfachte Bemessungsverfahren, die eine Berechnung auf der Grundlage von vergleichsweise einfachen Berechnungsmethoden erlauben, von allgemeinen Bemessungsverfahren unterschieden, die mehr oder weniger aufwendige numerische Simulationen erfordern.
B 4.16 B 4.17
Feuerwiderstandsklassen und bauaufsichtliche Anforderungen für verschiedene Bauteile tabellarische Angaben zum Feuerwiderstand gemäß DIN EN 1992-1-2: Mindestanforderungen an die Querschnittsabmessungen von Balken, Platten und Stützen, die Betondeckung und die Achsabstände der Bewehrung für Betonfestigkeitsklassen ≤ C 50/60
Ortbeton-, Fertigteil- und Halbfertigteilbauweise Die Herstellung von Betonbauteilen kann grundsätzlich in Ortbeton-, Fertigteil- oder in einer Mischbauweise erfolgen. Die Entscheidung für eine der Bauweisen hat Auswirkungen auf die Planung, die Bauteilausbildung, das Tragverhalten, den Bauablauf, die Baustellenlogistik und die Baukosten und beeinflusst auch das Erscheinungsbild von Bauteilen. Die Entscheidung für das Herstellungsverfahren sollte unter Einbeziehung aller Planungsbeteiligten so früh wie möglich getroffen werden. Vor- und Nachteile der Bauweisen sind dabei sorgfältig abzuwägen (siehe «Vergleich der Ortbeton- und Fertigteilbauweise«, S. 34ff.). Ortbetonbauweise
Ein Vorteil der Ortbetonbauweise ist die Anpassungsfähigkeit der Bauteilgeometrie an die örtlichen Gegebenheiten (siehe »Ortbeton«, S. 46ff.). Der monolithische Charakter des Werkstoffs Beton – eine seiner herausragenden Eigenschaften – bleibt erhalten, denn die Ortbetonbauweise führt unmittelbar zu Tragkonstruktionen mit monolithischen Bauteilübergängen. Die so entstehenden, in der Regel statisch unbestimmten Tragsysteme besitzen ein vorteilhaftes Tragverhalten und eine hohe Systemredundanz. Bei entsprechender Bewehrungsführung lassen sich ohne Mehraufwand eine zweiachsige Lastabtragung und eine Durchlaufwirkung erreichen, die zu wirtschaftlichen Bauteildimensionierungen führen. Tragwerkssysteme wie beispielsweise die punktgestützte Flachdecke werden in der Praxis nahezu ausnahmslos in Ortbetonbauweise ausgeführt, weil die hochbeanspruchten Bauteilübergänge besser monolithisch ausgebildet werden. Die statisch vorteilhafte Verbindung von Unterzug und Deckenplatte zum Plattenbalken mit mitwirkender Breite ergibt sich bei der Ortbetonbauweise von selbst. Ebenso können deckengleiche Unterzüge vergleichsweise einfach realisiert werden. Fundamente und Bodenplatten entstehen fast ausnahmslos in Ortbetonbauweise. Dies gilt besonders für wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton, sogenannte Weiße Wannen.