Klangräume Säle für Jazz- und Popmusik, Variable und virtuelle Raumakustik
Säle für Jazz- und Popmusik Obwohl auch Jazz- und Popmusik eine wichtige Rolle im kulturellen Leben spielen, finden derartige Konzerte häufig in einer dafür akustisch wenig geeigneten Umgebung statt. So werden vielfach klassische Konzertsäle, Sporthallen, ehemalige Industriehallen oder Zelte ohne weitere akustische Anpassung genutzt, was sich teils massiv in der Klangqualität niederschlägt. In den letzten Jahren wird jedoch zunehmend, auch von Betreibern, auf gute raumakustische Bedingungen geachtet. Das wichtigste Kriterium stellt eine ausreichende Raumbedämpfung dar. Dazu sollte die Nachhallzeit im Raum maximal 1,0 s betragen, wobei kürzere Nachhallzeiten noch günstiger sind. In großen Arenen sind Nachhallzeiten bis zu 1,8 s noch akzeptabel. Bei tiefen Frequenzen soll die Nachhallzeit nicht ansteigen, sondern am besten leicht abfallen. In der Regel sind großflächige schallabsorbierende Maßnahmen im Decken- und Wandbereich erforderlich, die über einen möglichst breiten Frequenzbereich wirken. Geeignet sind zum Beispiel Lochplatten aus Metall, Holz oder Gipskarton, die mit Schallabsorptionsmaterial hinterlegt angeordnet werden. Zur Absorption tiefer Frequenzen sind darüber hinaus spezielle Tiefenabsorber notwendig, die beispielsweise in Form von Plattenschwingern aufgebaut werden. Häufig ist in solchen Sälen keine oder zumindest keine feste Bestuhlung vorhanden, sodass diese bei der akustischen Auslegung nicht zur Schallabsorption mit herangezogen wird. Auf die mögliche Problematik einzelner reflektierender Flächen in stark bedämpften großen Räumen wurde bereits im Abschnitt Musicaltheater hingewiesen. Die elektroakustische Beschallungsanlage stellt ein wesentliches Element in einem 100
solchen Raum dar und muss optimal auf die Raumakustik abgestimmt sein. Eine absorbierende Gestaltung der Wandflächen im Bereich der Bühne ist von Vorteil, da dies die unerwünschte akustische Rückwirkung des Bühnenmonitorings auf den Saal reduziert. Unter Monitoring ist eine eigene Beschallung der Musiker auf der Bühne zu verstehen, die der akustischen Kontrolle des eigenen Spiels dient und die Koordination des Zusammenspiels verbessert. Variable und virtuelle Raumakustik Im Mehrspartentheater, in Multifunktionssälen, aber auch bei vielfältig genutzten Konzertsälen macht es in der Planung nicht selten Sinn, über Möglichkeiten einer akustischen Veränderlichkeit nachzudenken. Veränderliche Oberflächen Die raumakustischen Gegebenheiten lassen sich zum Beispiel anpassen, indem Oberflächen, vorzugsweise Wandflächen, akustisch verändert werden. Dies kann im einfachsten Fall bereits durch das Einhängen von Vorhängen vor einer schallreflektierenden Wand erfolgen oder durch motorbetriebene absorbierende Rollos. Auch können umklappbare Wandelemente Absorptionsflächen freigeben oder Absorber aus dem Deckenhohlraum ausgefahren werden. Um eine Wirkung zu erzielen, muss allerdings ein großer Anteil der Oberflächen akustisch variabel gestaltet werden, und zwar je nach Absorptionswirkung etwa 40 – 80 m2 je 1000 m3 Raumvolumen. Ganz entscheidend für den Erfolg variabler akustischer Maßnahmen ist die einfache Bedienung durch das technische Personal der späteren Nutzer. Hallkammern Für Konzertsäle wurden in der Vergangenheit auch Hallkammern zum Erreichen einer akustischen Flexibilität entworfen.
Dabei handelt es sich um Räume mit harten Wänden, die um den Saal herum angeordnet sind und über Tore an den Saal angekoppelt werden. Auf diese Weise wird das akustisch wirksame Volumen vergrößert, wodurch unter anderem die Nachhallzeit im Saal, zum Beispiel für Orgelkonzerte, verlängert werden kann. Die subjektive Wahrnehmbarkeit dieses Nachhalls kann allerdings durch die zeitliche und räumliche Struktur des entstehenden Schallfeldes eingeschränkt sein. Werden in die Hallkammern absorbierende Vorhänge gehängt, so lässt sich auch das Nachklingen reduzieren. Hallkammern wurden im Konzertsaal des Kultur- und Kongresszentrums Luzern (Abb. 1) umgesetzt. Das Gesamtvolumen der Hallkammern beträgt dort beachtliche 6000 m3, was der Größe eines ausgewachsenen Kammerkonzertsaals entspricht. Elektronische Raumakustik Eine andere Art der Variabilität stellt die elektroakustische Beeinflussung der Raumakustik dar. Diese kann gerade im Mehrspartentheater und im Multifunktionssälen sehr sinnvoll eingesetzt werden. Auch werden damit bestehende Räume mit raumakustischen Defiziten ertüchtigt. Es handelt sich um elektronische Raumakustiksysteme, die den natürlichen Schall im Raum aufgreifen, gewissermaßen an virtuell erzeugten Wänden reflektieren lassen und so den Nachhall und die Reflexionsstruktur abhängig von der Nutzung anpassen. Etwas technischer ausgedrückt werden die Schallsignale über Mikrofone aufgenommen, mithilfe von Signalprozessoren und ausgeklügelter Software verändert und über zahlreiche, im Raum gleichmäßig verteilte Lautsprecher wieder in den Saal eingespielt. Diverse Voreinstellungen ermöglichen es, verschiedene raumakustische Situationen »auf Knopfdruck« abzurufen.