Akustik und Schallschutz

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Hörsäle, Kongresssäle und Plenarsäle

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Die in diesem Kapitel behandelten Räume haben eines gemeinsam: Für die Raumfunktion sind eine gute Sprachverständlichkeit und gute Sichtbeziehungen zum Redner oder einer Projektionsfläche maßgeblich. Raumform und Verteilung absorbierender Flächen Die Raumformen für die genannten Raumgruppen sind sehr vielfältig. Rechteckige, fächerförmig aufspreizende oder arenaförmige Grundrisse sind einige Beispiele. Die Sitzreihen sind auf das Podium ausgerichtet und können je nach Raumgröße und -nutzung mehr oder weniger ansteigen. Auf diese Weise werden nicht nur gute Sichtbeziehungen, sondern auch eine gute Direktschallübertragung zum Zuhörer erreicht. Zur Erhöhung der Deutlichkeit ist es zudem sehr wichtig, dass die Decke geometrisch und akustisch so gestaltet wird, dass die Zuhörer frühe Reflexionen erreichen. Dies bedeutet, dass insbesondere der vordere, mittlere Deckenspiegel im für Sprache wichtigen Frequenzbereich (Oktaven von 250 Hz – 2000 Hz) reflektierend ausgebildet wird. Die seitlichen und rückwärtigen Deckenbereiche können zur Raumbedämpfung absorbierend sein (Abb. 1). Zudem wird gerade bei ebener Bestuhlung auch die Rückwand idealerweise schallabsorbierend gestaltet, zumindest ab einer Höhe von 1 m. Auf diese Weise werden lang verzögerte und damit die Sprachverständlichkeit störende Reflexionen zurück zum Podium verhindert. Umfang absorbierender Flächen Neben der Unterstützung früher Reflexionen ist für eine gute Sprachverständlichkeit eine niedrige Nachhallzeit anzustreben, die bei einem Raumvolumen von zum Beispiel 1000 m3 nach DIN 18041 78

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etwa 0,8 – 1 s betragen sollte. Um dies zu erreichen, sind allzu große Raumvolumina pro Zuhörer hinderlich. Als Idealwerte gelten Volumenkennzahlen von etwa 4 – 6 m3 pro Person. Dann kann das Publikum beziehungsweise die gegebenenfalls gepolsterte Bestuhlung einen Großteil der notwendigen Schallabsorption übernehmen, und es reicht meist aus, etwa zwei Drittel der Raumgrundfläche für absorbierende Maßnahmen vorzuhalten. Im Bibliotheks- und Hörsaalgebäude in Weimar zum Beispiel verstecken sich reflektierende und absorbierende Flächenbereiche in dem 400 Personen fassenden Hörsaal (Volumen etwa 2500 m3) hinter Holzlamellen an Wänden und Decke (Abb. 2). Wichtig ist, dass nicht nur die hohen und mittleren Töne, sondern insbesondere auch der Bereich in der 250 Hz-Oktave ausreichend bedämpft wird. Ein herkömmlicher Teppichboden reicht hierfür alleine nicht aus.

Raumbedämpfung, um Rückkopplungen und Instabilitäten der Anlage entgegenzuwirken und eine qualitativ hochwertige Beschallungsqualität zu erreichen (Abb. 3). Zudem ist darauf zu achten, dass Reflexionen von verbleibenden reflektierenden Flächen wie der Verglasung rückwärtiger Regieräume nicht störend als Echo in Erscheinung treten.

Elektroakustische Verstärkung Ab welcher Raumgröße eine elektroakustische Beschallung notwendig wird, lässt sich pauschal kaum sagen. Geübte Sprecher können in Räumen bis etwa 2500 m3 noch ohne Verstärkung auskommen; vorausgesetzt, der Grundgeräuschpegel ist ausreichend niedrig. Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden medientechnischen Ausstattung (Beamer, Audiodarbietungen) werden aber selbst kleine Hör- und Konferenzräume heutzutage mit elektroakustischen Anlagen ausgestattet. Mit Beschallung sind der Saalgröße aus akustischer Sicht technisch keinerlei Grenzen auferlegt. Jedoch bedeutet eine elektroakustische Verstärkung keinesfalls, dass die natürliche Akustik keine Rolle mehr spielt und man auf schallabsorbierende Flächen verzichten kann. Vielmehr erhöhen sich die Anforderungen an die

Im National Convention Center in Hanoi beispielsweise tragen aufgrund der enormen Raumdimensionen natürliche Reflexionen nicht mehr zur Erhöhung der Sprachverständlichkeit bei. Stattdessen deckt die elektroakustische Anlage neben Kongressen und Parteitagen viele Arten von musikalischen Veranstaltungen, Theatern und Shows akustisch qualitativ hochwertig ab (Abb. 4). Telekonferenz Räume, in denen Audio- und Telekonferenzen stattfinden können, erfordern ganz besonders, die Wechselwirkungen zwischen Raum(-akustik) und Elektroakustik in der Planung zu berücksichtigen. Bei diesen Nutzungen wird der Schall über Mikrofone im Raum aufgenommen und an einen anderen Ort übertragen. Beim Hören im gleichen Raum ist der Mensch in der Lage, Richtungsinformation zu verarbeiten und Geräusche sowie störenden Nachhall in gewissen Grenzen kognitiv auszublenden. Hierfür wurde der Begriff »Cocktailparty-Effekt« geprägt. Mikrofone können diese Trennung nicht bewerkstelligen, selbst wenn sie über eine scharfe Richtcharakteristik verfügen. Grundgeräuschpegel Der Grundgeräuschpegel im Raum sollte so niedrig sein, dass die Kommunikation nicht beeinträchtigt wird. Er sollte deshalb möglichst unter 40 dB(A), besser noch unter 35 dB(A) liegen.


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