Tageslichtlenkung
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auszublenden, mal muss das natürliche Licht durch Kunstlicht ergänzt werden. Dabei fördern sich verändernde Lichtsituationen das Wohlbefinden des Menschen in einem Raum sehr (siehe Seite 8ff.). Jahrelang versuchte man, durch Normen das ergonomisch »richtige« Licht festzulegen und zu garantieren. Man erreichte, gerade in Büros, eine monotone Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärken und eine Reduktion der Kontraste und Reflexe. Heute planen wir dynamische Lichtsituationen auch in Büroräumen und integrieren das Tageslicht weitgehend. Untersuchungen zum Schlaf- und Wachrhythmus von Menschen und Krankheitsbilder wie die in nördlichen Breitengraden vermehrt auftretende SAD (seasonal affective disorder), SBS (sick building syndrome) und ADD (attentional deficit disorder) zeigen, dass die ausreichende Versorgung mit Tageslicht lebensnotwendig ist. Es ist in Qualität und Intensität dem Kunstlicht weit überlegen: Im Freien herrschen an Sonnentagen 10 000 bis 100 000 Lux. Ein weiteres Merkmal des Lichts, das auf den menschlichen Organismus einwirkt, ist seine veränderliche spektrale Zusammensetzung. Traditionelle, teilweise simple,
aber sehr effektive Mittel, das Tageslicht zu steuern und zu lenken, stehen technisch manchmal sehr aufwändigen Systemen der letzten 20 Jahre gegenüber. Eine weiß gekalkte tiefe Fensterlaibung lenkt Tageslicht in den Raum. Sogar die Sprossen alter Fenster leiten etwas Licht gegen die Decke eines Raumes und sind daher, trotz ihrer vergleichsweise kleineren Glasfläche, einem großflächig verglasten Fenster kaum unterlegen, was die Tageslichtnutzung betrifft. Wasserflächen neben Gebäuden reflektieren das Tageslicht in das Innere (Abb. 1a), »Lightshelfs« lenken Tageslicht gegen die Decke eines Raumes. Sie sind im oberen Drittel eines Fensters außen an der Fassade montiert und schützen gleichzeitig den fensternahen Bereich vor direkter Sonneneinstrahlung (Abb. 1b). Sonnenschutzgläser In den 70er-Jahren begann man, Sonnenschutzgläser einzusetzen, deren Beschichtung die Wärmestrahlung im Infrarotbereich des Sonnenlichts ausfiltert. Teilweise verwendet man stark ausblendende Gläser, die von außen wie Spiegel wirken und die Nachbarschaft unangenehm blenden können; der Innen-
Einfache Methoden der Tageslichtsteuerung Lichtlenkende Lamellen und Jalousien Lichtlenkgläser an Dach oder Fassade Heliostat zur Lichtumlenkung Modellsimulation Neues Mercedes-Benz Museum, Stuttgart (s. S. 57ff.) Architekten: UN Studio van Berkel & Bos, Amsterdam Tageslichtplanung: Transsolar Energietechnik und ULRIKE BRANDI LICHT
raum wirkt besonders bei schlechtem Wetter sehr dunkel. Außerdem gibt es weniger ausblendende Gläser, die dem Klarglas ähnlicher sind, aber auch weniger bewirken. Sie werden oft bei Dachfenstern und glasüberdachten Hallen eingesetzt. Eine große Variationsbreite haben mit Einbrennlackierungen bedruckte Gläser. Es ist möglich, Gläser partiell und im Verlauf zu bedrucken. Feine Raster auf verglasten Hallendächern sind von unten kaum wahrnehmbar und stören die Durchlässigkeit des Glases wenig. Lamellen und Jalousien Horizontale Lamellen und Jalousien ermöglichen eine genaue Lichtsteuerung. Das Sonnenlicht lässt sich komplett ausblenden oder gegen die Decke lenken, um es in der Raumtiefe nutzbar zu machen (Abb. 2). Die Effekte können durch verschiedene Beschichtungen der Lamellen verstärkt werden. Zu beachten ist, dass außenliegende Jalousien windanfällig sind, innenliegende dagegen nicht so gut vor der Wärmestrahlung schützen. Jalousien können auch innerhalb von Doppelglasfenstern angebracht sein, dort verschmutzen sie nicht. Lamellen an der Fassade – aus eloxiertem Aluminium oder Glas – können größere Dimensionen annehmen und unterschiedlich profiliert sein. Durch die Wölbung der reflektierenden Fläche fächern sie das Licht auf. Lichtlenkglas Mehrere Systeme nutzen den Zwischenraum von Doppelglasscheiben, um minimierte optische Körper und Profile aufzunehmen. Das Lichtlenkglas ist mit Acrylprofilen ausgefüllt, die durch eine Totalreflexion innerhalb des Acryls Licht an die Decke eines Raumes werfen. Eine zusätzliche prismatische Profilierung der inneren Glasscheibe verteilt schräg einfallendes Licht besser im Raum (Abb. 3). 43