Flachdach Atlas

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Das flache Dach – eine Entwicklungsgeschichte

Konstruktionen der frühen Moderne Zur Zeit der frühen Moderne, als das flache Dach bereits fest zum Formenvokabular der fortschrittlichen Architekten gehört, besteht noch eine tiefe Kluft zwischen den gestalterischen Wünschen der Planer einerseits und den konstruktiven und technischen Möglichkeiten auf der anderen Seite. Viele neue Abdichtungsmaterialien und Patente kommen auf den Markt, über die es damals allerdings noch keine gesicherten Erfahrungen gibt. So bleibt bis zum Beginn der 1920er-Jahre das Holzzementdach dominierend, auch wenn als Tragkonstruktion anstelle der Holzschalung auf Balken immer mehr der Eisenbeton Verwendung findet. Vor allem in bauphysikalischer Hinsicht treten noch große Probleme auf. Die Wärmedämmung ist in der Regel äußerst knapp bemessen, oftmals innen angebracht, und das Problem der Wärmebrücken wird kaum beachtet. Zur Vermeidung von Schwitzwasser wird häufig ein zusätzlicher Luftraum unter der Tragkonstruktion mittels Abhängdecken aus Rabitz (Drahtputz) geschaffen. Als Dachabdichtung finden neben dem Holzzementaufbau auch Gussasphalt und immer häufiger auch Dachpappen Verwendung. Die Entwässerung der Dächer erfolgt bis zum Beginn der 1920er-Jahre noch überwiegend nach außen, wobei das Dach ein leichtes Gefälle nach einer Richtung erhält. Aber auch größere Dachflächen mit Innenentwässerung werden bereits gebaut, wie beispielsweise am Schatzalp-Sanatorium in Davos um 1900. Äußerst aufschlussreich hinsichtlich des Stands der Technik während der 1920er-Jahre sind die Ergebnisse einer Umfrage, die Walter Gropius 1926 unter führenden internationalen Architekten für die »Bauwelt« durchführt. Bis auf einige wenige glauben alle, die konstruktiven Probleme im Griff zu haben. Die vielen unterschiedlichen Aussagen zu Schichtenfolge und Ausbildung verschiedener Anschlussdetails zeigen aber deutlich die große Unsicherheit zur damaligen Zeit. Otto Haesler und Peter Behrens bauen noch voll auf das Holzzementdach, das von anderen aber abgelehnt wird, da aufgrund der mangelnden Belüftung häufig Holzfäule auftritt. Josef Hoffmann kritisiert die »ungenügende Dauerhaftigkeit der Papierlagen und schlechte Möglichkeit, die undichten Stellen feststellen zu können« [13]. Empfohlen werden überwiegend Massivdecken mit 3 – 4 cm Kork oder Torfoleum als Wärmedämmung sowie zwei bis drei Lagen Dachpappe als Abdichtung. Die Brüder Bruno und Max Taut schwören auf ein spezielles, in Asphalt getränktes Dachleinen zusammen mit Asphaltpappe oder Gussasphalt. Auch hinsichtlich der Dachränder und Anschlüsse an aufgehendes Mauerwerk ist die Vielfalt der Meinungen groß. Eine Sonderstellung nehmen die puristischen, ganz auf die ästhetische Wirkung zielenden Details eines Mies van der Rohe ein, der versucht, mit einem Minimum an Aufkantung am Dachrand auszukommen (Abb. A 28 und A 30).

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A 26

A 27

A 28

A 29

A 30


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