Begriffsdefinition Georg Giebeler
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Erzbischöfliches Diözesanmuseum »Kolumba«, Köln (D) 2007, Peter Zumthor Frauenkirche, Dresden (D) 1743 / 2005, George Bähr Planungsaufwand der verschiedenen Sanierungsmaßnahmen
Es gibt keinen allgemeingültigen Begriff, der alle Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden allumfassend beschreibt und als solcher auch generell verstanden wird. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von Begriffen, die neben dem Begriff Sanierung existieren und etwas Ähnliches oder gar das Gleiche meinen: Umbau, Instandsetzung, Modernisierung, Kernsanierung, Rückbau, Bauen im Bestand, Restaurierung, Renovierung. Diese Unschärfe hat mehrere Gründe. Zum einen ist der Grad des Umbaus gemessen am Umfang der zu erhaltenden Bausubstanz sehr unterschiedlich: Er reicht von kleinmaßstäblichen Reparaturen bis zu grundlegenden Kernsanierungen. Zum anderen resultieren die Eingriffe in die Bausubstanz aus unterschiedlichen Beweggründen: ästhetischen, technischen oder nutzungsspezifischen. Hinzu kommt eine »traditionell« ungenaue Wortwahl, die eine eindeutige, scharf abgegrenzte Zuordnung von Begriff zu Maßnahme unmöglich macht. Dieses Kapitel versucht dennoch die verschiedenen Begriffe zu fassen und voneinander abzugrenzen. Dies geschieht nicht im Sinne einer endgültigen Definition. Ziel ist es vielmehr, dem Architekten durch die Einordnung eine Planungshilfe an die Hand zu geben. Verschiedenartige Eingriffe in den Gebäudebestand bedingen sowohl unterschiedliche Planungsmethoden als auch unterschiedliche Baumaßnahmen. Ist der Architekt in der Lage, seine Aufgabe einem Begriff zuordnen, kann das zur Klärung des Planungs- und Bauprozesses beitragen. Daher sollen die Begriffe im Folgenden nicht nur erklärt und eingegrenzt werden, sondern es werden auch praktische Hinweise für die Umsetzung der Planungsaufgabe gegeben. Die Einordnung geschieht nach zwei Gesichtspunkten: erstens nach dem Umfang des Eingriffs in den Bestand und zweitens nach dem Maßstab der Bauaufgabe. Aus der Kombination von beiden lassen sich Planungsmethoden und Baumaßnahmen ableiten. Das Maß des Eingriffs beginnt mit dem Nachbau eines nicht mehr oder nur noch in Teilen bestehenden Bauwerks und reicht über den Komplettabbruch mit anschließenem Neubau bis zur Erhaltung in unterschiedlichen Graden (Renovierung bis Entkernung):
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Rekonstruktion Restaurierung Rückbau Gebäudeabbruch Renovierung / Instandhaltung Reparatur / Instandsetzung Teilsanierung Sanierung Kernsanierung / Generalsanierung Umbau Entkernung / Neubau mit Teilerhalt
Hinzu kommen weitere Begriffe, die im Zusammenhang mit Sanierung fallen können, aber nicht in dieses Schema passen: • • • • •
Modernisierung Schadstoffsanierung Erweiterung / Anbau Ausbau Umnutzung
In vielen Fällen treffen mehrere Begriffe auf eine Bauaufgabe zu, weil sich die Begriffe teilweise überschneiden oder mehrere Maßnahmen gleichzeitig durchgeführt werden. Die Einordnung der Objektgröße ist hingegen relativ eindeutig. Sie lässt sich in fünf Kategorien unterteilen: • • • • •
XXL: Stadt / Quartier XL: Block / Gebäudekomplex M: Gebäude S: Gebäudeteil / Geschoss XS: Wohnung / Einzelraum
Zur Kategorisierung könnte man die Begriffe »Weiterbauen« oder »Bauen im Bestand« verwenden. Beide Begriffe beschreiben keine Maßnahmen im technischen Sinne, sondern verdeutlichen eher eine Haltung. Weiterbauen spiegelt den dauerhaften Prozess des Bauens wider: Nach dem Umbau ist vor dem Umbau. Außerdem stellt der Begriff klar, dass jede Maßnahme auf die vorhandenen Strukturen reagieren muss. Streng genommen ist es also kein »Bauen im Bestand«, sondern »Bauen mit Bestand«.