Aufgaben neu ordnen - Veränderungen mitgehen

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DEKVthema Ausgabe 03 | Juni 2011 | Zeitschrift des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes e.V.

Profile | Praxis | Dialog

Aufgaben neu ordnen – Veränderungen mitgehen

Best Practice Neuordnung von Aufgaben und Kompetenzen – moderne Konzepte für eine gesunde Zusammenarbeit! Christliche Krankenhäuser Zukunftsweisend menschlich – gemeinsame Grundpositionen aufzeigen! Kommunikation 4 Schritte zu einer verstehenden Kommunikation – Leporello als Beilage in dieser Ausgabe!


Prolog

Liebe Leserinnen und Leser, mit der aktuellen Ausgabe greifen wir das Thema unseres 1. DEKV-Fachforums im Februar in Kassel auf: Es geht heute nicht nur um die Neuordnung von Aufgaben zwischen den Professionen, sondern um die Frage der Verteilung von Kompetenzen und Qualifizierung. Zahlreiche und vielfältige Projekte sind bereits in unseren Mitgliedseinrichtungen am Start. Entscheidend für einen gelingenden Veränderungsprozess ist es, alle Mitarbeitenden auf diesen Weg mitzunehmen. Christliche Leitlinien bieten hier Orientierung. Die Authentizität unserer Führungskräfte gibt unseren Einrichtungen ein unverwechselbares Profil. Auf dem Fachforum wurde ein klares Votum dafür abgegeben, diese beiden Aspekte gemeinsam weiter aufzugreifen und Impulse in die tägliche Arbeit einzubringen. Ein erster Schritt ist eine hohe Achtsamkeit im Team und nicht zuletzt gegenüber den Patienten. Das beigefügte Leporello soll Sie ermutigen, die vorgeschlagenen Schritte zu einer verständlichen und konstruktiven Kommunikation zu gehen. Foto: Julia Scharte

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr Manfred Witkowski DEKV Vorsitzender

In dieser Ausgabe:

Kreativität von Mitarbeitenden zulassen: Fehler sind Bestandteil von neuen

Prozessen – im Ausprobieren entsteht der neue Takt, der Veränderung schafft.

04 Veränderungen: Annehmen und gestalten

Seite 4

07 Management: Qualitätsstandards und Prozessbegleitung

SchwerpunktE

06 Personaleinsatz: Nach Anforderung und Qualifikation

4 Schritte zur verstehenden Kommuni‐ kation: kleine Arbeitshilfe zum einstecken und

nachbestellen. Für ein gesundes Wir-Gefühl und zum besseren Verständnis für einander.

Politik

08 Agenda 2011: Bessere Patientenversorgung 09 Kolumne: Patientenservice per Gesetz

INterview

10 Ordensoberin: Wettbewerbsvorteil authentische Führung

Seite 7

Initiative

12 DEKV Wissensportal: Der Verband geht neu an den Start 13 DEKV Dialog: Krankenhausseelsorge als Auftrag Tradition und Professionalisierung:

Evangelische Krankenhäuser als attraktive Arbeitgeber erfordern ein hohes Maß an Authentizität. Seite 10

Meldungen

14 Christliche Krankenhäuser: Gemeinsame Strategie und Präsenz 14 MVZ: Ein Gewinn trotz finanziellen Risikos 15 Pflegeausbildung: Politische Zeichen setzen 15 Studie und Analyse: Kirchliche Krankenhausträger

Impressum: DEKVthema ist die Mitgliederzeitschrift des DEKV. Herausgeber: Deutscher Evangelischer Krankenhausverband e.V. Geschäftsführung: Norbert Groß | Redaktion: Stefanie Joeres | Mitarbeit an dieser  Ausgabe: Gesa Henke, Georg Stamelos Bilder: Stefanie Joeres, Dr. Fabian Peterson, Sven Preusker, Julia Scharte | Titelbild: Immanuel Klinik Rüdersdorf | Grafik und Herstellung: xkontor, Hamburg | Druck: Langebartels, Hamburg | Auflage 3.500 Stück | Ausgabe Juni 2011 | Umwelthinweis: Druckerei und Papier dieser Zeitschrift sind FSC-zertifiziert. | ISSN 2190-748X

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Impuls

gang mit dem erkrankten Menschen auch von den Behandelnden die ganzheitliche Sicht auf Krankheit. Die medizinische  Anamnese dagegen wird in der Regel aus der jeweils fachlichen Perspektive erhoben. So unterscheiden sich nachvollziehbar eine psychiatrische, kieferchirurgische, augenärztliche oder internistische Erfassung der Krankheitsgeschichte gravierend. Um aber die vielfältigen und sehr persönlichen Fragestellungen in Diagnose und Behandlung einfließen lassen zu können, bedarf es eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses. Um dieses herzustellen und den ganzheitlichen Blick auf den Kranken und seine Krankheit zu erhalten, hat sich folgende strukturierte Vorgehensweise bewährt:

Ansicht eines Arztes

Krankheit bedeutet für jeden einen Wendepunkt im Leben. Heilung bedarf Raum und Zeit. Mitarbeitende in evangelischen Krankenhäusern müssen wieder mehr ihre Aufgabe als Wegbegleiter im Heilungsprozess verstehen.

Meist wird Krankwerden von dem Einzelnen reflexartig als negativ bewertet, Krankheit als Krise der gesamten Persönlichkeit erlebt. Jede noch so leichte Erkrankung stellt uns infrage! Sie ist ein  Angriff auf unsere Integrität, auf unser Gefühl und Ideal von lautloser Intaktheit und reibungslosem Funktionieren. Bei vermeintlich drohenden Epidemien droht gar der Zusammenbruch des Systems, wie jüngst der kollektive Umgang mit der „Schweinegrippe“ demonstriert hat. Krank werden kann uns primär körperlich oder seelisch treffen und macht uns unsere menschliche Grundbedingung deutlich, nach der wir als „geistiges Wesen“ in einem stofflich fassbaren Körper leben.  Auf beiden Ebenen sind wir verletzbar und erleben Kontrollverlust. Aber auch unsere soziale Rolle steht zur Disposition. Wir stellen uns die Frage und wir werden gefragt, inwieweit wir unsere aktuellen gesellschaftlichen, beruflichen und familiären Aufgaben noch erfüllen können. Wer krank ist, der erlebt sich leicht außerhalb seiner sozialen Kontakte, will sich selbst Verwandten und Freunden nicht zumuten. Und schließlich kann unsere spirituelle Rückbindung, unser religiöses Bezugssystem durch den Eintritt einer Krankheit erschüttert werden. Fragen wie „Warum gerade ich?“ oder „Warum werde ich bestraft?“ entfalten – häufig unausgesprochen – eine belastende Dynamik, die unbewusst krankheitsverstärkend wirken kann.

Foto: Edgar Zippel

Krankheit als Chance

Die moderne Hirnforschung belegt heute anschaulich, wie entscheidend derartige Fragestellungen für die Genesung wichtige Prozesse im Hirn beeinflussen können. So gesehen betrifft uns eine Erkrankung mit unterschiedlicher Gewichtung in körperlichen, seelischen, sozialen und spirituellen Dimensionen! Doch lässt sich Krankheit nicht auch als Chance begreifen, wenn wir die Perspektive wechseln und bereit sind, unser Kranksein anzunehmen? Erkrankungen lenken unsere  Aufmerksamkeit um, sie verlangsamen unser Lebenstempo und zwingen häufig zu einer „Auszeit“. Das bietet uns die Möglichkeit, inne zu halten, achtsam in unser Inneres zu schauen und Möglichkeiten der Krankheitsverarbeitung (Coping) auszuloten. Die bewusste Wahrnehmung der Krise kann zur Ursachenforschung führen, die essentielle Fragen aufwerfen kann: Was hat zur Erkrankung beigetragen? Was verändere ich, werte ich neu? Welche zukünftigen  Aufgaben kann ich wirklich angehen? Was mache ich mit dem Rest meines Lebens? Erfahrungen aus der palliativmedizinischen Behandlung von Schwerkranken und Sterbenden haben mir beim Verständnis sehr geholfen, denn o.g. Fragen nach dem Sinn entfalten in der letzten Lebensphase eine besondere Wucht. Daher erfordert der Um-

Defizitorientierung: Fragen nach Beschwerden körperlicher, seelischer, sozialer und spiritueller Natur Ressourcenorientierung: Fragen nach Kraftquellen und Stärken im körperlichen, seelischen, sozialen und spirituellen Bereich Diese systematische „duale“ Erfassung und die besondere Art der Befragung ermöglicht auch dem Betroffenen eine Spiegelung seiner Lebens- und Erkrankungssituation mit der Chance zur Stellungnahme. Durch die  Ansprache von Stärken wird ein Perspektivwechsel mit Mobilisierung von Selbstheilungskräften möglich. Eine so verstandene Medizin gibt Impulse und birgt die Chance zur (Wieder-) Herstellung eines mehrdimensionalen Gleichgewichts. Auf den tradierten überfordernden  Anspruch eines umfassenden Lösungsversprechens kann zugunsten einer Atmosphäre verzichtet werden, in der Fragen und Probleme (noch) unbeantwortet bleiben und sich mehr Respekt und Bescheidenheit angesichts unserer menschlichen Möglichkeiten entwickeln. Wegbegleiter bei dieser Form der „Auferstehung“ und des „Heilwerdens“ zu sein, dafür Raum und Zeit zu geben, kann die wiederbelebte  Aufgabe von Mitarbeitenden in christlichen Krankenhäusern sein.  Dr. med. Rainer Prönneke, Chefarzt im Marienstift Braunschweig, Arzt für Innere Medizin und Palliativmedizin Kontakt: r.proenneke@marienstift‐ braunschweig.de

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Schwerpunkt

Führung ist gefordert!

Veränderung verstehen – Instabilität als strategische Komponente Auch in evangelischen Krankenhäusern steigt der Vernetzungsgrad von wirtschaftlichen, organisatorischen und sozialen Strukturen.Wachsende Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit erfordern neue Herangehensweisen und Prozessstrukturen. Die Instabilität als strategische Komponente muss deshalb Teil der vernetzt agierenden Unternehmensphilosophie sein. Dabei sind Führungskräfte wichtige Kulturträger innerhalb dieses Neuordnungsprozesses. Wenn man das Krankenhaus als Zentrum medizinischen und pflegerischen Denkens betrachtet, dann haben dort in den letzten Jahrzehnten auf der fachlichen Ebene enorme Change-Management-Prozesse stattgefunden. In der Medizin erlebten wir Bahn brechende Veränderungen im Sinne des Prozessmusterwechsels. Aber auch in der Pflege fanden große Veränderungen statt, die das bestehende Muster grundsätzlich in Frage gestellt haben wie z.B. das Konzept der „primary nurse“. Dabei sind die Inhalte dieser Veränderungen nicht das Problem, eher die in den Krankenhäusern gelebte Kultur. Diese ist noch stark geprägt von Linienhierarchie – worauf so mancher Offizier neidisch wäre – und von abgegrenzten Statusgruppen. Eine Kultur der Veränderung würde ihren  Ausgangspunkt darin haben, dass eine interdisziplinäre Führungskultur probiert werden darf, die den „Dreisäulentakt“ destabilisiert, sprich in Frage stellt, und aus einer Kultur des Gegenüber stärker eine Kultur des Miteinander entstehen lässt. In vielen Häusern wird dies ansatzweise praktiziert, aber nicht formal installiert. Dieser wichtige Schritt erfordert Mut zu einem Instabilitätsmanagement. 4

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Neugierde auf die Insel hinterm Horizont Die radikalste Voraussetzung für Neuordnung ist die Neugierde der Beteiligten auf die Insel hinterm Horizont. Diese kann geweckt werden, wenn Bilder über das Neue im Kopf entstehen oder zugelassen werden. Natürlich sind Organisationen hochgradig darauf angewiesen, immer wieder Phasen der Stabilität zu schaffen, alles andere wäre vergleichbar mit dem, was wir pathologisch als Schizophrenie bezeichnen. Stabilität bedeutet gleichzeitig, dass das System sich im „Gleichschritt“ bewegt. Unser gleichmäßiger Herzschlag bewirkt, dass der menschliche Körper als System in einem stabilen Zustand bleibt. Herzrhythmusstörungen würden auf Dauer das System nachhaltig schädigen. Im Gegensatz dazu erlaubt sich das Gehirn ständig, instabile Phasen zu durchschreiten, alte Muster zu verlassen und über die Instabilität in neue Muster hineinzugehen. Es ist sogar in der Lage, sich in mehreren stabilen Zuständen gleichzeitig oder im Wechsel zu befinden (Multistabilität). Jeder, der schon mal 3D Bilder betrachtet hat, kennt dieses Phänomen.  Als System eine Neuordnung – zu erreichen, bei gleichzeitiger Beibehaltung des alten stabilen Rhythmus – ist aber unmöglich.Wenn neue Strukturen, wie die vom DEKV empfohle-


Foto: Edgar Zippel

Schwerpunkt

nen Kernteams mit hoher Entscheidungsautonomie, eine reelle Chance haben sollen, so ist das nur möglich, wenn der Rhythmus der bestehenden Entscheidungsstrukturen destabilisiert werden darf. Denn nur Systeme, die es sich in der Vergangenheit leisten konnten, lokal und nicht vernetzt zu agieren, waren in der Lage, dauerhaft stabilitätsorientierte Strategien zu verwenden. Diese Zeiten sind aber vorbei! Wir haben eine hoch vernetzte Wirtschaftsstruktur mit wachsender Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit.  Aktion und Reaktion sind nicht mehr eindeutig vorhersagbar. Die Instabilität als strategische Komponente muss deshalb Teil der vernetzt agierenden Unternehmensphilosophie sein. Strategisches Handeln leitet sich aus den formulierten Zielen ab. Wenn nun die Ziele sich dadurch hervortun, die vorhandene Stabilität und damit das bestehende Prozessmuster beizubehalten, dann können sich daraus auch nur Strategien im Sinne von Prozessoptimierung, heißt Perfektionierung des vorhandenen Musters, entwickeln. Diese Phasen werden selbstverständlich im  Anschluss an eine Phase des Prozessmusterwechsels mit allen Schwierigkeiten der Instabilität auch dringend gebraucht. Die Vorstellung zu hegen, man brauche ständig Prozessmusterwechsel und Instabilität, ist verheerend. Nach einer solchen Phase ist Ruhe angesagt, Perfektionierung, Honig saugen, die Ernte einfahren. Balance zwischen Stabilität und Instabilität Natürlich ist eine Balance zwischen Stabilität und Instabilität die Voraussetzung in einer Phase des Prozessmusterwechsels. Wir können die Instabilität und die Mühsal beim Üben des Neuen nur aushalten, wenn wir auf der Kulturebene, das heißt in der Unternehmensphilosophie und im Commitment der Vision, hohe Stabilität gewährleisten. In Bezug auf evangelische Einrichtungen stellt sich die Frage, wie bewährte „stabilisierende Instrumente“ wie das christliche Leitbild und Traditionen und die Forderung nach glaubwürdiger Führungspraxis in diesen Kontext einzuordnen sind. Leitbild,Tradition und ein gemeinsames Verständnis von humanistischer Führungspraxis sind Faktoren, die den stabilen Boden abgeben, damit die Menschen im Veränderungsprozess überhaupt loslaufen können. Die Stabilität über die gemeinsam gelebte Kultur ermöglicht uns, Instabilität bei den angestrebten Strukturveränderungen zu meistern. Das ist auch das Prinzip von intelligenten Netzwerken: Hohe gemeinsame Stabilität auf der Werteebene und gleichzeitig Individualität und Kreativität der Individuen in den einzelnen Netzwerken. Für die gelungene Umsetzung solch kreativer Visionen und Prozesse kommt Managern und Führungskräften in konfessionellen Einrichtungen eine wichtige  Aufgabe zu. Führungskräfte als Kulturträger – motivierende Visionen zulassen Eine Vision ist ein top-down Prozess, der von den Führungskräften initiiert und gelebt werden muss. Sie sind Kulturträger im Unternehmen. Peter Kruse erwähnt in seinem Buch „Erfolgreiches Management von Instabilität“ (2004) 4 Gruppen: • schwach in der Leistung und in Dissens zur Vision: Für sie gilt das Erfordernis der kommunikativen Überzeugungsarbeit. • schwach in der Leistung, aber identifiziert mit der Vision: Hier ist Förderung und Entwicklung der Leistungsfähigkeit erforderlich. • sehr gute Leistung und Identifikation mit der Vision: Diese Gruppe bildet das Rückgrat der Veränderung und verdient Würdigung und Belohnung. • anerkannt stark in der Leistung, ohne Identifikation mit der Vision der Veränderung: „Diese Gruppe kann nicht überzeugt werden, sie muss sich selbst überzeugen“ (ebd. S.70).

Fehlerfreundliche Atmosphäre und klare Rahmenbedingungen Da, wo das Neue ausprobiert wird, sind Fehler Bestandteil des Prozesses. Im  Ausprobieren entsteht der neue Takt, der neue Rhythmus. Es ist auch die Phase mit Äußerungen wie: „Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm zurück“, und: „Früher war alles besser, sogar die Zukunft“. Fehler zulassen und die Lerneffekte einspeisen in die nächsten Schritte, sind Führungsaufgabe. Oberstes Prinzip in dieser Phase ist das Vertrauen auf kollektive Intelligenz und Kreativität der Elemente (Individuen) im System. Kreativität ohne klare Regeln oder Rahmenbedingungen führt aber kaum zu einer neuen Musterbildung, sondern produziert in der Regel Chaos.Wichtigste Führungsaufgabe in dieser Phase ist die Erlaubnis von Kreativität, die Formulierung klarer Rahmenbedingungen und Überwachung der vereinbarten Regeln. Querdenker, Kreative einbeziehen Dabei gilt es, auch vermeintlich ‚störende Elemente‘ zu integrieren. Das Einbeziehen von Querdenkern fällt uns im  Alltag schwer.  Auf den ersten Blick stören sie die gewohnten  Abläufe und stellen das Bestehende in Frage. Deshalb neigt Führung zu schnell dazu, Querdenker zu vertrösten: „Schreiben Sie mal ein Konzept“, oder zu isolieren: „Herr Müller, so eine Idee kann auch nur von Ihnen kommen“. Die Gefahr dabei ist, dass dadurch aus so manchem Querdenker ein Querulant wird. Das schädigt Organisationen nachhaltig. Die Erlaubnis der Führung, dass Mitarbeiter neben dem Mainstream denken dürfen, eröffnet dagegen die Möglichkeit von Perspektivwechsel und Neugierde. DEKV Fachforum Auf dem DEKV Fachforum zur Neuordnung der Aufgaben im Krankenhaus am 1./2. Februar 2011 in Kassel bot sich Führungskräften unterschiedlicher Mitgliedseinrichtungen die Möglichkeit, in einem offenen Gestaltungsraum kreative Ansätze für die Herausforderungen des Alltags zu entwickeln. Leider wurde die große Chance des Open Space, als Reflexion des Impulspapiers, für eine Kultur der Veränderungen nicht wirklich genutzt. Es haben sich aber drei Ergebnisse herauskristallisiert, die sehr viel mit der Führungskultur zu tun haben: „Trainingsprogramm für Führungskräfte“, „Konstruktiv Kommunizieren“ und „Interprofessionelle Zusammenarbeit“. Genau an dieser Stelle hat der Verband eine wichtige  Aufgabe und muss auch künftig klar definieren, wo er seine  Aufgaben sieht. Die Menschen sind aufgeklärt und sie stellen verstärkt die Sinnfrage. Die bloße Standeszugehörigkeit legitimiert kaum noch die Existenz von Verbänden. Vielmehr geht es darum, die  Attraktivität für die Mitglieder sichtbar zu machen und zu leben. In dem Sinne sind die Empfehlungen des Fachforums ein wichtiger Baustein. Ein Verband, der aktiv eine Führungs- und Kommunikationskultur fördert und dafür Plattformen (in Klausuren, Workshops, Fort- und Weiterbildungen) anbietet, stellt eine starke  Alternative oder Ergänzung zu Verbänden dar, die ausschließlich die politische Einflussnahme im Banner stehen haben. Die Durchdringung oder Umsetzung einer Kultur, die Veränderungsbereitschaft und gemeinsame stabile Werte miteinander für vereinbar hält, kann für so manches konfessionelle Haus eine Attraktion darstellen!  Guus van der Upwich: Dipl. Sozial Wissenschaftler, Weiterbildung in Individualpsychologischer Beratung (DGIP). Inhaber von Team van der Upwich und Partner der Unternehmensberatung nextpractice Kontakt: guus@van-der-upwich.de www.teamvanderupwich.de

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Foto: Dr. Fabian Peterson

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Moderne Konzepte zur interdisziplinären Zusammenarbeit sind nur gemeinsam im Team erfolgreich! Albertinen-Gruppe Hamburg

Wandel muss sein Der demografische Wandel der Gesellschaft betrifft nicht nur die Patienten sondern auch die Entwicklung des Personalstandes in unseren Krankenhäusern. Fachkräftemangel ist schon heute in fast allen Branchen ein Thema. Vor diesem Hintergrund wurde in der Hamburger Albertinen-Gruppe das Projekt „anforderungs- und qualifikationsentsprechender Personaleinsatz“ aufgerufen. Die Ergebnisse werden jetzt umgesetzt. Von Maike Sellentin, Pflegedirektorin

Eine interprofessionell besetzte Projektgruppe wurde im letzten Jahr gebildet und hatte die Entwicklung eines zukunftsorientierten Konzeptes zur Neuregelung von  Aufgaben im Krankenhaus unter Berücksichtigung der knapper werdenden personellen und finanziellen Ressourcen zum Ziel. Das bedeutet eine Neuordnung von Aufgaben und Verantwortung der unterschiedlichen Berufsgruppen. Die Ermittlung einzelner delegationsfähiger Tätigkeiten stellte dabei den theoretischen Ausgangspunkt der Projektarbeit dar. Am Ende der Projektarbeit ist ein modernes Konzept zur innerbetrieblichen Zusammenarbeit entstanden. So soll der ärztliche Dienst durch die Einrichtung von Teamassistenzen entlastet werden, sowie durch Verlagerung von Tätigkeiten in den pflegerischen Bereich, wie etwa die Gabe von intravenösen Injektionen durch Pflegepersonal. Die rechtlichen Voraussetzungen zur intravenösen Injektion durch Pflegepersonal werden durch eine Positivliste geregelt. Schließlich wird die organisatorische Fallsteuerung durch ein Case-Management übernommen. Das pflegerische Konzept basiert auf dem Pflegeorganisationsmodell des Primary Nursing oder ähnlichen Konzepten wie z.B. der Integration von Pflegeexperten. Damit verknüpft ist die Einführung eines abgestuften 6

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Qualifikationsprofils innerhalb des Pflegedienstes, in das auch akademisch qualifizierte Pflegekräfte integriert werden. So erfolgt auch hier die Verlagerung von Tätigkeiten auf Teamassistenten. Hinzu kommt eine Verschiebung von  Aufgaben innerhalb des Pflegedienstes bei pflegerischen Tätigkeiten durch Gesundheitsund Pflegeassistenten und die Schaffung der Funktion einer Serviceassistenz. Die Serviceassistenten erledigen dabei alle Tätigkeiten aus dem Bereich der Hotelleistungen bis hin zum Richten der Betten mobiler Patienten. Martin Behrens, Stationsleitung zweier operativer Stationen, sieht mit der Umsetzung des Konzeptes eine erneute Chance für die weitere Professionalisierung des Pflegeberufes. Durch Einführung eines Case-Managements entsteht die Chance, sowohl eine Entlastung bei der Organisation und Planung von Aufnahmen, Entlassungen und diagnostischen Maßnahmen der Patienten bei Ärzten und Pflegekräften herbeizuführen, als auch die Qualität der Information für Patienten und Angehörige zu steigern. Das Gesamtkonzept wurde im Februar 2011 zur Umsetzung durch den Vorstand und den Hauptgeschäftsführer freigegeben. Im Evangelischen Amalie Sieveking-Krankenhaus, einem Krankenhaus mittlerer Größe in Hamburg-Volksdorf, wird die Umsetzung in vier Phasen erfolgen:

2011: Integration von Case-Management 2012: Umsetzung des gestuften Qualifikationsprofils in der Pflege und Integration der Teamassistenz 2013: Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch die Pflege und Einführung der Serviceassistenz 2014: Evaluation Durch die jahrelange Erfahrung in der Pflegeorganisation nach dem Konzept des Primary Nursing ist hier eine gute Voraussetzung zur weiterenVeränderung in der Organisation geschaffen. Im Rahmen einer Stationsleitungskonferenz wurde das komplette Konzept mit den geplanten Umsetzungsschritten vorgestellt und diskutiert. Die Zustimmung zur Integration von Case-Management erfolgte im Rahmen einer Abteilungsleiterrunde unter Beteiligung aller Chefärzte und des Krankenhausdirektoriums. Der Chefarzt der chirurgischen Klinik, Herr Dr. Langwieler, beurteilt die Entwicklung positiv. Insbesondere die damit verknüpfte Verantwortung der Case-Manager zur Steuerung der Liegezeiten. Um die Realisierbarkeit zur Umsetzung zu erhöhen, wurde bereits im Dezember 2010 eine Stelle für Projektmanagement im Pflegedienst geschaffen. Hierdurch profilieren sich die Pflegeberufe im Albertinen – wir sind gemeinsam auf einem guten Weg 


Schwerpunkt

Diakonissenkrankenhaus Dresden

Evangelisches Bathildiskrankenhaus Bad Pyrmont gGmbH

Qualitätsstandards als Entlastungsfaktor für Pflegende

Gute Kommunikation und langer Atem für Veränderungen

Die Arbeitsbedingungen für Pflegende sind von einer hohen physischen und psychischen Beanspruchung in einem von Kosteneffizienz geprägten Umfeld bestimmt. Die  Arbeitsbelastungen in der stationären Krankenpflege werden durch den demographischen Wandel weiter steigen. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass Fehlbeanspruchung in der Pflege auch auf arbeitsorganisatorische Aspekte zurückzuführen ist. Mit der Frage nach dem Zusammenhang von Stationsorganisation und  Arbeitsbelastung beschäftigte sich ein Forschungsprojekt der TU Dresden. Es wurde wurde deutlich, dass durch günstige Arbeitsorganisation die  Arbeitsbelastung der Pflegenden abnimmt. Klare Strukturen in der Pflegeorganisation und die Standardisierung von Pflegetätigkeiten verbessern die Zufriedenheit der Pflegenden mit ihrer Arbeitssituation. Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung, Kompetenz erweiternde Weiterbildungsmaßnahmen und individuelle Arbeitszeitmodelle tragen dazu bei, Burnout-Symptome zu verhindern. (GH)

Manch einer trauert den guten alten Zeiten hinterher, in denen klar war, dass ich auf jeder Station des Krankenhauses nur die Stationsleitung fragen brauchte und die konnte mir über jeden Patienten ausführlich berichten.  Aber, seien wir ehrlich: Das stimmte noch nie! In Bad Pyrmont sind 2008 ein evangelisches und eine katholisches Krankenhaus unter ein Dach zusammengeführt worden. Ein schönes „runderneuertes“ Gebäude entstand, in dem nun hochmoderne Medizin geboten wird. Den ökonomischen Zwängen folgend, hat sich die Krankenhausleitung neue Konzepte auf die Fahnen geschrieben.  Aus den ehemals eher kuschelig kleinen Stationen wurden große, 76 Betten umfassende,  Abteilungen. Dass auf diesen Ebenen nicht mehr nach dem alten Konzept „Jeder macht alles aber keiner ist wirklich zuständig oder verantwortlich“ gearbeitet werden konnte, war klar. Das Konzept der Primärpflegekraft wurde eingeführt.Wichtigste Vorgabe der Pflegedirektion: Eine examinierte Pflegekraft soll sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren – die umfassende, geplante Pflege der Patienten. Für die vielfältigen anderen  Aufgaben, z.B. in der Logistik und in der Speisenversorgung, wurden neue Berufsgruppen geschaffen, die für ihre Aufgaben gut qualifiziert sind, aber dazu nicht unbedingt eine dreijährige  Ausbildung benötigen. Die Einführung auf einer Pilotstation wurde eng von der Pflegedirektion und dem QM begleitet. Die Mitarbeiter wurden systematisch geschult. Inzwischen arbeiten wir seit über zweieinhalb Jahren im ganzen Haus nach dem neuen Konzept.Vieles hat sich etabliert.  Anderes bleibt in Bewegung. Stillstand gibt es nicht. Die wichtigste Lehre aus den vergangenen drei Jahren ist für uns im Evangelischen Bathildiskrankenhaus: Damit ein solcher Mammutprozess gelingen kann, müssen alle Beteiligten immer wieder intensiv kommunizieren. Übrigens, bei uns erwartet inzwischen niemand mehr, dass jeder alles weiß.  Aber wir alle erwarten, dass diejenigen, die zuständig sind, genauestens Bescheid wissen! 

Ein Kommentar von Herbert Grondmann, Kommunikation und Fortbildung

Kleine Arbeitshilfe

In 4 Schritten zur gelungenen Kommunikation miteinander Auf dem DEKV-Fachforum „Neuordnung der  Aufgaben und Kompetenzen“ 2011 wurden verschiedene Projekte entwickelt. Eine umgesetzte Projektidee ist das beigefügte Leporello. Das Leporello zur konstruktiven Kommunikation befindet sich schon im Arbeitskittel Ihrer Kollegen? Sie erhalten einzelne Exemplare kostenfrei unter info@dekv-ev.de. Oder bestellen Sie doch gleich ein Paket für Ihr Team (10 Stück für 2 €; 50 Stück für 5 €; 100 Stück für 9 €).

Das Thema Kommunikation wurde auf dem DEKV-Fachforum nicht nur heiß diskutiert – Viele Vorschläge wurden mit Blick auf die Infrastruktur von Informationskanälen wie Intranet und Internet, Meetings u. v. m. aufgenommen.  Am Ende war eines klar: Medien alleine helfen nicht, den Anderen zu verstehen, professionelle Gräben zu überwinden oder gar eine patientenfreundliche und teamorientierte Kultur zu leben. NoGos in der Kommunikation führen zu Blockaden – konstruktive Kommunikation wirkt sich hingegen positiv auf das Wir-Gefühl und am Ende auf die Patientenversorgung aus. Das Leporello ist eine kleine  Arbeitshilfe zur Kommunikation im Evangelischen Krankenhaus. Hier werden in einfachen Worten 4 Schritte zu einer verstehenden Kommunikation beschrieben und eine kleine Sprachbrücke wird gebaut. Sie sind eingeladen, das Leporello einzustecken und im  Arbeitsalltag umzusetzen. Es kann in der DEKV Geschäftsstelle für Ihr Team (nach-)bestellt werden unter: info@dekv-ev.de  DEKVthema 03/2011

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politik

Gesundheitspolitische Agenda 2011

Es geht um eine bessere Patientenversorgung Die politische  Agenda des Bundesgesundheitsministeriums steht vor der großen Herausforderung, ein Versorgungsgesetz auf den Weg zu bringen. Gewinn im Gerangel zwischen Bund und Ländern um die ambulante vertragsärztliche Versorgung ist endlich die  Anerkennung des Ärztemangels. In den Forderungen nach weiteren Bestimmungen und Regelungen für Krankenhäuser findet dies leider weniger Berücksichtigung. Der DEKV unterstützt alle Aktivitäten, sofern sie tatsächlich die Qualität der stationären Versorgung von Patienten verbessern. Von Norbert Groß, Verbandsdirektor DEKV

Die gesundheitspolitische  Agenda präsentiert sich in diesem Sommer vielfältig wie schon lange nicht. Dabei dominieren bemerkenswerter Weise einmal nicht Finanzierungsfragen. Von der angekündigten Reform der Pflegeversicherung abgesehen, stellt die mit dem GKV-Versorgungsgesetz beabsichtigte Neuordnung der ambulanten ärztlichen Versorgung wohl das aktuell anspruchsvollste Vorhaben dar. Ein Hauptziel ist es, auch in Zukunft die flächendeckende ambulante ärztliche Versorgung sicherzustellen. Zweifelhaft bleibt, ob neue, sektorenübergreifende Planungskonzepte sowie Zu- und Abschläge bei der Vergütung das Niederlassungsverhalten von Ärzten derart beeinflussen, dass die drohende Unterversorgung vor allem in ländlichen Regionen vermieden werden kann. Die Politik hat begriffen, dass den Krankenhäusern eine immer wichtigere Rolle bei der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung zufallen wird. Das gilt nicht nur im Hinblick auf hochspezialisierte fachärztliche Leistungen. Die Krankenhäuser sollen zusätzliche  Aufgaben in der ambulanten Versorgung übernehmen. Allerdings ist es aus Sicht des DEKV wünschenswert, wenn hier noch mehr Konsequenz und weniger Rücksichtnahme auf altes Lagerdenken und Klientelinteressen erkennbar wären: Die Gründung und der Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren durch Krankenhäuser etwa sollten bewusst gefördert werden. Patienten profitieren von der hier möglichen Versorgung der kurzen Wege und interdisziplinären Koordination. Der Zugang zu den medizinischtechnischen und menschlich-fachlichen Ressourcen einer Klinik bietet zusätzlich Vorteile. Ärztinnen und Ärzte finden in Medizinischen Versorgungszentren jenseits von Freiberuflichkeit und Klinikbetrieb  Arbeitsbedingungen, die einer guten Work-Life-Balance 8

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Und wieder springt eine Frau in die Bresche: Die parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz hält die Eröffnungsrede auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2011, während Daniel Bahr und Dr. Philipp Rösler sich mental auf die MinisterVereidigung vorbereiten.  Als einen wichtigen Schritt zur Lösung des Pflegekräftemangels nannte Widmann-Mauz das geplante Berufsanerkennungsgesetz und die Vereinheitlichung der Pflegegrundausbildung. Außerdem forderte Widmann-Mauz, die Delegation ärztlicher Tätigkeiten an Pflegekräfte aus dem Graubereich herauszuholen.


politik

Foto: Stefanie Joeres

zuträglich sind. Sie eröffnen viele Optionen der persönlichen Gestaltung und Weiterentwicklung. Mit dem GKV-Versorgungsgesetz soll die  Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) reformiert werden. Dieses höchste Gremium der Selbstverwaltung, besetzt mit Vertretern der Leistungserbringer und der Kostenträger, ist vom Parlament mit wachsender Richtlinien- und Regelungskompetenz ausgestattet worden. Hier wird z. B. entschieden, welche Behandlungsmethoden zugelassen sind oder welche Qualitätsanforderungen zu erfüllen sind. Im Interesse einer effizienteren, sach- und zielorientierten  Arbeitsweise sowie einer höheren  Akzeptanz und Plausibilität der Ergebnisse und Beschlüsse des G-BA müssen seine Strukturen und Regularien verändert werden. Federführend durch die kirchlichen Krankenhausverbände drängen die Krankenhäuser darauf, mit dem GKV-Versorgungsgesetz endlich den bereits seit 2009 angekündigten Orientierungswert einzuführen. Dieser ist als Maß für die Kostenentwicklung im Krankenhausbereich konzipiert. Hieran soll sich künftig auch die Entwicklung der Vergütungen für Krankenhausleistungen orientieren. Damit ist zwar weiterhin keine auskömmliche Finanzierung der von den Krankenhäusern erbrachten Leistungen sichergestellt.  Aber es wäre endlich transparent, wie weit die Entwicklung von Kosten und Vergütungen aufgrund der politischen Vorgaben auseinanderklafft. Der daraus resultierende Einspardruck wird weiterhin alle  Akteure in den Kliniken vor große Herausforderungen stellen. Bis zum Sommer wird das Infektionsschutzänderungsgesetz das parlamentarische Verfahren durchlaufen haben. Mit diesem Gesetzesverfahren wird u. a. die Reduzierung der im Krankenhaus übertragenen und erworbenen Infektionen sowie die gezielte Identifizierung von MRSA-infizierten Patienten bereits bei der Krankenhausaufnahme bezweckt. Die Umsetzung wird zunächst einen spürbaren zusätzlichen  Aufwand verursachen. Im Endeffekt sollten durch den Maßnahmenkatalog aber weniger Komplikationen und reduzierte Behandlungskosten entstehen. Ebenfalls für den Sommer angekündigt ist der Entwurf eines Patientenrechtegesetzes, das die bestehenden einschlägigen Regelungen zusammenfasst. Nicht nur im Krankenhaus sollen systematisches Risikomanagement und eine Fehlervermeidungskultur gefördert werden. Die Rechte der Patienten gegenüber Kostenträgern und Leistungserbringern werden gestärkt. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Bewilligung von Leistungen zum anderen wird der Patientenstatus bei der Geltendmachung von  Ansprüchen in Schadensfällen verbessert. Gespannt sein darf man schließlich auf verschiedene vom Parlament angekündigte Initiativen und Entscheidungen.Von besonderer Brisanz ist sicherlich das umstrittene Verfahren der Präimplantationsdiagnostik. Aber auch die geplanten Regelungen, die Zahl der für Transplantationen zur Verfügung stehenden Organe zu erhöhen, bergen einigen Zündstoff. Bei diesen ethisch hoch signifikanten Themen ist in besonderem Maße der Wertekanon unserer Gesellschaft tangiert.  Aber auch in den gesetzlichen Regelungen für den alltäglichen Klinikbetrieb prägen Werte Routinen und Entscheidungen,  Atmosphäre, Umgang und Miteinander in den Kliniken.  Aufgabe der kirchlichen Krankenhausverbände ist es, nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, sondern auch ihre christaliche Werteorientierung einzubringen und für unser Gesundheitssystem fruchtbar werden zu lassen. 

Kolumne Dr. Uwe K. Preusker, Chefredakteur des Branchendienstes „Klinik Markt inside“.

Patientenservice per Gesetz? Schuster, bleib bei deinen Leisten! Gegen diese uralte Weisheit wird speziell in der Gesundheitspolitik regelmäßig verstoßen! Im Prinzip soll Gesundheitspolitik ja vor allem eines tun: Die Rahmenbedingungen für die Leistungserbringer im System so setzen, dass diese ihre  Arbeit sowohl wirtschaftlich als auch in möglichst hoher Qualität erbringen. Die Realität sieht jedoch anders aus: Politik legt die Details fest und mischt sich so immer wieder ins Tagesgeschäft ein – und schränkt so die zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen des operativ tätigen Managements massiv ein. Beispiel Versorgungsgesetz: In den Eckpunkten der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion war unter anderem vorgesehen, den Kliniken zukünftig Zweibettzimmer als Mindeststandard vorzuschreiben. Der geneigte Beobachter reibt sich verwundert die Augen und fragt: Warum ist die  Art und Weise der Unterkunft in einem Krankenhaus nicht eines der möglichen Felder, auf denen Kliniken um Patienten konkurrieren können? Weitere Beispiele finden sich in den Detailregelungen des geplanten Infektionsschutzgesetzes, so etwa die Vorschrift, dass zukünftig die Klinik-Qualitätsberichte jährlich statt alle zwei Jahre veröffentlicht werden müssen. Interessant – der gewollte Qualitätswettbewerb zwischen den Kliniken hat doch längst eingesetzt und unter anderem zu konkurrierenden Internet-Portalen mit durchaus unterschiedlichen Ansätzen bis hin zu Ranking-Möglichkeiten für Klinik-Qualität geführt. In Sachen Mindestmengen hat die detaillierte Regulierung durch Gesetzgeber und Gemeinsamen Bundesausschuss ja mittlerweile in eine Sackgasse geführt, weil das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu Recht in Frage stellt, ob FrühchenGeburten planbar sind und die Qualität der Behandlung hier nachweislich von der Menge abhängt. Ermöglichung statt Gängelung: Ist der Rahmen flexibel genug gestaltet und stimmen die  Anreize, wird ein produktiver Wettbewerb um intelligente Lösungen in Gang gesetzt. Zuviel Gängelung dagegen lähmt! 

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Andrea Trenner im Gespräch

Attraktiv für Nachwuchskräfte

Identität und glaubwürdige Führung verleihen Profil Das Werben um gute Fachkräfte muss bereits in der Ausbildung beginnen.  Andrea Trenner, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des DEKV und Ordensoberin im Johanniterorden, beschreibt, wie evangelische Krankenhäuser an Authentizität und attraktivem Profil als  Arbeitgeber gewinnen können. Interview: Georg Stamelos

Frau Trenner, Ihr  Arbeitgeber ist der Johanniterorden, mit langer Tradition.Wie hat das Ihren beruflichen Werdegang als Johanniterschwester geprägt? Wesentlich ist, dass diese Tradition sehr viel Sicherheit vermittelt.Wer arbeitet schon bei einer Firma, die über 900 Jahre alt ist. Eine solch lange Tradition macht sensibel dafür, dass es immer Veränderungsprozesse geben muss, damit die ursprünglichen Motive über alle Jahrhunderte gelebt werden können. Mich hat das immer sehr ermutigt, auch neue Dinge auszuprobieren. Was erwarten junge Menschen heute, die einen pflegerischen oder sozialen Beruf ergreifen wollen? Ich bin häufig mit Nachwuchskräften aus unseren Einrichtungen im Gespräch. So wahnsinnig unterschiedlich ist das nicht zu früher. Junge Leute heute lehnen die starken Hierarchien ab, die wir im Krankenhausbereich haben.Was die fachlichen, sozialen Ziele anbelangt, gehen sie den Grundtenor genauso mit, wie ich das vor dreißig Jahren als junge Krankenschwester getan habe. In der Regel sind es junge Frauen. Die sind heute zielgerichteter in ihren Vorstellungen von Karriere. Heute heißt es nicht „Das hat sich so ergeben“ sondern „Ich wollte mich so entwickeln“. 10

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Sie sind Ordensoberin einer Schwesternschaft.Was geben Sie Nachwuchskräften aus Ihrer Erfahrung mit auf den Weg? Seid politisch! Das ist mein hauptsächliches Credo.Von meinen Nachwuchskräften in der Schwesternschaft möchte ich, dass sie in der Lage sind, Profession mit Tradition zu verknüpfen. Die Kraft aus der Tradition zu beziehen, den Mut zu haben, etwas ganz Neues zu machen.Wir müssen uns stärker bewusst machen, dass wir auch eine gesellschaftliche  Aufgabe haben. Es ist immer noch schwer, Pflegende dazu zu bewegen, sich beruflich registrieren zu lassen. Ich habe eine besonders gute  Ausbildungszeit genossen. Die Erfahrungen daraus gebe ich gerne weiter. Ich bin geprägt von gegenseitigem Respekt und eher partnerschaftlichem Umgang. Und das auch gegenüber den Patienten. Sehen Sie zukünftig Engpässe bei den Nachwuchskräften in diakonischen Einrichtungen? Nicht nur in diakonischen Einrichtungen. Wir werden insgesamt erhebliche Engpässe haben. Dazu gibt es entsprechende Untersuchungen wie die der Uni Bremen.Wir wissen, dass sich nur noch 4% aller Jugendlichen für den Pflegeberuf interessieren. Damit haben wir nicht das Nachwuchspotential, um die wachsenden Bedarfe sicherzustellen. Das trifft auch uns diakonische Einrichtungen.


Interview

Foto: Sven Preusker

Wie könnten sich evangelische Krankenhäuser attraktiver aufstellen? Hier muss man sicherlich unterscheiden zwischen evangelischen Krankenhäusern und Bildungsstätten. Grundsätzlich müssen die Führungspersonen glaubwürdig agieren. Nur dann wird spürbar, dass es sich um einen evangelischen Arbeitgeber oder eine evangelische Bildungsstätte handelt. Sie müssen in der Lage sein, ihre christliche Überzeugung glaubhaft mit ihrer Aufgabe zu verknüpfen. Sei das die wirtschaftliche Führung eines Krankenhauses oder die Leitung einer Schule. Welche neuen  Arbeitsformen sind im Krankenhaus denkbar und hilfreich? Wir haben ganz viel investiert in Effizienz und schlanke  Arbeitsabläufe.  Auf die Kommunikation haben wir weniger Augenmerk gelegt. Wie gut ist sie in Hinblick auf das, was wir an Arbeitsleistung für Betroffene dabei erbringen? Wenn der Umgang miteinander achtsamer wäre oder wir uns an der Stelle etwas mehr Zeit nähmen, käme schlussendlich mehr dabei raus.  Achtsamkeit würde ich aber auch noch einmal auf T   hemen wie die Einbindung der Mitarbeitenden verwenden. Es bedeutet, auf die Leute zu schauen, die älter sind oder eine anstrengende Familiensituation haben. Haben sie kleine Kinder, sind es pflegende Angehörige oder sind sie selbst beeinträchtigt? Hier müssen wir alternative Arbeitszeitmodelle entwickeln. Es braucht Mut, so etwas auszuprobieren und erfordert seitens der Geschäftsführung viel Transparenz. Unter welchen Voraussetzungen kann interprofessionelle Zusammenarbeit gelingen? Der Schlüssel ist die Verbesserung der Kommunikation und die Durchführung gemeinsamer Projekte. Beispielsweise ein Case-Management aufzusetzen und im Prozess zu lernen. Es bedeutet für alle eine große Herausforderung, aus verinnerlichten Rollenzuweisungen herauszutreten und Tätigkeiten abzugeben. Das gilt auch für die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch die Pflege. Meines Erachtens kann es hier nur darum gehen, ganze Aufgabenbereiche zu übernehmen. Wenn wir lediglich zu einer Fragmentierung der  Aufgaben kommen, können wir den Heilungsprozess besonders bei älteren Patienten nicht mehr begleiten. Jeder der krank ist, befindet sich in einer mehr oder weniger empfundenen Krisensituation. Da will ich einen Begleiter haben. Besonders konfessionellen Krankenhäusern bieten sich hier Chancen. Für den Bereich der Pflege möchte ich das Primary Nursing nennen.

Sie sind stellvertretende Vorsitzende des DEKV. Wie innovativ ist der Verband, die zahlreichen Herausforderungen in der Politik und in der DKG anzugehen? Es ist nötig, dass wir priorisieren.Wir müssen klar haben, welche Themen wir gegenüber der Politik ansprechen und welche Inhalte wir nach vorne treiben wollen.Wenn wir uns gut strukturieren, können wir unglaublich viel bewirken. Innerhalb der DKG sollten wir viel stärker und fordernder auftreten. Denken Sie nur an das Thema Pflegeausbildung.Wir christlichen Krankenhäuser unterhalten jeden zweiten Ausbildungsplatz. Wir müssen uns mehr der eigenen Stärken bewusst werden. Gesundheitspolitische Entwicklungen sind stark von den Interessen geleiteten  Akteuren beeinflusst. Welchen Mehrwert kann Ihr Verband den Mitgliedern hier liefern? Ich halte nichts von reiner Klientel-Politik. Es geht darum, mit den anderen Partnern gut im Gespräch zu sein und zu einem vernünftigen Interessenausgleich zu kommen. Nicht, dass wir keine eigenen Interessen haben sollten. Aber gegenseitige Blockadepolitik bringt die Dinge nicht innovativ voran. Bspw. die DKG erscheint mir im Hinblick auf eine zukünftige Pflegeausbildung nicht unbedingt ausgerichtet auf ihre Mitglieder sondern eher selbstbezogen.  Als DEKV sollten wir diesen Prozess durchbrechen und transparent machen, da, wo wir genügend Stärke haben. Die  Ausbildung ist ein heiß umkämpftes Gebiet. Jetzt kümmert sich auch die Politik darum.Welche  Ansätze brauchen wir, um den Patienten gerecht zu werden? Wir müssen anschlussfähig werden an das allgemeine Bildungssystem. Und wir müssen eine modular aufgebaute Pflegeausbildung bekommen, die den Durchstieg ins Studium ermöglicht aber auch dieVeränderung auf der horizontalen Ebene. Nur auf eine Spur und Schiene gesetzt zu werden, das müssen wir endlich beenden. Bezogen auf unseren Versorgungsauftrag möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Menschen Begleiter wollen, keine Fragmentierung. Hier kann die Pflege eine Schlüsselfunktion haben. Welche Strukturen brauchen wir, damit Patientensicherheit und – Zufriedenheit erreicht und Versorgungslücken geschlossen werden? Der Schlüssel ist immer die Frage der funktionierenden Kommunikation. Das impliziert natürlich auch flachere Hierarchien. Ich glau-

be nicht, dass es das Pflege- oder Organisationssystem gibt, das alle Fragen beantwortet und Probleme löst. Entscheidend ist, dass wir lernen, in einem interprofessionellen Team Kommunikationswege strukturiert abzuarbeiten. Qualität und Kommunikation sind die Schlüsselworte der Zukunft. Patienten werden dorthin gehen, wo sie sicher sein können, dass sie vernünftig betreut werden.Wir können uns nicht neben das Bett stellen und sagen: „Ich weiß, was gut für Sie ist“. Aus Ihrer Überzeugung: Was bieten evangelische Krankenhäuser den Patienten für einen Mehrwert? Wo unterscheiden sie sich als  Arbeitgeber? Das kann man nur an den Stellen unterscheiden, an denen sich Berufsangehörige als Christen durch ihre Beziehungsebene oder Angebote, die sich in den Alltag einflechten lassen, erkennbar machen. Es geht gar nicht so sehr um die großen Dinge. Es kann sein, einem Menschen ein Gebet anzubieten oder bei der morgendlichen Körperpflege eines schwer dementen Patienten ein Kirchenlied zu singen. Die Verknüpfung von Professionalität und christlicher Überzeugung muss im Blick auf Mitarbeitende und das Teamgeschehen spürbar werden. Da wo gelebte Führungspraxis ist, entsteht sehr viel Identität mit dem  Arbeitgeber. 

Zur Person AndreaTrenner ist seit 1999 Ordensoberin im Johanniterorden und Vorstandsvorsitzende der Johanniter-­Schwesternschaft e.V. . Nach ihrer  Ausbildung als Krankenschwester in Bonn trat sie bereits 1977 in die Johanniter-­Schwesternschaft ein. Hier leitet sie die Ordenswerke der JohanniterSchwesternschaft, die rund 650 Mitglieder zählt. Schwerpunkt ihrer  Arbeit ist die Weiterentwicklung der Pflege. Die Ausrichtung des Johanniterordens richtet den Fokus seiner Trägerentwicklung hierbei gleichermaßen auf Tradition und Professionalisierung. Seit 2001 ist sie Mitglied im Vorstand des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes und gestaltet die Verbandsarbeit mit ihren Erfahrungen maßgeblich mit. 2007 wurde sie zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden gewählt.

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Neue Web-Kommunikation

www.dekv.de geht online Unter einer neuen Internetadresse wird die webbasierte Verbandskommunikation modernisiert. Die ausgebaute Online-Kommunikation wird nutzerfreundlich und soll zukünftig das Marketing der Mitgliedseinrichtungen unterstützen. Im Konzept zur neuen Web-Kommunikation steht der Nutzen für die DEKV Mitgliedseinrichtungen an erster Stelle. Ziel der Modernisierung ist es, das Marketing der Mitglieder zu unterstützen. Wesentliche Informationen werden nutzerfreundlich aufbereitet. Neben direkten Rückmeldemöglichkeiten soll ein Ideenpool zur Verfügung gestellt werden. Der Verband sieht einen hohen Mehrwert darin, zukünftig Web basiert schneller und interaktiver mit seinen Mitgliedern in Austausch zu treten. Zugleich werden in den Gremien erarbeitete Positionen und Themen schneller und mediengerechter abrufbar sein. Die geplanten und umgesetzten Instrumente sind auf eine breite Akzeptanz ausgerichtet. Auch sollen die durch verschiedene Umfragen ermittelten Mitgliederdaten effizient gepflegt und nutzbar gemacht werden können. Hierzu wird die Internetseite des Verbandes unter der neuen Domain: www.dekv. de komplett neu eingerichtet. Die neue Internetpräsenz des DEKV soll durch die Modernisierung (Relaunch) zu einem zentralen Marketinginstrument ausgebaut werden. Zentral auf der Startseite wird für die breite Öffentlichkeit eine Suchmaschine „Evangelische Krankenhäuser“ eingerichtet. Dieser kostenlose Internet-Service für Interessenten (Patienten, Angehörige, Pflegedienste, 12

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Presse u.v.m.) soll einen transparenten und regional bezogenen Faktencheck bieten. Die Ergebnisse können dann nach Ort und medizinischem Fachgebieten abgerufen werden. Neben abteilungsbezogenen Informationen sind zukünftig allgemeine Angaben zum Haus, zum Träger oder zum Verbund zu finden. Weiterführende Links zum Krankenhaus wie zu möglichen Qualitätsportalen ergänzen die Grundinformationen. Die Pflege der Internetseite geht Hand in Hand mit einem modernen Redaktionssystem, in das ein neues Mailingmodul integriert wird. Dieses Mailingmodul soll u.a. für Verbandsinformationen wie den Newsletter verwendet werden, so dass die Mailings Zielgruppen orientiert verfasst und versendet werden können. Besonderes Highlight wird die Einrichtung eines Wissensportales. Hierzu werden weiterführende Informationen auf dem Web-Server gesammelt. Dieses Extranet ist nicht passwortgeschützt. Über den versendeten Link können Informationen abgerufen werden. Das Extranet verfügt über eine eigene Domain www.dekv.wissen.de und kann dann darüber auch direkt erreicht werden. Das Extranet wird sich zukünftig als Wissensportal aufbauen, in dem weiterführende und fachspezifische Informationen nach Rubriken gefiltert werden können. Die

Mitgliedseinrichtungen sind eingeladen, diese Wissensdatenbank mit Best Practice Beispielen zu unterfüttern. Auf dem Wissensportal wird ein Passwort geschützter Teambereich eingerichtet. Dieser ist demVorstand sowie den Gremien und Arbeitsgruppen des Verbandes vorbehalten. Hier werden Sitzungsunterlagen transparent eingestellt und leicht verfügbar gemacht. Kommunikation und Feedbackschleife in Echtzeit Neben den zahlreichen Push-Informationen wird es zukünftig immer wichtiger, in einen direkten und schnellen Austausch bzw. Dialog mit den Mitgliedern zu treten. Der klassische Blog ermöglicht den öffentlichen Diskurs von Themen. Eine attraktivere und wenig zeitintensive Feedback-Möglichkeit bietet der sogenannte TED, der für Herbst 2011 in Planung ist. Dies ist eine einfache Feedback-Möglichkeit per Mouseclick zu lancierten Themen oder einer versandten Information. Damit kann zeitnah ein Meinungsbild der Mitglieder erstellt werden, dass die Arbeit des Verbandes unterstützt und in Echtzeit von den Mitgliedern angesehen werden kann. Zusätzlich wird es Möglichkeiten zu einem schriftlichen Kommentar geben, der mittelfristig durch einen interaktiven Blog o.ä. ausgebaut werden wird. (SJ)


initiative

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DEKV-Dialog

Sorge um die Seele DEKV reflektiert Krankenhausseelsorge gemeinsam mit Kirche und diakonischen Unternehmen. Unumstritten: Krankenhausseelsorge ist gemeinsame  Aufgabe und Kerngeschäft von Kirche und Krankenhaus. In der Ausgestaltung kann es aufgrund der unterschiedlichen gesellschaftlichen Aufträge der beiden Partner zu Reibungsverlusten kommen. Aus (volks)kirchlicher Perspektive stellt sich die Frage nach Zielen, Konzeption und Umsetzung von Krankenhausseelsorge in Kliniken zunächst unabhängig von deren Trägerschaft. Aus Sicht des DEKV erfordert die Krankenhausseelsorge in evangelischen Krankenhäusern spezifische Antworten, Konzepte und Gestaltungsoptionen. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass kirchliche Krankenhäuser im Unterschied zu Kliniken in anderer Trägerschaft selbst eine Form von Kirche sind. Kirche ist durch christliche Krankenhäuser in besonderer Weise in der Gesellschaft, unter den Menschen präsent. Auf der einen Seite ist ein kirchliches Krankenhaus bei aller unvermeidbaren und notwendigen Weltförmigkeit kein „weltlich Ding“.  Auf der anderen Seite hängt die „Kirchlichkeit“ eines evangelischen Krankenhauses weder ausschließlich noch primär, gleichwohl aber in besonderem Maße auch von der Krankenhausseelsorge ab.

Entwicklung von Handlungsempfehlungen erforderlich! Der DEKV eröffnet den Dialog mit Krankenhausleitungen, Vertretern der Krankenhausseelsorge und den Kirchenleitungen. Der Verband sieht dringend Positionierungsbedarf, verbunden mit konkreten Handlungsempfehlungen. Diskussions- und Klärungsbedarf wird u. a. hinsichtlich folgender  Aspekte gesehen: • organisatorische Einbindung der Krankenhausseelsorge in das Unternehmen Krankenhaus: Wie muss die Betriebsorganisation im Aufbau wie im Ablauf aussehen? Damit zusammen hängt z. B. die Frage der Anstellung von Krankenhausseelsorger/-innen: Beim Krankenhaus/-Träger oder bei der Kirche/ dem Kirchenkreis? • „Unabhängigkeit“ der Krankenhausseelsorge: Je weniger sich etwa der Träger mit „Kir-

che“ identifiziert, desto stärker wird die Krankenhausseelsorge sich als Vertreterin von „Kirche“ als eine vom Krankenhaus losgelöste Größe darstellen. Gleichwohl wissen diese Träger um den gesundheitsfördernden Aspekt von Krankenhausseelsorge, insbesondere, wenn sich Krankenhäuser als Gesundheits„Marken“-Unternehmen profilieren. • Re-/Finanzierung der Krankenhausseelsorge: Wer bezahlt - Kirche und Krankenhausträger? Patienten und Mitarbeiter nehmen Krankenhausseelsorge verstärkt als Angebot und Leistung des Krankenhauses wahr. Das wird von Klinikträgern bewusst gefördert und von vielen auch finanziell getragen. Wenn Kirchen ihr Engagement in nichtkirchlichen Krankenhäusern ausbauen und verstärken, müssen sie bedenken, inwieweit sie ihre „eigenen“ Häuser im Wettbewerb schwächen. Dieser Aspekt muss offen und abhängig von den Konditionen, zu denen man anderen Trägern ein  Angebot von Krankenhausseelsorge ermöglicht, diskutiert werden. •  Neue Versorgungsformen: Welche Auswirkungen haben die anhaltenden Verweildauerverkürzungen sowie der Ausbau von Versorgungsketten und vernetztenVersorgungsstrukturen auf  Arbeit, Schwerpunkte und Ziele der patientenbezogenen Krankenhausseelsorge? Ist eine Konzentration z. B. auf intensiv- oder palliativmedizinische, geriatrische oder onkologische Patienten gerechtfertigt? Braucht es nicht angesichts des erklärten Ziels, zunehmend sektorenübergreifende Versorgungsprozesse zu realisieren, entsprechende neue Konzepte seelsorgerischer Begleitung? • Zusammenarbeit der Krankenhausseelsorge mit Kirchengemeinden: Wie vernetzt und verwurzelt ist die Krankenhausseelsorge mit den Kirchengemeinden? Das Thema Krankenhausseelorge markiert für die evangelischen Krankenhäuser eine wichtige Schnittstelle. Sie sind nicht nur den marktförmigen Regeln des Wettbewerbs und den komplexen gesetzlichen Regulierungen des Gesundheitssystems unterworfen. Evangelische Krankenhäuser sind eine Unternehmung der Kirche – und das soll auch so bleiben. (NG)

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Auswertung einer DEKV-Umfrage

MVZ keine Goldgrube

Foto: Stefanie Joeres

MVZ können ein finanzielles Risiko für Kliniken darstellen – sind aber ein Gewinn für die Versorgung.

Hauptstadtkongress 2011

Zukunftsweisend menschlich – Christliche Krankenhäuser in Deutschland zeigen Flagge Gemeinsam mit dem Katholischen Krankenhausverband Deutschland (KKVD) verstärkt der DEKV seine Verbandskommunikation unter dem bewährten Signet Christliche Krankenhäuser in Deutschland. Auf der gemeinsamen Sitzung  Anfang des Jahres vereinbarten die Vorstände von DEKV und KKVD, dass sie ihre Verbandskommunikation innerhalb der Deutschen Krankenhausgesellschaft und gegenüber der Gesundheitspolitik verstärken und ihre Aktivitäten noch mehr bündeln wollen. Wie erfolgreich diese Strategie ist, zeigte bereits die in 2009 gemeinsam in Auftrag gegebene Prognos-Studie zum Beitrag der kirchlichen Krankenhäuser im deutschen Gesundheitswesen. In Zahlen, Daten und Fakten konnte der Mehrwert christlicher Krankenhäuser in der Gesundheitsversorgung herausgearbeitet werden. Neben einer gezielten Verbands- und Lobbyarbeit wird zukünftig über verschiedene Medien und einen öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen-Mix die Bedeutung der Christlichen Krankenhäuser für die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung gemeinsam nach außen kommuniziert. Der alljährlich stattfindende Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit ist dafür eine wichtige öffentliche Plattform. Hier zeigen auch die beiden Verbände unter dem Signet Christliche Krankenhäuser in Deutschland regelmäßig Flagge. In diesem Jahr wurde dazu erstmals ein eigener Claim präsentiert. Mit dem gemeinsamen Claim „zukunftsweisend menschlich.“ werden der Marken14

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kern und das Anliegen christlicher Krankenhäuser deutlich und prägnant platziert: Eine bestmögliche Versorgung in christlichen Krankenhäusern wird den Patientinnen und Patienten durch die Verbindung von Innovationskraft und Menschlichkeit angeboten. Dabei werden christliche Werte nachhaltig im Krankenhausalltag umgesetzt. Das reicht von der Rücksichtnahme und Wertschätzung in der Personalführung bis hin zum sensiblen Umgang mit ethischen Fragen, die sich in den Grenzsituationen des Lebens stellen können. Christliche Krankenhäuser sind ein wichtiger Stützpfeiler der Krankenhausversorgung in Deutschland: Jedes dritte deutsche Krankenhaus befindet sich in christlicher Trägerschaft. Für den Markenkern christlicher Krankenhäuser ist dabei entscheidend, dass sie ethisch verantwortungsvoll wirtschaften und dabei die langfristige Rentabilität und den nachhaltigen Erfolg im Blick haben. Der gemeinsame Ausstellungsstand, an dem es sich vortrefflich diskutierten ließ, bestach durch neue Farben. Zahlreiche Vertreter aus Krankenhäusern,Verbänden und Politik folgten der Einladung zum Mittagsempfang. Mit dem Hauptstadtkongress läuteten die beiden Verbände eine intensive gemeinsame Lobbyarbeit vor allem im Blick auf das GKVVersorgungsgesetz und die Weiterentwicklung der Pflegeausbildungen ein. (SJ)

Einer aktuellen Erhebung des DEKV zufolge betreibt jedes fünfte evangelische Krankenhaus ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) oder plant die Aufnahme des Betriebes. Jedes vierte dieser Häuser betreibt sogar mindestens zwei MVZ. Lohnt sich das? Jedes zweite der erfassten MVZ schreibt rote Zahlen.Vor allem in den ersten Jahren sind regelhaft Zuschüsse erforderlich. Diese erweisen sich aber als sinnvolle Investitionen, denn MVZ erlauben es u. a., ehemals stationär erbrachte Leistungen weiterhin ambulant zu erbringen. Nicht zuletzt gewinnen die Krankenhauspatienten, die nun Zugang zu vernetzten Versorgungsstrukturen und -leistungen aus einer Hand erhalten. MVZ bieten Ärztinnen und Ärzten attraktive  Arbeitsbedingungen, variable Arbeitszeiten und Weiterbildungsmöglichkeiten. Zahlen / Daten / Fakten: • 48,5 % der MVZ* werden durch mittelgroße evangelische Kliniken mit 200 - 500 Betten geführt. • 75 % der MVZ* finden sich in ländlichen Regionen sowie in Städten außerhalb von Ballungsräumen • 50 % der MVZ* bieten drei oder vier Fachrichtungen • Ca. 60 % beschäftigen drei bis fünf Ärzte/-innen • 5 Disziplinen dominieren die Schwerpunkte: · Chirurgie / Orthopädie / Unfallchirurgie · Psychiatrie / Psychotherapie / Psychosomatik / Neurologie · Radiologie / Nuklearmedizin · Hausärztliche Versorgung / Allgemeinmedizin / Innere · Frauenheilkunde / Geburtshilfe *in evangelischer Trägerschaft Fazit: Die Kernbereiche von MVZ sind klassische stationäre Disziplinen mit hohem ambulantem Behandlungspotenzial, aber auch Disziplinen der ambulanten Grundversorgung. Somit tragen MVZ in Klinikträgerschaft bereits heute in einigen Regionen entscheidend zur Sicherung der Patientenversorgung bei. (NG)


Meldungen

EKD-Studie

Pflegeausbildung

Patienten mit Behinderung

Trägerwechsel

Attraktiv für Morgen

Zielvereinbarungen

Krankenhausmarktanalyse zur Präsenz Evangelischer Krankenhäuser mit EKD in Planung

Diakonie und Caritas für eine zukunftsweisende Reform der Pflegeausbildungen in Deutschland

Verbesserung der Versorgung dieser Patientengruppe im Krankenhaus

Der Krankenhausschwund in den letzten Jahren betrifft auch den kirchlichen Bereich. Seit 1999 haben bundesweit sieben evangelische Krankenhäuser ihren Betrieb eingestellt, weil sie für die Versorgung nicht mehr benötigt wurden. Im gleichen Zeitraum sind weitere 30 Krankenhäuser aus evangelischer Trägerschaft ausgeschieden. Zum überwiegenden Teil handelt es sich um Kliniken der Grund- und Regelversorgung mit bis zu 200 Betten in ländlichen Regionen. Angesichts der im Ergebnis eingetretenen Schwächung evangelischer Präsenz im Krankenhausbereich hat der DEKV im Gespräch mit Vertretern der EKD die Durchführung einer Studie angeregt. Diese soll einerseits analysieren, warum die Option eines Wechsels der Trägerschaft zu einem anderen evangelischen Träger im Blick auf die hier betrachteten Fälle nicht realisiert worden ist.  Andererseits soll sie Handlungsempfehlungen für Kirche und Diakone ableiten, um in Zukunft möglichst nicht weiteren Boden zu verlieren. (NG)

Die kirchlichen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege beteiligen sich mit ihren Fachverbänden aktiv an der politischen Diskussion über eine gesetzliche Neuordnung der Pflegeberufe. Bereits im vergangenen Jahr haben sie ihre Vorstellungen in Form eines gemeinsamen Eckpunktepapiers zusammengefasst und die Meinungsbildung in der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft maßgeblich beeinflusst. Mit den kirchlichen Krankenhausverbänden empfehlen sie eine Reform der Pflegeausbildungen, die aus ihrer Sicht für die erfolgreiche Umsetzung des Gesetzesvorhabens zielführend sind. Die Verbände sehen in dem angestrebten Weg eine große Chance, die Attraktivität der Berufsfelder und Bildungswege der Pflege für den Nachwuchs zu erhöhen. Für die Wettbewerbsfähigkeit um Nachwuchskräfte in dieser Branche ist es wichtig, dass die Abschlüsse im allgemeinen Bildungswesen Anerkennung finden. Eine solche rechtliche Grundlage würde die Durchlässigkeit zu allen Bildungswegen eröffnen. (SJ)

Vielfach versorgen die Träger christlicher Krankenhäuser auch Menschen mit Behinderungen in entsprechend spezialisierten Einrichtungen (wir berichteten im DEKVthema 1/2010). Allgemein jedoch sind die deutschen Krankenhäuser auf diese wachsende Patientengruppe kaum vorbereitet. Nach wie vor werden Benachteiligungen und Barrieren beschrieben, die insbesondere Menschen mit mehrfachen Behinderungen und deren Angehörige während eines Krankenhausaufenthaltes erfahren. Diese Situation ist für die Mehrzahl behinderter Menschen hochproblematisch und überfordert häufig Mitarbeitende im  Arbeitsalltag. In einem Projekt im  Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte BVKM sowie anderen Behindertenverbänden werden Kriterien für die Entwicklung von Zielvereinbarungen zwischen Krankenhausträgern und Behindertenverbänden identifiziert, die zu einer Verbesserung der Krankenhausversorgung dieser Zielgruppe beitragen können. (SJ)

Weitere Informationen erhalten Sie unter info@dekv-ev.de

Die Empfehlungen finden Sie unter www.dekv-ev.de

Den Projektbericht finden Sie unter www.barrierefreiheit.de

Buchtipp: Theoretische & empirische Analyse

Kirchliche Träger im deutschen Krankenhausmarkt Im medialen Fokus stehen private Krankenhausträger und deren Übernahmen aus dem öffentlichen Bereich. Die freigemeinnützigen Träger und im Speziellen die kirchlichen Träger bleiben meist im Hintergrund - auch in ökonomischen Forschungsarbeiten. In der vorgelegten  Analyse wird untersucht, wie der Markt kirchlicher Krankenhäuser überhaupt strukturiert ist, welche Trägertypen charakterisiert werden können und welche strategischen Verhaltensweisen kirchliche Krankenhäuser an den Tag legen. Unter Rückgriff auf den Steuerungs-, Ressourcen- und Synergieansatz werden verschiedene Trägertypen identifiziert und auf Basis empirischer Daten miteinander verglichen. Dieser innerkirchli-

che Trägervergleich zeigt, dass auch bei kirchlichen Krankenhäusern deutliche Unterschiede, u.a. bei der Rendite, der Verbundbildung oder der strategischen Ausrichtung existieren. Zitat  Autor Philipp Schwegel „In meiner  Arbeit habe ich mich von meinem Interesse an strategischem Management und Diversifikationsverhalten von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen leiten lassen“. Der  Autor sieht weiteren Forschungsbedarf bezüglich der Kernkompetenzen kirchlicher Träger unter der theologischen und dienstleistungsorientierten Perspektive. Erschienen beim P.C.O.-Verlag im Januar 2011 (ISBN: 978-3-941678-22-4) DEKVthema 03/2011

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Für die, die immer da sind Menschen zu helfen, die auf andere angewiesen sind, ist für Sie Alltag. Dabei häufig an die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit zu stoßen, ebenfalls. Wer immer für andere da ist, neigt dazu, sich selbst zu übersehen und die eigenen Bedürfnisse zu unterschätzen. Damit Sie als Pflegekraft jedoch langfristig den Anforderungen Ihres Berufs standhalten, sollten Sie auch für sich selbst ausreichend Sorge tragen. Wir helfen Ihnen dabei. Rufen Sie uns an.

Telefon 0180 2 153456* www.bruderhilfe.de * Festnetzpreis 6 Cent je Anruf, Mobilfunkpreis maximal 42 Cent je Minute (60-Sekunden-Takt)

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