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MTB
Quer durch die Ladiner Dolomiten im Naturpark Fanes
Ein MTB-Abenteuer der besonderen Art
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von Hartmut Seelus
Mountainbiken, soweit die Beine radeln.
Die Fanesgruppe ist eine Gebirgsgruppe in den nordwestlichen Dolomiten. Im ladinischen Teil um den Kronplatz wird noch diese alte, romanische Sprache gesprochen und ist Schauplatz von vielen Sagen rund um das Reich der Fanes.
Guide Jürgen Sedlmayer hat wieder mit viel Detailkenntnis eine absolute Traumroute mit toller Trackführung, knackigen Uphills und technisch anspruchsvollen Trails vorbereitet – eine Kombination aus Abenteuer, Gastfreundschaft und Bike-Spaß. Die Resonanz war so groß, dass zwei Gruppen gebildet werden mussten, die um einen Tag versetzt unterwegs waren. Das Gepäck wurde im Rucksack mitgenommen, also „by fair means“.
Die Anreise erfolgte individuell. Die Gruppe traf sich in Olang am Kronplatz. Beim gemeinsamen Abendessen wur den die Teilnehmer gebrieft. Uns standen ca. 150 km und ca. 5.500 Hm in vier Etappen bevor.
St. Vigil/Kronplatz – Pralongià Kondition: mittel bis schwer, Fahrtechnik: anspruchsvoll, 40 km, 1.600 Hm Einrollen auf einem kleinen Trail ins Fanestal bis zur Pederühütte und wei ter die ersten 600 Hm zur Faneshütte. Hier bekommen wir gleich einen Vorgeschmack, was uns auf den kommenden 150 km und 5.500 Hm erwartet. Steile Rampen und loser Schotter – ziemlich anspruchsvoll. Es ist traumhaft hier oben und nach einer kurzen Pause geht es knackig weiter hinauf auf das Limojoch und den gleichnamigen See. Im leichten Auf und Ab schlängelt sich der Weg durch das wunderschöne Hochtal, mit Blick auf die Marmolata


und die Felswände des Lagazuoi-Gipfels. Ab dem Col de Locia ist schieben angesagt: Mal steil bis sehr steil geht es über Stufen abwärts, dann ein technisch anspruchsvoller Trail zur Capanna Alpina und bis St.Kassian. Ein letzter Anstieg verlangt noch einige Körner bis zum Rif. Pralongia. Entschädigt werden wir mit einem 360°-Dolomitenblick mit Heiligkreuzkofel und Lavarella und einem aufwendigen Abendessen.
Pralongià – Grödnertal Kondition: mittel bis schwer, Fahrtechnik: anspruchsvoll, 38 km, 1.350 Hm Zeitig am Morgen geht es los. Eine schöne Panorama-Schotterabfahrt über die Cherz mit einem anschließenden Trail bis nach Arraba. Weiter auf der Straße auf den Passo Pordoi auf 2.339m. Von hier geht es O -Road weiter. Nach einem schnellen Espresso folgt der Einstieg in einen der vielen angelegten Free-Ride-Trails mit technisch anspruchsvollen Anliegern, Steilkurven, Wurzelpassagen, aber auch owigen Abschnitten. Es folgt eine sehr steile Au ahrt über Schotter teilweise mit Schiebestrecken bis auf das Sellajoch, aber vor einer einmaligen Naturkulisse. Hier hat der Herrgott o ensichtlich schon mal eißig fürs himmlische Paradies geübt. Oben angekommen, das nächste Highlight durch die Steinerne Stadt. Die Abfahrt über einen Teil des Bike-Parks ist nie zu schwierig, aber immer herausfordernd, zumal die Zeit drängt, um noch vor dem drohenden Gewitter im Tal zu sein. Gescha t! Im Hotel in St.Christina ist zunächst eine notwendige Fahrradp ege angesagt, bevor wir im Garten den Tag Revue passieren lassen. Ein Glas Südtiroler Wein oder ein (alkoholfreies) Weizen nach dem Bike-Abenteuer ist ein Muss.
Grödnertal – Campilltal Kondition: fordernd bis schwer, Fahrtechnik: mittel, 40 km, 1.330 Hm Kurzes Einrollen, dann mit der Standseilbahn hoch nach Außerraschötz auf 2.281 m. Während Jürgen ein technisches Problem zu lösen hat, nutzen wir die Gelegenheit zum Aufstieg auf den Gipfel mit einem beeindruckenden Gipfelkreuz. Vor dieser traumhaften Kulisse und dem Kreuz kommt eine fast demütige Stimmung auf.
Wieder im Sattel weiter im Auf und Ab auf dem Grödner Höhenweg bis zur Brogleshütte auf 2.045 m. Ein ruppiger Trail mit hinterhältigen Querstufen fordert den ganzen Biker und verlangt entweder beste Bikebeherrschung oder fröhliche Miene beim kurzzeitigen Absteigen. Der folgende Uphill auf die Schlüterhütte 2.306 m und das Kreuzkofeljoch 2.340 m verlangt nochmals die letzten Reserven. Über den Rundweg am Peitlerkofel geht es auf eine lange Abfahrt nach Campill. Schade, dass ein aufziehendes Gewitter zur Eile drängt, und keine Zeit bleibt, die mächtigen Felswände des Puez-Geissler-Massivs zu bestaunen. Erinnerungen an rassige Skitouren in den „bleichen Bergen“ und den gegenüber liegenden Scharten und Rinnen kommen auf.
Trotzdem ist das Gewitter schneller. Die letzten Kilometer reichen zum Nass werden bis auf die Haut. Aber in der Speckstube in Campill werden wir mit lokalen Spezialitäten dafür entschädigt.
Campilltal – St.Vigil Kondition: schwer, Technik: mittel, 30 km, 1.300 Hm „Bun dé“ heißt „Guten Morgen“ auf ladinisch und los gehts. Nach einer kurzen Abfahrt nun teilweise steil und ruppig bergauf. Auf die morgendliche Schiebepassage hätten wir gerne verzichtet. Exemplarisch für die Ladiner Dolomiten sind die plüschigen Wiesen im Wechsel mit den mächtigen steilaufragenden Felswänden. Ein kurzes Stück über die Straße bis nach La Val (Wengen) und dann dem immer steiler werdenden Forstweg folgend bis zur Kreuzspitze auf 2.021 m.
Bald tauchen wir in den dichten Wald ein. Ab hier wird es steiler, wurzeliger und auch technischer. Damit es uns nicht so schnell langweilig wird, haben sich die Trailbauer etwas Besonderes einfallen lassen. Immer wieder mit kleinen Gegenanstiegen schlängelt
Ein Moment der Ruhe und Besinnung.
sich der angelegte Trail durch den Wald. Wir genießen die letzten Kurven, die letzten Wellen und die letzten schnellen Querungen. Hier hat man es gescha t, die Liebe zum Berg und das Mountainbiken friedlich zu vereinen.
Was bleibt noch: Ein gemütliches Abendessen mit lokalen Schmankerln in unserem Hotel. Ein letztes gemeinsames Frühstück und eine Führung durch das Haus. Die Themenzimmer sind sehenswert und sogar ein Düsenjäger wurde samt Cockpit in ein Zimmer integriert. Wir wären gerne noch geblieben.
Fazit Es war de nitiv keine Tour für Couchpotatoes! Eine Dolomitendurchquerung auf Ladinisch, die hat was. Die angegebenen Höhenmeter sahen auf dem Papier machbar aus, aber sie waren oft mehr als fordernd. Die Downhills gingen auf packenden Strecken über anspruchsvolle Runs und Flowtrails inklusive atemberaubendem Dolomitenpanorama. Es war eine erlebnisreiche Woche und die dabei waren, werden es so schnell nicht vergessen. „Giulan“ und „A s’udëi“ (Danke und Auf Wiedersehen auf Ladinisch).