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Wer ist eigentlich … Mark Branson?
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Wer ist eigentlich …
Mark Branson?
Von der Schweizer zur deutschen Finanzaufsicht: Der Wechsel von Mark Branson auf den Präsidentensessel der BaFin hat allgemein überrascht. Sein Handeln dürfte auch Auswirkungen bis in die Beratung hinein haben, etwa bei der Auslegung von Regeln wie MiFID II. In der Schweiz war er ein knallharter Regulierer.
„Aufseher sein B estes Schweizer Hochdeutsch mit britischem ist nicht nur Beruf, sondern auch Akzent – diesen außerge- Berufung.“ wöhnlichen Zungenschlag hören die BaFin-Mitarbeiter im Büro an der Bonner Graurheindorfer Straße seit August öfter. Denn zu diesem Zeitpunkt hat der neue BaFinChef Mark Branson sein Amt angetreten. Sein Arbeitsethos hat er gleich deutlich gemacht: „Aufseher sein ist nicht nur Beruf, sondern auch Berufung.“
Ein bisschen mehr als nur ein Job muss der neue Posten für Branson auch sein. Denn die Aufgabe ist immens: Er muss die BaFin nach den Querelen um Wirecard rundum erneuern und Reputation zurückgewinnen. Mit der Causa Wirecard hat sich die einst hoch angesehene Behörde nämlich ihren Ruf als gewissenhafter Kapitalmarktaufseher gehörig ruiniert. Bransons Vorgänger Felix Hufeld hatte den milliardenschweren Bilanzbetrug komplett übersehen. Dazu kamen private Wirecard-Aktiengeschäfte von BaFin-Mitarbeitern – auch nicht gerade vertrauensbildend.
„Meistgehasster Mann des Finanzplatzes“
Finanzminister Olaf Scholz wünscht sich jetzt eine Behörde „mit Biss“. Genau das will auch Branson: „Die BaFin soll eine Aufsichtsbehörde von Weltklasse werden“, so sein Plan. Vielleicht nicht Weltklasse, aber zumindest von tadellosem Ruf war sein früherer Arbeitgeber, die Schweizer Aufsichtsbehörde FINMA. Bei Bransons Start dort munkelte man über den Ex-Banker noch, man habe „den Fuchs zum Aufseher über den Hühnerstall“ gemacht.1 Denn Branson war zum Zeitpunkt der Manipulation des japanischen Referenzzinssatzes UBSChef in Tokio. Doch schon nach kurzer Zeit wurde ihm genau das Gegenteil vorgeworfen: zu streng, zu viel Reinregieren auch in die kleinsten Institute. Dabei kann man ihm kaum einen Vorwurf machen. Denn die scharfen Augen der von ihm geführten Behörde hatten auch die großen Namen der Schweizer Bankenbranche im Visier. Selbst gegen die renommierte Adresse Rothschild ermittelte die FINMA wegen des Skandals um dem malay-
sischen Staatsfonds 1MDB. Biss und klare Kante bewies er auch bei den Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber UBS. Bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt musste die Großbank eine Strafe von 134 Millionen Franken zahlen – Währungskursmanipulation lautete der Vorwurf.2 Mittlerweile gilt er in der Schweiz als „harter Hund“ – kompromisslos, aber auch kompetent. „Wenn sich niemand beklagen würde, dass wir ihm auf den Füßen stehen, wäre das auch kein gutes Zeichen“, pariert er.
Neue Augen für die BaFin
Die in der Schweiz erworbene Robustheit wird Branson, der mit einer Schweizerin verheiratet ist und mittlerweile auch den Schweizer Pass hat, gebrauchen können. Der Erwartungen der Öffentlichkeit ist er sich bewusst. „Das eröffnet aber auch Chancen, Veränderungen in der BaFin voranzubringen, die sonst länger gedauert hätten“, meint er. Und: „Jede Aufsicht braucht von Zeit zu Zeit neue Augen.“ Nicht nur „DIE ZEIT“ rätselte, was Branson zum Wechsel von Bern nach Bonn bewogen hat. Schließlich laufe die FINMA gut, gelte nicht als „Chaos-Behörde“. Und er verdiente dort deutlich mehr, als es bei der BaFin möglich ist: 593.000 Franken sollen es gewesen sein. „Er will Einfluss“, lautet die Antwort.3 Allein von der Mitarbeiterzahl kann die BaFin mit rund 2.700 Stellen die viel kleinere FINMA mit 500 Stellen klar toppen. Dazu ist Deutschland in der Welt eben doch eine andere Nummer als die kleine Schweiz. Und der Veränderungsbedarf hier ist viel größer.
Ohne „luggage at the door“
Die Bundesregierung hat die Pflöcke jedenfalls schon eingeschlagen: Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität („Wirecard-Gesetz“) ist Anfang Juli in Kraft getreten. Gleichzeitig wollte sie offenbar einen ganz anderen Typus an der Spitze der Behörde. Branson ist der erste nicht deutsche BaFinChef mit internationalem Bankenhintergrund. Dadurch ist er weder mit der Politik noch mit der Finanzbranche hierzulande „verbandelt“ und hat trotzdem langjährige Erfahrungen im Finanzsektor und in Sachen Aufsicht. „Seine Wahl ist ein Coup“, meinte dann auch Ex-Bundesbankvorstand Andreas Dombret. „Denn er kommt ohne „luggage at the door“ nach Bonn.“ Ohne „luggage“, aber mit viel Know-how im Kampf gegen Korruption und Geldwäsche. Mittlerweile ist Branson samt Familie nach Bonn gezogen – auch ein Zeichen, dass die BaFin für ihn keine kurze Etappe sein soll. Und er wirklich „Biss“ zeigen will.
1986 bis 1990:
Studium Mathematik und Management in Cambridge (M. A.) und Operational Research (M. Sc.) in Lancaster
1990 bis 1993:
Unternehmensberatung Coopers & Lybrand, London
1994 bis 1997:
Credit Suisse, London
1997 bis 2009:
UBS (London, Zürich, Tokio), zuletzt CFO der Vermögensverwaltung
2010 bis 2014:
Schweizer Finanzmarkt- aufsicht FINMA, Leiter Geschäftsbereich Banken
2014 bis 2021:
FINMA-Direktor
seit 2021:
Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
1 NZZ, 22. 03. 2021. 2 WirtschaftsWoche, 24. 03. 2021. 3 DIE ZEIT, 27. 03. 2021.