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ESG: Der Teufel steckt im Detail

ESG-Ratings: Der Teufel steckt im Detail

ESG-Ratings versprechen Hilfe bei der Anlageentscheidung. Doch die Aussagekraft von einzelnen EmissionsKategorien (Scopes) hält sich in Grenzen. Warum ein eigener nachhaltiger Strategiemix sinnvoll ist.

Ophélie Mortier,

Responsible Investment Strategist, Degroof Petercam AM Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das gilt auch für Berater, Investoren, Vermögensverwalter und institutionelle Anleger, die nachhaltig anlegen wollen. Welche der unzähligen Daten sind wirklich für eine nachhaltige Anlageentscheidung relevant, welcher Ansatz ist der erfolgversprechendste? Diese Verunsicherung führt dazu, dass Scores von Ratinganbietern immer stärker zu einem maßgeblichen Faktor im Investitionsprozess werden.

Allerdings ist es dabei von erheblicher Bedeutung, die Zuverlässigkeit, Konsistenz und vor allem die Datenqualität zu hinterfragen. Denn weil es immer noch keine exakte Definition von „ESG“ oder „Nachhaltigkeit“ gibt, kann man je nach Datenanbieter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. So ergab eine aktuelle Studie der „MIT Sloan School of Management“, dass die Korrelation von ESG-Ratings bei einer Gruppe von sechs verschiedenen Anbietern im Durchschnitt bei 0,54 liegt, mit einer Spanne von 0,38 bis 0,71. Zum Vergleich: Die Studie zeigt zwischen zwei Anbietern von Bonitätsbewertungen eine Korrelation von 0,99.

Die Ergebnisse verdeutlichen also eine starke Divergenz bei ESG-Ratings, die bei anderen Arten von Ratings, wie zum Beispiel Kreditratings, weniger üblich ist. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Bewertungsgrundlagen sowie vor allem an den Bewertungsmethoden, die die verschiedenen Anbieter für ihre ESGRatings anwenden. Das hat zur Folge, dass ein Unternehmen je nach ESG-Datenanbieter in einem Screening ein Top-ESG-Performer sein kann, aber in einem anderen ganz unten steht.

Das „E“ dominiert

Und es gibt noch weitere Schwächen, die gegen eine unkritische Nutzung von ESG-Ratings sprechen: Bei den meisten Anbietern dominiert der Umwelt-Bias das Datenuniversum. Informationen über das „S“ und das „G“ von ESG finden sich ungleich weniger. Zudem fokussieren sich viele der Beurteilungen zu stark auf große Unternehmen, da diese in der Regel besonders viele ESG-Daten offenlegen. Die Folge ist, dass kleinere Firmen, die üblicherweise weniger Informationen liefern, die schlechteren Ratings erhalten. Doch sind gerade kleinere und aufstrebende Unternehmen häufig überaus interessante Investments mit guten ESG-Werten. Es wäre fatal, sie durchs Raster fallen zu lassen.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich sind ESG-Ratings wichtige Indikatoren und Hilfestellungen in der zunehmenden Datenflut. Doch sie müssen kritisch hinterfragt werden. Daher sind Einblicke in die Methodik der Ratingagenturen sowie eine intensive Auseinandersetzung mit den bewerteten Unternehmen wichtige Maßnahmen, um die eigene Sicht auf die wichtigsten und wesentlichsten ESG-Merk-

Es ist von erheblicher Bedeutung, die Zuverlässigkeit, Konsistenz und vor allem die Datenqualität der ESG-Ratings zu hinterfragen.

male weiter zu verbessern. Dies ist insbesondere vor der Auswahl eines Anbieters wichtig, aber auch bei der Integration der Ratingbewertungen in den Anlageprozess.

Konstruktiver Dialog als wichtiger Baustein

Der erfolgversprechendste Ansatz scheint es zu sein, die Rohdaten verschiedener Anbieter mit eigenen Erfahrungen, die in persönlichen Unternehmensgesprächen gewonnen werden, zu kombinieren. Die langjährige Expertise des Asset Managers spielt hierbei natürlich eine große Rolle. Weitere wichtige Faktoren sind eine aktive Aktionärspolitik und ein konstruktiver Dialog mit den Unternehmen.

Die gute Nachricht ist, dass sich vor allem dank neuer und verschärfter Regulierung für ein nachhaltiges Finanzwesen einige der ESG-Daten künftig deutlich objektiver vergleichen lassen. Zusammen mit der vorgeschlagenen EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten dürfte in den kommenden Monaten und Jahren mehr Konsens in Bezug auf die ESG-Performance zu erwarten sein. Davon profitieren am Ende sowohl Anleger und Berater als auch die Asset-Management-Branche selbst. DPAM nutzt die Daten unterschiedlicher ESG-Anbieter und damit unterschiedliche Analysemethoden und legt zudem den Fokus auf ESGkritische Aspekte eines Sektors. Ganz wichtig ist uns dabei: Beim ESG-Selektionsprozess gehen wir stets pragmatisch vor, im Sinne einer Auswahl derjenigen Unternehmen, die bereit sind, eine positive Zukunft mitzugestalten.

Degroof Petercam AM (DPAM) DPAM (Degroof Petercam Asset Management) ist eine unabhängige, aktive Vermögensverwaltungsgesellschaft, die Teil einer belgischen, familiengeführten Gruppe mit Ursprung im Jahr 1871 ist. DPAM ist Investor, Pionier und Innovator für verantwortungsvolles und nachhaltiges Investieren, der ESG-Kriterien über sämtliche Asset-Klassen hinweg integriert. www.dpamfunds.com

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