
3 minute read
Trends

Der Mittelstand beweist während der Coronakrise Durchhaltevermögen und einen langen Atem. Aktuell wird die Erholung und das Wachstum vieler Unternehmen durch Material- und Rohstoffknappheit ausgebremst. Doch Experten sehen bereits für 2022 einen Aufschwung.
Advertisement



AUF KRISE FOLGT AUFSCHWUNG
Die Konjunkturerwartungen mussten für dieses Jahr nach unten korrigiert werden. So haben die Wirtschaftsweisen ihre Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2021 von 3,1 auf 2,7 Prozent abgesenkt.1 Die Bundesregierung benennt in ihrer Herbstprojektion mit 2,6 Prozent ein ähnliches Wachstum des BIP.2 Auch der ifo-Geschaftsklimaindex ist von 98,9 Punkten im September auf 97,7 Punkte im Oktober gefallen.3
Lieferengpässe durch weltweite Rohstoffknappheit Die deutsche Wirtschaft hat derzeit mit einigen negativen Einfl üssen zu kämpfen, die auf das Wachstum drücken. Ganz oben auf der Agenda stehen dabei die Engpässe am Beschaffungsmarkt, unter anderem bei Elektronikbauteilen, Chips, Holz, Stahl und Kupfer. Auch Magnesium


1. Quelle: www.de.statista.com/statistik/daten/studie/202545/umfrage/ wirtschaftliche-eckdaten-fuer-deutschland-laut-wirtschaftsweisen/#professional 2. Quelle: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/10/ 20211027-herbstprojektion-deutsche-wirtschaft-nach-corona-wieder-auf-wachstumspfad.html 3. Quelle: www.ifo.de/node/65790

droht Mangelware zu werden – der Rohstoff wird beispielweise für die Aluminium-Produktion benötigt. Laut Wirtschaftsvereinigung Metalle (WM) liegt das in der reduzierten Produktion chinesischer Hersteller begründet. Diese wollen ihren Energieverbrauch aufgrund der Klimaschutzziele senken und fahren deshalb unter anderem die Produktion von Magnesium zurück. Ungünstig für die deutsche Industrie, da China 95 Prozent des Bedarfs in Europa abdeckt.4

Automobilindustrie im Dauerstress Die knappen Rohstoffe fi nden in zahlreichen Vor- und Endprodukten Anwendung, so dass sich die Materialkrise durch viele Branchen zieht: Automobilindustrie, Maschinenbau, Medizintechnik, Luftfahrt, Möbelindustrie, Baugewerbe, Verpackungsindustrie sowie Stahlproduktion. Im Ergebnis können Produkte nicht hergestellt und Aufträge nicht bearbeitet werden – Lieferungen verzögern sich. Zudem lässt der Mangel am Beschaffungsmarkt die Preise in die Höhe schießen, was wiederum die Gewinne schmälert. Besonders bei den Automobilzulieferern sind die Sorgenfalten laut ifo-Branchenbarometer tiefer: Sie müssen zusätzlich zur Corona- und Materialkrise einen massiven Strukturwandel in der Branche bewältigen. Einige Unternehmen befürchten, mit dem schnellen Wandel nicht Schritt halten zu können. Der ifo-Lageindikator lag deshalb im Oktober bei minus 9,8 Punkten.5 Konsumnachfrage steigt trotz Infl ation Die vierte Corona-Welle trifft Deutschland mit voller Wucht. Die Menschen sind unsicher über den weiteren Pandemieverlauf sowie mögliche neuerliche Einschränkungen. Steigende Preise für Gas, Benzin, Strom und Lebensmittel treiben die Infl ation in die Höhe. Dennoch meldete der GfK-Konsumklimaindex im Oktober eine steigende Konsumneigung sowie eine rückläufi ge Sparneigung. Die Anschaffungsneigung steigt im Oktober auf 19,4 Punkte und damit laut GfK zum zweiten Mal in Folge. Erklärt wird diese Entwicklung mit vorzeitigen Anschaffungen, weil die Bürger weitere Preissteigerungen erwarten.6

Unternehmensnachfolge in der Krise Abseits von Materialengpässen und Energiewende treibt den deutschen Mittelstand noch ein weiteres Thema um, was die gesamte Volkswirtschaft betrifft: die Nachfolge. Immer mehr Unternehmer gehen in den Ruhestand, doch immer weniger Menschen wollen einen Betrieb gründen oder übernehmen. Wie die creditreform berichtet, weist der Nachfolgemonitor der KfW-Bankengruppe seit einigen Jahren nur rund 70.000 Betriebsübernahmen pro Jahr aus. Zum Vergleich: Vor zwanzig Jahren gab es mit 148.000 doppelt so viele Übernahmegründer.7 Die Coronakrise hat die Situation noch verschärft, wie das „Nachfolge-Monitoring Mittelstand“ von KfW Research zeigt: Demnach hatten 51 % der Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Nachfolgepläne in 2020 auf Eis gelegt, beispielsweise aufgrund fi nanzieller Unsicherheiten und der Fokussierung auf die Krisenbewältigung.8 Auch in Sachen Neugründungen sieht es eher düster aus. Das liegt laut Creditreform in der alternden Gesellschaft sowie einer immer geringeren Risikobereitschaft begründet.9
Prognosen sehen Besserung in 2022 Ohne die negativen Auswirkungen der Knappheit am Beschaffungsmarkt stünde der Mittelstand grundsätzlich gut da: So meldeten bei der creditreform-Herbstumfrage 38,2 Prozent der befragten Unternehmen gestiegene Auftragsbestände (Vorjahr: 23,6 Prozent) und 42,5 Prozent Umsatzsteigerungen (Vorjahr: 25,6 Prozent). Nur noch 12,6 Prozent gaben Umsatzrückgänge an (Vorjahr: 35,8 Prozent). Zudem plante zum Umfragezeitpunkt rund die Hälfte der Befragten ein Investitionsvorhaben.10
Und wie heißt es immer: Nach dem Tal folgt der Aufstieg. Für das kommende Jahr prognostizieren die Wirtschaftsweisen ein Wachstum von 4,6 Prozent – vorausgesetzt, die Engpässe gehen zurück und die Pandemie erfordert nicht noch weitere einschneidende Beschränkungen. Auch die Bundesregierung hält in ihrer Herbstprojektion ein Wachstum um 4,1 Prozent in 2022 für möglich.11
4. Quelle: www.wvmetalle.de/presse/ 5. Quelle: www.ifo.de/node/65898 6. Quelle: www.gfk.com/de/presse/Konsumklima-trotzt-Inflation 7. Quelle: www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/ unternehmensnachfolge-lebenswerk-zu-verkaufen 8. Quelle: www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/ Fokus-2020/Fokus-Nr.-308-Nachfolge-Monitoring.pdf 9. Quelle: www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/ weniger-mut-als-frueher 10. Quelle: www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/ wirtschaftslage-und-finanzierung-im-mittelstand-herbst-2021 11. Quelle: www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2021/10/ 20211027-herbstprojektion-deutsche-wirtschaft-nach-corona-wieder-auf-wachstumspfad.html
