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Aus der Praxis

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REALWIRTSCHAFT UND KAPITALMARKT DURCH TECHNOLOGIE DIREKT VERBINDEN

Das Berliner Fintech CrossLend betreibt eine Plattform für Kreditgeber und institutionelle Investoren. Sie ermöglicht die effiziente Abwicklung von Transaktionen zur Refinanzierung durch den Kapitalmarkt. Dazu werden beispielsweise reale Assets wie Kredite in digitale Assets transformiert. Als Kooperationspartner profitiert so auch creditshelf von einem erweiterten und standardisierten Zugang zum Kapitalmarkt.

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„Uns geht es um den Brückenbau zwischen Realwirtschaft und Kapitalmarkt. Wir wollen eine direktere, effizientere Refinanzierung auf der einen Seite mit aussichtsreichen Anlagemöglichkeiten für Investoren auf der anderen Seite verbinden. Zu diesem Zweck betreiben wir unsere Plattform basierend auf den von uns entwickelten Technologien. Dadurch ermöglichen wir auch gänzlich neue Geschäftsmodelle“, beschreibt COO Marco Hinz die CrossLend-Mission. Gegründet wurde das Fintech 2014. Durch eine Reihe von Finanzierungsrunden, strategische Partner und eine positive Geschäftsentwicklung konnte das Unternehmen seither intensiv wachsen. Heute zählt CrossLend sechs Standorte: Wien, Lissabon, Berlin, Luxemburg, Frankfurt und

London. Über 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus knapp 30 Nationen arbeiten für das Fintech. Sie alle entstammen, Hinz zufolge, fi nanzmarktnahen Industrien und bringen den passenden Erfahrungsschatz aus Technologieunternehmen, Versicherungen, Banken, Rating-Agenturen oder Investmentfi rmen mit. „Daneben sind unsere Kunden und Partner in zwei zentralen Bereichen beheimatet. Auf der einen Seite haben wir die Finanzierer: von Banken über Kreditplattformen bis hin zu Factoring-Unternehmen. Die andere wichtige Zielgruppe sind institutionelle Investoren, die europaweit nach Investitionsmöglichkeiten suchen – Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Versorgungswerke, Asset Manager und andere“, erklärt Marco Hinz.

Zugelassener und beaufsichtigter Emittent CrossLend hat Zulassungsverfahren unterschiedlicher europäischer Regulatoren durchlaufen. Seit 2016 besitzt das Fintech etwa eine Lizenz der CSSF, also der Aufsichtskommission des Finanzsektors in Luxemburg. Seit 2020 stehen die Berliner zudem unter der Aufsicht der BaFin. Bedingt durch den Brexit läuft gerade ein Antragsverfahren bei der FCA, der unabhängigen Finanzaufsichtsbehörde des Vereinigten Königreichs in London. Bis zu dessen Abschluss kann das Unternehmen allerdings bereits eine temporäre Zulassung nutzen. Dadurch ist CrossLend in der Lage, europaweit Wertpapiere anzubieten – eine zentrale Voraussetzung für das Geschäftsmodell des Fintechs.

End-to-end-Lösung Das Angebot von CrossLend erleichtert Kreditgebern die Interaktion mit dem Kapitalmarkt auf unterschiedlichen Ebenen. So stellt CrossLend mit seiner digitalen Plattform einerseits die nötige Infrastruktur bereit, um beispielsweise Kreditdaten zu erfassen, aufzubereiten und zu validieren. Das hilft etwa beim Erstellen von Cashfl ow-Modellen, Asset-Bewertungen oder dem Monitoring und Reporting von Investments. Über die Plattform rücken Kreditgeber und Investoren näher zusammen. Die Interaktionen werden so deutlich vereinfacht und standardisiert. Dank seiner Lizenzen kann CrossLend Wertpapiere, in der Regel in Form von Inhaberschuldverschreibungen, herausgeben. Diese können von Investoren anschließend erworben werden. Der COO erklärt, was die Securitisation as a Service so praktikabel macht: „Institutionelle Investoren besitzen meist nur begrenzte Ressourcen und auch nicht die nötigen Technologien oder Prozesse, um sich mit den Detailaspekten, die hinter komplexen Assets stehen, zu beschäftigen. Beispiel Factoring: Hier betragen die Laufzeiten oft nur 30 oder 40 Tage, daher ist die Umschlagsgeschwindigkeit der Forderungen sehr hoch. Investoren wollen in so einem Fall ein übersichtliches, leicht zu handhabendes Finanzinstrument besitzen. Genau so ein Produkt erzeugen wir und kümmern uns um alles, was dieser Struktur an Komplexität zugrunde liegt.“ CrossLend bietet somit modulare Lösungen für Kapitalmarkttransaktionen. Kundinnen und Kunden können aus diesen Produkten wählen, was sie benötigen: nur die Datenservices, den Marktplatz, die Verbriefung oder gleich den gesamten Prozess.

Brückenbauer trifft Mittelstandsfi nanzierer Da sich CrossLend als Infrastrukturanbieter und Brückenbauer zwischen Kreditgebern und Investoren versteht, sind Kooperationen essenzieller Bestandteil des Geschäftsmodells. Die Zusammenarbeit mit creditshelf begann 2018. „Eine Bank wollte damals über die Kreditplattform in den Mittelstand investieren. Das Haus war auf der Suche nach einer effektiven und regulatorisch passenden Möglichkeit. Eine Verbriefung erschien aussichtsreich – wir kamen ins Spiel und entwarfen gemeinsam mit creditshelf ein passendes Setup für die Bank“, erinnert sich Marco Hinz. Die Verbriefung steht bei der Kooperation mit creditshelf seither im Zentrum. Sie ermöglicht es Investoren, das Angebot von creditshelf nach individuellen Kriterien zu nutzen. „Unser Partner CrossLend tritt, vereinfacht gesagt, wie ein regulärer Investor auf unserer Plattform auf. Mit dem zentralen Unterschied, dass er kein eigenes Geld bewegt, sondern wiederum eine Reihe institutioneller Investoren hinter sich hat. Die von uns arrangierten

Uns geht es um den Brückenbau zwischen Realwirtschaft und Kapitalmarkt.“

Marco Hinz , COO, CrossLend GmbH

Daniel Bartsch, Marco Hinz und Oliver Schimek (CEO, CrossLend)

Durch seine maßgeschneiderten Produkte erleichtert CrossLend institutionellen Investoren den Zugang zu unserem Angebot zusätzlich."

Dr. Daniel Bartsch, Co-Gründer und Vorstand, creditshelf AG

Kredite werden von CrossLend in Wertpapiere umgewandelt und für die Investoren verwaltet. Dadurch steht uns eine breitere Basis und ein breiterer Schnitt an Geldmitteln zur Verfügung“, erklärt Dr. Daniel Bartsch, Gründungsmitglied und COO von creditshelf.

Vehikel für Investoren CrossLend schafft damit eine weitere Möglichkeit, KMU über creditshelf bei ihrer Finanzierung zu unterstützen. Institutionelle Geldgeber können direkt über die Plattform in die Mittelstandskredite investieren, die über einen Bieterprozess bereitgestellt werden. Oder sie zahlen über den von creditshelf aufgesetzten Fonds in den Durchschnitt der arrangierten Kredite ein. Außerdem können Investoren über besagte, von CrossLend emittierte Wertpapiere investieren. „Diese Option kann aus regulatorischen oder prozessbedingten Gründen erforderlich werden. Wir hatten beispielsweise den Fall einer ausländischen Bank, die in deutsche KMU-Kredite investieren wollte, was mit unserer gemeinsamen Lösung möglich wurde“, so Marco Hinz. Gerade für internationale Investoren, die in den hiesigen Mittelstand anlegen möchten, sei creditshelf eine nützliche Plattform. Dafür spreche die Bandbreite an Investitionsvolumen und die Qualität der Investments. Hinzu kämen die intensiv gepfl egten Partnerschaften zu etablierten Bankhäusern.

Gelebtes Miteinander im Ökosystem Aufseiten von creditshelf wird die Zusammenarbeit ebenfalls geschätzt: „Durch seine maßgeschneiderten Produkte erleichtert CrossLend institutionellen Investoren den Zugang zu unserem Angebot zusätzlich. Dadurch haben wir eine breitere Basis an Geldgebern und einen weiteren Kanal an Mitteln, um mittelständischen Unternehmen zu einer Finanzierung zu verhelfen“, so Dr. Bartsch. Für den creditshelf-Mitbegründer ist die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen ein Grundpfeiler der Fintech-Idee: „Kooperationen sind ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsprinzips. Wir haben creditshelf von Anfang an als Teil eines Ökosystems verstanden. Entsprechend pfl egen wir heute Partnerschaften in allen Bereichen: In der Kundenakquise arbeiten wir mit Unternehmensberatern, Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Banken zusammen. Wir freuen uns außerdem, namhafte Partner wie den Europäischen Investitionsfonds an unserer Seite zu wissen und sind stets an der Zusammenarbeit mit innovativen Marktteilnehmern wie CrossLend interessiert.“ Nur über solche fruchtbaren Kollaborationen könne der Kreditbedarf des deutschen Mittelstands auf Dauer gedeckt werden.

Next Step: zentrale Standards Die gemeinsame Arbeit der beiden Fintechs zeigt, wie effektiv Finanzierer bereits heute kooperieren und welchen Nutzen dies auf allen Seiten bringt. Dennoch steht die Branche noch vor zahlreichen Herausforderungen. Dies hat in vielen Teilen mit einer schleppenden Digitalisierung zu tun – etwa, wenn es um die Standardisierung von Daten und Prozessen geht. Um die Entwicklung weiter voranzubringen, sind sowohl CrossLend als auch creditshelf neben ihrer operativen Zusammenarbeit im Verband deutscher Kreditplattformen aktiv. Diese Interessenvertretung setzt sich unter anderem für Branchenstandards bei Risikoprozessen, Rechtsauffassungen und Daten ein. „Aktuell bremsen uns noch große Hürden aus. Beispielsweise verbringen wir, gerade bei grenzüberschreitenden Kapitalmarkttransaktionen, oft bis zu 80 Prozent der Zeit mit dem Daten-Onboarding oder dem Klären regulatorischer Rahmenbedingungen“, sensibilisiert Marco Hinz. Gelänge hier eine Standardisierung und könnten Medienbrüche minimiert werden, ließen sich große Potenziale heben: schnellere Prozesse, eine höhere Qualität der Informationen und damit eine noch effektivere Abstimmung zwischen Kreditgebern und Investoren. Das würde auch den kreditsuchenden Unternehmen zugutekommen. CrossLend und creditshelf wollen ihre Partnerschaft in jedem Fall weiter ausbauen und vertiefen.

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