CREDITSHELF MAGAZIN „NO. 12 üBER FREIHEIT & HANDLUNGSSPIELRäUME FüR DIE WICHTIGEN ZIELE VON UNTERNE

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3 Fragen an …

Wettbewerbsvorteile schwinden, es braucht eine umfassende Digitalisierungsstrategie Mit ihrem Unternehmen Civey ist Janina Mütze ganz nah dran am Stimmungsbild und den aktuellen Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Plattform bietet Umfragen und Meinungserhebungen in Echtzeit. In ihrer Position im Aufsichtsrat des Tech-Unternehmens Comeco unterstützt Janina Mütze zudem das Zusammenspiel von Banken und deren Kunden. Die von dem Fintech entwickelte, offene Plattform schafft praktische Banking-Lösungen für die Nutzer und ist zugleich ein Wachstumsmotor für Finanzierer. Wir sprachen mit der Innovatorin über den Einfluss von Corona auf die Wirtschaft, die Auswirkungen auf die Digitalisierung und die Wahrnehmung digitaler Dienstleistungen. Was beobachten Sie in Ihren Erhebungen: Welche Branchen wandeln sich derzeit am stärksten und wohin entwickeln sie sich? Mütze: Corona hat Krisengewinner und -verlierer hervorgebracht und somit in unterschiedlichen Branchen zu verschiedenen Effekten geführt. Schwierigkeiten zeigen sich in Branchen wie dem Tourismus und der Gastronomie. Natürlich ist der Einzelhandel existentiell betroffen. Das zeigt die Selbsteinschätzung der jeweiligen Mitarbeiter. Digitale Geschäftsmodelle profitieren hingegen an vielen Stellen. Corona verändert die Märkte, aber es scheinen sich dabei vor allem bereits existierende Trends zu beschleunigen. So beobachten wir in einer Langzeitstudie seit 2019, dass

in der Wahrnehmung der Deutschen die Wettbewerbsposition von Unternehmen in Deutschland insgesamt abnimmt. Eine Meinung, die auch Wirtschaftsentscheider teilen. So ist sich nur ein Drittel der Entscheider sicher, dass bisherige Wettbewerbsvorteile in den kommenden Jahren noch Bestand haben werden. Fast jeder Fünfte gibt an, dass sein Unternehmen über keine Wettbewerbsvorteile verfüge. Spätestens seit der Pandemie muss Unternehmen klar sein, dass sie eine umfassende Strategie zur Digitalisierung brauchen. Stichwort „Digitalisierung“ – werden die heimischen Unternehmen bei ihren Geschäftsmodellen innovationsfreudiger? Mütze: Als Unternehmerin würde ich unterstellen, dass die Innovationsfreude eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle sein sollte. Wenn allerdings nur jeder dritte Wirtschaftsentscheider davon überzeugt ist, dass die Wettbewerbsvorteile im eigenen Unternehmen von Bestand sind, zeigt dies, wie hoch der Innovationsdruck ist. Immerhin: Ein Drittel

der Deutschen gibt an, dass sich das eigene Unternehmen durch die Pandemie schneller digitalisiert hat. Und wir sehen, dass auch das Verständnis für die Notwendigkeit, sich zu digitalisieren, in der Breite der Bevölkerung gewachsen ist. Heute erkennen zwei von drei Deutschen in der Digitalisierung eine Chance für die hiesige Wirtschaft. Gleichzeitig fällt der Optimismus hinsichtlich der Chancen für die eigene Karriere geringer aus. Die Angst, abgehängt zu werden, ist stellenweise vorhanden. Verändern sich auch die Einstellungen von Verbrauchern und Unternehmen zu digitalen Services? Was ist der Trend bei den Online-Finanzdienstleistungen? Mütze: Convenience wird insbesondere im Bereich Financial Services wichtiger. Verbraucher wünschen sich ein einfaches Online-Banking. Ist das gegeben, dürfen sogar die Gebühren etwas höher sein. Der Convenience-Faktor nimmt auch für B2BKunden einen höheren Stellenwert ein. Das gilt insbesondere für Digitalunternehmer.

Janina Mütze … … ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von Civey, dem führenden Unternehmen für digitale Marktforschung. Vor Gründung des Unternehmens vertrat die studierte Volkswirtin die Interessen der Venture-Capital- und Private-EquityInvestoren im politischen Berlin, unter anderem als Referentin der Geschäftsführung. Neben ihrer Arbeit für Civey ist Janina Mütze Mitglied im Aufsichtsrat des Fintechs Comeco sowie im Beirat für Gründungen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Zudem ist sie Teil des Advisory Boards des Masterprogramms in Social and Economic Data Science an der Uni Konstanz. Vom deutschsprachigen Forbes-Magazin wurde sie 2018 in der Kategorie Technologie auf der Liste „30 unter 30“ geführt. Das Magazin Capital zeichnete sie 2018 als Top 40 unter 40 in der Kategorie „Unternehmer“ aus.

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