
Für meine
Drei-Generationen-Familie:
NOVA (14) – JURI (22) – EMMY (25)
JULIUS (27) – MAXIMILIAN (29)
IRINA (53) – ALEXANDER (56) ELKE (84)
Horst Opaschowski
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Für meine
Drei-Generationen-Familie:
NOVA (14) – JURI (22) – EMMY (25)
JULIUS (27) – MAXIMILIAN (29)
IRINA (53) – ALEXANDER (56) ELKE (84)
Horst Opaschowski
„Für die junge Generation wird es in Zukunft schwieriger, ebenso abgesichert und im Wohlstand zu leben wie die Elterngeneration heute.“
(2025: 83 Prozent der Deutschen)
„Die junge Generation muss sich wehren. Sonst erbt sie die Schulden von heute als Steuern von morgen.“
(2025: 79 Prozent der Deutschen)
„Für Jugendliche sollte am Ende der Schulzeit ein soziales Pflichtjahr eingeführt werden, um den sozialen Zusammenhalt zu fördern und das Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhindern.“
(2025: 59 Prozent der Deutschen)
Repräsentativbefragungen von jeweils 1000 Personen ab 14 Jahren vom 12. bis 18. Mai 2025 in Deutschland
Quelle: Opaschowski Institut für Zukunftsforschung (OIZ)
„Zukunftsforscher Opaschowski setzt auf die Jugend“, überschrieb die Deutsche Welle vor wenigen Jahren einen Beitrag. Auf die Feststellung „Viele seiner Thesen, die er schon in den 1970er- und 80er-Jahren formuliert hat, stimmen bis heute“ folgte die Frage: „Was erzählen Sie Ihren fünf Enkeln – seid optimistisch? Oder: Zieht euch warm an?“
Mit dem Sponti-Spruch aus der Nach-68er-Zeit „Trau keinem über dreißig“ begann Anfang der 1970er-Jahre meine wissenschaftliche Publikationstätigkeit. Ich selbst, Jahrgang 1941 und gerade dreißig geworden, stand also zwischen den Generationen – sympathisierte noch mit der jüngeren und paktierte schon mit den älteren Generationen. Diese biografische Ausgangssituation nutzte ich 1971 für meine erste Buchveröffentlichung über den „Jugendkult in der Bundesrepublik“. Mit dem Tod greiser Repräsentanten des Staates (Stalin, Roosevelt, Churchill, Eisenhower, Adenauer, Chruschtschow, de Gaulle) wurde der Weg frei für einen Generationenwechsel von John F. Kennedy bis Willi
Brandt. Jugend und Jugendlichkeit wurden zu neuen Leitbildern von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Und was meine ich mit „Jugend heute“? Im Kern handelt es sich um die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen: Meine fünf Enkel sind heute zwischen 14 (Nova) und 29 Jahren (Maximilian) alt. Diese Zeitspanne von fünfzehn Jahren gilt auch in der Jugendforschung als „die“ Jugendphase. Als 85-Jähriger schaue ich jetzt zurück – und zugleich nach vorn in die Zukunft dieser nächsten, meiner Enkelgeneration: „Ihr seid die Zukunft!“
„Eigentlich beneiden wir eure Generation“, sagte unlängst mein 22-jähriger Enkel Juri zu mir. „Ihr habt Krieg und Nachkriegszeit erlebt und konntet nach den Notzeiten nur gewinnen. Wir hingegen können doch nur verlieren. Wir sind in Wohlstandszeiten aufgewachsen und fühlen uns zunehmend auf der Verliererseite. Welche Zukunft wartet schon auf uns?“ Juris Statement war eine nachdenklich stimmende Antwort auf meine Bemerkung „Wisst ihr eigentlich, wie gut es euch geht?“ angesichts der vielen Weihnachtsgeschenke. Juri empfand diese Bemerkung zu Recht als Angriff auf den Lebensstil einer ganzen Generation.
Seine 25-jährige Schwester Emmy hingegen lebt bewusst zwischen Selbst- und Gesellschaftskritik. Sie weiß sehr wohl, was Wohlstand und Unwohlstand bedeuten und ergreift in unseren familiären Diskussionen Partei für die Schwachen und Benachteiligten in der Gesellschaft. Sie kritisiert die Regierungspolitik, die fast tatenlos der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland zuschaut. Für sie ist klar: „Die Regierung regiert weitgehend an den realen Lebensbedürfnissen der Menschen vorbei.“
Ihr Cousin, der 27-jährige Julius, hält wenig vom Lamentieren und Kritisieren. Er nimmt die Herausforderun-
gen des Lebens aktiv und offensiv an. Auch ein „Leben am Limit“ gehört für ihn dazu. Er sieht es sportlich und will sich leistungsbewusst „mit Biss“ durch das Leben kämpfen. Sein älterer Bruder, der 29-jährige Maximilian, lebt schließlich die Siegermentalität schon vor. Auch er liebt den Wettkampf – beruflich und im persönlichen Leben auch. Dabei ist ihm das Vorausdenken besonders wichtig, was auch seine aktive Mitarbeit an meinem 2025 veröffentlichten „Zukunftsbarometer“ erklärt. An Ideen mangelt es ihm nicht: „Ich habe manchmal mehr Ideen als Zeit“, klagt er zu Recht.
Ja, und schließlich die jüngste Enkelin, die 14-jährige Nova: Sie verkörpert schon fast eine neue Generation spontaner Macher: Nicht lange reden. Machen – und das sofort! Als wir im Sommer 2025 nachmittags beim Kaffee zusammensaßen, traf gerade per Post die Anfrage des Verlags nach einem aktuellen Porträtfoto für die Buchwerbung ein. Nova zückte ihr Smartphone. Click. Fertig war das Werbefoto für diese Buchproduktion. Und auf meine Frage, was sie denn später mal werden will, kam die Antwort: „Dass ich mit dem, was ich kann, auch was erreichen kann …“
Diese 14- bis 29-jährige Enkelgeneration ist für mich die GEN NEXT 2040, die in den nächsten Jahren die Akteure der Zukunft sein wollen und werden – als Macher und Entscheider in der Arbeitswelt und als sozial Engagierte und Wehrfähige im künftigen Gesellschaftsleben auch. So herrscht bei mir der Eindruck vor: Diese Generation weiß, was sie will. Sie hat Ideen und Pläne fürs Leben, ist zielstrebig, sozial orientiert und kennt Langeweile nur vom Hörensagen. Lediglich auf die Frage „Wie geht es weiter?“ kann diese Generation nur wenig konkrete Antworten geben. Zu unsicher sind die Zeiten von heute und die Aussichten für morgen. Die hier versammelten „Messages an die nächste
Generation“ wollen orientierende Leitplanken für eine lebenswerte Zukunftsgestaltung vermitteln und Immanuel Kants berühmte Fragen beantworten helfen:
• Was können wir wissen?
• Was sollen wir tun?
• Was dürfen wir hoffen?
Die Zukunft wartet nicht. Für euch, die nächste Generation, hat die Zukunft längst begonnen. Doch warum sollt ihr überhaupt an die Zukunft denken? Und wozu braucht ihr Weitblick und Visionen? Die Begründung: Früher brauchte der Fahrer eines Fuhrwerks, das sich nachts auf einer Landstraße im Schritttempo fortbewegte, zur Beleuchtung der Straße nur eine schlechte Laterne: Heute dagegen – in Zeiten der Hochgeschwindigkeit – muss ein schnelles Auto, das mit hoher Geschwindigkeit durch eine unbekannte Gegend fährt, mit starken Scheinwerfern ausgestattet sein. Ohne Sicht, ohne Weit-Sicht schnell in die Zukunft zu fahren, das ist doch der reinste Wahnsinn. Weitsicht ist im NonstopZeitalter geradezu Zukunftspflicht.
Doch habt ihr nicht manchmal in Deutschland den Eindruck: Sobald ihr das Fernlicht einschaltet, wird in der Öffentlichkeit auf die Scheinwerfer geschossen? Wo bleibt das verantwortliche Zukunftsdenken, das der Sinnfrage nicht ausweicht und auch unbequeme Antworten auf die
Frage gibt: Wie werden wir morgen leben, ja wie wollen wir leben?
Wagt mit mir jetzt eine Reise in die Zukunft. Auf den ersten Blick ist die Unsicherheit groß: Wer kann schon präzise voraussagen, wie die nächste Generation arbeiten, leben und konsumieren will und wird? Ist euer Zukunftsprofil nicht offener denn je?
In der Tat: Die Sprünge von einer Generation zur anderen werden immer kürzer und kurzlebiger. Die Gefahr ist groß, dass schnell Merkmale einer sogenannten „neuen Generation“ konstruiert werden, die auf den zweiten Blick weder neu noch außergewöhnlich sind, sondern schon immer jugendspezifisch waren. In der Generationenfolge der letzten Jahrzehnte folgten nach der Logik des Alphabets auf die „Generation X“ die „Generation Y“ und die „Generation Z“. Haben die Buchstaben-Etikettierungen nur zufälligen Charakter? Sind es bloße Begriffe oder verbergen sich dahinter unterschiedliche Lebenskonzepte? Hier eine Kurzcharakteristik:
Generation X: Der kanadische Kultautor Douglas Coupland führte 1991 in seinem gleichnamigen Roman den Begriff „Generation X“ als Beschreibung für ein Leben in einer immer schneller werdenden Kultur („Tales for an Accelerated Culture“) ein. Er beschrieb darin das Lebensgefühl einer jungen Generation in den USA zwischen McJob, Brazilification (also der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich) und dem Yuppie-Lebensstil. Es dominierte ein „Ichwill-alles“-Lebensgefühl. Eine wunschlos (un)glückliche Generation wuchs heran, die fast alles hatte und haben wollte. Sie fühlte sich als „Ich-will-alles-und zwar-jetzt“-Generation. Sie erwartete „nur zwei oder drei wahrhaft interessante
Momente im Leben, der Rest sei Füllmenge“ (Coupland 1991, S. 36). Den größten Teil ihrer Energie wendete diese Generation X, also die etwa zwischen 1965 und 1980 Geborenen, dafür auf, eigene Zukunftsängste abzuwehren.
Generation Y: Auf die Generation X folgte die Generation Y. Im Blickpunkt der modernen Jugendforschung standen jetzt die zwischen Mitte der 1980er-Jahre bis zur Jahrtausendwende Geborenen, die ebenso selbstbewusst-glücklich wie nüchtern-pragmatisch erschienen. Die Generation Y war demnach „die anspruchsvollste und verwöhnteste Generation aller Zeiten“ (BUND 2014, S. 20): Behütet aufgewachsen und von Geburt an gefördert und gefeiert. Sie hatte eine geradezu höllische Angst, etwas zu verpassen. Mit unzähligen Optionen groß geworden, glaubte sie, ein Anrecht auf Glück zu haben. Und das bedeutete: „Glück ist wichtiger als Geld.“ Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, warum Jugendforscher die Generation Y „heimliche Revolutionäre“ nannten, die irgendwo dagegen und irgendwie auch nicht dagegen waren. Diese Generation Y engagierte sich in der Politik nur, wenn „es ihr etwas bringt“ (Hurrelmann/Albrecht 2014, S. 125). Infolgedessen wollten sie Politik als Sprachrohr für die eigenen Belange verstanden wissen. Kurz: Sie machten „Politik auf leisen Sohlen“, ohne aktivistisch zu sein.
Generation Z: Nach der Generation Y kommt ihr – die Generation Z: Ihr seid die nach der Jahrtausendwende Geborenen. Ihr seid die Generation U30. Ihr strahlt vielfach Zuversicht aus, seid in Wohlstandszeiten aufgewachsen und möchtet auch in Zukunft so weiterleben wie bisher – und das in Zeiten, die immer unsicherer und in denen weltweit
Finanz-, Wirtschafts-, Umwelt- und Gesellschaftskrisen immer selbstverständlicher werden. Auf den ersten Blick habt ihr, die ihr in Dauerkrisenzeiten aufgewachsen seid, wenig Grund zum Optimismus. Trotzdem:
Eure ganz persönlichen Aussagen sprechen für sich: „Ich will einfach das Beste aus jeder Situation machen.“ – „Ich bin temporär optimistisch, aber auch ein bisschen skeptisch.“ –„Ich denke, ich werde was. Also bin ich optimistisch.“ Groß ist euer Respekt vor einer ungewissen Zukunft mit noch vielen offenen Fragen. Ihr wollt und müsst mit der Spannung eines ambivalenten Lebensgefühls leben: Gespannt auf das, was kommt, aber auch ängstlich angesichts dessen, was noch kommen wird oder kann. Dies erklärt eure gelebte Gelassenheit: Ihr lasst alles auf euch zukommen. Die Ungewissheit bleibt zwar, aber sie lähmt euch nicht. Offensiv-positiv gestaltet ihr als Generation der Lebensoptimierer eure Zukunft. Ihr habt immer öfter einen „Plan B“ in der Tasche.
