8 minute read

TITELGESCHICHTE Eric Wiese von der NFS Hamburger Vermögen hat den Wind in den Segeln – im Büro und auf dem Wasser

Wenn Eric Wiese einmal zu alt für das Kitesurfen sein wird, will er mit einem Segelboot durchs Mittelmeer schippern. Das ist jedenfalls sein Plan. Aber Pläne können sich ändern, das weiß niemand besser als Wiese selbst. Der 52 Jahre alte Geschäftsführer der Vermögensverwaltung NFS Hamburger Vermögen wollte früher eigentlich eine Karriere in der Welt der Technik einschlagen und hat daher einen Abschluss als Diplom-Ingenieur erworben. Von 1989 M A X M Ä R K L der �p hAt Rü�ENwI�

bis 1995 studierte er Verfahrenstechnik mit Schwerpunkt Lebensmitteltechnik und Biotechnologie an der Technischen Universität Hamburg-Harburg.

Heute arbeitet der leidenschaftliche Wassersportler zusammen mit Christoph Botermann als Geschäftsführer der Vermögensverwaltung NFS Hamburger Vermögen GmbH. Das Unternehmen betreibt eine B2B-Vermögensverwaltung für Anlagevermittler, die dem Maklerpool von Netfonds angeschlossen sind. Wieses Haus schließt mit den Endkunden zwar einen Vermögensverwaltungsvertrag ab, der Berater steuert aber die Fonds-Depots – und zwar ohne eigene Lizenz. „Unser Angebotsspektrum reicht von der einfachsten Lösung, den standardisierten Modelldepots, die auf aktiven Fonds, ETFs oder Indexfonds ich mich gemeinsam mit einem Freund schon eine ganze Zeit lang mit Fonds beschäftigt“, sagt Wiese. Dabei stellte er fest, dass der Fondsmarkt in Deutschland vor allem von internationalen Fondsgesellschaften völlig unerschlossen war. „Fonds kauften die meisten damals bei der Bank, und da konnte man eigentlich nur die bankeigenen Fonds kaufen“, erinnert sich Wiese.

Also gründete Wiese 1994 mit seinem Studienkollegen Dirk Heitmann seine erste eigene Firma: das GeldanlageCentrum, aus dem später die Hamburger Vermögen hervorgegangen ist. Vorbild für Wieses Unternehmen waren die sogenannten Fund Shops in den USA: bankenunabhängige Beratungshäuser, die Anlegern eine große Auswahl an Fonds anbieten. Wiese und Heitmann

ERIC WIESE von der NFS Hamburger Vermögen strotzt vor Tatendrang. Für sein Unternehmen hat er ambitionierte Wachstumsziele und einen Plan, wie er sie erreichen will. Mit MA X MÄRKL hat er über die Anfänge des Unternehmens, Business-Strategien und waghalsige Sprünge beim Kitesurfen gesprochen.

basieren, bis hin zur wertpapierbasierten, individuellen Vermögensverwaltung, wenn der Berater zusätzlich unter das Haftungsdach von Netfonds schlüpft“, erklärt Botermann. Zusammen leiten Wiese und er in Hamburg ein Team mit 16 Mitarbeitern und mehr als einer Milliarde Euro Assets under Management.

DER EIGENE FUND SHOP GEGENÜBER EINER BANK Wiese hat die Hamburger Vermögen gegründet und aufgebaut. Aus dem Startup wurde erst ein Vertriebshaus, dann ein Vermögensverwalter und später ein B2B-Dienstleister. Schon während des Studiums stieg er in den Finanzbereich ein. Genauer gesagt begann er damals, als Anlagevermittler für Privatanleger tätig zu sein. Das Studium schloss er zwar erfolgreich ab, für Verfahrenstechnik konnte er sich danach aber nicht begeistern. „Während des Studiums habe beantragten zunächst eine Makler-Lizenz, um die Fonds von internationalen Fondsgesellschaften an die deutschen Anleger zu bringen. Dabei scheuten sie auch nicht die große Konkurrenz. „Wir haben direkt ein Ladengeschäft angemietet. Das lag gegenüber einer Deutsche-Bank-Filiale. Da haben wir dann DWS-Plakate ins Fenster gehängt“, sagt Wiese und lacht. Er hatte zwar auch DWS-Fonds im Angebot. Aber der eigentliche Fokus lag auf amerikanischen und britischen Fonds, die das Geldanlage-Centrum als eine der ersten Firmen nach Deutschland brachte. „Damals waren es die Namen, die bei Kunden gezogen haben. Fidelity und Franklin Templeton kannten schon einige Deutsche. Vor allem hatten sie als Amerikaner zusätzlich noch den Reiz des Exotischen“, sagt Wiese. „Hinzu kam, dass man sie noch bei keiner Bank kaufen konnte. Die Banken haben sich gegen den Vertrieb dieser Fonds damals

Eric Wiese hat die Hamburger Vermögen gegründet und aufgebaut. Für die Zukunft des Unternehmens hat er ambitionierte Pläne und geht in seiner Freizeit gerne Kitesurfen.

kategorisch gewehrt. Dadurch hatten wir einen Wettbewerbsvorteil. Selbst, als die Banken langsam aufwachten, haben wir noch Exotischeres im Angebot gehabt. Das waren Fondshäuser wie Gartmore, Janus, AllianceBernstein und JP Morgan.“

HARTE ARBEIT FÜR DIE LIZENZ Für das Exotische hat Wiese sowieso ein Herz. Der blond gelockte Hamburger ist selbst manchmal ein wenig unkonventionell. Davon zeugt sein Berufsweg. Aber zum Beispiel auch, dass er mit 49 Jahren anfing, Schlagzeug zu lernen – weil er einAls sein Geschäftspartner Heitmann 1999 verstarb, führte Wiese die Firma alleine weiter. 2004 nannte er sein Geldanlage-Centrum in HHVM Hamburger Vermögen um, nachdem sein Unternehmen eine 32er-Lizenz zur Finanzportfolioverwaltung erhalten hatte. Damit nahm das Unternehmen die Arbeit als klassische Vermögensverwaltung für Privatkunden auf. Die dafür erforderliche Lizenz hatte sich Wiese hart erarbeitet. Als Quereinsteiger musste er der BaFin sehr genau beweisen, dass er als Vermögensverwalter geeignet war. Schließals Maklerpool gegründet wurde, haben sie bei mir über meine Verträge ihre Fondskäufe eingereicht. Wir hatten gute Konditionen. Zuerst hat also der Kleinere beim Größeren eingereicht. Dann hat der Kleinere den Größeren aber recht schnell überholt.“ Schließlich übernahm Netfonds die Hamburger Vermögen und die HHVM wurde in NFS Hamburger Vermögen umbenannt. „Wir haben uns gefragt, wie wir enger zusammenarbeiten können. Und dann haben wir überlegt, wie man die Vermögensverwaltung als B2B-Modell umsetzen kann.“

„Ich wollte die Regulatorik als Geschäftsmodell aufziehen."

„In Hamburg machen das viele": Für Wiese ist das Kitesurfen keine große Sache.

fach Lust darauf hatte, zu seiner Lieblingsmusik zu trommeln. Um die Band Rammstein live zu sehen, fuhr er vergangenes Jahr in die lettische Stadt Riga. Aber auch für das anspruchsvolle Spiel des legendären Toto-Drummers Jeff Porcaro kann er sich begeistern.

Und wenn er trotz Trommeln noch überschüssige Energie hat, rast er mit bis zu 60 Stundenkilometern und Winddrachen übers Wasser. Sprünge mit drei, fünf oder acht Metern Höhe sind beim Kitesurfen ohne Weiteres möglich. Aber Wiese wiegelt ab: „In Hamburg machen das viele, und auch noch deutlich ältere Semester als ich. So risikoreich, wie es scheint, ist das gar nicht.“ Viel außergewöhnlicher für einen Hamburger ist vielleicht sein Skilehrerschein. Während des Studiums verdiente er sich als Guide für Hamburger Reisegruppen in den Alpen ein paar D-Mark dazu. lich hatte Wiese nie eine Bankausbildung gemacht oder Wirtschaft studiert. Zwei Jahre dauerte es, bis er die Lizenz bekam. In der Regel liegt der Zeitrahmen für die Erteilung einer solchen Lizenz bei einem halben bis zu höchstens einem Jahr. Mit seiner Praxiserfahrung konnte er die Behörde aber schließlich überzeugen.

EINE PARTNERSCHAFT FÜHRT ZUR ÜBERNAHME „Später fiel mir auf, dass die Hälfte meiner Zeit für Regulatorik drauf ging“, erklärt Wiese. Anstatt aber davor Reißaus zu nehmen, beschloss er, sich ganz darauf zu konzentrieren. „Ich wollte die Regulatorik als Geschäftsmodell aufziehen“, sagt Wiese. Gemeinsam mit Netfonds setzte er diesen Plan um. „Ich kannte die Netfonds AG bereits seit deren Start im Jahr 2000 und stand seitdem in engem Kontakt mit der Geschäftsleitung dort. Als Netfonds Das war auch der Zeitpunkt, an dem sein Kollege Botermann zur Hamburger Vermögen stieß. 2013 war das. Botermann arbeitete damals bereits seit drei Jahren bei Netfonds, die ihn direkt nach seinem Studium der Betriebswirtschaft einstellte. Bei der Hamburger Vermögen wurde er zunächst Prokurist und stieg bis 2018 zu seiner heutigen Position als Geschäftsführer auf.

Das Geschäftsmodell der Hamburger Vermögen soll für Berater, Vermittler, aber auch ehemalige Private Banker und ExVermögensverwalter attraktiv sein. „Wenn Sie als Berater bei insgesamt 500 Kunden einen Fonds tauschen möchten, betreiben Sie einen enormen Verwaltungsaufwand. Der Berater muss dazu alle Kunden anschreiben, ein Beratungsprotokoll, Informationen und Formulare zur Unterschrift vorbereiten. Maximal 300 Kunden würden darauf reagieren. Und so kommt es, dass bei Beratern die Depots völlig uneinheitlich sind“, sagt Wiese. „Stellen Sie sich vor, Sie wollen auf den Markt reagieren und Risiko herausnehmen. Dann ist man als Berater gelähmt.“ In der Vermögensverwaltung können alle Kunden einheitlich auf Knopfdruck umgeschichtet werden.

Für Vermögensverwalter verursache die eigene Lizenz aber viele Kosten und Aufwand, der nicht direkt an Einnahmen geknüpft sei. Deshalb lohne es sich für Vermögensverwalter mit wenigen Assets, die Lizenz abzugeben und stattdessen mit der Hamburger Vermögen zusammenzu-

Arbeitet gern mit seinen Händen: Mit 49 Jahren fing Wiese an, Schlagzeug zu lernen. schwieriger, aber 2019 war wieder ein Monsterjahr. Da haben wir 320 Millionen Euro neu hinzubekommen und dann auch die Milliarde geknackt“, sagt Wiese. Er geht davon aus, dass sein Unternehmen die Zwei-Milliarden-Marke in weniger als sechs Jahren erreichen könnte. Sein Wunschziel wären 50 Prozent der Netfonds-Assets, das wären aktuell sieben Milliarden Euro.

Aber auch anderweitig könnte die Hamburger Vermögen expandieren. Wiese schwebt beispielsweise vor, eine Plattform aufzubauen, auf der die Strategien von Portfoliomanagern, unabhängigen Vermögensverwaltern und Robo-Advisorn bewertet und verglichen werden können. Die Strategien sollen dann auch gleich auf der Plattform angeboten und gezeichnet werden können. Das würde den Markt transparenter machen, glaubt Wiese. Die Ideen gehen ihm offensichtlich nicht so schnell aus, und er hat die Energie, sie in die Tat umzusetzen. Er hat reichlich Wind im Segel – im Büro und auf dem Wasser. arbeiten. Ex-Vermögensverwalter kämen in letzter Zeit immer öfter auf Wiese zu. Berater, die zur Hamburger Vermögen kommen, suchen sich als Basis ein Modellportfolio mit drei Risikoprofilen aus: Defensiv, Ausgewogen und Wachstum mit Aktienquoten von maximal 25 Prozent, 60 Prozent und 100 Prozent. Für ihren Service können die Berater ein Vermögensverwaltungshonorar verlangen, wovon die Hamburger Vermögen 0,2 Prozent als Vergütung einbehält. So können zum Beispiel auch günstige ETFs in den Depots allokiert werden, weil das Einkommen des Beraters nicht länger von der Bestandsprovision der Fonds abhängt. Wer neben Fonds auch mit Einzeltiteln arbeiten will, kann zusätzlich unter das Haftungsdach schlüpfen. „2019 WAR EIN MONSTERJAHR.

DA HABEN WIR 320 MILLIONEN EURO

NEU HINZUBEKOMMEN."

STARKES WACHSTUM IM VERGANGENEN JAHR Obwohl auch standardisierte Fondsportfolios angeboten werden, für die Wiese die Fondsselektion nach selbst entwickelten mathematischen Bewertungen betreibt, sind der individuellen Vermögensverwaltung kaum Grenzen gesetzt. Einer, der mit der Hamburger Vermögen zusammen arbeitet, um seinen Anleihenfonds umzusetzen, ist Lutz Röhmeyer, der bereits im Citywire Deutschland Magazin als Starmanager portraitiert wurde. Die Hamburger Vermögen wickelt für ihn das Portfoliomanagement und den Wertpapierhandel ab. „Da ist mein Portfoliomanagement-Team auch immer wild gefordert“, sagt Wiese: „Er investiert viel in afrikanische Anleihen. Das ist wirklich exotisch. Da muss man auch mal sehen, wie man einen passenden Händler findet.“ Generell gibt es aber wenig, wozu Wiese „Nein“ sagt.

Aktuell sei die Nachfrage bei der Hamburger Vermögen hoch. „Ich sehe gar nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt Wiese. Dabei wuchs die Hamburger Vermögen von 2004 bis 2013 eher gemächlich und lag lange im Bereich zwischen 150 und 200 Millionen Euro an verwaltetem Vermögen. „2017 war ein Top-Jahr, da haben wir unsere Assets von 260 Millionen auf 520 Millionen Euro verdoppelt. 2018 war

Wiese nimmt Fahrt auf: In weniger als sechs Jahren soll die Hamburger Vermögen die Zwei-Milliarden-EuroMarke knacken.

This article is from: