city - das magazin für urbane gestaltung 2/2011

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2011nov magazin-city.at

Verstehen Sie Bahnhof?

Tour Carpe Diem - Paris

Ob Wien-Mitte, Westbahnhof, Hauptbahnhof Wien oder Berlin – die Verkehrsgebäude mutieren zu Wirtschaftsstandorten

Schön aber teuer Paris lockt seit jeher internationale Architekturstars in die schicken Stadtzentren. Konzepte für die Vororte und leistbaren Wohnbau hingegen entstehen erst langsam.

C´est chic! Ob aus Wien oder Paris – mit gutem Design lässt es sich leichter überleben im Urban Jungle Wien-Mitte BahnhofCity Wien West

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21er Haus

Fußgängerbrücke Simone de Beauvoir - Paris

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Editorial

Aus dem Inhalt

liebe leserinnen und leser!

talk Bahnhof inkognito Eric Steiner zum Westbahnhof

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architecture Die neue BahnhofCity Wien West Bahnhöfe – Kathedralen des Verkehrs

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planning Jahrhundertprojekt Hauptbahnhof

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life Urbane Mobilität Überleben im Urban Jungle

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international Paris – schön, aber teuer Architekturstars in Paris Im Schatten von La Défénse Pariser Designer-Nachwuchs events

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ir machen großen Bahnhof. Auf mehr als zehn Seiten geht es in dieser Ausgabe um Bahnhöfe. Während sich Architekt Eric Steiner, der den zur Bahnhofcity mutierten Westbahnhof geplant hat, im Interview mit Barbara Jahn fragt, wohin die Entwicklung der Bahnhöfe geht, hat Ilse Huber die Antwort darauf gefunden: Das reine Verkehrsgebäude Bahnhof hat ausgedient, der Hybridbahnhof von heute muss Hotels, Shopping Malls und Büros bieten und drängt die Reiseinformationen an den Rand. Beim zukünftigen neuen Hauptbahnhof wird das nicht anders werden, wie Manuela Prusa recherchiert hat, und auch der Bahnhof WienMitte bekommt einen stolzen Überbau mit Mischnutzung. Aber bei diesem Projekt ist man ja schon froh, dass es überhaupt realisiert wird, nachdem beinahe zehn Jahre lang

daran herumgeplant und gestritten wurde. Auf einen Architektur-Rundgang zu historischen und zeitgenössischen Bahnhöfen lädt unsere Architekturexpertin Iris Meder ein und sie stellt sich die Frage, was eigentlich aus den klassischen Bahnhofsrestaurants geworden ist. Paris – die Stadt der Liebe? Nicht nur. Paris ist auch eine Stadt, deren Bewohner unter den stark steigenden Mietpreisen leiden und die sie zur Abwanderung in die Vorstädte zwingt, wo sozialer Wohnbau kaum ein Thema ist. Die Banlieues sollen nun von ihrem schlechten Image loskommen und städtebaulich aufgewertet sowie infrastrukturell an das Stadtzentrum angeschlossen werden, wie Irene Mayer-Kilani und Ilse Huber berichten. Dass die französische Hauptstadt über eine spannende Designszene verfügt, hat Barbara Jahn auf ihrem Streifzug entdeckt. Apropos

Archiv

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Barbara Jahn: Wir sind stolz, mit ihr die Gewinnerin eines von der italienischen Keramikindustrie verliehenen Journalistenpreises in unserem Team zu haben. Was beweist, dass city – das magazin für urbane gestaltung für Qualität bürgt! Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Roland Kanfer

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bahnhof inkognito

DA STEHEN SIE NUN zuhauf, die ehemaligen ‚Paläste der Industrie’ als Zeichen des einst aufstrebenden Eisenbahnwesens. Heute, 150 Jahre nach dem Durchbruch des Schienenverkehrs, sind weniger dessen Gleisanlagen interessant als vielmehr die Standorte seiner Stationen. I ilse huber 01

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ängst hat der individuelle Personenkraftverkehr den Zug als Reisemittel überholt und auch bei den Gütern verlagert sich das Transportaufkommen vermehrt auf den LKW. Obwohl Österreich europaweit die meisten Güterterminals betreibt, wurden aufgrund roter Zahlen einige Standorte geschlossen und die Container werden wieder auf Sattelschlepper gehoben. Das ist nicht einmal ein nationales Phänomen, die Europäische Union hat schon vor Jahren das Ziel gekippt, Schienenwege vorrangig auszubauen. Die Erhaltung des Netzes, die Wartung der Bahnkörper, Erneuerung der Waggons und Lokomotiven ist

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Ilse Huber

aufwendig, ebenso die Energieversorgung. Dort, wo lukrative Aussichten locken, sind die Bahnhöfe.

Plätze der Investitionen Seit den 1990er rücken die Bahnhofsstandorte europaweit in den Fokus vieler Interessen, nicht zuletzt deshalb, um den Immobilienbesitz der Bahn zu verwerten. Wenn schon der Bahnbetrieb kaum Gewinne abwirft, dann sollen doch die Bahnhofsgebiete Geld in die Kassen spülen. Die Städte erfreuen sich reger Zuwanderung, da sind die zentral gelegenen Bahnhofsareale gerade mal recht für ‚multifunktionale Nutzungen“. Speziell die Kategorie

„Kopfbahnhof“ hat ausgedient. Große Umplanungen wie der Berliner Lehrter Bahnhof, der Stuttgarter Hauptbahnhof, der ehemalige Wiener Südbahnhof – nun Hauptbahnhof – sind bzw. werden Durchgangsbahnhöfe: Die Züge sollen rasch und ohne Verschubaufwand weiterfahren. Daraus resultiert ein Paradigmenwechsel. Der Bahnhof mutiert vom städtischen Wahrzeichen zum Transitort. Aus einst massiven, unübersehbaren, eindeutig erkennbaren Orientierungspunkten in der Stadt werden diffizil lesbare Baukörper. Denn oft verschwinden die Geleise, das Herz des Bahnbetriebs, aus dem Stadtbild, sie werden nach unten verlegt

oder überbaut. Der Bahnhof erfüllt zwar nach wie vor seinen Zweck, er ist aber, wenn man sich die jüngsten Beispiele ansieht, im innerstädtischen Gefüge nicht primär als solches zu erkennen.

Städtisches Aushängeschild oder Hybrid? Das reine Verkehrsgebäude Bahnhof hat ausgedient. Man nutzt nur seinen Namen, seinen Bekanntheitsgrad, aber in Wirklichkeit forciert man andere Funktionen: Hybridbahnhof nennt man das jetzt. Das heißt Hotels, Shopping Malls, Büros unterminieren den Ort, schieben die An- und Abreiseaktivitäten in den Hinter-

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talk grund, so dass die Reiseinformationen an den Rand gedrängt werden. Große Uhren, überkopfgroße Anzeigetafeln, Kassenschalter – alles Schall und Rauch von gestern. Beim Hauptbahnhof Berlin, den Meinhard von Gerkan gemeinsam mit Volkwin Marg geplant hat, entstanden in einem Zug Büro- und Gewerbegebiete, die die Gunst der Lage nützen. Einen Schritt weiter geht das nach wie vor umstrittene Projekt Stuttgart 21. Da wurden die denkmalgeschützten Seitenteile abgerissen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Architekten Paul Bongatz geplant wurden und dessen Bau als Teil der Moderne gilt, nur der Turm blieb erhalten. Die Bahneinrichtungen wandern unter die Erde, das 110 Hektar große Areal wird großräumig umgestaltet. Das hat weitreichende Folgen für die Stadt und die Menschen. In dem Projekt prallen die Erwartungshaltungen an den Ort der Zukunft offen aufeinander. Wie schon Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, in seiner Einleitung zum Katalog der Ausstellung „Großer Bahnhof“ schreibt, wonach „der Bahnhof zwei Sphären angehört, der des Transportsystems Eisenbahn und der des städtischen Organismus“, fährt hier die sprichwörtliche Eisenbahn drüber. Die Stuttgarter identifizieren sich mit dem alten Hauptbahnhof, wollten weder Teile des anschließenden Parks gerodet haben, noch die Bonatztrakte vernichtet sehen und schon gar nicht 4,6 Milliarden Euro dafür bezahlen. Eine Schlichtungsperiode und einen Ministerpräsidentenwechsel später soll am 27. November 2011 das Volk abstimmen.

Der Bahnhof – Ort permanenter Veränderung Anders erging es dem Bahnhof Liège-Guillemins in Belgien. Hier wurde extra für den Hochgeschwindigkeitszug TGV eine völlig neue Station errichtet, die im Jahr 2009 eingeweiht wurde. Der spanische Architekt Santiago Calat-

01 Symbol für die post-internationale

rava drückt dem Ort seine Note auf, mit der die Stadt Lüttich erst zurechtkommen muss. Denn das markante geschwungene Dach schwebt förmlich über den Geleisen – auf Außenfassaden wurde verzichtet. Die Anbindung des Baukörpers an das regionale Umfeld, also wie man urbanistisch damit umgeht, ist noch ungeklärt. Dafür fährt man hochgeschwind von hier nach Paris, Brüssel, Amsterdam.

Zeit: die BahnhofCity Wien West überragt den alten Westbahnhof 02 Geleise, das Herz des Bahnbetriebs, verschwinden aus dem Stadtbild, sie werden nach unten verlegt oder überbaut 03 Beim geplanten Neubau Stuttgart 21 prallen die Erwartungshaltungen an den Ort der Zukunft offen aufeinander 04 Bahnhof Liège-Guillemins: Die Anbindung des Baukörpers (Architekt: Santiago Calatrava) an das Umfeld ist noch ungeklärt 05 Bahnhöfe (im Bild: Lehrter Bahnhof Berlin) mutieren vom städtischen Wahrzeichen zum Transitort

Vorhof zum Flugsteig Hochgeschwindigkeitszüge sind ein Versuch dem Flugverkehr, dem anderen Konkurrenten nebst der Straße, Paroli zu bieten. Dass dabei das aeronautische Design bei der Bahn Einzug hält, passiert fast en passant. Leitsysteme, Raumkonzepte werden fast ansatzlos übernommen. Ob Köln oder Wien Schwechat, die ZugHaltestellen am Flughafen sind der Vorhof zum Gate. Umgekehrt protzt der CAT (City Airport Train) in Wien Landstraße - pardon Bahnhof Wien Mitte - mit einem Terminal auf Geleisen. Wie das Buhlen um die Aufmerksamkeit die privat geführte WESTbahn lösen wird, bleibt abzuwarten. Ab 13. Dezember startet sie am Westbahnhof ihre Karriere.

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Iris Meder

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Mehr als ein Bahnhof – ein Grund zur Freude? Noch werden am Westbahnhof internationale Züge abgefertigt, noch ist er eine Drehscheibe zwischen Ost und West, aber sobald der Wiener Hauptbahnhof in Betrieb geht, ist das vorbei. Auf die post-internationale Zeit haben sich die neuen Gebäudetypen neben dem denkmalgeschützten Bahnhofsbau aus den 1950er Jahren, geplant von den Architekten Robert Hartinger, Sepp Wöhnhart und Franz Xaver Schlarbaum, schon eingerichtet: Sie überragen das dezente Haus um Stockwerke und spiegeln es nicht einmal in seinen Lochfassaden. Die Perioden mit den alten Bahnhöfen respektvoll umzugehen, waren nie sehr ausgeprägt. Die

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Iris Meder

Zeichen der Zeit und seiner Gesellschaften manifestieren sich nach wie vor sehr deutlich an den Bahnhöfen. Allein beim entstehenden Wiener Hauptbahnhof wird das Areal zum vierten Mal

Wirtschaftspark Breitensee

innerhalb von 160 Jahren völlig neu strukturiert. „Mehr als ein Bahnhof“ soll es werden, verspricht der ÖBB Werbefolder. Ein Grund zur Freude?

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talk

„der westbahnhof hat eine fassung bekommen“

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Neumann + Steiner

WESTBAHNHOF 2.0. Architekt Eric Steiner, gemeinsam mit Heinz Neumann Planer der BahnhofCity Wien West, macht sich im im Interview mit barbara jahn Gedanken über die Wandlung des klassischen Bahnhofs und die neue Rolle der alten Westbahnhofshalle.

Wie es scheint, gibt es den klassischen Bahnhof nicht mehr. Woher kommt diese starke Veränderung? Steiner: Das Reisen hat sich in der Nachkriegszeit ungeheuer verändert. Zur Zeit der großen, räumlich wirklich beeindruckenden Bahnhofshallen des 19. Jahrhunderts war das Reisen mit der Bahn noch von großer Bedeutung, auch mit sehr umfangreichen Vorbereitungen verbunden. Zudem war es ziemlich kostspielig und im Wesentlichen der gesellschaftlichen Elite vorbehalten. Das Ankommen und Abfahren wurde architektonisch inszeniert. Heute bucht man ganz improvisiert, schnell entschlossen und online. Mit der Bahn fahren heute die Pendler zur Arbeit, die Manager zur Besprechung am Laptop arbeitend, und Schüler zur Schule. Diese gravierenden Veränderungen haben die Aura des Reisens zerstört. Das hört sich nach einem Lust und Laune-Prinzip an…. Richtig. Heute hat man diese wunderbaren großen Hallen, in welchen sich, mehr oder weniger unkontrolliert, sekundäre, parasitäre Einbauten einquartieren, bauliche Zufälligkeiten stören das Gesamtbild – das ist jene Realität, mit der es nun gilt umzugehen. Sie haben 2002 den internationalen Wettbewerb gewonnen. Mit welchen gestalterischen Ansätzen sind Sie an den Entwurf herangegangen? Es handelt sich dabei nicht nur um den Westbahnhof, sondern um einen insgesamt 1,5 Kilometer langen Streifen bis zur Johnstraße. Beiderseits der Bahntrasse stagniert die städtische Entwicklung, „Glasscherbenviertel“ sind die Folge. Interessanterweise ist in der Ausschreibung nahegelegt worden, einen großen Teil des Bauvolumens in Hochhäusern unterzubringen. Dieser Empfehlung sind fast alle gefolgt in Kombination mit Überbauungen, Vordächern auf dem Europaplatz etc..

Wir nicht. Für uns war die alte Halle des Westbahnhofes ein wichtiger Nukleus, um den herum etwas Neues passiert. Wir wollten daraus das Zentrum einer neuen Konfiguration machen. Zwar haben wir uns auch eine Variante mit einem Hochhaus an der Mariahilfer Straße überlegt, aber der Untergrund ist geradezu perforiert von der U-Bahn und macht an dieser Stelle – aus unserer Sicht die städtebaulich einzig sinnvolle – die Errichtung eines Hochhauses unrealistisch. War es ein großes Anliegen, auch den Platz, an den man ja schon gewöhnt war, komplett „umzukrempeln“? Das ist unser zweiter Denkansatz: Die Fläche, an der die Mariahilfer Straße in den Gürtel einmündet, war charakterisiert von grünen Restflächen und willkürlicher Bepflanzung, ein Aufenthaltsort für Stadtstreicher und Hunde. Außerdem ist der Gürtel geprägt von beiderseits geschlossener Bebauung, die an dieser Stelle auf einer Länge von über 300 Metern unterbrochen war, wo sich einfach nichts außer ein paar Straßenbahngleisen befand. Das entspricht einfach nicht dem Stadtraum Gürtel. Aus diesem Grund wollten wir mit den Baukörpern wieder an den Gürtel herankommen. Dadurch entstand die u-förmige Vorplatzsituation vor der denkmalgeschützten Halle. Ein wichtiger Punkt des Entwurfs und Teil der Ausschreibung war auch nach einer Lösung zu suchen, den Westbahnhof funktional und gestalterisch näher an die Mariahilfer Straße heranzubringen, denn die Verbindung erfolgte früher praktisch nur unterirdisch. Wir wollten deshalb ein deutliches Signal an diese Ecke setzen, einen Attraktor am Eingang zu etwas Neuem. Von dort aus soll eine Initialzündung stattfinden für die zukünftige Entwicklung der Gebiete beiderseits der Bahntrasse. Was war für Sie die größte Herausforderung bei diesem Projekt?

01 Architekt Eric Steiner hat sich auch persönlich sehr stark mit dem alten Westbahnhof auseinander gesetzt. 02 Ein wesentlicher Punkt des Entwurfs war das Heranrücken des Westbahnhofes an die Mariahilfer Straße in Form eines Attraktors zu etwas vollkommen Neuem.

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Wir wollten die alte Bahnhofshalle zum attraktiven Zentrum eines multifunktionalen Komplexes machen. Nur dann, wenn diese Halle Funktionen hat, die man auch tatsächlich braucht, wird diese später nicht wieder von parasitären Einrichtungen verunstaltet werden. Man musste also ein potentes Zentrum daraus machen, ein engmaschiges Geflecht aus U-Bahn-Station, Verkehrsstation, Einkaufszentrum, Hotel, Büros und einem attraktiven Vorplatz an der Mariahilfer Straße mit Cafés – kurz: einen städtisch verdichteten, wirklich lebendigen Ort für Arbeit, Verkehr und Freizeit. Mit dem markanten, bügelförmigen Gebäude haben wir einen neuen Eingang geschaffen als sichtbares Signal für den Beginn einer Neuentwicklung auf diesem Areal entlang der Bahntrasse. Natürlich war uns klar, dass die nahezu vollflächige Unterbauung durch die U-Bahn es schwierig machen würde, an dieser Stelle ein markantes Objekt zu installieren. Dieses sollte aber einen atriumartigen Binnenraum schaffen, einen Platz, der zu den Verkehrsflächen hin mit gefilterter Transparenz abgeschlossen und doch offen ist. Die Herausforderung, ein solches Gebäude an den Gürtel zu stellen, das einerseits die Baulinie wieder heranrückt und andererseits den Gürtel zu einem erlebbaren Raum macht, der nun wieder eine klare Begrenzung und Raumkante hat, war sicherlich die größte. Haben Sie versucht, die denkmalgeschützte Halle wie ein Schmuckstück einzupacken? Die Westbahnhofhalle ist in diesem Sinne nicht der Hauptdarsteller, funktional aber der Kern, um den sich alles andere herum entwickelt. Damit kann man das große räumliche Potenzial auch wirklich nutzen. In welcher Weise hat die Architektur der Halle dann noch eine Rolle gespielt? Eine sehr große. Weil wir der Meinung sind, dass der Westbahnhof vorher als Einzelobjekt irgendwo in der Gegend herumgestanden ist. Jetzt aber hat er mit den beiden Flanken eine klare räumliche Fassung bekommen. Auch in der Fassadengestaltung der neuen Objekte haben wir versucht, jeden Anklang zu vermeiden und ziemlich neutrale Fassaden auszubilden, die sich vom Westbahnhof völlig unterscheiden. Als Übergang zwischen Alt und Neu haben wir niedrige Ver-

bindungsglieder eingefügt. Im Innenraum haben wir durch sorgfältige Eingriffe die Erlebbarkeit des Hallenraumes erweitert. Hier haben wir einiges geändert, so etwa die beidseitigen Galerien als ein Ort, an dem man wartet, sich trifft, einkaufen geht oder einfach nur dem Treiben zusieht. Mit unseren Einbauten haben wir versucht, möglichst neutral zu bleiben, um die Architektur am Beginn der 50er Jahre zur Wirkung kommen zu lassen. Wie stehen Sie Stadtentwicklungen in diesem Maßstab generell gegenüber? Sehr positiv. Städte baut man weiter. Brauchbare Bausubstanz muss erhalten werden und bekommt neue Nutzungen. Städte sind lebendige Organismen wie auch so große Hallen, die teilweise umgenutzt werden, aber in ihrem Potenzial erhalten bleiben. Man muss immer vom Großen ins Kleine hineingehen. Der Städtebau kam auch beim Wettbewerb zuerst. Die erste Aufgabe war, den Stadtraum zu sanieren. So breite Bahntrassen mitten im Stadtgebiet ziehen Entwicklungen und Funktionen an, die man sich nicht unbedingt wünscht. Sie wirken wie ein eiserner Vorhang, dort stagniert die Entwicklung, „Glasscherbenviertel“ entstehen. Der Gebäudekomplex rund um den neuen Westbahnhof wird diese Stagnation auflösen. Wir sprechen von einer Bahntrasse mit 200 Metern Breite, die trotz Brückenverbindungen derzeit praktisch nie überquert wird. An strategisch wichtigen Punkten könnte man mit Nutzungen besetzte Verbindungen schaffen, um die beiden Bezirksteile miteinander zu vernetzen. Es werden später auch nicht mehr 200 Meter zu überwinden sein, denn die Bezirke werden durch wegfallende Bahntrassen zusammenwachsen. Der Westbahnhof als Anziehungspunkt, als Knotenpunkt, an dem sich täglich 45.000 Menschen bewegen, wird ausstrahlen. Es werden derzeit entlang der Bahntrasse 300 Wohnungen gebaut, dort, wo vorher niemals jemand im Traum daran gedacht hätte. Am Bahnhof entstehen jetzt viele Arbeitsplätze und Büros, und das wird auch auf der Felberstraße passieren. Die Grundstücke werden aufgewertet, und in 20 – 25 Jahren wird man diese „Scherbenviertel“ nicht mehr wiedererkennen. Das ist etwas, was mich ganz besonders freut. Der Startschuss ist mit dem Projekt am Gürtel gefallen. Die Wunde in der Stadt verheilt.

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architecture ein abschied für immer DER ZUG IST ABGEFAHREN. Fast sechzig Jahre nach seiner Errichtung weicht der Westbahnhof geduldig einer neuen Ära und trägt sein Schicksal mit Würde. Ein Nachruf. I barbara jahn

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eit ich denken kann, habe ich eine besondere Beziehung zum Westbahnhof gehabt. Die Freude, auf Sommerfrische zu fahren, die Abschiedstränen meiner Mutter und die Gewissheit, dass meine Großmutter mir all die vielen Stationen vorhersagen würde, um mir die dreistündige Fahrzeit zu verkürzen. Diese Idylle wurde erst einige Jahre später zerstört, als in unmittelbarer Umgebung kein Stein mehr auf dem anderen blieb. Das alte Hotel Wimberger musste das Feld räumen zugunsten einer neuen „Bettenburg“, die so anonym und nichtssagend ist, wie alle anderen Hotels, die sukzessive in der Nähe des Bahnhofs entstanden. Das Schicksal nahm seinen Lauf.

Kein Platz für Nostalgie Selbst wenn man nicht der größte Freund der Nachkriegsarchitektur ist: Für viele war der alte Westbahnhof etwas ganz Besonderes – so auch für mich. Das geschäftige Treiben, das Ankommen und Wegfahren, die Emotionen, die durch die Luft flogen, all das erfüllte die denkmalgeschützte Halle, die heute nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Fast hängt der Denkmalschutz wie ein Fluch über ihr, denn der einstige Monolith, der den Europaplatz vor sich dominierte und das Tor in Richtung Westen bedeutete, wirkt heute wie ein Überbleibsel, das eigentlich keiner haben wollte. Als die Architekten Heinz Neumann und Eric Steiner Ende 2002 den internationalen Planungswettbewerb gewannen, offenbarte sich das bevorstehende Ausmaß, jedoch nicht die gesamte Tragweite, die sich erst jetzt – fast zehn Jahre später – erkennen lässt. 2008 rollten die Bagger an, hernach würde nichts mehr so sein, wie es einmal war. Die Medaille hat natürlich auch in diesem Fall ihre beiden Seiten: Einerseits ist der Westbahnhof und

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sein Rundum seit den 1990er Jahren von Unruhe gebeutelt. Allein schon die Umgestaltung der Mariahilfer Straße – und die ist eines der wenigen positiven Beispiele urbaner Qualität in Wien – die bereits damals auch im Bereich Gürtel für mächtig viel Diskussionsstoff sorgte. Wir erinnern uns auch an das Dimensionen und Vorstellungskraft sprengende Projekt von Coop Himmelb(l)au, die ihrerseits mit dem liegenden und stehenden Turm an der triangelförmigen Mündung in den Europaplatz ein neues Wahrzeichen setzen sollten. Nähert man sich nun der Realität, sprich dem Projekt aus der Feder Neumann + Steiner an, werfen sich erneut viele Fragen auf. Doch das „Wieso“ und „Warum“ kann man nicht in drei Sätzen beantworten. Fakt ist, dass das Projekt stark polarisiert und nicht immer nur auf wohlwollende Meinungen stößt. Der Westbahnhof – so scheint es – ist von der Bildfläche

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Konzeption von Bahnhöfen ist die Umkehrung der Funktionen. Sämtliche Projekte, die in den letzten Jahren in Angriff genommen wurden, sind in Wirklichkeit keine Bahnhöfe mehr, sondern ein mehr oder weniger kleines oder großes Shopping-Center mit der Option, wegfahren zu können. Dieses Phänomen macht sich in ganz Europa breit, ein Strickmuster, das leider – wie bei den Einkaufsstrassen in den Städten –

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verschwunden. Aber nur scheinbar. Auch wenn man ihm seine Prominenz gestohlen hat, so bleibt er der pulsierende Herzschlag inmitten einer komplett veränderten Landschaft.

Vom Bahnhof zur ganzen Stadt Und so wird auch er Teil einer Politik von Angebot und Nachfrage. Ein eindeutiger Trend bei der

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jegliche Individualität verblassen lässt. Die historischen Bahnhöfe sind mittlerweile gezählt, die viel verehrte Bahnhofsarchitektur des 19. und 20. Jahrhunderts ist akut vom Aussterben bedroht (siehe auch Seite 7). Ähnlich wie die bemannten Bahnhofsschalter. Stattdessen gestaltet man noch mehr Konsumtempel, einer prachtvoller als der andere, und betrachtet man es ganz nüchtern und sachlich – einer sinnloser als der andere. Doch der Rubel rollt, und man stützt sich auf Erhebungen, wie viel Kaufkraft und wie viel Frequenzpotenzial in einem Gebiet steckt. Zugegeben, auf einem Bahnhof tut sich immer was. Doch ist der Westbahnhof nach der Fertigstellung des Zentralbahnhofes erst einmal zum Regionalbahnhof degradiert, könnte man ein bisschen skeptisch werden. Die Entwickler – die deutsche ECE, der europäische Marktführer auf dem Gebiet innerstädtischer Shopping-Center

– geht von einem großen Erfolg aus. Das Unternehmen, das sich im Besitz der Familie Otto befindet, hat etwa 17.000 Quadratmeter mit 90 Shops auf drei Ebenen und 29.000 Quadratmeter für Büro- und Hotelfläche konzipiert. Das Konzept ist gut, macht aber Wien und seinen Westbahnhof nicht unverwechselbar, sondern viel mehr austauschbar.

Ein Stück vom Kuchen Auch inhaltlich hat man die Seele des Westbahnhofes vorsorglich filetiert. Zusammengefasst unter dem Dach der Westbahnbetreiberunternehmen Rail Holding AG, die etwa 130 Millionen Euro investiert hat, wurden sorgsam die Anteile geviertelt: Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner, der frühere ÖBB-Manager Stefan Wehinger und die französische Staatsbahn SNCF halten jeweils 26 Prozent an der Unternehmung, die Schweizer AugustaHolding ist mit den verbleibenden 22 Prozent daran beteiligt. Brisant, denn mit Luxus in Form von sieben barrierefreien, doppelstöckigen Zügen, ausgestattet mit jeweils 500 Ledersitzen, freiem WLan und jeder Menge Personal werden die Privaten der ÖBB ordentlich einheizen. Auch, weil die Strecke Wien-Salzburg in rekordverdächtigen zwei Stunden und 57 Minuten bewältigt werden soll. Bezahlt wird, wie von den anderen Streckennutzern auch, eine Schienenmaut pro gefahrenem Kilometer. Es wird also ein heißer Advent: Wenn alles glatt geht, stehen am 11. Dezember 2011 die Signale auf Grün. Der Westbahnhof und seine unmittelbare Entourage haben eine lange und schwierige Reise angetreten. Ob sie jemals wirklich ankommen werden, bleibt zurzeit noch unbeantwortet. Jedoch eines kann man schon jetzt mit Sicherheit sagen: Es wird eine Reise mit vielen Stationen, aber hoffentlich mit wenigen Haltesignalen.

01 Eine Lücke wird geschlossen: Durch die neue, nach vor gerückte Architektur wird der Stadtraum Gürtel wieder ein Stück homogener. 02 Neu neben Alt: Die neuen Baukörper verzichten absichtlich auf eine architektonische Fortsetzung der FünfzigerJahre-Architektur. 03 Die Architekten Neumann und Steiner haben auf drei Ebenen eine Welt des „S“ geschaffen – Sehen, Staunen, Shoppen.

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architecture

modernisierungsschub für bahnhöfe Die Bahnhofsoffensive Seit 2001 modernisieren die ÖBB im Rahmen der Bahnhofsoffensive ihre frequenzstärksten Bahnhöfe. Nach den Bahnhöfen Feldkirch, Innsbruck, Graz, Baden, Krems, Linz, Wiener Neustadt, Leoben, Wels und Klagenfurt läuft die Bahnhofsoffensive seit 2005 auch in Wien auf Hochtouren. Der Bahnhof Wien Heiligenstadt ist der zweite Wiener Bahnhof, nach dem Bahnhof Wien Praterstern, der im Rahmen der Bahnhofsoffensive komplett modernisiert wurde. Weitere Projekte in Wien: der Westbahnhof, der Bahnhof Wien Meidling und der Hauptbahnhof.

MIT DEM NEUEN WESTBAHNHOF, DEM HAUPTBAHNHOF WIEN UND DEM 2010 FERTIG GESTELLTEN HAUPTBAHNHOF St. Pölten setzen die ÖBB ihre Bahnhofsoffensive im Raum Wien und im angrenzenden Niederösterreich fort.. I anna klerdorf

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it der Um- und Neugestaltung des Westbahnhofs haben die ÖBB einen zentralen Verkehrsknotenpunkt Wiens auf den neuesten technischen und architektonischen Stand gebracht. Der Bahnhof wird zum multifunktionalen Raum mit optimaler Verkehrsanbindung und bietet Reisen, Shopping, Büros und ein Hotel. Seit Mitte September 2008 wurde die-

ser Bau aus der Nachkriegszeit bei laufendem Betrieb einer Modernisierung unterzogen.

Hauptbahnhof St. Pölten Auch der Hauptbahnhof St. Pölten wurde bei laufendem Betrieb und unter besonderer Berücksichtigung des Denkmalschutzes umgebaut. 28 Millionen Euro wurden für den vor etwas mehr als einem Jahr abgeschlossenen Umbau des Bahnhofsgebäudes in die

Hand genommen. Das historische Bahnhofsgebäude aus dem Jahr 1880 gehört zu den wenigen erhaltenen Beispielen der Bahnhofsarchitektur aus der Gründerzeit. Im Zuge der Umbauarbeiten wurde der Innenbereich grundlegend umgestaltet und um eine moderne Einkaufspassage er-

ÖBB/Gregor Ecker

gänzt. Eine helle, Licht durchflutete Halle, zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, Lifte und Rolltreppen machen das Reisen noch angenehmer.

01 Auf dem Westbahnhof wird man künftig auch shoppen können, Büros und ein Hotel runden das Angebot abseits des Reisens ab. 02 Das äußere Erscheinungsbild des Bahnhofs St. Pölten wurde aus Denkmalschutzgründen beibehalten.

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würstel, bücher, haarschnitt BAHNHÖFE, früher auch Heimstätte eleganter Restaurants, bieten heute gastronomisch gesehen immergleiche Asia-Schnitzel-Pizza-Döner-Schnellback-Ketten. I iris meder

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01 Auf Belle-Epoque-Opulenz wie im Restaurant le train bleu am Gare de Lyon müssen wir heute noch warten.

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e Train Bleu“: Auch so kann ein Bahnhofsbuffet sein. Das 1901 eröffnete Restaurant im Pariser Gare de Lyon überwältigt mit einer Belle-Epoque-Opulenz, die den Vergleich mit Opernhäusern und Kursalons nicht scheuen muss. Hat man seine heruntergefallene Kinnlade wieder unter Kontrolle, bietet ein Kaffee auf Polsterbänken, die schon die Gesäße von Coco Chanel, Salvador Dalí und Jean Cocteau beehrten, Gelegenheit und Muße, über das Wesen des Konsumierens in Bahnhöfen zu räsonieren. Bahnhofsgastronomie verbindet man heute eher mit Branntweiner, Würstelstand, Stehbuffet, Sportwetten-Café und anderen dunstigen Etablissements, die im Zuge der aktuellen Renovierungen meist durch Filialen der immergleichen Asia-Schnitzel-PizzaDöner-Schnellback-Ketten ersetzt werden. Ein plausibler Grund liegt natürlich im Zeitmangel, der an Bahnhöfen per se herrscht. Demgemäß erfolgte in der Frühzeit der Eisenbahn die Essensversorgung durch fliegende Händler,

die zu den Coupés kamen. Mit der Etablierung von Bahnhofsrestaurants wurden Zughalte oft auf die Dauer eines Essens abgestimmt – man denke an Roda Rodas Erzählung „Die Gans von Podwolotschyska“, in der der Bahnhofswirt, als Schaffner verkleidet, die Reisenden immer noch vor dem Hauptgang des vorausbezahlten Menus in den Zug drängt.

Nahversorgung statt Opulenz Als Brennpunkte urbanen Lebens wurden Bahnhöfe zu Dienstleistungszentren, die auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten Notwendiges wie Lebensmittel („Reiseproviant“), Lektüre, Blumen und Haarschnitte bereithielten. Eine Renaissance des Sozialzentrums Bahnhof brachten die 1960er Jahre für Gastarbeiter, die sich am Ankunfts-, Abfahrts-und Heimweh-Ort Sonntag früh bei heimischen Tageszeitungen mit Landsleuten trafen. Aufenthalt ohne Konsumation ist an Bahnhöfen heute unerwünscht – Wartesäle und sogar

Sitzbänke wurden fast überall abgeschafft, „Lounges“ gibt es nur für VIP-Reisende. Dass die Funktion des Nahversorgers wichtiger denn je ist, weiß jeder, der einmal versucht hat, sonntags im Supermarkt am Praterstern einzukaufen. Auch die übel beleumundete Bahnhofsgastronomie kann, wie der Train Bleu zeigt, ein hohes Niveau haben. So wurde die New Yorker Grand Central Station, als Bahnhof nur noch von provinzieller Bedeutung, als Gastronomiezentrum nicht nur für Reisende neu definiert. Im Budapester Westbahnhof fand sich als neuer Mieter für das historische Restaurant nur eine Burgerkette. Immerhin versuchte man, in dem Lokal eine gewisse Kaffeehaus-Atmosphäre aufkommen zu lassen. Was Hoffnung gibt: Kuchen und Torten werden vom berühmten Café Gerbeaud geliefert. Auf einen neuen „Train Bleu“ warten wir noch... www.le-train-bleu.com

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kathedralen des verkehrs BAHNHÖFE HABEN ALS BRENNPUNKTE öffentlichen Lebens einen Status ähnlich dem großer Hotels: Schicksale kreuzen einander, flüchtige Begegnungen lassen Lebensgeschichten aufblitzen, Wege treffen und trennen sich. I iris meder

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eo Tolstois „Anna Karenina“ war einer der ersten Romane, in denen der Schauplatz Bahnhof eine entscheidende Rolle spielt. An den Gleisen beginnt die Liebesgeschichte der Titelheldin mit Graf Wronskij, ebendort endet sie auch. 1927 ließ der Wiener Komponist Ernst Krenek die Schlussszene seiner Jazz-Oper „Jonny spielt auf“ auf einem Bahnhof spielen, 1953 siedelte der italienische Regisseur Vittorio de Sica seinen Film „Roma, Stazione Termini“ auf dem gleichnamigen Bahnhof an. Die monumentale Architektur der „Kathedralen des Verkehrs“ eignet sich perfekt als Bühne für zwischenmenschliche Begegnungen. Hat jemals jemand versucht, große Literatur an der Schnellbahnstation Matzleinsdorfer Platz oder im Bahnhof WienSimmering spielen zu lassen? Hätte Agatha Christie „Mord im IC betriebliche-altersvorsorge.at“ geschrieben?

Historismus und Monumentalität Der älteste erhaltene Kopfbahnhof der Welt, der Bayerische Bahnhof in Leipzig, datiert aus den Jahren 1842-52. Nach Kriegsschäden und einem Dornröschenschlaf in DDR-Zeiten wird der zu seiner Zeit wegweisende Bau

heute als Restaurant und auch wieder als S-Bahn-Station genutzt. Wie häufig bei den Bahngesellschaften des 19. Jahrhunderts trägt er den Namen der Ziele seiner Schienenwege, ähnlich etwa dem 1845-47 gebauten Hamburger Bahnhof in Berlin, der heute ein Museum aufnimmt. Ein besonders prachtvoller historistischer Bau im Stil der Tudorgotik ist der gut zehn Jahre später entstandene Hauptbahnhof von Breslau, dem auch der alte Wiener Nordbahnhof ähnelte. Der Bahnhof, der derzeit massiv umgebaut wird, gibt sich selbstbewusst und weltgewandt – das Bahnreisen war damals eine so noble Sache wie hundert Jahre später das Fliegen. Die 200 Meter lange Halle mit Glasdach war die größte ihrer Art in Europa. Ein gesonderter Eingang mit eigenen Räumlichkeiten für Angehörige des Hofes war bis zum Ersten Weltkrieg in größeren Stationen selbstverständlich. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich der Großstadtbahnhof als eigener Bautypus heraus. Wichtig war wegen des Rauches der Dampflokomotiven eine seitliche Abschirmung von Halle und Gleisanlagen gegen die Umgebung. Aus diesem Grund hatten die Hallen eine große Höhe, was zusätzlich zu ihrer Monumentali-

tät beitrug. Oft wurden die Gleisanlagen gegenüber der Halle um eine Etage erhöht und über Freitreppen erschlossen. Für große Volumina bewährte sich der Rückgriff auf die römische Antike, vor allem auf die Bauform der Basilika.

Faszination Eisenbahn Die Gleishallen waren meist leichte Gusseisenkonstruktionen – solche Bahnhöfe aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind heute noch beeindruckend, etwa die großen Pariser Kopfbahnhöfe Gare de l‘Est, Gare du Nord und der Gare St. Lazare, den Claude Monet in mehreren Gemälden verewigte. Paris hatte schließlich sechs Kopfbahnhöfe: Neben dem Gare d‘Austerlitz und dem Gare de Lyon wurde für die Weltausstellung 1900 der Gare d‘Orsay gebaut, der seit 1986 die Impressionisten-Sammlung des Louvre aufnimmt – passenderweise auch Monets Bahnhofsbilder. Auch in dem Land, in dem William Turner mit seinem epochalen Gemälde „Regen, Dampf und Geschwindigkeit“ bereits 1844 einen Markstein für die künstlerische Umsetzung der Faszination Eisenbahn setzte, haben sich zahlreiche historische Bahnhöfe erhalten. Zur Londoner Weltausstellung 1851 wurden Victoria Station und

King‘s Cross gebaut – dort hat man mittlerweile sogar das fiktive Gleis 9 ¾ installiert, von dem Harry Potter mit dem Hogwarts Express ins Internat fährt. Außerdem ist die mächtige neogotische Burg des ab 1865 nach Plänen des Architekten George Gilbert Scott mit dem Ingenieur William Henry Barlow gebauten Bahnhofs St. Pancras erwähnenswert. Die Halle mit einer stützenfreien Spannweite von 74 m war zu ihrer Zeit die weltgrößte Eisenkonstruktion. Seit seiner Renovierung ist St. Pancras der glanzvolle Londoner Endpunkt der EurostarZüge. Überflüssig wurde hierdurch die elegante, gekrümmte Glaskonstruktion, die der Architekt Nicholas Grimshaw 1994 für den Eurostar neben die historische Waterloo Station gebaut hatte. Englische Bahntechnologie exportierte man auch in die Länder des Commonwealth, wovon noch heute der sichtlich von St. Pancras inspirierte, in pompösem Eklektizismus erstrahlende einstige Victoria Terminus, heute Chhatrapati Shivaji Terminus, in Mumbai zeugt. Als nach dem Krimkrieg eine Zugverbindung von Westeuropa in die Türkei geschaffen wurde, entstand in Istanbul 188890 der Bahnhof Sirkeci, die würdige Endstation des Orient Express.

Technisch progressiv, architektonisch konservativ Auch auf dem Kontinent wurden Schlag auf Schlag ältere Bahnhöfe durch mächtige neue Anlagen ersetzt. Besonders schöne Glas-Eisen-Überdachungen haben sich in Budapest mit dem 1882 gebauten Ostbahnhof (Keleti pályaudvar) und vor allem dem 1873-77 vom Büro Gustave Eiffel geplanten

01 Moderne Bahnhöfe (im Bild der Lehrter Bahnhof, Berlin) erstrecken sich über mehrere ober- und unterirdische Geschoße.

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rechtigkeit ruhen, umzusetzen. Von Wien verlange ich überzeugend die großartigen eigenen Leistungen darzustellen. Dies bedeutet auch hervorragende Bauten mit Mut zu Neuem zu realisieren und das nicht Bebaute – den öffentlichen Raum – für alle auf höchstem Niveau zu gestalten. Wien trifft Zukunft.

Foto: Hubert Dimko

Albert Wimmer: Wenn wir über Wien sprechen, schweifen die Gedanken von der urbanen Metropole, vom historischen Erbe hin zu den Weinbergen und Schutzhäusern. Die Stadt ist geprägt von der Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Kulturen und hat sich einem gesellschaftlich höchst ausgewogenen System verpflichtet. Wenn wir über die Zukunft von Wien sprechen, ist das, was Wien ausmacht und was hier einem so gerne Zuhause fühlen lässt, kompromisslos zu formulieren, zu kommunizieren und zu entwickeln. Nicht Konzepte anderer Städte – diese mögen bereits überaltert sein – sind zu übernehmen, sondern selbstbewusst sind eigene Ideen, die auf Pfeilern wie Bildung, Kunst und Kultur, Forschung, Innovation und dem Verständnis von sozialer Ge-

Albert Wimmer, Architekt aus Wien, plant derzeit unter anderem den neuen Wiener Hauptbahnhof, das Krankenhaus Wien Nord oder den Wohnpark Heller.

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architecture

der 1910-19 nach Entwürfen des Architekten Eliel Saarinen realisierte Kopfbahnhof von Helsinki, der, vielfach publiziert, weltweit einflussreich war. Saarinen emigrierte später in die USA und wurde dort ein Vorreiter des ArtDéco-Stils, für den neben Bauten wie der heute museal genutzten Cincinnati Union Station auch die berühmten Eisenbahn-Plakate des Grafikers Cassandre für den „Nord Express“ und den „Etoile du Nord“ stehen.

Der Krieg macht Bahnhöfe zu Schicksalsorten 02

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02 Bahnhof Liège-Guillemins (Architekt: Santiago Calatrava)

03 Die Jahre 1890-1914 kennzeichnete eine Phase der Megalomanie, wie der 1895-99 gebaute Bahnhof Antwerpen-Centraal. 04 In Madrid entstand 1888-92 der Kopfbahnhof Atocha. Hundert Jahre später wurde er nach Plänen des Architekten Rafael Moneo teilweise unter die Erde verlegt.

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Westbahnhof (Nyugati pályaudvar) erhalten. In Madrid entstand 1888-92 der Kopfbahnhof Atocha. Hundert Jahre später wurde er nach Plänen des Architekten Rafael Moneo teilweise unter die Erde verlegt. Die riesige Gusseisen-Glas-Halle gestaltete man zum tropischen Gewächshaus mit Gastronomie und Geschäften um. 2004 wurde der Pendlerbahnhof – wie auch 1980 der von Bologna – Schauplatz terroristischer Anschläge, bei denen 191 Menschen starben. Die Faszination des Bahnreisens hielt auch im 20. Jahrhundert an. Im bayerischen Murnau verewigte Wassily Kandinsky die Aussicht aus seinem Atelierfenster vorzugsweise just in dem Moment, als der Zug vorbeifuhr. Im Gegensatz zur Malerei hielt die architektonische Moderne im technisch immer progressiven Bahnhofsbau eher spät Einzug. Die Jahre 1890-1914 kennzeichnete eine Phase der Megalomanie. Hier beeindruckt z. B. der 189599 gebaute pompöse AntwerpenCentraal – der sich gegen den nach Anzahl der Gleise größten Bahnhof der Welt (67 auf zwei Stockwerken), New Yorks 1913 eröffnete Grand Central Station, allerdings nachgerade bescheiden ausnimmt. Ein letzter Dinosaurier der Riesenbahnhöfe ist die von

Ulisse Stacchini 1913-31 gebaute Stazione Centrale von Mailand, ein gigantisches Reise-Mausoleum aus weißem Marmor. Bahnhöfe waren und blieben eine Bauaufgabe für Superlative. In Leipzig bauten die Architekten

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Lossow & Kühne 1915 die vielleicht eleganteste, jedenfalls aber größte Bahnhofshalle der Welt – deren Wirkung stark eingeschränkt ist, seit sie für ein mehrstöckiges Shopping Center ausgehöhlt wurde. Der 1901-09 von Heinrich Fanta entworfene Jugendstilbau des Prager Hauptbahnhofes wurde 1970 im Rahmen der Anbindung an die UBahn um ein Tiefgeschoß mit neuer Aufnahmehalle erweitert, die, jüngst restauriert, bereits wieder ein geschätztes Zeugnis der Pop-Ära ist. Zunehmend schrieben Bahnhöfe nicht nur Technik-, sondern auch ArchitekIris Meder turgeschichte. Etwa

Als letzter großer Bau der Moderne, bevor die Traditionalisten im faschistischen Italien die Oberhand gewannen, gilt der 1932-34 realisierte Bahnhof S. Maria Novella in Florenz mit seinem kaskadenartigen Glasdach. Der in Vittorio de Sicas Film verewigte Bahnhof Roma Termini, so ge-

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nannt nach den benachbarten Diokletiansthermen, wurde 1938 begonnen, aber erst 1951 mit neuer architektonischer Konzeption inklusive gewelltem Flugdach über dem Eingang fertiggestellt. Dazwischen lag das Grauen des Zweiten Weltkrieges – Bahnhöfe wurden Schicksalsorte für Soldaten, Hinterbliebene und für viele Emigranten. „Der Westbahnhof war schwarz von Menschen, die abreisen wollten. Angst, Schrecken, Hast, Wut und Verzweiflung verzerrten die Gesichter. Der langsam einfahrende Pariser Zug wurde gestürmt. […] Mütter schrien nach ihren Kindern, Männer kämpften um die Waggoneingänge, dreitausend Menschen suchten verzweifelt Platz im Zuge“, erinnert sich der Wiener Regisseur Ernst Neubach an den Tag des „Anschlusses“. Den Zerstörungen des Krieges fielen fast alle großen Bahnhöfe in Deutschland und Österreich, dar-

unter auch die großen Wiener Fernbahnhöfe, zum Opfer. Den Wiederaufbau übertrug man beamteten Bahn-Architekten wie Robert Hartinger, der bis 1951 den heute denkmalgeschützten Westbahnhof neu baute, und Heinrich Hrdlicka, dem der Neubau des leicht beschädigten, 1956 abgebrochenen und in der Folge mit dem Ostbahnhof in einem gemeinsamen Gebäude mit zwei Gleisebenen zusammengefassten neoklassizistischen Südbahnhofes oblag. 2009 ereilte Hrdlickas Bau das gleiche Schicksal wie seinem Vorgänger – er wurde nach der Entscheidung für einen Neubau abgebrochen.

Der Bahnhof als umsatzförderndes Anhängsel Eine gewisse Renaissance des Bautyps Bahnhof brachte die Entwicklung neuer Hochgeschwindigkeitszüge wie des französischen TGV. Hier entwarf der spanische Architekt Santiago Calatrava u. a. die hellen, organisch geschwungenen Stationen von Lyon sowie – jüngst eröffnet – Lüttich. In Berlin nutzte man die wiedergewonnene Einheit der Stadt, um ihr anstelle des zerstörten Lehrter Bahnhofs einen neuen gläsernen Hauptbahnhof auf mehreren teils ober-, teils unterirdischen Ebenen einzupflanzen. Eigenmächtige Änderungen an den Bahnsteigdächern führten zu einer erfolgreichen Urheberrechtsklage des Architekten Meinhard von Gerkan gegen die Deutsche Bahn. Heute sollen sich Bahnhöfe finanziell rentieren. Ihre Infrastruktur wird daher oft eher als umsatzförderndes Anhängsel an Shoppingund Bürozentren gesehen. Auch vor diesem Hintergrund sind gegenwärtige Planungen wie das vorrangig auf Immobilienverwertung ausgerichtete gigantische Projekt der unterirdischen Gleisführung des Stuttgarter Hauptbahnhofes zu sehen, für das bereits ein Teil des nach Plänen von Paul Bonatz 1914-27 gebauten, denkmalgeschützten Bahnhofs abgerissen wurde. Mit Frei Otto, dem Pionier leichter Tragwerkskonstruktionen, hat sich mittlerweile einer der beiden Neubauplaner vom Projekt distanziert, während der Architekt Christoph Ingenhoven es nach wie vor vertritt. Unterdessen ist bereits die Landesregierung über das Monsterprojekt gestürzt, allwöchentlich demonstrieren Tausende für den Erhalt des Bonatz-Baus. Bahnhöfe haben, so scheint es, wohl nach wie vor viel Identifikationspotenzial. Bereits 1963, als die neoklassizistische New Yorker Pennsylvania Station abgerissen und komplett unter die Erde verlegt wurde, bemerkte die Kritik, man schleiche sich hier in die Stadt wie eine Ratte – früher dagegen sei man mit dem Zug hineingefahren wie ein Gott.

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sprung ins 21. jahrhundert Der von Karl Schwanzer 1958 entworfene Österreich-Pavillon für die Brüsseler Weltausstellung wurde 1962 als Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts in Wien eröffnet - jetzt erhält das von Adolf Krischanitz sanierte Architekturjuwel ein neues Profil. I iris meder Ein unterirdisch mit dem Altbau verbundener sechsstöckiger Büroturm ist mit seiner dunklen Quadratrasterung eine klar zeitgenössische Struktur neben dem filigranen Schwanzer-Bau mit seinem rostrot gestrichenen Tragge-

rüst, bezieht sich aber zum Beispiel mit den von Stützen freien offenen Ecken auch auf den Altbau. Krischanitz: „Es sollte eine deutliche Trennschärfe geben. Schwanzer weiterbauen – das geht nicht.“

Belvedere, Wien / Ian Ehm

Guter Plan: Von Anfang an auf Fernwärme setzen. Demner, Merlicek & Bergmann

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as Ziel einer „menschlicheren Welt“ verfolgte die Brüsseler Weltausstellung von 1958 – auch mit Architektur. So spricht man in Tschechien noch heute vom „Brüsseler Stil“: der Aufbruchstimmung einer Zeit, in der alles möglich schien. Dafür standen das Atomium, der Philips-Pavillon von Le Corbusier und Yannis Xenakis, der bundesdeutsche von Egon Eiermann und Sep Ruf, der halbringförmige der Tschechoslowakei und eben auch der österreichische, nach einem Wettbewerb entworfen von Karl Schwanzer. Auf nur vier Stützen ruhend, schien das aufgeständerte Obergeschoß über dem offenen Erdgeschoß zu schweben.

Zu gut für Schrott Zu schön, zu gut, um ihn nach Ausstellungsende zu verschrotten. Wie die Tschechoslowakei und Jugoslawien sorgte auch Österreich für eine Nachnutzung des Pavillons. Er wurde zum Wiener Museum für zeitgenössische Kunst – dabei allerdings nicht, wie es Schwanzer favorisierte, im Stadtpark gegenüber dem MAK, sondern im Schweizergarten. Nach Plänen Schwanzers wurde dafür das Erdgeschoß verglast und der zentrale Lichthof geschlossen. Nach dem Auszug der Sammlung in das Museumsquartier wurde 2003 ein Wettbewerb zu Restaurierung und Erweiterung ausgeschrieben, dessen Siegerprojekt nach Plänen des SchwanzerSchülers Adolf Krischanitz realisiert wurde und ab Mitte November als Plattform für österreichische Kunst von 1945 bis heute genutzt wird. Schwierig, so Krischanitz, war bei der Sanierung des denkmalgeschützten Pavillons zum einen die Umsetzung heutiger feuerpolizeilicher Vorschriften, denen der schwebende Charakter der einst frei im Raum stehenden Treppen so wenig wie möglich zum Opfer fallen sollte, und zum anderen der Umgang mit der energetisch problematischen Glashaut.

Umweltfreundlich und sicher

Kosten sparen!

Kein Schwanzer-Zubau Während der Skulpturengarten zum Schweizergarten erhalten blieb, tiefte Krischanitz zwei bestehende kleinere Höfe zusätzlich ein, um die Räume im Untergeschoß besser zu belichten. Der Rhythmus der Schwanzer‘schen Tragstruktur ist dort mit einem Wechsel von vertikalen Glasstreifen und Betonwandscheiben neu instrumentiert.

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transparenz und leichtigkeit Zahlen I Daten I Fakten Auftraggeber: Generalplaner:

ÖBB Immo Tillner&Willinger/ Vasko+Partner Bruttogrundrissfläche: ca. 30.000 m² Nettonutzfläche: ca. 23.000 m² Informationen: www.vasko-partner.at

DAS NEUE HEADQUARTER der ÖBB Infrastruktur AG am Praterstern ist ein anspruchsvolles Projekt in puncto Architektur wie auch Konstruktion – mit einem spektakulären Membrandach, das Energie sparen hilft. I gisela gary

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und 1000 Mitarbeiter der ÖBB Infrastruktur AG bezogen ihr neues Bürogebäude am Praterstern 3. Am Rand des Pratersterns wurden dafür zwei parallele Baukörper errichtet: entlang der Gleisanlagen und entlang der Nordbahnstraße. Diese wurden durch Erschließung- und Besprechungsraumtrakte zu einem Baukörperensemble verbunden. Die neue Konzernzentrale besteht aus einem Untergeschoß und acht Obergeschoßen. Der Innenhof stellt das Herzstück des neuen

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ÖBB/Julius Silver

Zahlen I Daten I Fakten 90 geförderte Mietwohnungen 112 geförderte und 37 freifinanzierte Eigentumswohnungen Ein Officeloft Ein Wohn- und Pflegehaus mit 265 Plätzen 6 Geschäftslokale 321 Stellplätze Wohnnutzfläche: 47.131 m2 Geschäftsfläche: 1.700 m² Gesamtinvestitionskosten: ca. €122 Mio. (inkl. Wohn- und Pflegehaus)

01 Die Fassade der geförderten Eigentumswohnungen in warmen Erdtönen 02 Der energieeffiziente Bauteil an der Gußriegelstraße

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Headquarters dar und wird mit einem transparenten, 1.000 m2 großen Membrandach geschützt. Das Folienkissendach wurde wie auch das restliche Gebäude von den Architekten Tillner & Willinger auf Basis eines gewonnenen Architekturwettbewerbes ent01 worfen, geplant und umgesetzt. Die Tragwerksplanung für das Folienkissendach wurde in Zusammenarbeit mit Vasko+Partner bzw. der Firma Vektor Foiltec entwickelt. Ergänzend zu den durch Tillner & Willinger erbrachten Genaralplaner- und Architekturleistungen, zeichnete Vasko+Partner für die Generalkonsulentenleistungen gesamtheitlich verantwortlich: für die ergänzenden Planungsleistungen (u. a. Ausschreibung, Kosten-

ÖBB/Julius Silver

management), die örtliche Bauaufsicht und Teile der Projektsteuerung, die Statik, die Haustechnik wie auch die Bauphysik. Eine semitransparente Fassade ermöglicht Blickbeziehungen zwischen innen und außen. Das Membrandach hilft zudem die Energiekosten niedrig zu halten. Thomas Wetzstein, Projektleiter von Vasko+Partner, bezeichnet das Bürogebäude Praterstern als Musterbeispiel für das Know-how und

den gesamtheitlichen Ansatz von Vasko+Partner: „Ein planerisch anspruchsvolles Projekt, dessen Herausforderung darin bestand, die wesentlichen Versorgungsleitungen des Bezirkes am Grundstück einzubinden, konnte mit innovativen Methoden, unter anderem mit Hilfe von Bauteilaktivierung, unter Einhaltung sowohl des Termins- als auch des Kostenziels zur vollsten Zufriedenheit des Bauherrn abgewickelt werden.“

bonbons mit stil DIE UMWANDLUNG der ehemaligen Heller-Fabrik in einen architektonisch anspruchsvollen Wohnpark ist abgeschlossen. I anna klerdorf

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m vergangenen September hat der Wohnbauträger BUWOG auf dem Gelände der ehemaligen Heller-Zuckerlfabrik in der Davidgasse 79 in Wien-Favoriten das größte Bauvorhaben seiner Geschichte abgeschlossen. Der „Heller Park“ entstand im Spannungsfeld zwischen historischer Bedeutung, altem Bestand und moderner Wohnqualität als Gebäudeensemble mit Raum für Assoziationen. Viele verschiedene Aspekte waren zu berücksichtigen: Denkmalschutz und Integration der alten Bausubstanz auf der einen, moderne Wohnkonzepte mit vielfältigen, individuell gestalteten Wohneinheiten und großzügigen Erholungsräumen BUWOG auf der anderen

Seite. Die Forderung architektonischer Qualität und gestalterischer Vielfalt musste mit der Optimierung der Wohnflächen, der Integration von Geschäftslokalen und einer überschaubaren Kostenstruktur in Einklang gebracht werden. Ein vielschichtiges Projekt wie der Heller Park war auch für die Architekturpartner der BUWOG eine spannende Aufgabe. Die vier renommierten Wiener Architekturbüros querkraft architekten, Hermann & Valentiny, lautner + kirisits und Albert Wimmer realisierten fünf außergewöhnliche Bauteile, die durch Grünräume miteinander verbunden sind.

Bauteil A – „Am Platzl“ Im Anschluss an das Heller-Backsteingebäude haben die Architekten querkraft entlang der Inzersdorferstraße 34 Eigentumswohnungen geschaffen. Rankhilfen für Grünpflanzen schaffen ein grünes Wohngefühl mitten in der Stadt.

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Bauteil B – „An der Promenade“ Architektonischer Blickfang der von den Architekten Hermann & Valentiny und Partner geplanten 57 Eigentumswohnungen inmitten des Heller Parks ist eine spektakuläre Wölbung des Gebäudes.

Bauteil C – „Das Passivhaus“ Das moderne Passivhaus der Architekten lautner + kirisits mit 87 Mietwohnungen liegt an der Gußriegelstraße. Geschäftsflächen im Erdgeschoß gewährleisten Nahversorgung. Großzügige isolierverglaste Veranden sorgen für lichtdurchflutete Räumlichkeiten, im Obergeschoß erweitern Dachterrassen den Wohnraum ins Freie. Architektonische Besonderheit sind drei verglaste Verbindungs-

BUWOG

stege des aus zwei miteinander verknüpften Baukörpern bestehenden Gebäudes.

Bauteil D – „Am Park“ An der Davidgasse hat der Architekt Albert Wimmer ein lichtdurchflutetes Gebäude mit 39 Eigentumswohnungen realisiert. Die Fassade der geräumigen Wohneinheiten zeichnet sich durch ein besonderes Farbkonzept in warmen Erdtönen aus.

Bauteil E – „Am Spitz“ Im Herzen des Heller Parks wurden ebenfalls von Architekt Albert Wimmer 22 Mietwohnungen realisiert. Sämtliche Wohnungen verfügen über lichtdurchflutete Räume und südseitige Loggien. Die Parklage rundet das Flair einer Ruheoase inmitten der Stadt ab.

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planning komplexe geschichte

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Jahre Planungen, Umplanungen und Diskussionen prägen das Projekt Wien-Mitte. Dazwischen liegen Wirtschafts- und Immobilienkrisen, Weltkulturerbeauagen und damit verbundene Redimensionierungen des multifunktionalen Gebäudekomplexes oberhalb des Bahnhofs WienLandstraĂ&#x;e.

1991 gewannen die Architekten Laurids und Manfred Ortner einen Bebauungswettbewerb fßr das Projekt. Gemeinsam mit den zweitgereihten Architekten Neumann/Steiner sowie Lintl+Lintl planten sie einen Nutzungsmix aus Geschäften, Wohnungen, Bßros sowie Kultur- und Sozialeinrichtungen unter Einbeziehung des S-Bahnhofs und des Einkaufszentrums. Im Jahr 1993 beschloss der Gemeinderat den Flächenwid-

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WIEN MITTE

mung- und Bebauungsplan, der sechs TĂźrme mit bis zu 97 Metern vorsah– der 87 Meter hohe „City Tower“ wurde als einziger aus dem alten Konzept tatsächlich realisiert und beherbergt heute das Wiener Justizzentrum.

Neustart nach 12 Jahren Auch das später auf drei TĂźrme mit geringerer BauhĂśhe reduzierte Projekt kam nicht vom Fleck. Hetztiraden populistischer Stadtparteien sowie die abauende Konjunktur veranlassten die Bau-

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beyer.co.at

träger Austria Immobilien (BAI) trotz aufrechter Baugenehmigung, das Projekt fallen zu lassen. 2003 schreibt die Stadt Wien einen neuen Wettbewerb aus, mit deutlich reduziertem Bauvolumen und geringeren BauhÜhen. Die Arge Architekten wird von der BAI mit einem neuen Konzept auf Basis des Siegerprojekts von henke und schreieck architekten beauftragt.

HEISS UMSTRITTEN, geplant, umgeplant, neu geplant: Das ßber dem Bahnhof WienMitte gelegene Bßro- und Geschäftsprojekt feiert nach 20 Jahren endlich Dachgleiche. 2012 wird es fertig. I roland kanfer

Rohbau fertig Diesen Monat erfolgt nach 20 Jahren die Fertigstellung der gesamten Rohbauarbeiten im Hochbau. Die Fertigstellung des gesamten Projekts Wien Mitte mit 150.000 m² BruttogeschoĂ&#x;äche ist fĂźr nächstes Jahr geplant. Die ersten drei GeschoĂ&#x;e direkt Ăźber der Gleisebene werden dann als Shopping Center genĂźtzt. Das bestehende Gebäude des CAT wird integriert, ebenso wie die alte Markthalle, die einige Wiener im Lauf des Planungs- und Diskussionsprozesses urplĂśtzlich in ihr goldenes Herz geschlossen hatten.

01 Der 87 Meter hohe „City Tower“ (re. hinten) wurde als einziger aus dem alten Entwurf fĂźr Wien-Mitte realisiert, das neue Projekt kommt mit deutlich geringerer HĂśhe aus. 02 Das bestehende Gebäude des CAT wird in das neue Gebäude integriert.

die rettung eines architekturjuwels NACH EINEM BEINAHE 10 JAHRE dauernden Diskussionsprozess läuft die Generalsanierung der Wiener Werkbundsiedlung nun doch an. I roland kanfer

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ie saniert man ein architekturhistorisch wertvolles Denkmal, wenn man gleichzeitig den sozialen Wohnbaugedanken aufrecht erhalten will? Beinahe zehn Jahre hat es gebraucht, bis die Stadt Wien eine Antwort auf diese Frage gefunden hat. Nun liegt ein Sanierungskonzept fĂźr die Werkbundsiedlung vor, das, so hofft man, auch ďŹ nanzierbar und sozial verträglich sein dĂźrfte. Denn der GroĂ&#x;teil der insgesamt 70 Häuser – nämlich 48 – stehen im Besitz der Stadt Wien, deren Mieter im

Schnitt 1,50 Euro pro Quadratmeter bezahlen. Dass man da aus der MietzinsrĂźcklage keine Komplettsanierung zahlen kann, will man diese Mieten nicht drastisch

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erhÜhen, leuchtet ein. 10 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Sieben Millionen davon sollen aus dem Topf von Wiener Wohnen sowie aus der WohnbaufÜrderung kommen, verspricht Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Zusätzlich fÜrdert das Bundesdenkmalamt die Sanierung mit rund 40.000 Euro. In fßnf Jahren soll das Revitalisierungsprojekt, das auf vier Phasen angelegt ist, abgeschlossen sein. Vorerst kommen allerdings erst vier Häuser an die Reihe: Drei Häuser des Architekten Gerrit Rietveld (Woinovichgasse 16,18

und 20) und eines von Josef Hoffmann (Veitingergasse 85) werden restauriert. Mit der Generalplanung beauftragt ist das Wiener ArchitekturbĂźro P.Good. Die SanierungsmaĂ&#x;nahmen umfassen neben der allgemeinen Restaurierung vor allem die wärmetechnische Verbesserung von Dächern, Terrassen, Wänden und Fenstern sowie den Einbau moderner LĂźftungs- und Heizungsanlagen. Bleibt zu hoffen, dass der Stadt Wien und ihrem Partner, der „at home Immobilien-GmbH“, bis dahin nicht die Luft ausgeht und alle Gebäude dieses architekturhistorisch herausragenden Ensembles der Moderne vor dem endgĂźltigen Verfall gerettet werden.

WISEG

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PID/Halada

01 Die Werkbundsiedlung im 13. Bezirk entstand in den Jahren 1930 bis 1932 unter der Leitung des bekannten Architekten Josef Frank und wurde insgesamt von 32 namhaften ArchitektInnen der Moderne entworfen. 02 Neben der allgemeinen Restaurierung ist die wärmetechnische Verbesserung und der Einbau moderner Lßftungsund Heizungsanlagen dringend notwendig.

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das jahrhundertprojekt HAUPTBAHNHOF WIEN Der Südbahnhof ist Geschichte. Auf dem Areal zwischen Wiedner Gürtel, Arsenalstraße, Gudrunstraße und Sonnwendgasse entsteht ein neuer Hauptbahnhof und ein modernes Stadtviertel. Die Gesamtfläche des Projekts entspricht der Größe des 8. Wiener Gemeindebezirks. Eine Bestandsaufnahme. I manuela prusa

Rautendach als Signatur Erfolgt ist bereits der Start für den Bau des markanten Rautendaches – das optische Highlight des neuen Hauptbahnhofs. Für die Gesamtkonstruktion des gefalteten Daches, das die fünf Bahnsteige überspannt, werden insgesamt rund 5.000 Tonnen Stahl verarbeitet. Die Fläche des Daches ist so groß wie zwei Fußballfelder. Dank

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Foto: ÖBB/Stadt Wien

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ine neue Verkehrsstation und ein ganzes Stadtviertel mit Wohnungen, Büros, Schulcampus und Park: Das Gesamtprojekt Hauptbahnhof Wien ist mit einer Größe von 109 ha die für die Stadt derzeit wichtigste Infrastrukturmaßnahme. „Der neue Durchgangsbahnhof wird zu einem zentralen Knotenpunkt im transeuropäischen Schienennetz“, so der interimistische Projektleiter Hermann Papouschek. Erstmals können in Wien Züge aus Norden, Süden, Osten und Westen an einem Ort verknüpft werden. Reisende dürfen sich auf optimale Anbindungen, schnellere Zugsverbindungen, mehr Reisekomfort durch einfaches Umsteigen sowie Barrierefreiheit freuen. Ende 2012 wird der Bahnhof in Teilbetrieb gehen, der Vollbetrieb ist Ende 2014 vorgesehen. Weiters entsteht eine BahnhofCity mit einer Shoppingmeile, Gastronomie, Hotels, Büros und Parkgarage. Vom Hauptbahnhof Wien kann man künftig in die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen: Dafür sorgen die U1, elf S-Bahn-Linien, die Straßenbahnenlinien D (wird ins Stadtviertel hinein verlängert), 18 und O sowie die Autobuslinien 13A und 69A. Dazu kommen Garagen und Taxistandplätze.

der transparenten Konstruktion ist das Gebäudeinnere von Licht durchflutet, in der Nacht zeigt sich die Halle als hell erleuchtetes Faltwerk. Vizebürgermeisterin und Stadträtin Maria Vassilakou: „Das Rautendach gibt dem Hauptbahnhof eine Signatur, die weithin sichtbar ist und die Funktion des Bahnhofs als Visitenkarte für die Stadt betont.“ Umgesetzt wird das Projekt von den beiden Projektleitungen Stadt Wien und ÖBB, dem Konsortium Wiener Team und der Unger Steel Group, dem marktführenden österreichischen Stahlbauunternehmen.

Ilse Huber

Ein neuer Stadtteil Rund um den Hauptbahnhof wird ein eigener Stadtteil gebaut. Hermann Papouschek: „Die brach gelegenen Schienenflächen des alten Frachtenbahnhofs werden zu einem modernen Stadterweiterungsgebiet umfunktioniert.“ Im nördlichen Teil des Areals entsteht das Quartier Belvedere – ein Geschäftsviertel mit hochwertigen Investorenprojekten. Dort werden rund 20.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im Süden, dem Sonnwendviertel, wird die Fläche überwiegend als Wohngebiet genutzt. Ab Beginn des kommenden Jahres werden insgesamt 5.000 Wohnungen für rund 13.000 Menschen errichtet. „Kurze Wege, sanfte Mobilität und viele Möglichkeiten des Miteinander werden das Sonnwendviertel auszeichnen“, so Maria Vassilakou. Ein acht Hektar großer Park bietet zudem hohe Lebensqualität. Daran angrenzend wird es einen Bildungscampus geben – mit Kindergarten, Volks- und Hauptschule. Im Sommer 2012 ist Baubeginn. Darüber hinaus werden der 3. und 10. Bezirk durch zwei Brücken (eine für den Individualverkehr und eine für Fußgänger und Radfahrer) verbunden (siehe nächste Seite). Wer sich einen Überblick über das Infrastrukturprojekt Hauptbahnhof Wien machen möchte, kann das bahnorama besuchen. Das In-

formationszentrum mit Aussichtsturm konnte seit seiner Eröffnung im August 2010 bereits über 130.000 Besucher registrieren und wurde mit einem Brunel Award 2011, dem führenden Eisenbahndesignpreis, ausgezeichnet. www.hauptbahnhof-wien.at

01 In Zukunft werden pro Tag rund 1.000 Züge und 145.000 Menschen den Hauptbahnhof Wien frequentieren. 02 Das markante Rautendach soll die weithin sichtbare Signatur des Hauptbahnhofs werden.

+ + city talk + + + city talk + + + city talk + + + city talk + + + city talk + + + city Wien ist anders Gedanken zur Anbindung des Hauptbahnhofs an den öffentlichen Verkehr von Roland Kanfer Ende 2012, wenn mit dem neuen Wiener Hauptbahnhof ein „zentraler Knotenpunkt im transeuropäischen Schienennetz“ und „einer der wichtigsten Bahnhöfe Europas“ teilweise in Betrieb geht, werden den Fahrgästen „optimale regionale, nationale und internationale Anbindungen“ geboten werden, verkünden die ÖBB. Das ist für eine Stadt wie Wien natürlich erfreulich. Das Großprojekt ist nicht nur Ausdruck der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs veränderten geopolitischen Position der Stadt, die vom Rand der westlichen Welt ins Zentrum Europas gerückt wurde, sondern zeugt auch vom Willen zur Modernisierung und einem gestiegenen Selbstbewusstsein Wiens. Das mit den international und innerösterreichisch optimalen Anbindungen mag ja stimmen. Betrachtet man aber die innerstädtische Anbindung dieses vor ein paar Jahren noch „Bahnhof Wien Europa Mitte“ titulierten Knotenpunkts, dann wird man schlagartig wieder auf den Boden der heimischen Provinzrealität zurückgeholt. Wie sieht es mit der Anbindung des Bahnhofs an den Öffentlichen Verkehr

in Wien aus? Dass die U-Bahnlinie U1 vor Jahren am Südtiroler Platz Halt machte, aber nicht am damaligen Südbahnhof, zu dem sich der Öffi-Benutzer dann zu Fuß weiter kämpfen musste, war schon ein Schildbürgerstreich, der den heutigen Stadtplanern nicht angelastet werden kann. Mit der Planung des neuen Hauptbahnhofs wurde zumindest versucht, diesen näher an diese U-Bahnlinie heranzurücken, was sich auch in der Umbenennung der Station in „Hauptbahnhof“ ausdrückt. Dass jedoch die geplante Südverlängerung der UBahnlinie U2, die die geplanten Wohngebiete südlich des neuen Hauptbahnhofs knapp, aber doch deutlich verfehlt, lässt Außenstehende verwundert den Kopf schütteln (der gelernte Wiener zuckt mit den Achseln). „Aus planerischen und technischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll“ – so die Begründung des früheren Wiener Verkehrs- und Stadtplanungsstadtrates Schicker dazu. Man behilft sich stattdessen mit Straßenbahn- und Buslinien. Wir dürfen uns schon auf die Bilder internationaler Reisender freuen, die, von der City kommend, verwundert am Südtiroler Platz stehen und ihre Koffer 350 Meter weit bis zum Hauptbahnhof schleppen oder diese von der überlasteten U1 in Straßenbahn und Bus hieven. Wien ist eben anders.

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die brücken des hauptbahnhofs Verbindung zwischen Landstraße und Favoriten 2015

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is die beiden Brückenobjekte der Südbahnhofbrücke und des Arsenalstegs die ersten Benutzer von einer Seite zur anderen bringen werden, wird es noch eine Weile dauern. Doch das Gelände und vor allem die Bebauung des neuen Hauptbahnhofs Wien zeigt sich für den Betrachter noch nicht so, wie es dann in fünf Jahren aussehen wird. Jetzt können nur die Objekte einen Eindruck der künftigen Bebauung vermitteln. Der erste Teil im Zuge der Neugestaltung des ehemaligen Bahngeländes war die Einhebung der Südbahnhofbrücke im September 2010. Streng genommen war es

eine Eindrehung, da die Brückentragwerke auf einem Hilfsgleis an die richtige Position gebracht wurden - mittels synchronen mechanischen Hubstempeln bis in fünf Meter Höhe gehoben, auf speziell ausgerüsteten Wagonachsen über ein für die Bauarbeiten errichtetes Montagegleis um 45 Grad gedreht und in weiterer Folge auf die Widerlager der Brücke abgesenkt. Aber sonst war der Verschub des 420 Tonnen schweren Tragwerks eine Kleinigkeit – vorausgesetzt man weiß, wie man mit solchen Projekten umgeht. Doch dieses Wissen ist in der Wiener Brückenbauabteilung durchaus vorhanden.

Nach der Südbahnhofbrücke war einige Wochen später Mitte Jänner 2011 der Arsenalsteg mit der Einhebung der ersten Tragwerke dran. Die äußeren Rahmenbedingungen waren durchaus nicht günstig, doch der Zeitplan für die Errichtung wurde nicht nach dem Wetter, sondern nach dem Fortgang der Bahnarbeiten ausgerichtet. Nicht ganz so kompliziert wie bei dem vorherigen Bauabschnitt konnten die Gleise gerade verlegt und „normal“ eingeschoben werden. Die beiden 120 Tonnen schweren Felder des Arsenalsteges haben jeweils eine Länge von 37,50 Meter pro Feld, eine Gesamtbreite von 8,80 Meter und bestehen komplett aus Stahl, wobei die Bögen eine Höhe von 4,40 Meter aufweisen. Der Geh- und Radweg hat in seiner Endausbaustufe eine Breite von 6,50 Meter und besteht aus einer orthotropen Platte - einer Fahrbahntafel aus einem Stahlblech, das mit Längsund Querrippen versteift wird. Beide Verbindungen werden ab 2015 die Bezirke Landstraße und Favoriten verbinden. Neben den Geh- und Radverbindung wird

bei der Südbahnhofbrücke auch der Straßenverkehr in Richtung Absberggasse geführt. Die Entstehung der Bauwerke ist mit den Arbeiten der ÖBB koordiniert und wird so ausgeführt, dass eine optimale Abstimmung auf den Baufortschritt des Hauptbahnhofs Wien und der zukünftigen Bebauung des Geländes gewährleistet ist. Auch wenn es noch etwas dauern wird, die Benutzung des Arsenalsteges sowie der Südbahnhofbrücke wird mit der Neugestaltung des Geländes voraussichtlich 2015 möglich sein.

AUF DEM GELÄNDE des künftigen Hauptbahnhofs Wien wird heftig gebaut. Weithin sichtbar sind neben dem Bahnhofsbereich die Brückenobjekte, die zeitgleich mit dem Bahnhof entstehen. I kurt wurscher

Weitere Informationen www.bruecken.wien.at

01 Die Brückentragwerke wurden auf

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Wurscher

einem Hilfsgleis an die richtige Position gebracht. 02 Die beiden 120 Tonnen schweren Felder des Arsenalsteges sind jeweils 37,50 Meter lang, 8,80 Meter breit und bestehen komplett aus Stahl.

der charme alter mauern ALS „WIRTSCHAFTSPARK BREITENSEE“ erwacht ein alter Gewerbehof im 14. Bezirk wieder zu neuem Leben. Die Wien Holding realisiert hier bis 2012 einen Gebäudekomplex mit Wohnungen, Büros, Lager und Werkstätten für die Kreativwirtschaft. I anna klerdorf

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er neue Wirtschaftspark entsteht auf dem Areal eines früheren Gewerbehofes, dessen altes Backstein-Gebäude auch im neuen Wirtschaftspark integriert ist. Heute arbeiten hier im bereits revitalisierten Backsteinbau innovative Unternehmen. Der Weg zum Wirtschaftspark Breitensee erfolgte in mehreren Etappen: Im ersten Schritt wurde im Jahr 2007 der Innenhof des alten Gewerbehofes entkernt und der ehemalige Fabrikschlot stillgelegt. Im Jahr 2008 wurde mit der Revitalisierung des alten Backsteinbaus begonnen. 2010 erfolgte

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der Spatenstich für den Neubautrakt, in den ab 2012 die ersten Unternehmen als Mieter einziehen werden. Außerdem wurde von der GEWOG „Neue Heimat“ mit der Errichtung eines Wohnbaus mit 75 geförderten Mietwohnungen begonnen.

Alt und Neu Der Wirtschaftspark Breitensee besteht aus zwei Gebäuden, die miteinander durch eine brückenartige Konstruktion verbunden werden. Beim ersten Gebäude handelt es sich um den bereits revitalisierten alten Backsteinbau mit 15.000 Quadratmeter Fläche. In zwei zusätzlichen Dachgeschoßen entstehen Bürolofts, die arbeiten und wohnen unter einem Dach erlauben. Das zweite Gebäude wird komplett neu gebaut. Auf fünf Etagen entstehen hier weiHolodeck Architects

tere 10.000 Quadratmeter Fläche für Büros, Gewerbe und Handwerk. Gemeinsam mit den bereits bestehenden Flächen im revitalisierten Altbau werden dann im Jahr 2012 nach Fertigstellung des Neubaus insgesamt rund 25.000 Quadratmeter Fläche für die Wirtschaft im 14. Bezirk zur Verfügung stehen. Das architektonische Konzept für den Wirtschaftspark Breitensee stammt von holodeck architects. Sie sind als Sieger aus dem im Jahr 2007 durchgeführten städtebaulichen Wettbewerb hervorgegangen. Auf Basis der Wettbewerbsergebnisse werden bei der Gestaltung des Erweiterungsbaus die Strukturen, Funktionen und Formen eines klassischen Gewerbehofes neu interpretiert. Durch den neuen Baukörper entstehen neue Hofsituationen, die Alt und Neu verschmelzen lassen.

Flexibel gestaltbar Bei der Innenraumgestaltung legen die Architekten besonderen Wert auf eine loftartige Gestal-

tung mit größtmöglicher Raumhöhe. 01 Maßgeschneiderte, in sich abgeschlossene Büro- und Arbeitseinheiten für Produktion und Dienstleistung und bis zu vier Meter hohe, helle und flexibel gestaltbare Räume mit großen Fenstern vermitteln ein offenes und freundliches Arbeitsklima mit Fabrikcharakter. Dabei greifen Design und Funktion ineinander und machen arbeiten im inspirierenden Ambiente möglich. Die Räume bieten Fenster mit außen liegendem Sonnenschutz, Zwischenwände mit lichtdurchlässigem, teilweise transparentem Glas, schallisolierte Raumboxen, Gebäudekühlung mit Fan Coils und vieles mehr. Eine wichtige Zielgruppe des Gewerbehofes sind Unternehmen aus den Bereichen „Neue Medien“ und aus der Kreativwirtschaft. Eigene Seminarräume und ein Eventbereich können für Firmenveranstaltungen genutzt werden.

Holodeck Architects

01 Der Wirtschaftspark Breitensee besteht aus zwei Gebäuden, die miteinander durch eine brückenartige Konstruktion verbunden werden. 02 Im Jahr 2012 werden nach Fertigstellung des Neubaus 25.000 m² Fläche zur Verfügung stehen.

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life bahnhöfe – schnittstelle zur mobilität MIT DEM AUTO INS ZENTRUM von London, Stockholm und Oslo zu fahren, kostet die PKW-Besitzer eine City Maut. In Stuttgart, München oder Ulm verbieten Umweltzonen besonderen Stinkern die Einfahrt. Der Bahnhof wird zur multiplen Verkehrsdrehscheibe. I ilse huber 01 Von der Bahn in die Straßenbahn, aufs Rad oder per Leihauto weiter: Urban heißt multimodal. 02 Sieger des Designwettbewerbs: Erste E-Bike-Ladesäule der neuen Generation geht im Media Quarter Marx in Betrieb 03 Vor acht Jahren in Wien begonnen, nun auch die Paris und anderen Städten: Leihräder mit Registrierung.

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s ist noch gar nicht so lange her, dass sich der mobile Mensch just auf ein Verkehrsmittel kaprizierte. Zuerst auf die Kutsche, dann auf den Zug, dann auf das Auto. Umsteigen war mühselig und unbeliebt. Den „Multimodalen“ dagegen kommen die intelligenten Verkehrssysteme (IVS) entgegen, die mittels Technik und Vernetzung der einzelnen Verkehrsträger das Weiterkommen erleichtern. Städte sollen auf diese Weise „smarter“ werden, also emissionsärmer und lebenswerter. Dass dabei die innerstädtische Mobilität einen wesentlichen Faktor darstellt, bleibt nicht nur Bürgermeistern und Mobilitätsanbie-

dem Förderprogramm Smart EnergyDemo- Fit for SET versuchen Verkehrs- und Umweltministerium und der Klima- und Energiefonds nun neue Anreize zu schaffen. Bis Jänner 2012 sollen Kooperationen zwischen Stadtverwaltung und stadtnahen Versorgern Lösungen formulieren, für die insgesamt 30 Millionen Euro zu Verfügung stehen. Zentrale Voraussetzung ist es, den „Smart City Gedanken“ weiter zu spinnen, der sich dadurch auszeichnet, weniger Energie zu verbrauchen und Emissionen zu reduzieren.

Trend zum Elektromobil

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tern vorbehalten, sondern erreicht auch die Städter und deren Besucher selbst.

Der Nachsommer im Zeichen der Mobilität

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Wiener Energie GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

Der direkte Draht(esel) von Wien nach Paris CITYBIKES. Sie treten immer stärker in Erscheinung, sei es im Multipack oder vereinzelt im gelben oder lila Outfit. Was in Wien vor acht Jahren als Pilotversuch begonnen hat, hat sich nun auch in Lyon, Paris, London, New York und Barcelona durchgesetzt: die Stadterkundung auf dem Leihrad. Wohl scheiterte die Viennabike Urversion mit Münzeinwurf kläglich – die Räder verschwanden in irgendwelchen Garagen, Schuppen oder Kellern - seit dem Jahr 2003 mausert sich das Ganze dank verbesserter Leihmodi zu einem richtigen (Export)Hit. Das Leihsystem verlangt eine unbürokratische persönliche Anmeldung, der Mietvorgang ist kurz. Durch die einmalige Registrierung per Karte erhält man einen Benutzernamen samt Passwort. Jedes Leihrad besitzt eine Bikeboxnummer, die an der Station eingetippt werden muss – und schon zur kann man in die Pedale treten. In mittlerweile 18 Wiener Gemeindebezirken bieten 83 Stationen Leihräder teilweise zum Nulltarif an, wenn

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die Leihzeit maximal Stunde beträgt.

eine

Hinter der Plakatwand Wie entstand die Achse WienParis? Auf direktem Wege, kann man sagen. Denn die Gewista, Betreiberin des Wiener Citybikes, gehört mehrheitlich dem französischen Außenwerbekonzern JCDecaux und der startete aufgrund der Wiener Erfahrungen den französischen Versuchsballon in Lyon, ehe das Velib’, das Velo libre, vor zwei Jahren in Paris Einzug hielt. Die zwei Millionen Einwohner zählende Hauptstadt stellt auf 1800 Stationen, die maximal 300 Meter voneinander entfernt sind, Leihräder zu Verfügung – im Gegenzug erhält die Werbefirma Flächen für ihre Rolling boards zu Verfügung. Das Angebot ist für Umsteiger kostengünstig, für 19 Euro im Jahr ist man dabei oder man zahlt 1,7 Euro pro Tag. Innerhalb kürzester Zeit schnellte die RadverkehrsteilnehmerQuote in die Höhe, selbst dann, wenn es noch kaum Radwege gibt, wie in Paris.

Auf diese aufmerksam zu machen, ist das erklärte Ziel der europäischen Mobilitätswoche, die seit zehn Jahren versucht, eine bessere Umwelt für die Bürger zu schaffen. Jedes Jahr finden rund um den autofreien Tag (22.September) etliche Veranstaltungen statt, so auch in Wien, wo das Rasen am Ring zum Rasen auf dem Ring umfunktioniert wurde. Grüne Rollrasenbahnen verdrängten kurzfristig sehr zum Ärgernis verdrängter Autofahrer dieselben. Insbesondere knautschzonenfreie Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger, Radfahrer, Skater, Bus-und Bahnbenützer sind gefährdet.

Alles Bahnhof? Der Bahnhof als Verschubort mutiert still und heimlich zur intermodalen Schaltstelle. Ob Rad, Öffis, Leihauto oder neuerdings auch Elektrofahrzeuge, die Wahlmöglichkeit steigt von Jahr zu Jahr, wobei die „unterhaltsame“ Form stetig zunimmt. Sei es, in dem man ein überdachtes Fahrradtaxi (Faxi) ruft oder auf den Roller (Segway) steigt, der auf Gewichtsverlagerung reagiert. Nicht ganz so originell, dafür stark genutzt, sind die Leihräder. Man registriert sich im Internet oder am Terminal mittels Karte. Einziges Kriterium für die Rückgabe ist ein freier Standplatz. Diese Flexibilität hat der Leihwagen am Bahnhof nicht. Das Carsharing System beruht darauf, dass man das Fahrzeug wieder an

Einen weiteren Schwerpunkt stellt die E-mobility dar. In Wien wird bis zum Jahr 2012 die E-moÖBB bility on demand ausgebaut. Hunderte Elektroautos werden samt jenen Ort zurückbringt, wo man Ladesäulen angeschafft. Der Auses ausgeborgt hat. Das passt nicht bau ist im Gange und eine dazuimmer in das individuelle Fortbegehörige Mobilitätskarte verlinkt wegungskonzept und veranlasst die Autos mit dem Öffentlichen manche doch lieber das eigene Verkehr. Schon Auto - in Kombination mit den > Wichtig ist, Freiräume vor Jahren sah man hier und da Öffis - zu benutfür sich definieren zu Stromtankstelzen. In Wien gibt können, Freiräume, die len, die aber es zehn Park veränderbar sind und meist verwaist und Ride Garagen, die für drei kreativ gestaltet werden waren und langsam vergammelEuro 24 Stunden können. < ten. Das könnte Parkraum anbieanders werden, wenn die E-Bikes, ten und direkte U -BahnanbinE-Scooters oder E-Tricycles das dung besitzen. Für Wochen- und Stadtbild prägen und dringend Monatmarkenbesitzer der Wiener aufgeladen werden müssen. Dass Linien wird die Benützung ein die Pedalritter in naher Zukunft bisschen günstiger. von einem Elektromotor unterstützt werden, hat auch AuswirDie Zukunft kommt erst kungen auf ihren Einsatz, auch Wohl hat sich in den vergangebeim E-Biken in der Vorstadt – nen Jahren einiges getan, wie Hügel wie der Wilhelminenberg man moderater, ressourcenschosind dann höchstens eine Bergnender und letztlich gesünder wertung für den Akku ... durch die Stadt kommt, es mangelt aber an großen kommunalen Demonstrationsprojekten. Mit

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Ilse Huber

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italien: zug abgefahren? NEBENSTRECKEN LEIDEN unter dem rigorosen Sparprogramm. Der Fokus liegt auf dem Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke – vor allem in Norditalien. I irene mayer-kilani

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er versucht hat, tagsüber mit dem Zug nach Venedig zu reisen, weiß wie mühsam die Fahrt geworden ist. Während bis vor zwei Jahren zweimal täglich eine bequeme Direktverbindung von Wien in die Lagunenstadt bestand, müssen Reisende nun in Villach in einen Bus umsteigen. Direktzüge nach Triest gibt es ebenfalls schon länger nicht mehr. Doch nicht nur internationale Verbindungen, sondern vor allem lokale Nebenstrecken, sind von den Sparplänen im Zuge der Teilprivatisierung der italienischen Staatsbahnen betroffen.

Aufgesplittert Die „Ferrovie delle Stato“, kurz FS genannt, haben im Jahr 2000 im Zuge einer Neuorganisation ihre verschiedenen Unternehmenssegmente in separaten Firmen untergebracht. Für den Personen- und Güterverkehr ist seither die „Trenitalia“ verantwortlich, die einen sehr ambivalenten Ruf genießt und schon mehrmals knapp am Kon-

kurs vorbeischrammte. Das Unternehmen wird wegen Managementfehlern, Intransparenz der Strukturen und schlechtem Service kritisiert. Angesichts der EuroKrise wurde die Forderung stärker, dass Italien auf „Geldreserven“, wie etwa einer weiteren Privatisierung des Staatsunternehmens Bahn, zurückgreifen sollte. „In Italien gibt es noch viel Fett, das man abschneiden kann“, meinte Unicredit-Chef Federico Ghizzoni. Im Sommer kündigten die FS an, ihr 14.000 Kilometer langes Stromnetz, das parallel zu den Bahnlinien verläuft, zu versteigern. Durch den Verkauf sollen die maroden Kassen um geschätzte 500 Millionen Euro aufgebessert werden. In Zukunft wird verstärkt auf Hochgeschwindigkeit gesetzt. Seit kurzem benötigt der Eurostar Altavelocità, die schnittige, italienische Version des Hochgeschwindigkeitszuges, nicht mehr viereinhalb Stunden, sondern nur noch drei Stunden für die 584 Kilometer zwischen Mailand und Rom. Fünf Stunden dauert hingegen die Fahrt von Turin nach Neapel.

Konkurrenz schläft nicht Mit ehrgeizigen Plänen lassen die Industriellen Luca Cordero di Montezemolo und Diego Della Valle aufhorchen. Mit „Italo“, einem neuen Hochgeschwindigkeits01 zug, wollen die beiden Italiens Bahnverkehr ebenfalls auf schnellere Schienen bringen. Der Luxuszug des Privatunternehmens NTV soll ab Jahresende in neun italienischen Städten und zwölf Bahnhöfen halten. „Wir werden für Wettbewerb in einem Bereich sorgen, in dem die Staatsbahnen bisher das Monopol hatten“, kündigte Montezemolo an. „Italo“ soll -ähnlich wie der französische Nationalstolz TGV - mit bis zu 360 Stundenkilometern, vorerst nur nördlich von Rom, durch die Landschaft rasen. Jeder der 500 Sitzplätze wird über einen Fernsehschirm

Gruppo Ferrovie

und Internetzugang, Stereoanlage und Minibar verfügen. Die Strecke Rom-Mailand wird 120 Euro kosten und damit doppelt so teuer als Eurostar-Tickets sein. Die neue Bahngesellschaft will in Zukunft auch die Verbindungen VenedigRom und Bari-Rom ausbauen. Die Route Mailand-Rom ist für italienische Fluggesellschaften am lukrativsten. „Wenn wir die Strecke in drei Stunden schaffen, können wir aktiv mit den Airlines konkurrieren“, sorgt Montezemolo bei Billigfliegern und Alitalia für Gegenwind.

01 Der Geschäftsführer der Ferrovie dello Stato, Mauro Moretti (links vorne), zeigt sich trotz heftigen Gegenwinds optimistisch.

Unger Steel Group: Spezialist und Generalist. Die Unger Steel Group zählt als österreichische Unternehmensgruppe in der ausführenden Bauindustrie zu den führenden und international erfolgreichsten Industriebetrieben Europas. Die Kernkompetenzen des Unternehmens bilden der konstruktive sowie architektonische Stahlbau, die Projektentwicklung und die schlüsselfertige Realisierung gesamter Objekte als Generalunternehmen. Alle drei Geschäftsbereiche sind nach ISO 9001:2008 zertifiziert und bieten Transparenz und Qualität in sämtlichen Abläufen. Die Unger Steel Group steht seit jeher für Qualität, Kundenorientierung, Flexibilität und Termintreue. Das umfangreiche Netzwerk der gesamten Gruppe und eine Vielzahl an Partnerschaften ergänzen die zahlreichen Stärken. Von Österreich und dem Mittleren Osten in die ganze Welt. Ausgehend vom österreichischen Headquarters steuert die Unger Steel Group ihre rund 20 Niederlassungen in Zentral- und Osteuropa sowie im Mittleren Osten und bietet ihren Kunden so direkten Zugang zu sämtlichen Leistungen der Gruppe. Zwei Produktionsstätten - in Österreich und im Emirat Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate) – bilden logistische Drehscheiben für erstklassige Lieferungen in kürzester Zeit. Mit einer Gesamtkapazität der beiden Werke von jährlich 70.000 Tonnen können Kleinprojekte bis hin zu Komplettlösungen komplexer Bauvorhaben attraktiv und schnell abgewickelt werden.

Breites Produktportfolio. Die breite Produktpalette umfasst das gesamte Bauwesen: Sport-, Freizeit- und Mehrzweckbauten, Hallenbau, Autohausbau, Anlagenbau, Büro- und Hochbauten, Hotel- und Wohnbauten, Parkhäuser, Kraftwerksbau, Flughäfen, Messe- und Veranstaltungsbauten, Shoppingcenter, Brückenbau, Sonderbauten uvm. So konnten sich bereits namhafte Kunden von den maßgeschneiderten Lösungen und dem kundenorientierten Full-Service der Unger Steel Group überzeugen. Das Unternehmen im Familienbesitz verfügt über eine erstklassige Bonität. Europaweit ist die Unger Steel Group die Nummer eins im Stahlbau.

Headquarters | Unger Steel Group | Steinamangererstrasse 163 | 7400 Oberwart | Austria Phone +43/3352/33524-0 | Fax +43/3352/33524-15 | Mail office.at@ungersteel.com | www.ungersteel.com Second production site | Unger Steel Middle East FZE | P.O.Box: 42251 | Hamriyah Free Zone | Sharjah | United Arab Emirates Phone +971/6/5132-555 | Fax +971/6/5132-570 | Mail office.uae@ungersteel.com | www.ungersteel.com

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oh la la, c´est chic ÜBERLEBEN IM URBAN JUNGLE. Das Kostüm kann ruhig von Chanel sein. Das Drumherum muss es nicht unbedingt. Zum Flanieren, Kokettieren und Promenieren zwischen Notre Dame und Gare du Nord darf es ruhig eine bunte Mischung sein. Solange sie komplett ist. I barbara jahn

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aris. Stadt der Mode. Stadt der Liebe. Stadt der Must-Haves. Sei es auch nur für einen Tag, an dem man sich in der Metropole an der Seine aufhält, um im Café des Fleurs einen Café au Lait zu schlürfen oder auf den Spuren der bezaubernden Amélie zu wandeln – Grund genug, von Kopf bis Fuß gestylt zu sein. Die passenden Accessoires – bloß ein Hilfsausdruck für all das, was man oder „frau“ eben so braucht – sind nicht weiter schwer zu finden. Die Auswahl ist groß, aber wir präsentieren wirklich nur das „Allerwichtigste“.

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02 Elektronisches Wörterbuch D35 von Iriver.

03 Mokassins Porsche Design P´1700 von Müller & Meirer. 04 Schuh-Kollektion Melissa + Karim Rashid High. 05 Fahrrad/Kinderwagen von Taga. 06 Cool Lunch von Menu. 07 Baggy Wine Coat von Menu.

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quem mit Kind und Kegel. Für große und kleine Strampler sozusagen. Wer gerne in die Pedale tritt, braucht sich auch keine Sorgen über den Genuss der teilweise sehr üppigen, aber doch so unendlich verführeri-

zichten. Verpackt in edles Aluminium und robusten Kunststoff mutet das Gerät, das über ein elegantes Drehrad gesteuert wird, wie ein schickes Notizbuch an, das jugendlichstudentisch mit einem Gummiband zusammengehalten wird.

schen französischen Kulinarik machen. Manche aber greifen am liebsten doch auf die eigenen Füße zurück, erobern per Métro und Bus die Stadt. Stellt sich die Frage nach dem passenden Schuhwerk. Bequem soll es sein, aber noch viel mehr gut aussehen. Lässt sich nicht vereinen? Oh doch. Und zwar im Porsche Design. P´1700 Cannes ist ein klassischer Mokassin mit den charakteristischen Inbus-Schrauben an der Fersenkappe und ohne Nähte im Sohlenbereich. Mit diesem Hightech-Schuh mit Aluminium in der Sohle liegt einem ganz Paris zu Füßen.

Paris per pedes

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Ganz und gar nicht digital, sondern durch und durch analog sind die Strecken, die man dann selbst zurücklegen muss. Für diejenigen, die nicht mit den Flugzeugen im Bauch, sondern viel mehr mit dem ehemaligen Babybauch kommen, wurde für frischgebackene Eltern-Cityhopper das ultimative Fortbewegungsmittel erfunden: Ein Fahrrad, das gleichzeitig ein Kinderwagen ist. Ganz easy zum Zielort zu transportieren, wird man schließlich selbst transportiert, ganz be-

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Paris à la carte Apropos Essen: Hat man etwa schon Baguette und Roquefort im Gepäck, der edle Tropfen fehlt aber noch beim romantischen Tête-à-tête, kann man auch hier ganz leicht Abhilfe schaffen. Denn es gibt eine Tasche von Menu namens Baggy Wine Coat, die das Problem mit durstiger Kehle an der Kaimauer der Seine auf dem Trockenen zu sitzen ganz einfach

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lösen kann. Per Zapfhahn lassen sich die mitgebrachten Becher füllen und per Riemen die ganze Bouteille wie eine Handtasche leicht schultern. Ebenso cool und praktisch funktioniert auch die Cool Lunch Tasche desselben Herstellers, der sich offenbar unter anderem auf das mobile essbare Verwöhnprogramm spezialisiert hat. Sollte man noch Platz suchen, um die restlichen Amuses Gueules für den unbeschwerten Städtetrip zu verstauen, sei an echte Stilikonen verwiesen: Für den Herren die äußerst schmucke wie unkonventionelle Handtasche Homme von Bree, für die Damen und ihre umfangreiche kleinteilige Entourage die sagenhaft geräumige Moonbag von Reisenthel, die mit ihren Petits Points echte Französinnen aus ihnen machen. Sollte es abends schließlich nur noch in das Moulin Rouge und nicht mehr auf den Gipfel des Montmartre gehen, so kann sich die modebewusste Dame ein zeitlich begrenztes Rendezvous mit den halsbrecherischen Highheels von Melissa gönnen. Diese hat niemand geringerer als der Paradiesvogel der Designwelt, Karim Rashid, entworfen. Na wenn das so ist: Echt superb! > Heiße Tipps www.bree.com www.iriver.com www.melissa.com.br www.menu.as www.mueller-und-meirer.com www.phaidon.com www.reisenthel.com www.tagabikes.com

+ + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + Barbara Ambrosz, Designerin: Ich hatte das Glück, Ende der Achtziger Jahre mit 16 Jahren drei Jahre in Paris zu leben. Paris pulsierte – die Cafés, das Leben auf der Strasse, die Autostaus am Étoile um Mitternacht, die Clubs und Bars, die großen Museen, die Auslagen von Fauchon – all das saugte ich in mich hinein. Auf einem meiner Streifzüge durch Paris landete ich im legendären Café Costes von Philippe Starck. Hier entdeckte ich das Design und meine Liebe dazu. Eine Bandbreite an Design erfuhr ich bei den Galeriebesuchen während der Designer’s Days. So reifte der endgültige Entschluss, Designerin zu werden. Heute arbeite ich als Industriedesignerin mit meiner Partnerin Karin Santorso in unserem Wiener Büro www.lucyd.com, und wir zeigen unsere Produkte auf der Maison & Objet

und in Pariser Designshops. Die kurzen Aufenthalte in Paris lassen jedes Mal mein Herz höher schlagen, wenn ich in die Metro einsteige und die ersten französischen Sätze höre. Das Leben und die Szene in Wien sind zwar lebendig – um lebendig zu bleiben, braucht man Impulse von Außen - mich inspiriert Paris heute noch!

Foto: Lisi Gradnitzer

01 Digitaler Wallpaper City Guide von

Es gibt zwei Dinge, die unbedingt in die Handtasche gehören, von denen aber nicht nur Paris-Anfänger profitieren, sondern auch geprüfte Champsdes-Élyssées-Experten. Das eine ist der digitale Wallpaper City Guide. Wiegt nichts, passt auf das iPhone und funktioniert tadellos. Ist also perfekt. Paris, aber auch Berlin, Los Angeles, Rom oder Amsterdam – der urbane „Pass“ hat die richtigen Tipps parat und führt auf dem kürzesten Weg zum Tour Eiffel oder Centre Pompidou, oder wie hieß noch der Laden mit den kleinen Glitzerdingern? Wie auch immer: Braucht man und

sollte ganz oben auf der Einpackliste stehen. Wer sich bei den patriotischen Franzosen nicht nur gewaltsam mit Englisch durchschlagen will, sollte vielleicht auf das elektronische Wörterbuch D35 von Iriver nicht ver-

Mag. Barbara Ambrosz, Jahrgang 1972, Industrial Designerin. Gründete 2003 mit Karin Santorso das gemeinsame Designstudio LUCY.D, das sich auf Produkt- und Möbeldesign, Innenarchitektur und Corporate Design spezialisiert.

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design kein weg zur erleuchtung

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ls vor vier Jahren der britische Designer „Mister Organic“ Ross Lovegrove nach Wien kam, um seinen Solar Tree feierlich zu enthüllen, waren alle wie vom Donner gerührt. Schließlich war es eine Weltpremiere, für die ausgerechnet Wien ausgesucht worden war. Jeder fand sie einfach toll, diese Leuchte, die untertags Sonnenlicht tankt und in der Nacht wieder abgibt. Die Entscheidungsträger, aber warteten, bis das „Gewitter“ vorüberzog.

Devise: Ignorieren. Oder noch besser: Totschweigen.

Sack-Gasse Denn es war ein reinigendes „Gewitter“. Der Solar Tree ist – wie der Name schon sagt – eine Straßenleuchte in Form eines Baumes, der sich aus dem grauen Asphalt der Straßen empor rankt. Er birgt Solartechnik vom Feinsten in sich, und hätte in Wien auf fruchtbaren Boden stoßen und anwurzeln sollen. Nun gut. Alles vergossene Milch. Wien hat seine Chance (wieder einmal) nicht wahrgenommen, dafür lieber die originalen Gusseisensockel samt originaler Beleuchtungsmaste entsorgt. Die kümmerlichen Reste der 100 originalen Gaslaternenkandelaber vergammeln im Depot der MA 33, die meisten davon sind in den Schrott gewandert. Einmalig im internationalen Vergleich.

Knie-Schuss

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Artemide

Dabei waren die Aussichten gar nicht so schlecht: Anfang der Neunziger wurde in einem Arbeitskreis der MA19 ein Leitbild für die Straßen- und Platzgestaltung erarbeitet, das die Erhaltung

des historischen Charakters zum Ziel hatte. Unpassende Elemente sollten entfernt und nur dort, wo keine historischen Vorbilder gegeben waren, sollte das Mobiliar durch Zeitgemäßes ersetzt werden. Doch davon wollte Wien letztlich doch nichts mehr wissen: 2002 kam es zur Umgestaltung des Schwarzenbergplatzes, der bis dahin der einzige Bereich der Ringstraße war, innerhalb dessen Lichtmaste von 1904 noch in größerer Zahl vorhanden waren. Drei Jahre später, 2005, wurde die historische Straßenmöblierung im gesamten Ringstraßenbereich sukzessive abgeräumt. Und durch historisierende Nachbauten ersetzt. Auch der Wiener Graben fiel dem Kahlschlag zum Opfer und erkennt sich selbst nicht wieder – nicht einmal als Kopie.

„Stamm“ der Leuchte integriert sind. Diese wiederum versorgen die energiesparenden LEDs in den „Blättern“ und „Halmen“. Durch eine elektronische Steuerung wird nur genau so viel Licht abgestrahlt, wie es die jeweilige Lichtsituation erfordert. Der Solar Tree garantiert seinem Betreiber Autonomie von öffentlichen Stromversorgern. Grundsätzlich ist es ist ihm aber auch möglich am Stromnetz zu hängen. Gerade in einer Zeit post Fukushima oder auch Frankreich, das als Europas größter Atomstromnutzer mit explodierenden AKW-Teilen zu kämpfen hat, könnte der leuchtende Baum ein klares, weithin sichtbares Zeichen sein. Nicht nur, weil er grün ist. P.S. Aber nicht in Wien.

DIE KINDERGARTENKINDER in Wien haben es verstanden, wie man Licht aufdreht. Es ist Laternenfestzeit. Doch anderswo geht leider die Birne aus. Und man ist Lichtjahre davon entfernt, eine gute Lösung zu finden. I barbara jahn 01 Der Solar Tree könnte in Zeiten der Atom- und Stromdiskussion ein Zeichen für zukunftsfähige Lösungen sein. 02 Wien setzt lieber auf historisierende Nachbauten als auf zeitgemäße Stadtbeleuchtung. 03 Designer Ross Lovegrove

Ikonen-Status Was soll´s. 2011 ist der Solar Tree nun serienreif. Nach drei Jahren intensiver Forschung und Entwicklung kann die nun wohl innovativste Straßenbeleuchtung für den öffentlichen Raum ausgeliefert werden mit 360 Solarzellen Akkus, die unsichtbar im

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von goldhirse bis goldfliese GLANZVOLL. Die Vienna Design Week beging ihr fünftes Wiegenfest. Mit an Bord: Das Gastland Polen. Und alles zwischen Wien und Warschau auch. I barbara jahn

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Katharina Gossow

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Rüdiger Andorfer

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ehn Tage lang – wie jedes Jahr zur Herbsteinstimmung im Oktober – stand die Bundeshauptstadt wieder ganz im Zeichen von Design. Für mehr als eine Woche rückte alles, was mit Gestaltung in Berührung kommt oder kommen könnte, in den Mittelpunkt des Geschehens. Nach seiner nun fünften, erfolgreichen Ausgabe kann nun niemand mehr Verdacht hegen, dass es sich lediglich um eine Randerscheinung im beginnenden Designherbst handelt, sondern – ganz im Gegenteil – um eine Veranstaltung, die ihresgleichen sucht. Nicht die Vienna Design Week, sondern alle anderen sind die Trittbrettfahrer, wie es so schön heißt.

„Ziel war und bleibt, Design in der Stadt sichtbar zu machen, das heimische Potenzial aufzuzeigen, einen internationalen Austausch zu ermöglichen und zu diesem Zwecke möglichst viele Partner mit an Bord zu holen“, heißt es von der Kuratorinnen, die entschlossen an ihren Plänen festhalten, das Festival in seine nächsten Runden zu führen. Auch in Zeiten wie diesen. Und vielleicht gerade deshalb. Nicht immer ist die Sache so klar, ob es noch eine Designmesse oder ein Festival dieser Art geben soll, in einem Genre, das geradezu übersättigt ist mit Events und Ver-

Passionswegen, die sich nicht als Leidens-, sondern als Leidenschaftsparcours verstanden wissen wollen, vermittelt werden. Hier findet ein offener, moderierter Annäherungsprozesses zwischen Unternehmen und Designschaffenden statt. Die letzten Jahre haben bereits gezeigt, welche unglaubliche Bandbreite an Möglichkeiten existiert, wenn sich beide Seiten – völlig befreit von jeglichem kommerziellen Zwang - um Wissenstransfer, Wertschätzung und prozessartige Projektarbeit bemühen. Das Ziel ist die Annäherung und das Able-

Golden Girls

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Rüdiger Andorfer

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Kollektiv Fischka/fischka.com

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01 Die beiden Kuratorinnen Tulga Beyerle und Lilli Hollein. 02 Tomas Kral bei Mühlbauer Hutmanufaktur. 03 Patrycija Domanska bei Tostmann Trachten. 04 Beza Projekt bei Atelier Telliez. 05 Beza Projekt bei Atelier Tellliez. 06 Der Naschmarkt – Sujet der Vienna Design Week 2011.

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Die Lokführerinnen Lilli Hollein und Tulga Beyerle, die als Neigungsgruppe Design 2006 mit Thomas Geisler, der sich seit diesem Jahr voll seinen neuen Aufgaben als Kurator im Wiener MAK widmet, eine Reise ins Ungewisse antraten, sind heute die gefeierten Gesichter einer Initiative, die so manchen Stein ins Rollen gebracht hat. Die Vienna Design Week erfindet sich zwar nicht jedes Jahr neu, muss sie auch gar nicht. Sie behält konsequent ihren Kurs bei, beladen mit mittlerweile weit über 80 Veranstaltungen. Die erst später ins Leben gerufenen Formate „Carte Blanche“, eine Art Freiticket für Designer, sich der Öffentlichkeit erstmals vorzustellen, „Labor“, bei dem Grafik- und Produktdesigner direkt vor Ort Projekte entwickeln und ausstellen, und „Debut“, eine Ausstellung, die junges österreichisches Design in Zusammenarbeit mit der James Dyson Foundation zeigt, erfreuen sich größter Beliebtheit. Die Anfragen und Bewerbungen um einen Platz, dabei zu sein, kommen aus der ganzen Welt. Die Rechnung, im doch immer wieder etwas zaghaften Österreich Mut zu beweisen, ist damit aufgegangen. Besonders stolz aber sind die beiden Macherinnen auf die Nachhaltigkeit der Projekte. Aus den Rendezvous zwischen Manufakturen und Künstlern, zwischen Herstellern und Kreativen sind richtig gehend gute Geschäftsbeziehungen und Folgeaufträge entstanden, sowohl für den einen als auch den anderen Part. Die anfänglichen, durch die Neigungsgruppe Design zusammengeführten Blind Dates verzeichnen mit gestochen scharfen Aussichten bereits die ersten Erfolge.

vor Ort gleich ausprobiert werden konnte. Eine zeitgenössisch geformtes Spielgerät für „barockes“ Amusement, sozusagen. Am unteren Ende der Taborstraße, wo Herr Pallida, der früher selbst Designer von Nachttischleuchten war, sein Ballons & Ballons – Imperium gründete, erzählte der österreichische Designer Hermann Trebsche mit seiner Installation neue Geschichten – nämlich jene, die Herr Pallidas noch nicht erzählt hat. Zurück in der Stadt, noch schnell vorbei bei der Hutmanufaktur Mühlbauer, konnte man die frechen „Lichtobjekte mit Hut“ des slowakischen Designers Tomas Kral betrachten, die aus dem Fundus der Mühlbauer´schen Werkstätte entstanden. Und das ist nur ein kleiner Auszug.

Herzen aus Gold

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anstaltungen. Für Thomas Geisler, Lilli Hollein und Tulga Beyerle war bereits 2006 klar, dass Wien durchaus ein gutes Pflaster für so ein Festival ist, denn die so genannten Passionswege, die als neuartiges Format experimenteller Kooperationsprojekte zwischen Designern und Unternehmen als Pilotprojekt begleitend zur internationalen Designkonferenz umgesetzt wurden und heute noch der Herzschlag der Veranstaltung sind, erzeugten leidenschaftliches Wunschdenken nach mehr. Nach viel mehr. Die Vienna Design Week hat sich klar als Kulturfestival positioniert und thematisiert Design als einen bedeutenden Teil der Kulturproduktion. In Ausstellungen, Präsentationen, Diskussionen, Talks, Touren und anderen Events wird das vielfältige Schaffen in den Bereichen Produkt-, Möbel-, Industrie-, Grafik- und experimentellem Design sichtbar und erlebbar gemacht.

Goldgriffe Hüte, Dirndl, Luftballons – es gibt schlichtweg nichts, was nicht gestaltet werden kann und womit gestaltet werden kann. Design umgibt uns immer und überall, es ist die vom Menschen geprägte Umwelt. Genau das soll auf den

David Payr

gen von Berührungsängsten, fruchtbringend für Hersteller und Designer, selbst wenn am Ende der Zusammenarbeit kein „Produkt“ steht, aber das nachhaltige Gefühl, einander respektvoll angenähert und voneinander gelernt und geschöpft zu haben. So kooperierte etwa die gebürtige Polin und in Wien lebende Designerin Patrycja Domanska mit den Dirndl-Experten von Trachten Tostmann in der Innenstadt. Selbst sehr angetan von der „slow dress“- Mentalität in der Maßschneiderei beschloss die junge Designerin, ein serielles Moment in das Trachten-Atelier zu bringen. Mit der von ihr entwickelten und gebauten Stoffdruckmaschine konnte eine ganz neue Generation von Trachtenstoff generiert werden und auch die Besucher wurden miteinbezogen, indem sie mit den Stempeln ihre eigenen Muster kreierten. In der Nähe des Karmelitermarktes näherten sich die beiden polnischen Designerinnen Anna Łoskiewicz und Zofia Strumiłło-Sukiennik von bezaproject mit dem französischen Tapissier Philippe Telliez an, inspiriert von seinen Tapeten und Stoffen und einer Technik, die kaum noch jemand beherrscht. Sie kreierten eine moderne Schaukel, die

Als besonderes Thema aber stach der Begriff „Social Design“ hervor, der vor allem in der Programmreihe Carte Blanche zunehmend eine wesentliche Rolle spielt. So startete Michael Fetz gemeinsam mit dem Soziologen und Fotografen Florian Rainer ein Projekt mit der Caritas Wien zum Thema „Obdachloser Jugendlicher“, während das Team von stadtpark, ein in Wien lebendes Designkollektiv bestehend aus Anna Rosinke, Balazs Fenyes und Maciej Chmara, mit kleinen Nutzgärtchen im öffentlichen Raum mehr Bewusstsein für Pflanzen und Lebensmittel rund um den Volkertmarkt zu schaffen versuchte. In einer ehemaligen Bäckerei lud Vera Wiedemann die Gedanken der Besucher mit verschiedenen Naturprodukten, unter anderem auch Goldhirse, zu einem Ausflug zur Erzeugung von Brot ein, das auch Synonym für Massenproduktion in unserer Wegwerfgesellschaft geworden ist. Und im Café Sonja servierte schließlich das Londoner Designerteam PostlerFerguson Speisen und Getränke in alter Kaffeehaustradition in Anlehnung an das legendäre Café Drechlser. Das Interieur des Cafés, teilweise mit in Goldpapier gepackten Fliesen, wurde aus London in nur drei Reisekoffern nach Wien gebracht. All das, aber noch unendlich viel mehr konnte man in diesen zehn Tagen erleben und mitnehmen. Für Lilli Hollein und Tulga Beyerle heißt das „Geschafft!“, aber auch „Nach dem Festival ist vor dem Festival“. Bisher haben sie ja ein goldenes Händchen bewiesen. www.viennadesignweek.at

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international PARIS. Horrende Mietpreise machen den Bewohnern das Leben schwer – viele übersiedeln in die Vorstädte. Innovative Architekturprojekte sollen die Banlieues stärker an das begehrte Zentrum anbinden. I Irene Mayer-Kilani

schön aber teuer

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Arnouville oder Villiers-le-Bel, die vor ein paar Jahren wegen Jugendkrawallen für Schlagzeilen sorgten, werden durch die Stadtautobahn, den achtspurigen „Boulevard périphérique“, räumlich von der Stadt Paris getrennt.

Neue Stadtviertel entstehen Der renommierte Grazer Architekt Dietmar Feichtinger lebt und arbeitet seit 1989 in Paris. Er hat sein Büro im 20. Bezirk. Feichtinger schätzt das bunt gemischte, dichte Viertel als guten Kontrast zum feineren Westen. „Dieser Stadtteil bei Belleville hat schon immer viele Modedesigner, Architekten, Künstler und Kreative angezogen“, sagt Feichtinger, der derzeit unter anderem am Megaprojekt der Brücke zum Mont St. Michel arbeitet. Beispiele für geglückte Stadtentwicklung gäbe es in Paris genug, schwärmt der 49-Jährige: Rund um die französische Nationalbibliothek ist mit Paris Rive Gauche ein neues Stadtviertel an der Seine entstanden. Es erstreckt sich über den ehemaligen Gleisanlagen zum Bahnhof „Gare d‘Austerlitz“ bis zum Stadtring „périphérique“ (siehe Seite 21). Im Jahr 2000 wurde dort ein neuer Universitätscampus geschaffen, der zusätzlich zu den

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Wohnbauten und Büros den Pariser Osten belebt. Bei dem Viertel handelt es sich um eine der größten Baustellen Frankreichs. Auch über die Fußgängerbrücke Simone de Beauvoir, die vor fünf Jahren eröffnet wurde, gelangt man zum anderen Seine-Ufer. Feichtinger entwarf die Brücke, die die Nationalbibliothek mit den Gärten von Bercy verbindet. Für die 37. und vorerst letzte Brücke von Paris mit einer Spannweite von 190 Metern und einer Gesamtlänge von 304 Metern erhielt er zahlreiche Preise.

Verkehr zu ersticken. Bürgermeister Delanoë sucht nach Wegen aus dem Verkehrschaos. Dazu zählt der Ausbau einer Straßenbahnlinie, die Paris mit den Randgebieten verbindet. In punkto Fahrradfahren ließ man sich von Wien inspirieren: Vor vier Jahren wurde mit 10.000 Miet-Vélos – heute sind es doppelt so viele – eine erfolgreiche Fahrrad-Offensive gestartet (mehr dazu auf Seite 14).

01 Dramatisch gestiegene Wohnungspreise in den inneren Bezirken drängen viele Pariser in die Banlieues. 02 Paris Rive Gauche mit Nationalbibliothek und der Fußgängerbrücke Simone de Beauvoir. 03 Pariser Vororte, oft soziale Brennpunkte, sollen stärker an den Stadtkern angebunden werden.

Belebung am anderen Ufer In der Endphase befindet sich ein großes Projekt im Stadterneuerungsviertel „Zac Claude Bernard“ an der Stadtautobahn im 19. Bezirk: 93 Wohnungen, Werkstätten und Büros sollen eine Gegend beleben, wo bis vor kurzem nur der Pariser Pendlerverkehr toste. Für eine bessere Anbindung dieser Viertel wird gerade die Straßenbahnlinie auf dem Boulevard Marechaux verlängert. Ein weiteres Zukunftsprojekt soll bis 2012 in Batignolles, einem sympathischen Viertel im 17. Arrondissement mit vielen Lokalen und einer jungen, kreativen Atmosphäre, realisiert werden. Dabei sollen neue Wohnungen, je zur Hälfte frei finanziert und als Sozialwohnungen, entstehen. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren vor allem an ihren Randbezirken stark entwickelt, wie etwa im Vorort Montreuil, wo Konzerne wie Air France ihre Büros angesiedelt haben. Vor einem Jahr wurden die Fundamente für den von Feichtinger geplanten Supermarkt und das Kino des neuen Stadtzentrums Coeur de Ville gelegt. Wie viele andere Großstädte – im Zentrum leben 2,2 Millionen Menschen, die Großregion mit den Vororten zählt 12 Millionen Einwohner droht auch Paris zunehmend im

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Feichtinger

+ + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + city PEOPLE + + + Dietmar Feichtinger, Grazer Architekt in Paris: „Paris ist eine Stadt, die stark nach außen, zur Straße lebt. Cafés reichen bis an den Straßenrand. Man spürt sehr viel Leben im öffentlichen Raum. Alles wirkt offen und transparent. In Wien ist vieles versteckter. Das Tempo in Paris ist viel rasanter, Bewegungen in Wien erscheinen dagegen wie in Zeitlupe. An den Wochenenden findet in Paris, im Gegensatz zu Wien, keine Stadtflucht statt. Das hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass man sich in Paris erst durch kilometerlange Staus ins Grüne kämpfen muss. Die spannenden Zeiten für die Architektur scheinen in Paris momentan vorbei zu sein, was an der sehr angespannten, ökonomischen Situation liegt. Die Auftragslage ist um vieles ruhiger als noch vor zehn Jahren. Damals genoss Architektur einen großen Stellenwert jeder Politiker, der was auf sich hielt,

ließ sich mit einem Großprojekt verewigen. In Wien scheint einiges (Stichwort Bahnhöfe) weiter zu gehen, auch wenn man mutiger sein könnte und es nicht immer allen recht machen sollte. Es gibt viele gute Büros mit Vielfalt, doch wenige sehr herausragende Projekte. Bei Nachhaltigkeit, Energiesparen und Ökologie hat Österreich Frankreich viel voraus. Daran orientieren sich die Franzosen auch. Viele Leute sind nur auf begrenzte Zeit in Paris, was auch an den extrem hohen Mieten liegt. Paris ist eine Metropole, die von Menschen aller Kontinente bewohnt wird. Unterschiedliche Kulturkreise sind im Vergleich dazu in Wien viel weniger präsent.“

Foto: Feichtinger

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ie Wohnungsnot in Paris ist chronisch“, klagt Jean-Michel Guyot, der seit vielen Jahren in der französischen Hauptstadt lebt. Vor einigen Jahren ist er mit Frau und zwei Kindern in den Nordosten der pulsierenden Metropole, ins 20. Arrondissement, übersiedelt. In diesem aufstrebenden, multikulturellen Pariser Stadtteil Belleville muss man für eine Zwei-ZimmerWohnung mindestens 2000 Euro zahlen – und hat damit Glück, überhaut ein eigenes Heim gefunden zu haben. Wer eine Wohnung kaufen möchte: Selbst in „einfacheren“ Pariser Bezirken hat der Quadratmeterpreis inzwischen die 10.000 Euro-Grenze überschritten. Gerade in den letzten zehn Jahren sind die Wohnungspreise dramatisch angestiegen. „Ich kenne ein paar junge Leute, die in Paris zwar eine Arbeit gefunden haben, sich davon aber keine Miete leisten können und nun bei Freunden und in ihrem Auto übernachten“, erzählt Jean-Michel. Auffallend ist, im Vergleich zu Wien, der Mangel an sozialem Wohnbau in Paris – eine Folge der jahrzehntelangen bürgerlich-konservativen Stadtverwaltung. Im März 2001 hat der sozialistische Bürgermeister Bertrand Delanoë, der mit den Grünen regiert, das Ruder übernommen. Mit zahlreichen Projekten hat er es geschafft, den sozialen Wohnbau anzukurbeln, den öffentlichen Verkehr auszubauen und die Stadt sozial gerechter und umweltfreundlicher zu gestalten. Unter seiner Ägide sollen die Vorstädte stärker an den Stadtkern angebunden werden. Diese „Banlieues“, darunter auch berüchtigte Einwandererviertel wie Saint Denis,

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la capitale, c‘est moi NACH EINER PHASE der Stagnation wird in Frankreichs Hauptstadt wieder kräftig gebaut. Wie es sich für die Grande Nation gehört, bedient man sich dabei internationaler Stars der Architekturszene. Auch vor höhenmäßigen und stilistischen Grenzen scheut man nicht zurück. I iris meder

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01 Umbau des Kaufhauses Samaritaine nach Plänen des japanischen Architekturbüros Sanaa 02 Das Mehrzweckzentrum Les Halles wird unter der Leitung der Architekten Patrick Berger und Jacques Anziutti revitalisiert. 03 Seit Mai ist der 162 m hohe „Tour Carpe Diem“ des Architekten Robert A.M. Stern in Bau. 04 + 05 + 06 Im September wurde der nach den Plänen von Kohn Pedersen Fox umgebaute „Tour First“ eröffnet.

n Paris war man ja noch nie Große Architekten fürs Kleckern. Der GeneralAn der „Porte de Versailles“ im 15. plan von Georges-Eugène Arrondissement planen derzeit die Baron Haussmann krempelte Basler Architekten Herzog & de die Stadt im 19. Jahrhundert mit Meuron das 180 m hohe „Triseinen regelmäßigen Boulevards angle“ in – richtig: Dreiecksform. und Wohnquartieren gewaltig um. Bis 2012 wird auch der ebenfalls Le Corbusiers „Plan Voisin“, der im 15. Arrondisement gelegene 1925 einen Abriss eines großen Park André-Citroën großzügig erTeils des historischen Zentrums weitert, während im angrenzenvorsah, wollte man dann doch den 14. auf einem alten Industrienicht realisieren – aber die „Grands gelände das neue Quartier Projets“ der Ära Mitterrand haben Broussais entsteht. Überhaupt stedie Stadt wieder nachhaltig gehen die „Rive gauche“, das linke prägt, vor allem im östlich des Seineufer, und die Stadtteile südZentrums an der Seine lich des gelegenen Stadtteil Flusses im > Nach einer Phase der Bercy und dem westbesonderen Stagnation wird in lich des Arc de TriomFokus der Frankreichs Hauptstadt Stadtentphe seit den 1960er Jahren angelegten Bü- wieder kräftig gebaut. < wicklung. roquartier La Défense. Die Île Seguin im Südwesten der Stadt wird vom Architekten Jean Nouvel, der Höher als der Eiffelturm derzeit auch die neue PhilharmoNach einer Phase der Stagnation nie de Paris baut, bis 2015 als Muwird heute in La Défense wieder sik- und Kulturzentrum neu gekräftig gebaut. Am 15. September staltet. Neben dem Plan „Berges de wurde der „Tour First“ eröffnet, Seine“, der mit Sportstätten, öfein Totalumbau eines Bürohauses fentlichen Freiräumen und von 1974, das, einst 159 m hoch, schwimmenden Gärten eine Aufmit nunmehr 231 m den Tour wertung der Seineufer erreichen Montparnasse als höchstes Gewill, steht „ZAC Paris Rive gauche“ bäude des Landes ablöst. Die Plafür die Neudefinition eines weitnungen des Umbaus stammen von räumigen Gebietes im 13. Arronden amerikanischen Hochdissement. Dabei setzt man in guhausprofis Kohn Pedersen Fox mit ter Pariser Tradition auf große Saubot et Rouit Associés/Coteba. Architektennamen. Ein Teil von Seit Mai ist der 162 m hohe „Tour ZAC ist das von Christian de PortzCarpe Diem“ in Bau, ein geknickter Quader mit erdgeschoßigem Wintergarten, konzipiert vom New Yorker Büro des Architekten Robert A.M. Stern. Auch den noch in Planung befindlichen „Phare“ (Leuchtturm) hat mit Thom Mayne/Morphosis ein amerikanisches Büro entworfen. Mit 349 m wäre das ökologisch korrekte „green building“ das höchte Gebäude der EU und würde – mon dieu! – sogar den 324 m hohen Eiffeltum überragen.

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im Café Publik des Festspielhauses St.Pölten auftreten. Obwohl die gebürtige Pariserin die Arbeit erfüllt, gibt es aber auch einen kleinen Wermutstropfen. Anders als in Frankreich beginnt das öffentliche Leben früh. Schon um acht Uhr morgens in der Arbeit zu sein, ist für sie nach wie vor ein Kulturschock. Und um 18 statt 21 Uhr Abend zu essen, ist für sie ebenso gewöhnungsbedürftig. Dafür weiß die Künstlerische Leiterin des St.Pöltner Barockfestivals jetzt schon, wer vom 9.Juni bis 23. Juni 2012 spielen wird. Auch ein Vorteil der frühen Planung.

Foto: Wolfgang Kronawetter

Caroline Berchotteau, Konzertveranstalterin in St.Pölten: Die Ankunft am Wiener Westbahnhof war einschneidend für die Pariserin: „Ich trat vor die Bahnhofshalle, es waren kaum Menschen unterwegs, die Straßen waren leer, ein sachter Sommerhauch strich mir durchs Haar. Ich wähnte mich am Land.“ Doch eigentlich hatte Caroline Berchotteau damals ihr Reiseziel verfehlt. In St.Pölten sollte sie aussteigendoch sie fuhr gleich weiter nach Wien. Dass sie heute zehn Jahre später sehr oft zwischen Wien und St.Pölten pendelt, hat mit ihrer Arbeit zu tun: sie organisiert, konzeptioniert und veranstaltet für die Stadt St.Pölten Konzerte. Für den nächsten Auftritt hat sie die Jazzmusiker Wolfgang Puschnig und Karen Asatrian aus Armenien gewinnen können, die am 11. November um 21.30

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Hufton + Crow

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Sanaa studio Cyrille Thomas

amparc geplante neue Quartier Tolbiac rund um die Bibliothèque Nationale, das auf offene Blöcke als Antithese zur geschlossenen Bebauung des Haussmann‘schen Paris setzt.

Weißes Glas neben dem Louvre Im Stadtzentrum ist derzeit die Revitalisierung des Mehrzweck-

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zentrums Les Halles, das in den 1970er Jahren die alten Pariser Markthallen ersetzte, im Gange. Koordiniert von David Mangin, wird unter der Leitung der Architekten Patrick Berger und Jacques Anziutti über den neu gestalteten Geschäftsetagen u. a. ein Park angelegt. Während dem zuletzt

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recht heruntergekommenen „Forum des Halles“ wohl wenige nachtrauern, ist das aktuelle 450-Millionen-Projekt des japanischen Architekturbüros Sanaa kontroverser: Nahe dem Louvre soll der Art-Déco-Bau des Kaufhauses Samaritaine, der 2005 wegen statischer Mängel geschlossen werden musste, nach einem Umbau neben Verkaufsflächen auch 100 Sozialwohnungen, Büros, ein Hotel und eine Kinderkrippe beinhalten. Umstritten ist dabei die geplante weiße Glasummantelung, die sich von der historischen Bebauung der Rue de Rivoli selbstbewusst absetzt. Langweilig wird es in Paris jedenfalls nicht.

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im schatten von la défénse DIE ZWEI MILLIONEN Einwohner Metropole Paris lebt von ihren historischen und aktuellen Gegensätzen, die sich auch anhand ihres sozialen Wohnbaus ablesen lassen. I ilse huber

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ährend die Stadt prägende Viertel wie La Défénse internationale Aufmerksamkeit bekommen und einzelne Gebäude wie das Institut du Monde Arabe, das Palais Omnisports oder die Bibliothèque Nationale de France nach wie vor architektonische Anziehungspunkte sind, befindet sich der soziale Wohnbau im Schlagschatten der baulichen Prominenz. Das mag daran liegen, dass nicht Objekte, also Wohnanlagen, gefördert werden, sondern die Mieter eine finanzielle Unterstützung erhalten. Folglich ist sozialer Wohnbau kein politisches Programm, sondern beschränkt sich auf Einzelmaßnahmen.

Wohnen über dem Bahnhof

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Eine der größten Baustellen Frankreichs befindet sich im südöstlichen Teil der Stadt. Das Projekt Rive Gauche liegt im 13. Arrondissement, zwischen – besser:

über – den Geleisen des Gare d’Austerlitz und dem Ufer der Seine. Auf 130 Hektar Stadtgebiet, wovon 26 Hektar Schienenflächen sind, entstehen Büros, kulturelle und öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Universitätsgebäude sowie soziale Wohnbauten. Von den 4000 dort geplanten Wohnungen soll die Hälfte für bedürftige Familien reserviert sein, 60 Prozent der angebotenen Studentenwohnungen (knapp 600 Einheiten) sind für Einkommensschwache konzipiert. Das verbessert wohl die Bilanz des leistbaren Wohnungsangebots in Paris, ist jedoch noch weit von jener Quote entfernt, die das Gesetz vorsieht. Man will 20 Prozent der Wohnungen als Sozialwohnungen anbieten, derzeit sind es gerade mal 14 Prozent. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2008 eine Errichtungsgesellschaft gegründet (SEMAPA), die sich aus öffentlichen und privaten Investoren zusammensetzt, Präsident ist der Bezirksbürgermeister. Bis zum Jahr 2013 sollen

die Wohnungen bezugsfertig sein, derzeit steht in Tolbiac-Chevaleret das erste Gebäude.

01 Über den Gleisen des Gare d´Austerlitz entsteht Rive Gauche mit Büros, Bildungseinrichtungen und sozialem Wohnbau. 02 Sich selbst überlassene Wohnhäuser prägen nach wie vor das Bild der Pariser Vororte.

Sich selbst überlassene Wohnhäuser Vor sechs Jahren war der Vorort Aulnay-sous-Bois, 14 Kilometer nordöstlich des Zentrums, Schauplatz zahlreicher Unruhen, die lokale Arbeitslosigkeit ist dreimal höher als generell in Frankreich und die Lebensbedingungen sind verbesserungswürdig. Knapp nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen wurde mit dem Programme de Renovation (PRU) Aulnay-sous-Bois begonnen. Sich selbst überlassene Wohnhäuser, die schlecht ausgestattet, aber trotzdem überbelegt waren, wurden teilweise abgerissen, teilweise renoviert. Ob es gelingt, in Zukunft mehr Solidarität zu leben, wie es sich auf der offiziellen Homepage der Gemeinde nachlesen lässt, wird die Zukunft zeigen. Das Programm läuft schon dieses Jahr aus.

der große traum des kleinen präsidenten Foto: Atelier Castro

PARIS IST SEIT JEHER urbanistisches Experimentierfeld, Repräsentationszone und Abbild französischer Politiker-Visionen. Der gegenwärtige Präsident Nicolas Sarkozy will es seinen Vorgängern gleichtun und mit dem Projekt Grand Paris ein Zeichen setzen. I ilse huber

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er französische Staatschef wünscht sich ein Groß-Paris, das in vielerlei Hinsicht Grenzen überschreitet. Der rund 200 Kilometer entfernte Atlantikort Le Havre wird zum Hafen von Paris aufgewertet. Und zehn Umlandregionen sind Teil eines räumlichen Entwicklungsvertrages (CDT - Contrat de Développement Territorial), der am 3.Juni 2010 gesetzlich verankert wurde. Bis zum Jahr 2030 sollen Gelder in den Ausbau von Forschungs-, Ausbildungs- und Innovationszentren fließen.

„Grand Paris Express“ Verbunden werden die Regionen durch eine vollautomatische UBahn. Vor kurzem wurden konkrete Schritte gesetzt, den „Grand Paris Express“ tatsächlich einzurichten. Sein erstes Teilstück soll den Pariser Osten mit dem Norden verbinden. Vier Milliarden Euro wurden dafür schon zugesichert, insgesamt rechnen die Ver-

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antwortlichen mit 23 Milliarden für das gesamte Bahnlinien-Verkehrskonzept. Herzstück ist die rund 155 Kilometer lange vollautomatische UBahnlinie, die den Flughafen Orly im Süden über Descartes-Noisy im Osten mit dem Flughafen Charles de Gaulle in Roissy verbindet und weiter bis zu La Défense und Versailles im Westen reicht. Noch sind die Trassen nicht festgelegt, eine Volksbefragung soll dazu im nächsten Jahr stattfinden, wobei es auch noch eine regionale Alternative gibt: den Arc Express. Dessen Befürworter argumentieren mit dichten Intervallen, auch in der Nacht, und mit kurzen Reisezeiten. Im Zuge dessen sollen regionale Zentren rund um die vierzig neu zu errichtenden Bahnhöfe entstehen. Der Investitionsumfang entspricht etwa dem, den der französische Staat in der Vergangenheit für die Luftfahrt, die Breitbandtechnologie oder die Hochgeschwindigkeitszüge aufgebracht hat.

Visionen von Nouvel bis Rogers Schon vor mehr als zehn Jahren erlebte Paris unter François Mitterand einen Bauboom, der mit dem „Grand Arche de la Fraternité“, besser bekannt als La Défense, mit der Glaspyramide im Louvre und der Nationalbibliothek Wahrzeichen generierte. Unter Sarkozys Regentschaft wurden zehn Architekten und Urbanisten eingeladen, ihre Vorstellungen vom Paris der Zukunft zu definieren. Von Jean Nouvel bis zu Antoine Grumbach zieht sich ein grüner Faden durch die Vorschläge: Die Stadt soll pflanzenund klimafreundlicher sowie nachhaltiger werden. Das manifestiert sich in Ideen, die Solarpaneele auf die Dächer platzieren (der niederländische Architekt Winy Maas), Dachflächen zu Grüninseln machen (der britische Architekt Richard Rogers) oder die Metropole überhaupt als Riesenblume assoziieren (der Franzose Roland Castro). 2009 fand

der Wettbewerb statt, seine Ergebnisse kursieren in ganz Europa, allerdings pausiert der Prozess nun in seiner weiteren Umsetzung. Ein Faktum, mit dem der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë gar nicht glücklich ist, betrifft dies doch auch die Wohnsituation. In einem Communiqué vom 10.Oktober 2011 kritisiert der Sozialist, dass für den Vertrag der Regionen (CDT) viel Zeit und Geld investiert wird, während für die Errichtung von Sozialwohnungen die Kredite gekürzt werden.

Große Visionen: Präsident Sarkozy wünscht sich ein Groß-Paris, das alle Grenzen überschreitet.

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von franzosen für franzosen STOLZ WAREN SIE ja schon immer, die Franzosen. Das können sie auch auf ihren Design-Nachwuchs sein. Dank gezielter Förderung bekommen die Jungen ihre Chance. Und da sieht der einst so provokante Starck´sche Gartenzwerg-Hocker schon ein bisschen blasser aus. I barbara jahn

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hilippe Starck ist schon etwas in die Jahre gekommen und hat den Ruf des enfant térrible unter den französischen Designern verloren. Trotzdem: Der Lack ist nicht ab, sondern glänzt mit einer gewissen charmanten Patina eines Designers, der sich seit geschätzten drei bis vier Jahrzehnten bereits als Marke höchst erfolgreich durchschlägt. Doch die französische Palette hat noch mehr zu bieten und kann der italienischen fast das Wasser reichen. Pascal Morgue, Matali Crasset, Inga Sempé, Christophe Pillet oder der verstorbene Pierre Paulin schreiben und schrieben wichtige Kapitel der französischen Designgeschichte, ebenso wie François Azambourg, Patrick Jouin oder die Brüder Ronan und Erwan Bouroullec. Sie alle und noch einige andere machen die Grande Nation auch zur Grande Dame des Designs.

Fingerspitzengefühl bringen die Franzosen mehr als genug mit, und sie zeigen, dass sie auch abseits der Haute-Couture-Laufstege gestalterische Energie versprühen können. Damit diese nun alle nicht unentdeckt bleibt, versucht VIA ein Sprungbrett zu sein. Einer der renommiertesten Hersteller Frankreichs, Ligne Roset, ist ein gutes Beispiel für gelungene Kooperationen zwischen jungen Talenten und einem Produzenten.

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Ligne Roset

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Dunlopillo

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Ligne Roset

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Ligne Roset

Starke Nachfrage Damit das auch so bleibt, wird für Nachschub gesorgt. Bereits 1979 rief CODIFA – das French Furniture Industries Development Committee – die Non-Profit-Organisation VIA (Valorization of Innovation in Furnishing) ins Leben. VIA konzentriert sich darauf, zeitgenössische Kreationen für sämtliche Einrichtungsbereiche zu bewerten und zu fördern. Während die Organisation den Nachwuchstalenten einerseits bei der Produktion von Prototypen, aber auch bei der Entwicklung von Geschäftsstrategien hilft, stellt sie andererseits ein kolossales Netzwerk dar, das Produzenten, Handwerker, Händler, Presse und die Designer erfolgreich miteinander in Kontakt bringt. Mit den Jahren hat sich VIA immer mehr vergrövia 2011 / ßert. 1995 zog die Marie Flores Institution in die Viaduc des Arts in der Avenue Daumesnil. Mit dem architektonischen Upgrade von Jean Michel Wilmotte und dem neuen Layout der Struktur aus dem 19. Jahrhundert wurde die Identität der Organisation einmal mehr unterstrichen.

01 Objet-Trou-Noir von Gaëlle Gabillet & Stéphane Villard.

02 Gaëlle Gabillet & Stéphane Villard. 03 Inséparable von Philippe Nigro. 04 Motion von Ora-Ïto. 05 Ruché von Inga Sempé. 06 T.U. von Philippe Nigro. 07 Pierre Brichet. 08 Rotor von Renaud Thiry. 09 Renaud Thiry. 10 Corbeilles von Pierre Brichet.

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Feinsinn und Fingerspitzengefühl Im Volksmund behauptet man ja, Franzosen und Italiener wären wie Cousins. Selbst wenn man darüber schmunzelt, so hat diese Vorstellung zumindest als Hintergedanke seine Berechtigung. Denn Feinsinn und das nötige

Dieses Jahr hat das Designerduo Gaëlle Gabillet et Stéphane Villard die Nase vorne. Sie haben als Reaktion auf die zunehmende Verbreitung von Gegenständen und ihrer unvermeidlichen Folgen für die Umwelt drei Studien etabliert, mit denen sie nicht nur ihren innovativen Gestaltungsgeist be07

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09 via 2011 / Marie Flores 10

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via 2011 / www.ggsv.fr

Frische Talente

So zählen etwa der Stuhl La Pliée von Marie-Aurore Stiker-Metral und der Tisch T.U. wie auch der Hocker mit Tischchen Inséparable von Philippe Nigro heute zu fixen Bestandteilen der Kollektion. Gar nicht französisch klingt der Name von Ito Morabito alias via 2011 / Ora-Ïto aus MarBaptiste Heller seille, der mit seiner frechen Art den regierenden Kö-

nig der Persiflage Philippe Starck so gut wie entthronte. Sein Rezept ist kein neues, wenn auch ein gutes: Selbst die Marke zu sein. Sie alle gehören längst zur Oberliga der Designszene – aber zur internationalen.

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rial“, bei der Cofalit zum Zug kommt, das bei der Umwandlung von Asbestabfällen zu Glas entsteht. Das zweite konzentriert sich auf Gegenstände, deren Einzelteile sich zu anderen Nutzobjekten wieder zusammenfügen lassen, während das dritte Objekt einen Service direkt am Tisch kreiert, bei dem sich verschiedene Teile zu unterschiedlichen Elektrohaushaltsgeräten zusammenfügen lassen. Schließlich soll mit allen dreien demonstriert werden, dass durch eine Entspezialisierung von Gegenständen eine größere Vielfalt von Anwendungen erreicht werden könnte.

weisen, sondern auch immens nachdenklich stimmen. Form angenommen haben diese Studien als Objekte, die als „Schwarzes Loch“ fungieren, in denen die entstandenen Abfälle verschwinden. Das erste nennt sich „Neuestes Mate-

Die Post-Starck-Generation Zu den Ausgewählten im Jahr 2011 zählen aber auch die Korbvarianten „Corbeilles“ von Pierre Brichet aus Birkensperrholz in Kombination mit Polypropylen, bei deren Entwicklung sich der Designer stark von der Luftfahrt inspirieren ließ. Das Konstruktionsprinzip beruht auf dem Einsatz von in die Dreidimensionalität versetzten lasergeschnittenen Sperrholzstreifen, wodurch das eigentliche Volumen erst entsteht. Der Einfachheit verschrieben hat sich indessen Renaud Thiry mit seinem Beistelltisch „Rotor“, der sich ganz dem Thema Aufräumen widmet. Mit seiner runden Form bleibt er von allen Seiten gut zugänglich, aber auch durch den ausgesparten Teil des oberen Elements. Auf Kugellagern gleitend kann sich der so genannte Deckel gegen den unteren Part verdrehen. Man sieht: Die Post-Starck-Generation tickt komplett anders. Abseits der dekadenten und fast schon sinnlosen Gestaltungsentgleisungen der 80er und 90er Jahre finden sie einen völlig neuen Sinn in dem, was sie machen. Vielleicht ihre beste Möglichkeit eines Versuchs, die Welt noch zu retten und vor weiteren Sinnlosigkeiten zu bewahren. www.via.fr

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umbruch in der banlieue WONDERLAND, eine Plattform für junge europäische Architekten, veranstaltete im Pariser Vorort Saint-Denis einen internationalen Workshop zum Thema „Soziale Kohärenz“. Die junge europäische Architektengeneration zeigte dabei über welch kreatives Potenzial sie verfügt. I hannes schreckensberger

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er nördlich von Paris gelegene Stadtteil Saint-Denis durchlebt zurzeit einen städtebaulichen Transformationsprozess. Der im Jahr 1846 eröffnete RER-Bahnhof (RER steht für Réseau Express Régional, das französische Vororte-Schnellbahnsystem) wird zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte ausgebaut mit zahlreichen neuen Wohn- und Bürogebäuden des nordöstlichen Vorstadtrings, der Banlieue von Paris. Dieses Viertel stellt ein ideales Labor dar, um innovative Ideen für ein besseres Zusammenleben in diesen mit sozialen Problemen kämpfenden Vororten zu entwickeln. Aus diesem Grund lud „wonderland“, ein in Wien beheimatetes Netzwerk junger europäischer Architekten, Teams aus Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden ein gemeinsam Konzepte zu entwickeln, um mit innovativen Ideen der angespannten sozialen Situation in der Pariser Banlieue entgegenzuwirken. Während eines viertägigen Workshops vor Ort in Saint-Denis fand ein reger Austausch mit Bewohnern, lokalen Initiativen und Architekten statt, erzählt Hannes

Alexis Lautier/wonderland

Schreckensberger, Initiator des Workshops und Mitglied des jungen Wiener Architekturbüros zirup.

Effizientere Transportverbindungen Ausgehend vom Gare Saint-Denis, der täglich von 60.000 Personen frequentiert wird, stellt das französische Team „Range ta Chambre“ („Räum dein Zimmer auf“) die Situation des öffentlichen Transportsystems der gesamten Pariser Banlieue in Frage. Das Problem: Das aktuelle öffentliche Transportsystem der Metropole Paris ist zentralisiert angelegt. Das bedeutet, dass man, um von einem Vorort zum nächsten zu gelangen, durch das Stadtzentrum von Paris muss – ein Verlust von Zeit und Geld. „Um in Zukunft eine effizientere Transportverbindung in der Banlieue zu schaffen, muss man auf andere und vielfältigere Transportmittel zurückgreifen“, meint Teammitglied Pierre Talagrand. Der Bogen seiner Ideen spannt sich von privaten Fahrradrikschas über Seilbahnlinien bis zu Tretbootverbindungen über den Kanal Saint-Denis. Auch vergessene Ideen für Transportsysteme, wie der „Rollende Geh-

steig“, der anlässlich der Pariser Weltausstellung von 1900 vorgestellt worden war, wurden angedacht. „Die Art. wie wir uns in der Stadt bewegen, ist sozial und kulturell vorgeben und nicht natürlich“, meint der französische Architekt Alexis Lautier. Diese Art müsse grundlegend geändert werden, so Lautier. Das Konzept von Range ta chambre eines lokalen öffentlichen Verkehrssystems bietet mehr an als eine limitierte Anzahl von Bahnhöfen, Bushaltestellen oder Straßenbahnstationen. Dies würde zugleich den Wert und die Bedeutung des herkömmlichen öffentlichen Transportnetzes mit seinen RER-Bahnhöfen stärken. Wie diese neue urbane Vorstellung des Teams aussieht, illustriert die Fotomontage: Die Transportsysteme sind multimodal, sie variieren in Erscheinung 01 und Nutzungsart. Der öffentliche Transport wird so zur Quelle sozialen Austausches und führt zu sozialer Durchmischung in der Pariser Banlieue.

Stärkung der lokalen Gemeinschaften „Neben der Erneuerung des öffentlichen Verkehrswesens in den Banlieues müssen auch die lokalen Gemeinschaften gestärkt werden“, ist Ellen Holleman vom niederländischen Team „Islant“ überzeugt. Mit ihrem vorgeschlagenen Projekt „Fair(e) City“, einer „Time Bank“, können Bewohner ihren Fähigkeiten entsprechende Dienstleistungen anbieten und

damit einen lokalen Marktplatz für lokale Produkte schaffen, der Wohlstand und gegenseitige Akzeptanz erhöhen könnte. „Superwondergroup“ aus Stuttgart baut auf das Potenzial der zahlreichen ethnischen Gruppen. Aus Ernährungsstudien in Deutschland schließt das Team, dass gesunde Ernährung das Gemeinschaftsgefühl und die Lebensfreude erhöhen könne. Teammitglied Leonhard Großwendt meint, dass durch die Schaffung von temporären Gemeinschaftsküchen die Dialogbereitschaft im Stadtviertel steigen könne. Diese Küchen könnten von einem Viertel zum anderen

Range ta chambre

transportiert werden. Auch müsste Platz für Gemeinschaftsräume in den neu errichten Wohn- und Bürogebäuden verpflichtend eingeplant werden, um den Bewohnern die Möglichkeit zur Zusammenarbeit zu geben. Die Verbesserung des schlechten Rufs der Pariser Banlieues war das Ziel des österreichischen Architekturkollektivs „IKA“. Mit einer „Tour de Banlieue“ auf dem Fahrrad sollen Teilnehmer über mehrere Tage hinweg an unerforschten Teilen der Peripherie Halt machen und so eine Brückenfunktion zwischen den Vororten und dem Rest der Welt übernehmen.

Zahlen I Daten I Fakten www.wonderland.cx office@wonderland.cx

01 Bonjour Tristesse: Wohnsiedlung La Noue in Saint- Denis, Vorort im Norden von Paris. 02 Multimodales Verkehrssystem Lokal Sozial Global von Range ta chambre

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Bis 25. 11. 2011

Bis 26. 2. 2012

Ausstellung Wien Energie Haus Von der Feuerstelle über die Rauchküche bis zu Lifestyle: Die Schau „Kuchlg’schichten – einst und heute.“ ist eine Zeitreise durch die Küchenwelten. Wien Energie Haus, Mariahilfer Straße 63, 1060 Wien www.wienenergie.at

Ausstellung MAK Die Schau „Künstler im Fokus #11. Walter Pichler. Skulpturen, Modelle, Zeichnungen“ bietet eine der seltenen Gelegenheiten zur Auseinandersetzung mit den wesentlichen Werkgruppen des Künstlers. MAK, Stubenring 5, 1010 Wien www.mak.at

E ng llu Wiener Planungswerkstatt ste 22.9.2011–14.12.2011 Mo–Fr 9–16 , Do 9–19 Aus

Friedrich-Schmidt-Platz 9, 1010 Wien Uhr

Herausgeber: MA 18 - Stadtentwicklung und Stadtplanung Idee, konzept, Realisation: BieterGemeinschaft Ehmayer|Krasny|Piribauer Druck: print-sport gmbh www.stadtentwicklung.wien.at

Bis 4. 3. 2012 Ausstellung Unteres Belvedere Die Ausstellung „Gustav Klimt / Josef Hoffmann. Pioniere der Moderne“ widmet sich der Zusammenarbeit der beiden Künstler. Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien www.belvedere.at

Bis 4. 3. 2012

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it seinen städtebaulichen Visionen sprengt Michael Wallraff tradierte Szenarien der horizontalen Stadtentwicklung. Der Wiener Architekt beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Nutzung vertikaler Räume im Stadtgefüge und schafft mit prototypischen öffentlichen Freiflächen in dicht besiedelten urbanen Strukturen neue Dimensionen sozialer Interaktion. Ein Streifzug durch Wallraffs experimentelle Projekte und Ideen ist in der MAK-Ausstellung „looking up. vertical public space“ zu sehen. Ein Großteil der gezeigten Arbeiten entstand im Rahmen des Projekts „Der vertikale öffentliche Raum“, mit dem der Architekt 2008 eine Förderung der Kreativagentur der Stadt Wien „departure“ gewann. www.mak.at

Bis 8. 1. 2012

Ausstellung Bank Austria Kunstforum Die Ausstellung „Botero“ zeigt 70 Gemälde des kolumbianischen Malers und Bildhauers Fernando Botero. Bank Austria Kunstforum, Freyung 8, 1010 Wien www.fernando-botero.at Bis 29. 1. 2012

Bis 30. 1. 2012 Ausstellung Leopold Museum Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seiner Eröffnung widmet das Leopold Museum dem Werk von Egon Schiele die Schau „Melancholie und Provokation“. Leopold Museum, Museumsplatz 1, 1070 Wien www.leopoldmuseum.org Bis 12. 2. 2012 Ausstellung Kunsthalle Wien Mit der Ausstellung „Vanity“ widmet sich die Kunsthalle Wien mit ca. 200 Werken aus der Sammlung F.C. Gundlach dem Thema Fotografie und Mode. Kunsthalle Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien www.kunsthallewien.at Bis 26. 2. 2012 Ausstellung Albertina In der Ausstellung „René Magritte. Das Lustprinzip“ sind mehr als 150 Gemälde und Papierarbeiten des Künstlers zu sehen. Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien www.albertina.at

12. 11. bis 24. 12. 2011 er Adventzauber Wiene Zwischen Rathaus und Burgtheater Romantische Ruhe im Rathauspark, lebhafter Christkindlmarkt-Charme, ein buntes Bastelprogramm für Kinder und kulturelle Highlights – der Wiener Christkindlmarkt bietet für jeden Geschmack das Passende. Rathaus und Rathausplatz, 1010 Wien www.christkindlmarkt.at

Bis 13. 2. 2012

Bis 22. 1. 2012

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ie hat man sich bei Hofe gewaschen? Wie sahen die ersten Bidets aus? Seit wann gibt es Badewannen? Diesen und anderen Fragen wird in der Ausstellung „Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum Badezimmer“ im Hofmobiliendepot anhand von rund 90 künstlerisch ausgeführten Möbelstücken sowie zahlreichen Hygieneporzellanen, Toilettegarnituren und Badewannen auf den Grund gegangen. Zahlreiche Einrichtungsgegenstände zum Waschen und Baden sind aus dem kaiserlichen Haushalt bis heute erhalten geblieben. Der Schwerpunkt der Schau liegt in der Entwicklung der Hygienemöbel vom späten 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert und beschreibt den schrittweisen Wandel vom mobilen Stück zum fix installierten Badezimmer. Zu den Highlights zählen das Ankleidezimmer der Erzherzogin Maria Anna von Österreich von 1831 und ein Jugendstil-Schlafzimmer mit Waschtisch von 1899. www.hofmobiliendepot.at

14. bis 20. 11. 2011 Kunstfestival In ganz Wien Die Vienna Art Week 2011 steht unter dem Motto „Reflecting Reality“ und lenkt den Fokus auf Wiens Weltruf als Stadt der Psychoanalyse. www.viennaartweek.at 16. 11. 2011 bis 26. 2. 2012 Ausstellung KUNST HAUS WIEN Die Schau „Henri Cartier-Bresson. Indien – Amerika – Russland“ zeigt den Mitbegründer der Fotoagentur Magnum von einer weniger bekannten Seite. KUNST HAUS WIEN, Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien www.kunsthauswien.com 2. und 3. 12. 2011 Show Wiener Stadthalle „Musical Rocks – The Rock Musical Multimedia Sensation“ bringt über 20 der besten Songs aus Rocky Horror, Phantom, Jesus Christ, We Will Rock You, Mamma Mia u. v. m. Wiener Stadthalle, Vogelweidplatz 14, 1150 Wien www.stadthalle.com

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lenn Murcutt, Pritzker Preisträger (2002) und Australiens international anerkanntester Architekt, verwirklicht beharrlich ein mittlerweile umfassendes Werk hoher Komplexität. Während der letzten 40 Jahre sind mehr als 500 Bauten entstanden, alle in Australien, fast ausschließlich Wohnhäuser und bis auf wenige Ausnahmen von ihm alleine entworfen, geplant und unter seiner Aufsicht umgesetzt. Die Ausstellung „Glenn Murcutt. Architecture For Place“ im Architekturzentrum Wien präsentiert eine Auswahl dieser Projekte und nähert sich der Arbeitsweise Murcutts vor allem über seine Zeichnungen. Der Architekt beschreibt diese Arbeitsweise als „Denken in Zeichnungen“. Zeichnen stellt für ihn ein essentielles Instrumentarium der Entdeckung dar: Die Hand, die die Zeichnung fertigt, kommt zu Lösungen, lange bevor der Verstand diese verarbeitet. www.azw.at

Foto: WAGNER:WERK Museum

Ausstellung Generali Foundation Die Schau „Animismus. Moderne hinter den Spiegeln“ untersucht unterschiedliche Konzepte des Animismus. Generali Foundation, Wiedner Hauptstr. 15, 1040 Wien http://foundation.generali.at

Ausstellung Jüdisches Museum Wien „BIGGER THAN LIFE. 100 Jahre Hollywood. Eine jüdische Erfahrung“ führt hinter die Kulissen und Klischees der Traumfabrik. Jüdisches Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien www.jmw.at

Foto: Anthony Browell

Bis 15. 1. 2012

Bis 15. 4. 2012

Bis 26. 11. 2011 Foto: Pixelstorm®Vienna

Ausstellung Kunsthistorisches Museum Winter-Darstellungen in der europäischen Kunst von Bruegel bis Beuys stehen im Mittelpunkt der Schau „Wintermärchen“. Kunsthistorisches Museum, Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien www.khm.at

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Sa, So und Feiertag geschlossen

www.facebook.com/planungswerkstatt

ine pulsierende Großstadt wie Wien verändert sich schnell. Dafür braucht es Menschen, die über diese Veränderungen mitentscheiden und mitdiskutieren. Die Wiener Planungswerkstatt widmet sich in der Ausstellung „Die Stadt ist uns nicht egal“ dem Thema Beteiligung. Anhand von ausgewählten Beispielen – von der Lokalen Agenda 21 bis zu Bürgerinitiativen – wird veranschaulicht, wie Ideen zu Projekten werden und so Bewegung in die Stadt kommt. Begleitet wird die Ausstellung durch ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und Diskussionsrunden. www.wien.gv.at/stadtentwicklung/dienststellen/ma18/ wiener-planungswerkstatt.html www.facebook.com/planungswerkstatt

Foto: Wolfgang Woessner/MAK

Bis 18. 12. 2011 Weihnachtsmarkt Adventmarkt auf Schloss Hof Sonderführungen durch das Schloss, Konzerte und ein weihnachtliches Kinderprogramm mit Nostalgie-Karussell, Stallweihnacht, Streichelzoo, Tierfütterungen, Ponyreiten und Bastelwerkstatt. 26./27.11., 3./4.12., 8.-11.12., 17./18.12. tägl. 11-18 Uhr, 2294 Schlosshof 1 www.schlosshof.at

Bis 14. 12. 2011

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m Rahmen seines Schwerpunktprogramms Design zeigt das WAGNER:WERK Museum Postsparkasse die Ausstellung „GLOBAL VILLAGE. Design – Ursprung und Moderne“. Seit dem Zeitpunkt, da europäische Eroberer und Entdecker mit fremden Ethnien in Kontakt kamen, wurden exotische Gegenstände gesammelt und in die Heimatländer gebracht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Museen für Völkerkunde in Europa. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es jedoch die Künstler, die der westlichen Welt die Augen für den Formenreichtum und die Ästhetik der Objekte aus Afrika, Ozeanien und Altamerika öffneten. Größtenteils unbeachtet blieben aber über einen längeren Zeitraum Gegenstände für den alltäglichen Gebrauch. Die Designer von heute greifen auf diese Entwürfe zurück, wenn sie nach fundamentalen Lösungen für ein Gebrauchsproblem suchen. In der Schau stehen Ursprung und Moderne, ethnische Alltagsgegenstände und europäische Designklassiker, originäre Gestaltungsformen und zeitgenössische Variationen einander gegenüber und verweisen auf die Einflüsse anonymer Gestalter aus Afrika, Asien und Lateinamerika auf die europäische Moderne. www.ottowagner.com

Im p ressu m: Herausgeber Bohmann Druck und Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, KR Dr. Rudolf Bohmann Geschäftsführung Drin. Gabriele Ambros, Gerhard Milletich Verleger Bohmann Druck und Verlag, GesmbH & Co. KG, A-1110 Wien, Leberstraße 122 Verlagsleitung Mag. Patrick Lenhart Chefredaktion Roland Kanfer Autorinnen und Autoren Dr. Gisela Gary, DI Ilse Huber, DI Barbara Jahn-Rösel, Anna Klerdorf, Mag. Irene Mayer-Kilani, Dr. Iris Meder, Manuela Prusa, Hannes Schreckensberger, Mag. Kurt Wurscher Lektorat: Mag. Ruth Ferrari Mediaberatung: AAC – Austria Advertising Consult Redaktionsassistenz Michaela Kern (city@bohmann.at; Tel. 740 95-556) Vertriebsleitung Angelika Stola (a.stola@bohmann.at; Tel. 740 95-462) Aboverwaltung abo@bohmann.at; Tel. 740 95-466 Layout & Produktion Thomas Weber Hersteller Druckerei Berger, Wienerstraße 80, A-3580 Horn. Die Zeitschrift City ist ein unabhängiges Medium für Architektur, Stadtentwicklung, Design und Urbanität. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Coverbilder: beyer.co.at (2), Belvedere, StudioAMD, Wien / Ian Ehm, FEICHTINGER ARCHITECTES/David Boureau

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