city - das magazin für urbane gestaltung 2/2014

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12Z039332 M - P.b.b. - Bohmann Druck und Verlag GmbH & Co KG, Leberstraße 122, 1110 Wien

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Stadterweiterung

Wien hat die Chance, es richtig zu machen

Venedig sehen

Die 14. Architekturbiennale in der versinkenden Lagunenstadt

Die Mimik der Innenstadt Canalettos Fluch Wiens Stadtplanung hat ein Problem. Dessen Ursache liegt bereits 250 Jahre in der Vergangenheit. Damals kam ein italienischer Maler namens Bernardo Bellotto nach Wien und malte im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia eine Stadtansicht, und zwar mit Blick vom Schlosspark Belvedere auf das Wien innerhalb der Stadtmauer. Das Bild hängt heute im Wiener Kunsthistorischen Museum und ist Roland Kanfer, Chefredakteur Archiv ein interessantes Zeitdokument. Der im Zusammenhang mit den Begriffen Zeit und interessant stehende chinesische Fluch schlägt die Brücke zu dem Fluch, den Canaletto, wie Bellotto sich nannte, mit seinem Bild auf Wien gelegt hat. Indem sie auf das angeblich tourismuswirtschaftlich so wichtige Etikett „Weltkulturerbe“ für Wiens Innenstadt schielt, begibt sich die Politik freiwillig in Geiselhaft von externen Experten, die nach eigenem Gutdünken die schönsten Projekte umbringen können, die zuvor zwischen Investoren, Stadtplanung und der veröffentlichten Meinung ausgehandelt wurden. Als allerletztes Drohmittel bleibt noch der Wink mit dem Entzug des Weltkulturerbe-Status. Die Stadt Dresden hat die Unverfrorenheit besessen, ein Brückenprojekt umzusetzen, auf das sich alle, auch die Bevölkerung, geeinigt hatten. Aber auch die Stadt an der Elbe leidet unter Canalettos Fluch, denn auch dort hatte der Barockmaler den Blick auf die Stadt in Öl auf Leinwand verewigt. Den darauf folgenden Etikettenentzug durch die Unesco dürfte Dresden verkraftet haben – auch touristisch. Welche Folgen zuviel Anbiederung an den Tourismus mit sich bringen kann, lässt sich am Beispiel Venedigs live verfolgen. Die Lagunenstadt versinkt – unter Touristenmassen, die Schmutz und Abfälle, aber wenig Geld hinterlassen; aber auch sprichwörtlich im Wasser, weil nicht nur der Meeresspiegel steigt, sondern weil sich ein Markusplatz unter Wasser so gut vermarkten lässt, dass man auf natürliche Abflussmöglichkeiten ebenso verzichtet wie auf das bislang nur durch Korruption aufgefallene Stauprojekt vor der Lagune der Stadt. Es war übrigens Bernardo Bellottos Onkel Giovanni Antonio Canal, ebenfalls Maler und ebenfalls Canaletto genannt, der für seine Veduten Venedigs bekannt wurde. Dass das Weltkulturerbe der Stadt bedroht ist, hat aber zumindest in diesem Fall weniger mit dem Fluch Canalettos zu tun.

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HISTORISCHE BLICKACHSEN Die Randzonen des ersten Bezirkes erfahren an zwei Orten bauliche Neuinterpretationen städtischen Raumes. Längst gewohnte Perspektiven und Straßenfluchten werden dadurch geliftet. Wie sich die Mimik der Stadt dadurch verändert, ist noch nicht ganz absehbar. I ilse huber

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n der Zweierlinie, schräg gegenüber vom Café Eiles, war über dreißig Jahre lang das Rechenzentrum der Stadt Wien untergebracht. Seit September 2013 ist der Bürokomplex, einst von den Architekten Harry Glück, Werner Höfer und Tedeusz Spychala geplant, verwaist. Das 1980 fertig gestellte Objekt verlor seine Bestimmung. Es wird abgerissen und 2015 durch einen Neubau ersetzt. Im Herbst 2013 kristallisierten sich in einem von der Wien-Holding ausgeschriebenen EU-weiten Wettbewerb acht konkrete Ideen für den Ort heraus, die Schwung und Kante zeigten, hoch hinausragten oder sich in die Bauhöhen einfügten. Gewonnen hat schließlich das Team Stadler Prenn Architekten, Schuberth und Schuberth sowie Ostertag Architects. Sie ließen die Verwegenheit ihrer Konkurrenten hinter sich und setzten sich mit einem achtgeschoßigen „unspektakulär wirkenden Baukörper“ (Zitat Juryprotokoll) durch. Auf Seite der Doblhoffstraße umgibt ein Arkadengang das Gebäude. Einzelhandelsgeschäfte befinden sich im Untergeschoß.

Beide Planungsansätze wurden von der Jury kritisch hinterfragt. Wie die Straßenflucht in Zukunft aussehen wird: Verändern tut sich der Blick allenfalls.

Historische Blickachsen mit Rücksichten Ebenso verschiebt sich der Blick am Areal des Heumarktgeländes rund um das Hotel Interconti­

nental. Ein neuartiger Planungs­ zugang in Form eines „Kooperativen Städtebaulichen Expertinnenverfahrens“ wurde dort angewandt. In vier Monaten erarbeiteten Anrainer, Architekten, Städteplaner sowie Vertreter von Konzerthaus und dem UNESCODenkmalbeirat Icomos (International Council on Monuments and Sites) Empfehlungen als Grund-

Die Architekten Stadler Prenn, Schuberth und Ostertag setzten sich mit einem „unspektakulär wirkenden Baukörper“ durch. Architekten

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Der berühmt-berüchtigte und gefürchtete Canaletto-Blick vom Belvedere in Richtung Stephansdom im Jahr 1760 und heute. Die Vedute mit dem Stephansdom im Zentrum hängt heute im Wiener Kunsthistorischen Museum Kunsthistorisches Museum Wien (li.), Konrad Schlegel(re.)

+ GASTKOMMENTAR + + + GAST

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Pilo Pichler

Daniela Enzi , Geschäftsführerin WertInvest: Wie wohl kein anderer Teil des ehemaligen Glacis dokumentiert das von Konzerthaus, Eislaufplatz (WEV) und Hotel InterContinental begrenzte Areal die Architekturgeschichte Wiens im 20. Jahrhundert. Die Modernisierung der WEV-Anlagen und die Sanierung des Hotelgebäudes bieten, unter Einbeziehung des Konzerthauses, eine große Chance für einen aktiven, offenen Platz für Sport, Musik und Gastronomie. Das Siegerprojekt von Architekt Isay Weinfeld setzt auf Eleganz und Zurückhaltung. Die gewünschte Öffnung des Areals und die vielfältigen Ansprüche an die Nutzung löst er mit Raffinement. Etwa mit einer „Stadtterrasse“: Ebenerdig verbindet sie die Zugänge zu den verschiedenen Funktionsbereichen. Auf „Mezzanin-Höhe“ entsteht ein großer öffentlicher Platz mit Blick auf den Eislaufplatz, der im Sommer Entspannung im Freien erlaubt. Für umliegende Schulen ist ein Turnsaal eingeplant; Spa und Schwimmhalle sind auch für Nicht-Hotelgäste zugänglich. Während die Zimmeranzahl des Hotel InterContinental etwa gleich bleibt, bereichern moderne Veranstaltungsräumlichkeiten plus multifunktionalem Ballsaal die Kongressstadt Wien. Büroflächen für eine Musik-Cluster, Serviced Appartements und Wohnungen runden den Nutzungsmix ab. Die Detailplanungen und das Flächenwidmungsverfahren laufen; als Beginn der Bauarbeiten ist Frühjahr 2016 – nach Ende der Eislaufsaison – angesetzt. Der WEV wird ein nahegelegenes temporäres Quartier beziehen.

lage für einen international ­ausgeschriebenen Wettbewerb. Das Wiener Büro querkraft erhielt den Anerkennungspreis für die „neuartige urbanistische Strategie“ des planerischen Zugangs, wie es im Protokoll heißt. Gelobt wird die Gebäudeanordnung, die sich Richtung Stadtpark hin öffnet. Der Ort wird durchgängiger, allerdings „spiegelt sich das städtebauliche nicht im architektonischen Konzept wider.“ Der zweite Platz ging an das Pariser Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés, das eine - wie es in der Jurybeurteilung heißt „mäandrierende Bebauung“ mit zwei diagonal versetzten Türmen mit jeweils 59 und 79 Metern Höhe vorschlägt. Nach oben hin verbreitern sich die beiden Quader. Die Jury bemängelt allerdings, dass der Winter- bzw. Sommerplatz von seinen belebenden Rändern abgeschnitten wird. Das tut das brasilianische Siegerprojekt von Isay Weinfeld nicht. Die Eislauffläche wird um 90° gedreht, verschwenkt dadurch die Verkehrsfläche nach Nordwesten. Das 1964 errichtete Hotel Intercontinental bleibt bestehen, gewinnt aber an Umfang und Höhe dazu und bekommt auch noch einen Apartmentturm vorgesetzt. Höhe: 73 Meter. Und an dem scheiden sich die Geister. Denn es geht um den Blick, um einen historischen Blick, um einen Blick mit Rücksichten. Denn Wien ist UNESCO Weltkulturerbestadt und will es auch bleiben.

Dresden: Blick verändert, Titel weg Der Titel „Weltkulturrebe“ beruht auf der Welterbekonvention von 1972, die zum Schutz des Kulturund Naturerbes der Welt eingerichtet wurde. Die spanische Universitätsstadt Salamanca ist es seit 1988, Wien seit 2001 und Dresden war es von 2004 bis 2009. Stolz prägt die ausgezeichnete Weltkulturerbestadt. Einerseits. Andererseits lastet die Bürde der Erhaltung auf ihren Schultern. Denn die moderne Welt stellt hohe Anforderungen an den gepriesenen Ort. Das kann manchmal zum Konflikt werden. Die Stadt Dresden kann ein Lied davon singen. Wurde vor zehn

Jahren noch die Aufnahme in die Liste der Weltkulturerbestätten gefeiert, so war es 2009 damit vorbei. Der Titel? Aberkannt. Während sich die Dresdner bei ­einer Umfrage darüber entschieden, eine Brücke über das Elbtal zuzulassen, kritisierte Icomos das Vorhaben, weil das Bauwerk unwiederbringlich eine Kulturlandschaft zerstöre. Ein Tunnel wäre laut UNESCO die bessere Alternative gewesen. Im August 2013 wurde die dezente Brückenkonstruktion seiner Bestimmung übergeben. Der immer wieder ins Treffen geführte Canaletto-Blick auf die Stadt wurde verändert.

dem Blick vom Kahlenberg / Leopoldsberg, vom Donauturm / Riesenrad fallen eben auch die historischen Ansichten in die Richtlinien für die Planung von Hochhausprojekten. Das im Auftrag von Kaiserin Maria Theresia gemalte Ölbild zeigt den Blick vom Belvedere auf die Stadt Wien im Jahre 1760. Dieser Blick soll ungestört bleiben. Bei Wien Mitte bedeutete das: Zurück zum Start, Neuausschreibung des Wettbewerbs. Diesen gewannen die Architekten Dieter Henke und Marta Schreieck 2003.

Canaletto lebt Doch schon elf Jahre später wird Canaletto wieder bemüht. Ein paar hundert Meter Luftlinie vom Bahnhof Wien Mitte entfernt steht das Hotel Intercontinental, am Rande des Stadtparks. An der Westseite des Hotels befindet sich der Wiener Eislaufverein. Nachdem Michael Tojner mit seiner Gesellschaft WertInvest 2012 das Hotel und später auch das Areal des Heumarktes erworben hatte, begann ein intensiver Planungsprozess zwischen dem Investor, der Stadt Wien, dem Konzerthaus und dem Wiener Eislaufverein.

Architekt und außerordentliche Professor an der TU Wien in einer der drei Planungsgruppen des Kooperativen Verfahrens eingebunden und ist sichtlich unzufrieden mit dem Ergebnis: Er bemüht den Canaletto-Blick, der durch den neuen Wohnturm und die erhöhte Scheibe durchbrochen werde. Schon vermeint er Stimmen der UNESCO zu hören, die „zu Recht“ den Weltkulturerbestatus aberkennen werden. AzWDirektor Dietmar Steiner beurteilt das Siegerprojekt hingegen „als erstaunlich souverän“. Die mediale Auseinandersetzung wurde von Podiumsdiskussionen begleitet. Und ein an Vizebürger-

Chaix & Morel schlugen für das WEVAreal zwei diagonal versetzte Türme vor. Eddie Young

Der Einfluss des Alten Meisters Wenn der venezianische Barockmaler Bernardo Bellotto, genannt Canaletto, wüsste, welche Nachwirkungen seine Stadtansichten im 21. Jahrhundert besitzen! Er malte realistische Stadt- und Landschaftsbilder, so genannte Veduten, in Italien, Warschau, Dresden, Wien. Darauf beziehen sich viele, wenn sie vom Wert vergangener Epochen sprechen und den Erhalt einer außergewöhnlichen Stätte fordern. Wien hätte den Titel Weltkulturerbe einmal beinahe verloren. Da wurde der Wettbewerbsbeitrag von Laurids und Manfred Ortner für den Bahnhof Wien Mitte in den 1990er Jahren zwar prämiert, aber letztlich wieder verworfen. Zu hoch die Türme, zu groß die Widerstände in der Bevölkerung. Dann bewarb sich Wien bei der UNESCO und 2001 erhielt die Stadt ihren Weltkulturerbstatus. Die Stadt Wien ließ ein Hochhauskonzept ausarbeiten, das die Sichtachsen, Blickbeziehungen und Sichtwinkel als Erlebnis auf die Stadt berücksichtigt. Neben

Anerkennungspreis für die „neuartige urbanistische Strategie“ von querkraft Architekten. querkraft

Heiße Diskussionen Seit 26. Februar 2014 steht der Brasilianer Isay Weinfeld als Sieger des internationalen Wettbewerbs fest. Ob knappe Entscheidung zwischen erstem und zweitem Platz, wie Architekt und Jurymitglied Rainer Köberl sagt, oder eindeutige Entscheidung, wie Daniela Enzi, Geschäftsführerin der WertInvest, meint, fest steht: Der Brasilianer löst mit seiner Planung zur Nutzung des Ortes wieder heiße Diskussionen aus. Trotz der Vorarbeiten, trotz Einbindung der Betroffenen. Christian Kühn schrieb in einem Presse-Beitrag von der „Banalität des Projekts“. Immerhin war der

Neue Perspektive auf das „nun nicht mehr Weltkulturerbe“ Dresden.

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meisterin Maria Vassilakou gerichteter offener Brief diverser Architekturinstitutionen, der Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege, des Vorstands des DOCOMOMO (Dokumentation moderner Architektur) und eines Personenkomitees kritisiert, dass „das Projekt den Grundsätzen der Hochhausrichtlinien von 2002 widerspricht“. Vor allem die maximalen Bauhöhen und die Baumassen würden überschritten, was zulasten des Freiraumes gehe, der rund zehn Meter des öffentlichen Gutes (Lothringerstraße) beanspruchen würde, kritisiert die Plattform. Wie das Büro Vassilakou und Icomos Austria (namentlich Wilfried Lipp) auf die Entwicklungen reagieren, war letztendlich nicht in Erfahrung zu bringen. Wie sich die Mimik der Stadt durch die Neuinterpretationen verändert, ist noch nicht ganz absehbar. Ganz im Sinne von Wiens Bürgermeister der Zwischenkriegszeit, Karl Seitz, der den legendären Spruch tätigte: „Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen.“ ❙

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Stadtentwicklung

Raum zum Leben

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ass weltweit die urbanen Ballungsräume in den nächsten Jahrzehnten stark wachsen werden, weiß man. Und man weiß, dass auch Österreichs Hauptstadt Wien nicht vor massivem Zuzug in naher Zukunft verschont bleiben wird. Zu attraktiv ist die angeblich lebenswerteste Stadt. Wien wächst rasant und hat die anderen Landeshauptstädte längst abgehängt. Es ist aber eine Entwicklung, die Zündstoff in sich birgt: Menschen brauchen Raum zum Leben, und der muss erst geschaffen werden, und zwar ohne dass der Wienerwald gerodet werden muss.

Stadt statt Steppe Wien wird sich in einer fast exakten Nord-Süd-Achse ausdehnen respektive verdichten. Brachliegende Flächen gibt es genug dafür – eine gute Chance, gleich zwei

Lösungen auf einen Schlag zu haben: Mehr Wohnraum und endlich eine sinnvolle Nutzung für die so genannten „G´stetten“, die vielen ohnehin schon lange ein Dorn im Auge sind. Von Floridsdorf über Erdberg und Favoriten bis nach Liesing plant die Stadt Wien mit vollem Programm ausgestattete neue Stadtteile mit sämtlichen infrastrukturellen Einrichtungen auf einer Fläche von 177 Hektar, ein Vorhaben, das ­bereits in knappen zehn Jahren fix fertig realisiert sein könnte. Für ausreichend Lebensqualität soll auch viel Grün, weniger Verkehr durch den Ausbau von Radwegen und leistbares Wohnen sorgen. Dadurch könnte auch ein gewisses Gleichgewicht geschaffen werden, das die Mieten in den bereits vorhandenen Wohnbezirken zumindest ein bisschen einbremst. Die Latte liegt damit sehr hoch.

WIENS MILLIONENSHOW Wien steuert auf die Zwei-Millionen-Einwohner-Grenze zu. Das ist so gut wie sicher. Gar nicht sicher dagegen ist, wie man diese Herausforderung schultern wird. Die Ansätze sind da, aber die richtigen Rezepte scheinen noch zu fehlen. I barbara jahn Aspern: Schaffung neuer Stadtteile hat Konsequenzen.

Jetzt richtig machen Viele Stadterweiterungsgebiete sind sehr bekannt – die Seestadt Aspern, das Viertel rund um den Hauptbahnhof oder die viel diskutierte Krieau, wo man noch nach geeigneten Lösungen sucht. Eines ist jedenfalls schon jetzt klar: Die Stadt bekommt neue Schwerpunkte, deren Erschaffung weitreichende Konsequenzen hat. Anführen wird die Liste insbeson-

Krieau: Nach Lösungen wird noch gesucht.

Wikimedia_Commons_Priwo

schreinerkastler

dere die Verlängerung, die Verdichtung und Neugestaltung einiger U-Bahn-, Busund Straßenbahnlinien. Doch noch ein Punkt rangiert ganz oben. Obwohl es sich fast anbietet, auf den riesigen Flächen wie dem Nordbahnhofgelände ganze Stadtteile auf dem Reißbrett zu entwerfen, warnen Experten davor, einfach nur mit grünen Bändern durchzogene Wohnblocks aus dem ­Boden zu stampfen. Für den Blick in die Zukunft sollte man auf jeden Fall einen Blick auf die Vergangenheit werfen, um städtebauliche Anleihe zu nehmen an der Stadtstruktur zur Gründerzeit mit belebten Erdgeschoßzonen. Schicke Wohnungen im menschenleeren Nowhere werden Wien nicht glücklich machen. Jetzt ist die Chance, es wirklich richtig zu machen. ❙

Lebensstationen DIE PLATFORM L im Sonnwendviertel versucht, sich verändernden Wohnbedürfnissen zu folgen.

F Markante Fenster und Balkone bestimmen das Fassadenbild.

ÖSW / Hertha Hurnaus

lexible Wohnungsgrundrisse, die durch die Abtrennung von ein bis drei nutzungsneutralen Räumen an die im Verlauf des Lebens wechselnden individuellen Bedürfnisse angepasst werden können, loftartige Wohneinheiten mit direktem Liftzugang: Das bietet der kürzlich

fertig gestellte Wohnbau „Platform L – Lebensstationen“ im Sonnwendviertel beim Hauptbahnhof. Gemeinsam mit dem Architekturbüro Delugan Meissl aus Wien, dem Ingenieurbüro Vasko + Partner sowie dem Soziologenteam Havel & Havel entwickelte der Wohnbauträger ÖSW ein generationsübergreifendes Wohnprojekt mit Gemeinschaftsraum, Marktplatz mit offenem Bücherschrank und einer Dachterrasse. Die markanten L-förmi-

gen Fenster und Balkone bestimmen das Fassadenbild und verleihen den Räumen mehr Licht und Wärme. Der Wohnbau ging als eines der Siegerprojekte des 2009 durchgeführten ersten Bauträgerwettbewerbs auf dem Sonnwendareal hervor. ❙

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architecture Kainzgasse 11: Wohnoase in Hernals WOHNOASE Mehr als nur ein Dach über dem Kopf, sondern eine Oase der Ruhe verspricht das Projekt Kainzgasse 11 / Zeillergasse 21 im 17. Wiener Bezirk, zwischen Hernalser Hauptstraße und Kongreßpark mit dem dazugehörigen Freibad.

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Zahlen I Daten I Fakten Kainzgasse 11, 1170 Wien Fertigstellung: Dezember 2013 Insgesamt 23 Wohnungen, davon 3 verfügbar HWB: 33kwh/m² Planung: bolldorf2 architekten

uf fünf Etagen befinden sich 23 Einheiten, die als Zwei- bzw. Drei-Zimmer-Wohnungen konzipiert wurden und mit Grundflächen von 46 m2 bis 154 m2 die unterschiedlichsten Wohnbedürfnisse abdecken. Alle

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Das von bolldorf2 architekten geplante Vorsorgewohnungs-Projekt.

dorf2 architekten geplante Gebäude besteht aus sechs oberirdischen und zwei unterirdischen Geschoßen. Im 1. und 2. Tiefgeschoß befindet sich die Garage für 22 Stellplätze und drei Motorradstellplätze. Das Eingangsfoyer, der Kinderwagen- und Fahrradabstellraum, Waschküche und Einlagerungsräume sowie der Müllraum und die Technikräume befin-

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den sich im Erdgeschoß. Die Personenliftanlage ist mit Haltestellen in allen Geschoßen ausgestattet. Zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, vielfältige Gastronomie und ausgezeichnete medizinische Nahversorgung (Arztpraxen und drei Krankenhäuser) finden sich in nächster Umgebung. Informationen: www.rvw.at ❙

Architektur, die erzählt DER KLETTERPAVILLON am Erlebnisweg Peilstein setzt bewusst auf den Kontrast moderner Sichtbeton-Glas-Architektur und Berghüttenromantik. I anna klerdorf

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er Peilstein im niederösterreichischen Triestingtal ist seit langer Zeit ein beliebtes Kletterparadies. Auf einem sechs Kilometer langen Erlebnisweg geben 16 Stationen einen Einblick in die Welt des Kletterns. Die Gipfelstation stellt der im vergangenen Herbst fertig gestellte, auffällige Kletterpavillon dar. Eine eidechsenähnliche Skulptur aus Sichtbeton und Glas wächst aus dem Waldboden heraus, nimmt an Höhe zu und formt sich zu einer Kletterwand. Die zwei Wände bilden eine Gebäudekante, an die der multifunktionale Gebäudekomplex anschließt. Der

von Architekt Mathis Barz entworfene Pavillon will mit dem altehrwürdigen Peilsteinhaus mit seiner Holzfassade bewusst einen Kontrast zwischen traditioneller Berghüttenromantik und moderner Architektur schaffen. Der Architekt bezeichnet es als „Narrative Architecture“ – Architektur, die etwas erzählt. Die Entscheidung für Stahlbeton war keine unproblematische. Schließlich befindet sich der Pavillon in einer ausgewiesenen Naturschutzzone. Mit unterschiedlichen Schalungen und eingelegten Objekten gelang eine Differenzierung und Strukturierung des Sichtbetons. Die Positionierung des Pavillons ist so gewählt, dass der freie Blick von der Peilsteinhaus-Terrasse Richtung Wald und Sonnenuntergang nicht beeinträchtigt wird. Die über Eck laufende, rahmenlose Verglasung aus Verbundsicherheitsglas kann innen und außen beklettert werden. ❙

Die über Eck laufende Verglasung kann innen und außen beklettert werden. Mathis Barz

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Architektur ist zwecklos len nach wie vor zum Besten in der österreichischen Architekturfachpresse. Später war Hollein selbst lange Jahre Vorsitzender der ZV.

Forschung bei Pueblo-Indios

Architekt Hans Hollein (2011)

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rchitektur ist zwecklos. Was wir bauen, wird seine Verwendung finden“, postulierte Hans Hollein, Schüler Clemens Holzmeisters an der Wiener Akademie, im Jahr 1962, und: „Wenn wir schon eine Schönheit wollen, dann eine sinnliche Schönheit elementarer Gewalt.“ Hans Hollein war kein Mann der halben Sachen. Mit seinen utopischen Projekten der 1960er Jahre, etwa einem trans-

Alexandra Pawloff

portablen aufblasbaren Atelier, mischte er nicht nur den distinguierten Nachkriegsfunktionalismus der Wiener Kunst- und Architekturszene ordentlich auf. Gemeinsam mit Gustav Peichl sowie den Künstlern Walter Pichler und Oswald Oberhuber stellte er Mitte der 1960er Jahre die traditionsreiche Zeitschrift der Zentralvereinigung der Architekten „Bau“ völlig neu auf – die fünf Jahre unter Holleins Leitung zäh-

Die Stadt war sein Thema, sein Studienaufenthalt am IIT in Chicago und in Berkeley der entscheidende Eindruck, das Werk von Rudolf Michael Schindler und die Pueblo-Architektur der Indios frühe Forschungsthemen, die sein Konzept einer dreidimensionalen architektonischen Landschaft mit verbindenden Wegen, Treppen und Rampen, wie er es etwa beim Museum Abteiberg in Mönchengladbach oder auch in der Ganztagesschule Köhlergasse in Wien umsetzte, nachhaltig prägten.

Pionier der Postmoderne Bereits in jungen Jahren konnte Hollein Epochales wie das nur 14 m2 große Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt realisieren, das mit seiner glatten Aluminiumfassade international einflussreich war. Später wurde Hollein u. a. mit den beiden Juweliergeschäften

Schullin am Kohlmarkt bzw. Graben und dem Haashaus am Wiener Stephansplatz zum Pionier der Postmoderne. 1985 erhielt er als erster und bislang einziger Österreicher den Pritzker-Preis, 1996 wurde er als erster Nichtitaliener Gesamtkurator der Architektur­ biennale.

HANS HOLLEIN 1934-2014 Ein Nachruf auf den ­Architekten, der kein Mann der halben Sachen war. I iris meder

Kompromisslos Nicht nur in Österreich entstanden zahlreiche Hochhäuser und Kulturbauten nach seinen Entwürfen. Manches wurde nicht realisiert, so seine Entwürfe für Guggenheim-Museen in Wien und Salzburg, manches scharf kritisiert wie etwa der „SoraviaWing“ der Wiener Albertina mit seinem 64 m langen Titan-Flugdach. So kompromisslos wie seine Stadtüberbauungsprojekte der Sechziger war Hans Hollein auch als Person. Kurz nach seinem 80. Geburtstag ist Hans Hollein nun in Wien verstorben.

Ausstellung HOLLEIN 25. Juni bis 5. Oktober 2014 MAK Wien www.mak.at ❙

Farbfelder für Büroböden Die britischen Designer Tom Lloyd und Luke Pearson, sonst auf den Entwurf von Büro-, Wohn- und Stadtmöbeln fokussiert, haben sich für den Büromöbelhersteller Bene mit der Teppichkollektion „Greenwich“ auch des Bürobodens angenommen. Für die Gestaltung

Vertriebsstart in Kürze:

der Kollektion ließen sie sich von Geschichte und Struktur des Greenwich Parks inspirieren: „Das scheinbar chaotische Netz aus Wegen und Pfaden, das den Greenwich Park in London durchzieht, zeichnet die gezielten Bewegungsmuster der Menschen quer durch die Stadt nach“, meint Tom Lloyd. So verbildlicht das Muster der Teppiche das dynamische Spannungsfeld von Natur und Stadt und von Lebens- und Arbeitsraum. Das Ergebnis stellt sich als Symbiose aus innovativem Design, harmonischer Farbgestaltung und hochwertiger Verarbeitung dar. Die neuen Teppiche akzentuieren und beleben den Raum, geben durch ihre Form und Gestaltung besonderen

Orten Bedeutung – und sind so wesentliche Gestaltungselemente der modernen Büroarchitektur. Handgemacht und aus 100 Prozent indischer Wolle gefertigt wird die Greenwich Teppichkollektion von der in Barcelona ansässigen Designerin Nani Marquina. Die Greenwich Kollektion gibt es in zwei Designs: Lines und Fields, sowie in zwei Formen: rund und rechteckig, und in zwei Größen.

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Auf höchster Ebene VENEDIG RUFT und die Architekten kommen: Die 14. Architekturbiennale stellt Gebautes in den Mittelpunkt, um zu zeigen, was Architektur wirklich alles sein kann. I barbara jahn

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m 07. Juni 2014 fiel der offizielle Startschuss zur diesjährigen Biennale di Venezia – oder L´ Esposizione di Venezia, wie sie noch genannt wird - deren Bestehen sich nächstes Jahr zum 120. Mal jährt. Die berühmte internationale Kunstausstellung mit ihren Hauptschauplätzen in Venedigs Stadtsechstel Castello, insbesondere die Giardini, wo sich 28 Nationen mit ihren Pavillons präsentieren, ist Magnet für Kunst- und Architekturinteressierte, die den Charme der Stadt und die Impulse des Kreativen immer wieder in sich einsaugen wollen. Diesmal waren es wieder die Architekten, die eingeladen waren, die charakteristischen Stilbauten in der grünsten Ecke Venedigs zu gestalten und die Besucher bis Ende November in ihren Bann zu ziehen. Dass die Architekturbiennale 1980 einst als eine Art „Pausenfüller“ gegründet wurde, ist heute in Anbetracht der Besucherzahlen kaum zu glauben.

Lifting The Curtain. Central European Architectural Networks Die von der polnischen Stiftung für moderne Kunst organisierte Begleitausstellung zur Architekturbiennale untersucht die Rolle zentraleuropäischer, multinationaler Architekturvernetzungen im Lauf des 20. Jahrhunderts. Durch Schauspieler dargestellt, eröffnen sich neue Perspektiven auf die grenzüberschreitende Verbreitung der Moderne jenseits nationaler Ausprägungen und territorialer, durch den Kalten Krieg bedingter Begrenzungen. Auch der in den postsozialistischen Ländern in zunehmendem Maß stattfindende Architekturdiskurs wird thematisiert. Bis 23.11.2014, Centro Culturale Don Orione Artigianelli (Sala Tiziano), Dorsoduro 919, Venezia. www.ce-arch.net

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Austria Diesen Schriftzug in roten Lettern hat wohl jeder, der den österreichischen Pavillon schon einmal besucht hat, vor dem geistigen Auge. Josef Hofmann und Robert Kramreiter konzipierten das 1934 als nüchterner, symmetrisch angelegter Zweckbau errichtete Gebäude als White Cube, der mit seinen Nebenräumen schließlich in den Park ausläuft. 80 Jahre später geht es hier um ein urösterreichisches Thema, das in allen Facetten beleuchtet wird: Das

Die Ausstellung „Plenum. Orte der Macht“ im österreichischen Pavillon (im Bild und unten, 2. Bild von rechts) versucht zu ­ergründen, wie Orte der repräsentativen Versammlung aussehen s­ ollen. Alle Bilder: La Biennale

Projekt Österreichisches Parlament. „Es ist eine faszinierende, spannende Idee, das Parlament zum Thema des österreichischen Beitrages zur Architekturbiennale 2014 zu machen. Auf diese Weise wird an allen nationalen Parlamentsgebäuden deutlich gemacht, dass Architektur stets auch eine politische Funktion hat. Daraus leitet sich eine Verantwortung ab, die über das rein Funktionale, Technische und Gestalterische weit hinaus reicht“, freut sich Nationalratspräsidentin Barbara Prammer über die Prominenz des Projektes.

Architektur als Medium Das Parlament definiert sich als Ort der Macht des Volkes und unumgänglich als Ausdruck dieser Macht. Die Frage ist, wie solche Orte der repräsentativen Versammlung aussehen sollen. Die von Kommissär Christian Kühn kuratierte Ausstel-

lung „Plenum. Orte der Macht“ versucht darauf eine umfassende Antwort zu geben. Nicht weniger als 200 Modelle aller nationalen Parlamente weltweit schmücken den Hauptraum des Pavillons als von den Wänden hervortretende, auf ihre Form reduzierte Monumentalarchitekturen und formieren sich zu einem Parlament der Parlamente mit dem Fokus auf die architektonischen Signale, die diese Gebäude aussenden. Dabei dreht es sich um nationale Identitäten, Ewigkeit und Konformität mit historischen Leitbildern sowie der zwanghaften Darstellung eines

Neubeginns. „Architektur ist ein Medium der gesellschaftlichen Entwicklung. Das heißt: Architektur spiegelt Gesellschaft wider, beeinflusst sie aber zugleich. Das gilt besonders für Räume der politischen Repräsentation“, sagt Christian Kühn. „Die Monumente der Demokratie werden heute oft als Ornamente empfunden, als Verzierungen, die andere Mächte verbergen. Wir experimentieren in der Ausstellung mit anderen Perspektiven, mit der Öffnung nach außen, mit anderen Formen des Sprechens und Gehört-Werdens.“

Macht und Magie Mitkonzipiert und -gestaltet hat die Ausstellung Harald Trapp, ein erfahrener Ausstellungsarchitekt, der die Krise der Repräsentation auch als Krise der Architektur und deren Reduktion auf Symbole sieht. „Die Räume der Macht werden architektonisch nicht mehr erfasst, die neuen Medien fördern spontane Meinungsbildungen und gesellschaftliche Bewegungen.

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Venedig

Doch die so organisierten Menschen versammeln sich an städtischen Orten, in Parks oder auf Plätzen. Der österreichische Pavillon wird zum Plenum der Orte der Macht.“ So richtig tritt das österreichische Parlament aber erst in den angedockten Nebenräumen auf, begleitet von zwei Projekten von Coop Himmelb(l)au, dem Entwurf für das albanische Parlament in Tirana und das Konferenzzentrum im chinesischen Dalian, das als Ort für die asiatische Ausgabe des Weltwirtschaftsforums Davos errichtet wurde. Sie alle werden eingebettet in ihrer politischen Geschichte dargestellt.

Prominente Regie Kein geringerer als Rem Koolhaas stand für die Biennale 2014 am Dirigentenpult und leitete das gesamte Projekt. Dabei stellt er die Architektur in den Vordergrund und ganz bewusst nicht den Architekten. Während er die Gestaltung der nationalen Pavillons unter das Motto „Absorbing Modernity 1914-2014“ stellte, wobei der Frage auf den Grund gegangen werden soll, wie die Moderne als Prinzip und Stil in der Ar-

chitektur der letzten 100 Jahre wirksam gewesen ist, konzipierte er für den zentralen Pavillon die Ausstellung „Fundamentals“, bei der es darum geht, was Architektur in ihren Grundelementen ausmacht - Fundament, Boden, Wand und Dach. Ziel ist es, das System „Architektur“ auf den Prüfstand zu stellen. Damit weicht Koolhaas von einer Leistungsschau zweier vergangener Jahre ein Stück weit ab.

Noch mehr Österreich Rund 100 Architekturbüros weltweit sind eingeladen, während der Biennale ein Projekt in den repräsentativen Palazzi in ganz Venedig auszustellen. AllesWirdGut ist eines von drei österreichischen Architekturbüros, die 2014 ausgewählt wurden. Ausgangspunkt für die Präsentation ist der realisierte Firmensitz für das österreichische Unternehmen Doppelmayr in Vorarlberg. In seinen Projekten konzentriert sich das Architekturbüro vor allem auf Inhalte und Synergien. Mit diesem pragmatischen Ansatz wird das Potenzial des gegebenen Kontextes genau untersucht, wobei so genannte Probleme als Chance für neue,

unerwartete Möglichkeiten betrachtet werden. Die architektonische Gestalt wird dabei immer wieder neu aus der jeweiligen Aufgabe heraus entwickelt. Die Ausstellung greift diese Überlegungen auf und übersetzt sie in abstrahierter Form als Raumerlebnis um. Gebaute Formen und analog dazu entstehende „Negativformen“, der Wechsel von weiten Plätzen und schmalen Wegen, intimen Nischen und großzügiger Weite spielen im Entwurf für das Gebäude im vorarlbergischen Wolfurt ebenso eine Rolle wie in Venedig selbst. Auch Caramel Architekten geben sich auf der diesjährigen Biennale ein Stell-Dich-Ein und führen ganz abstrakt mit der Eisenbahn durch eine fiktive Modellwelt. Die Fahrt durch diese Kunstlandschaft wird aus dem Blickwinkel des Lokführers visuell dokumentiert und via Beamer großformatig übertragen. Die Gebäude sind als perspektivische Außenfotos der gebauten Projekte von Caramel Architekten appliziert. Mit einfachsten Mitteln werden so Assoziationen möglich, auf deren Grundlage der Betrachter die Grenzen zwischen Realität und Fiktion selbstständig ausloten kann. ❙

Zahlen I Daten I Fakten 14. Internationale Architekturausstellung (Biennale architettura) 2014. Bis 23.11.2014. Tickets: € 25, Zwei Tage € 30, Permanentpass € 80. Infos und Bestellungen: www.labiennale.org

Venedig: Die Stadt, die es nicht mehr gibt WASSER IST IHR ELEMENT: Ohne es wäre sie nicht das, was sie ist. Doch das Meer wird der Stadt immer mehr zum eigenen fatalen Verhängnis. I barbara jahn

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chon ist es wieder soweit: Auch 2014 werden Touristenmassen die engen Gässchen von Venedig hoffnungslos überbevölkern und der Stadt den Atem abdrücken. Immer mehr Menschen können dem Ruf „Venedig sehen und sterben“ folgen. Doch leider geht dabei für den Touristenmagneten der Schuss völlig nach hinten los. So sollte es heute viel eher heißen „Venedig beim Sterben zusehen“. Die Venezianer verlassen das sinkende Schiff, und nicht nur weil es keine leistbaren Wohnungen mehr gibt.

Goliath gegen David Die Lagunenstadt, einstige Perle des oberen Mittelmeers, ein Ort, wo Macht und Pracht Hand in Hand gingen und ganz ­Europa in den Genuss der exotischsten Handelswaren kam, kämpft an allen Fronten und droht die Schlacht zu verlieren. Der alten ehrwürdigen Dame, Heimatstadt von Giacomo

Girolamo Casanova, Marco Polo, Tiziano Vecellio, Antonio Vivaldi und Carlo Scarpa, geht alles – verständlicherweise – viel zu schnell. Die Verhältnisse sind aus dem Gleichgewicht geraten: Einer stetig schrumpfenden Einwohnerzahl – Mitte der sechziger Jahre waren es noch 120.000, heute sind es knappe 60.000 – steht eine permanent wachsende Anzahl von fremden Besuchern gegenüber. Zum Vergleich: Mitte der neunziger Jahre waren es sieben Millionen, heute sind es dreimal so viele. Zweiteres klingt auf den ersten Blick nur teilweise schlimm, denn wo sich viele Menschen bewegen, sollte auch der Umsatz stimmen. Leider ist auch das nicht so: Die Massen - oft nur für ein paar Stunden da mit selbst mitgebrachtem Proviant und flott durchgeschleust zwischen Seufzerbrücke und Markus-Basilika - hinterlassen jede Menge Dreck und Müll, aber keinen finanziellen Polster, der dringend gebraucht

Touristenmassen übervölkern Venedigs Gässchen und Plätze und drücken der Stadt den Atem ab. iStockphotos

würde. Notgedrungen werden die einst so prunkvollen Palazzi zusammengeflickt, um immer noch das Bild anbieten zu können, das Touristen sehen wollen und um das Schlimmste zu verhindern. Mehr kann man ohnehin nicht tun, denn die Stadtund Staatskassen sind leer. Dabei regiert in Venedig der Ausverkauf, bei dem sich Reiche und Weltkonzerne bedienen.

Unglückliche Ehe

Touristen hinterlassen jede Menge Müll, aber wenig Geld.

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Venedig ist zur Gefangenen seiner selbst geworden: Die Industrie verstopft die ehemaligen Abflüsse ins venezianische Hinterland, die dringend zur Kanalisierung des Hochwassers gebraucht würden, doch diesen Spaß der überlaufenden Badewanne will man den Touristen nicht versagen. Was viele nicht wissen, ist, dass es dieses nasse Spektakel früher gar nicht gab, da man viel stärker im Einklang mit der Natur

lebte und die Flut ins Landesinnere auslaufen ließ. Der Klimawandel mit nicht mehr umkehrbaren Abschmelzprozessen an den Polen leistet seinen Beitrag zum Untergang, und das Projekt „Mose“, einst initiiert zur Rettung der Lagune vor der Acqua Alta, kommt nicht richtig in die Gänge. Auf ihre Inselchen beschränkt wird der Raum trotz Flucht der Stadtbevölkerung immer knapper. Venedig versinkt schon jetzt unter den Menschenmassen und Kreuzfahrtschiffen, die die einstige Perle des Mittelmeers mit kurzfristigen Gelüsten zugrunde richten. Am 24. April jeden Jahres vermählt sich die Stadt traditionell mit dem Meer. Doch der Bräutigam der treuen Braut, der sie einst zu dem erhob, was sie zu etwas Einzigartigem machte, scheint sie jetzt in den Tod zu reißen. Vielleicht höchste Zeit, die Scheidung einzureichen. ❙

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