Ausschnitt Baumagazin 7/8 2017 (Quelle: a3 Wirtschaftsverlag)

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BAU & POLITIK | 7-8/2017

Gemeinnützige Bauvereinigungen

Genossen auf dem Prüfstand Die Lawog, Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich, will Hubschrauber-Landeplätze bauen, die Salzburg Wohnbau baut in Bayern, die Ausnahmegeschäfte der OÖ Wohnbau stehen angeblich in einem krassen Missverhältnis zum eigentlichen Zweck. Schon länger stellt sich die Frage nach der Gemeinnützigkeit der österreichischen Wohnbaugenossenschaften. Text: Hannes Ch. Steinmann

Nicht ruhig geblieben ist hingegen der Grazer Ziviltechniker für Bauwesen, Karl Klancnik, der sich mit „Wohnbaugenossenschaften“ schon seit Jahrzehnten beschäftigt, und auf den a3-Bericht reagiert hat: „Der Verlust der Gemeinnützigkeit für alle Wohnbaugenossenschaften ist aus meiner Sicht schon längst fällig. Diese sind schon lange nicht mehr gemeinnützig. Böse Zungen behaupten, es sei nur ,gemein‘ übrig geblieben. Nur haben anscheinend die beiden – jetzt noch – Großparteien kein Interesse daran“.

Karl Klancnik, Ziviltechniker in Graz: „Wohnbau-Genossenschaften sind schon lange nicht mehr gemeinnützig“

Vor einigen Jahren habe der steirische Landesrechnungshof festgestellt, dass die Abrechnungen der Eigenleistungen der Wohnbaugenossenschaften kaum überprüfbar seien. Die meisten Wohnbaugenossenschaften kassierten selbst die vollen Planer-Honorare, gäben aber nur Teile davon weiter und dürften selbst planen. Jeder andere müsse dafür jedoch eine qualifizierte Ausbildung nachweisen, schreibt Klancnik. „Daraufhin habe ich an fast an alle verantwortlichen Politiker geschrieben, aber einzig der damalige dritte Nationalratspräsident Martin Graf hat geantwortet. Er sei dabei, die Gemeinnützigkeit zu überprüfen. Leider wurde daraus nichts mehr. Und die anderen Interessenvertreter – Kammern, Baufirmen, Planer usw. – haben aus mir unerklärlichen Gründen kein Interesse an einer Aufhebung der Gemeinnützigkeit!“

Genossenschaften geben Honorare für Planer vor Im a3-Gespräch wird Karl Klancnik konkret: „Die Architekten dürfen nur mehr die Einreichungplanung machen, die Polierpläne, mit denen man Geld verdienen könnte, machen die Genossenschaften selbst. Sie machen auch die Bauaufsicht selbst – ohne Versicherung. Und verrechnen auch noch fünf Prozent Bauabwicklungskosten. Die Genossenschaften geben auch die Honorare vor: Die ÖWGES (eine Tochter der großen ÖWG, Anm.) sagt zum Beispiel, mehr als 9,50 Euro pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche für die statisch-konstruktive Bearbeitung zahlen sie nicht. Das kann vielleicht ein HTL-Lehrer mit ZT-Befugnis machen, ein Ziviltechnikerbüro mit Angestellten kann man damit aber nicht führen.“ Überdies möchte Klancnik gerne wissen, woher eigentlich das hohe Vermögen mancher Wohnbaugenossenschaften komme? Zweifellos eine gute Frage. Genauso gut wie jene, warum die LAWOG, die Gemeinnüt-

zige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich, eingetr. Genossenschaft m.b.H., Hubschrauber-Landeplätze bauen will. Der dem Land OÖ, dem Städte- und Gemeindebund gehörenden Gesellschaft bricht nämlich der Bau von Alten- und Pflegeheimen weg, bedingt durch die Zunahme der mobilen Pflege. Deshalb will sie mit der landeseigenen GESPAG (OÖ Gesundheitsund Spitals-AG) eine Kooperation eingehen, weil diese ihre Bauabteilung auflöst, und deren Bauprojekte übernehmen. Und dazu gehörten eben auch Hubschauber-Landeplätze. Das seien erlaubte Ausnahme-Geschäfte, sagt man bei der LAWOG. Die übrigens traditionell hohe Leerstandskosten ausweist und damit verbundene Verluste gehabt hat. Im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) ist von Hubschrauber-Landeplätzen natürlich keine Rede, vielmehr werden die Gemeinnützigen in Art. 1, § 7 dazu verpflichtet, sich „mit der Errichtung und Verwaltung von Wohnungen …, von Eigenheimen … und von Heimen sowie mit Sanierungen größeren Umfanges im Inland zu befassen und ihr Eigenkapital vornehmlich für diesen Zweck einzusetzen“.

Wofür es ja auch Steuer-Privilegien gibt, etwa die Befreiung von der Körperschaftssteuer von 25 Prozent. Aber eine überfällige Novelle des WGG und des Genossenschaftsgesetzes sind ja dem Nicht-Zustandekommen des Mietrechtspaketes zum Opfer gefallen. Was die Parole vom „leistbaren Wohnen“ wieder einmal als leere Worthülse entlarvt. Eine Genossenschafts-Aktivität weit abseits des Wohnbaus poppt eben auch in der Steiermark auf, nachdem die Gemeinde Gratwein-Straßengel unter dem SPÖ-Bür-

© vwbf

Sommerlich bedingt ist derzeit nichts zu hören vom Stand des Verfahrens, der OÖ Wohnbau, der größten oberösterreichischen Wohnbaugenossenschaft, die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Über den Antrag des Finanzamtes Linz berichtete a3 in seiner Ausgabe 5/2017. Die OÖ Wohnbau gehört bekanntlich der oberösterreichischen ÖVP und der Raiffeisenlandesbank OÖ, am Zug ist jetzt das Land Oberösterreich, wobei es ausschließlich um das seit 2013 herrschende „krasse Missverhältnis zwischen dem Kern- und Nebengeschäften“ geht.


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