03.11 Editorial 3
Das Vermächtnis der Kunstfälscher Villa in Herdermer Hanglage wird im Internet angeboten
W
von Lars Bargmann
Der angebliche Campendonk „Rotes Bild mit Pferden“ brachte den Fälscherskandal ins Rollen – und Freiburg national wie international in die Schlagzeilen.
Foto: © dpa
ohnen auf höchstem Niveau: Villa der Superlative in bester Wohnlage von Freiburg!; 6.0 Zimmer; 450.00 Quadratmeter Wohnfläche; 3.900.000,00 EUR Kaufpreis.“ So steht es auf der Internetseite der Badischen Grund und Boden Immobilien in Kehl. Auf höchstem Niveau lebten auch die (Noch-) Eigentümer der luxuriösen Villa an der teuren Eichhalde, die einst in der feinen Freiburger Gesellschaft verkehrten, woran diese heute freilich nicht allzu gerne erinnert wird. Die 3,9-Millionen-Villa ist ein weiteres Vermächtnis des angeklagten Kunstfälscherpaares Wolfgang und Helene Beltracchi, das schon seit Anfang September nach der Festnahme vor der eigenen Haustür durch Einsatzkräfte des Landeskriminalamts in U-Haft in der Justizvollzugsanstalt in Köln sitzt und in diesen Tagen auf die Prozesseröffnung wartet. Aktenzeichen 117 JS 407/10 – im größten Kunstfälscherskandal in der Nachkriegsgeschichte spielt Freiburg die Hauptrolle. Neben dem Ehepaar ist auch Helenes Schwester Jeanette S. und soll auch ein vierter Freiburger in die millionenschweren Betrügereien um die angeblichen Sammlungen Werner Jägers – Helenes Großvater – und des Schneidermeisters Knop verwickelt sein. Eine Blamage nicht zuletzt für die internationale Kunstwelt, für prominente Gutachter wie den Max-Ernst-Experten
Professor Werner Spies, für Galerien in Paris, Köln, New York. Und ein Schaden, der niedrig geschätzt bei 30 Millionen Euro liegt. Der Großteil davon dürfte aufs Beltracchi-Konto im Fürstentum Andorra geflossen sein, von wo aus übrigens auch die Handwerkerrechnungen für den offenbar vier Millionen Euro teuren Umbau des Anwesens überwiesen worden sind. Nach Recherchen des SPIEGEL sollen allein für die Max-Ernst-Fälschung „La Forêt“ am Ende sieben Millionen Euro über den Tisch gewandert sein. Bei 14 Falsifikaten glauben die Staatsanwälte in Köln, dass sie betrügerische Verkäufe nachweisen können, 32 weitere haben sie im Visier und erhoben daher Anklage gegen die Beltracchis und Komplizen wie den Krefelder Otto SchulteKellinghaus. Bei der Einweihungsparty für die Villa in der Eichhalde soll Beltracchi einem Fragenden erzählt haben, er sei ein international durchaus bekannter Maler, der inkognito in Freiburg lebe. Nun, im Lügen waren die genialischen Fälscher geübt, 15 Jahre lange hatten sie die Kunstwelt mit erfundenen Geschichten zur Provenienz der Bilder genarrt, Dokumente gefälscht, beste Beziehungen in einer Branche gewoben, die nur allzu gern an plötzlich auftauchende, Jahrzehnte verschollene Bilder glaubt, weil viele Millionen Euro locken. Aufgeflogen waren die Fälscher letztlich, weil die Käuferin des Bildes „Rotes Bild mit Pferden“ von Heinrich Campendonk, die ukrainische Trasteco Limited mit Sitz auf Malta, eine Expertise in Auftrag gegeben hatte: Der Aufkleber „Sammlung Flechtheim“ wurde dem Trio schließlich zum Verhängnis. Übrigens: Auch wenn die Badische Grund und Boden einen Käufer für diese wohl nur im Grundbuch unbelastete Immobilie finden sollte: Die Kölner Staatsanwaltschaft hat sicherheitshalber mal eine Sicherungshypothek in Höhe von 2,5 Millionen Euro eintragen lassen. Man sichere sich Vermögenswerte für die zu erwartenden Schadensersatzforderungen, so ein Sprecher. Viel Vergnügen mit der cultur.zeit