Brixner 324 - Jänner 2017

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Elisabeth Flöss: „Ein gutes Viertel der Schüler der GS Tschurtschenthaler sollte eigentlich vom Einzugsgebiet her die GS Milland besuchen“

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Ich verstehe nicht, warum die verschiedenen Anteile an Kindern mit Migrationshintergrund plötzlich zum Problem hochstilisiert werden. Diese Situation gibt es schon seit einigen Jahren. Obendrein erklärt meine Kollegin Direktorin Marianna Fischnaller im „Brixner“, dass die Unterrichtsqualität gegeben und die Diversität sogar ein Vorteil sei. Wo liegt also das Problem? Nun, sie sagt aber auch, dass Diversität ihre Grenzen hat. Das Signal, dass in der GS Tschurtschenthaler diese Grenze überschritten worden ist, ist unüberhörbar. Im Interesse aller Grundschüler und deren Lernerfolge wäre es also vielleicht positiv, wenn die Kinder mit Migrationshintergrund auf alle Grundschulen aufgeteilt würden. Wir würden es begrüßen, wenn mehr Kinder mit Migrationshintergrund die Montessori-Schule besuchen würden, die derzeit aus zehn Klassen besteht. Ein Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund könnte durchaus bereichernd sein. Die Philosophie des Montessori-Ansatzes geht ja in diese Richtung! Ich kann nur

wiederholen: Jedes Kind darf, unabhängig vom Bildungsniveau der Familie, von Herkunft und Religion, unsere Schule besuchen. Jeder darf das eigene Kind in der Montessori-Schule oder auch in der GS Milland einschreiben. Zwang allerdings funktioniert hier nicht. Es obliegt der freien Entscheidung der Familie, diese Form des Unterrichts bewusst und überzeugt zu wählen. Zweifellos ist für die Neu-Brixner die Unterscheidung im Bereich des Bildungsangebots nicht einfach: Deutsche, italienische Schulen, Schulen mit verlängertem oder Halbtagsangebot und so weiter. Hier jeweils die pädagogischen Schwerpunktsetzungen zu erkennen, bedarf Zeit. Bisher hat die Schulbehörde auf die stärkere Konzentration von Kindern mit Migrationshintergrund mit der vermehrten Zuteilung an personellen Ressourcen reagiert: Daher fallen in der GS Tschurtschenthaler auf einen Lehrer acht Kinder, in der Montessori-Schule sind es hingegen 12,5 Kinder. Außerdem: Die Kinder der Tschurtschenthaler kommen zum Großteil nach der Grundschule in die Mittelschule Michael Pacher, die ich führe.

Welche Erfahrungen machen Sie in der Mittelschule mit Kindern, die aus der GS Tschurtschenthaler kommen? Der Bildungserfolg hängt nicht davon ab, aus welchem Land sie kommen, sondern vielmehr davon, ob sie aus benachteiligten Familien kommen oder nicht. Das gilt für Migranten genauso wie für Einheimische. Sind wir uns darin einig, dass die derzeitige Konzentration an Migrantenkindern in der GS Tschurtschenthaler im Gesamtkontext der Brixner Grundschulen nicht ideal ist? Es wäre von Vorteil, wenn wir Kinder aus anderen Ländern für unsere Montessori-Schule gewinnen könnten. Wir haben uns vorgenommen, diese Zielgruppe stärker anzusprechen, vielleicht durch die direkte Information in ihrer Sprache. Jemanden in unsere Schule zu zwingen, würde aber dem Freiheitsgedanken unserer Schule total widersprechen. Ebenso wenig kann man Eltern zwingen, ihre Kinder in eine Ganztagsschule einzuschreiben. Für beide besonderen Un-

Foto: Oskar Zingerle

terrichtsformen gilt die bewusste und freie Entscheidung dafür. Möglicherweise löst sich das Problem aber von selbst ... Wie? Der Zustrom an Familien aus anderen Ländern nach Brixen kulminierte in den Jahren 2007 und 2008 und ist seither konstant geblieben. Zudem werden die neuen Familien immer heimischer und immer mehr zu Brixnern und sammeln auch Erfahrungen in der Bildungslandschaft. Das große Lenken oder großes Verteilen von Kindern wird dem entsprechend in den nächsten Jahren nicht mehr notwendig sein. willy.vontavon@brixner.info Leserbriefe an: echo@brixner.info

Steckbrief Elisabeth Flöss ist Direktorin des Schulsprengels Brixen/Milland, der sich aus sechs Grundschulen (GS Waldner Milland, GS Montessori, GS Afers, GS Albeins, GS St. Andrä, GS St. Leonhard) und der Mittelschule Michael Pacher zusammensetzt. 9


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